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GastroGuide-User: Minitar
Minitar hat Restaurant Hermes in 71672 Marbach am Neckar bewertet.
vor 6 Jahren
"Götterbote im Untergrund"
Verifiziert

Geschrieben am 18.03.2018
Besucht am 17.03.2018 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 21 EUR
Wenn in der schwäbischen Landeshauptstadt die Lange Nacht der Museen tobt, lohnt sich eine Flucht ins (hoffentlich ruhigere) Umland. Die Schillerstadt Marbach ist putzig, verfügt über eine relativ intakte Innenstadt und eine angenehme Gastronomiedichte mit vielfältigen Angeboten für jeden Geschmack und jede Situation.

Leider wurde schon unser erster Versuch (gediegenes Lokal auf dem Schiller´schen Olymp) verfrüht abgeschmettert: kein einziger freier Tisch mehr an einem Samstagabend gegen 18 Uhr. Hätten wir selbst in der Provinz vorreservieren müssen? Wir wagen uns in die Innenstadt, ganz überraschend ohne Parkprobleme. Das grosse Parkhaus ist laut meiner (fast einheimische Begleiterin) offenbar kostenlos, zwischen dem malerischen Kopfsteinpflaster in liegen aber auch etliche Parkmöglichkeiten und wir haben Glück: gleich am Stadttor ein Parkplatz, der ab 19 Uhr kostenlos ist. In wenigen Schritten ist man jetzt in der Fußgängerzone und den umliegenden Gassen.

Das Hermes in der Strohgasse lockt mit fast ebenerdigem Eingang, doch dann, böse Überraschung: fast halsbrecherische Treppen führen immer tiefer hinunter in den Hades. Eindeutig ungeeignet für Menschen mit Handicap, auch wenn die Situation mit Handlauf gesichert ist. Unten dann eher das Gefühl eines überfüllten, griechischen Labyrinths: auf den ersten Blick nehme ich nur mehrere Ebenen und Nischen, viel mediterranen Tand, noch mehr Metaxa-Flaschen und einige (falsche) griechische Säulen wahr. Im Durcheinander finden wir fast keinen Ober, um nach einem freien Tisch zu fragen. Man ist freundlich geschäftsmäßig, kann uns aber nur einen kleinen Katzentisch für zwei Personen direkt an der Theke zuweisen. Liegt vielleicht daran, dass wir nicht mit der ganzen Großfamilie oder dem kompletten Freundeskreis auftauchen?

Unser Platz ist eng, begrenzt und laut. Wenn direkt neben mir, an meinem linken Ohr, die Kaffeemaschine angeworfen wird, bin ich kurzfristig taub. Die Stühle sind steif und unbequem, mit harten Holzverstrebungen im Rückenbereich. Dafür werden wir schnell und routiniert bedient, die Freundlichkeit wirkt aber etwas aufgesetzt. Unsere Bestellung wird nicht ganz korrekt verstanden, das ergibt einige lautmalerische Missverständnisse, aber dennoch landet alles überraschend rasch auf dem Tisch: der obligatorische Begrüssungs-Ouzo (annonciert als „Schnäpsle“ und glücklicherweise nicht geeist, was mich andernorts nicht immer beglückt), zwei Rotweinschorle in Karaffen (a 2,80 Euro), samt einer gemischten kalten Vorspeisenkarte für zwei Personen (16,00 Euro). Die Speisekarte deckt den üblichen griechischen Kosmos ab: von Schafskäse bis Bauernsalat, von Gyros bis Calamari, von Suvlaki bis Bifteki, dazu diverse opulente Platten für mehrere Personen.

Wir wählen die Vorspeisenplatte, um die Chance zu haben, noch etwas nach Gusto hinterher zu bestellen. Die Platte ist gut bestückt, allerdings geschmacklich eher fad, irgendwie schmecken alle Bestandteile gleich und kein Aroma sticht hervor. Wir identifizieren: reichlich weiße Bohnen, kleine Meeresfrüchte (oder Reste davon), zwei gefüllte Weinblätter, jeweils zwei geschmacksneutrale Scheiben von Gurke und Tomate, Auberginensalat, Tarama, Tsatsiki, mehrere nicht benennbare Aufstriche. Macht zusammen mit Brot recht schnell satt, ohne dass ein bleibender Eindruck dominiert. Daher verzichten wir auf einen Hauptgang oder gar ein Dessert. Vielleicht bedauerlich, da wir so keinen überragenden Eindruck von der hiesigen Küche gewinnen können.

Dafür konnte ich die gestalterische Ausprägung mehrerer Generationen von Metaxaflaschen studieren, während in meinem Rücken ein paar gelangweilte Fischlein durch ein Aquarium mit Mini-Akropolis schwammen und ich aufpassen musste, um beim Aufstehen nicht die dekorativen Grünpflanzen um mich herum zu touchieren. Unser gemeinsamer Eindruck nach diesem Restaurantbesuch: eher Mittelmaß, aber offenbar sehr beliebt und gut besucht. Wer einen ruhigeren Platz in eine der Nischen ergattert, hat bestimmt bessere Voraussetzungen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


AndiHa und 4 andere finden diese Bewertung hilfreich.

DerBorgfelder und 4 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.