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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat Restaurant Sushi Glas in 90402 Nürnberg bewertet.
vor 6 Jahren
"Für Sashimi-Enthusiasten"
Verifiziert

Geschrieben am 13.04.2018 | Aktualisiert am 14.04.2018
Besucht am 06.03.2018 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 207 EUR
Auf die harte Tour:
5 Städte - 4 Abendessen - 3 Teams

Der dritte Tag in Nürnberg brachte eine Premiere: Zum ersten Mal mit Kollegin Nr. 2 kulinarisch unterwegs. Sie hatte die Wahl, aber von meinen drei Vorschlägen war das Gusto Natural an diesem Abend geschlossen und die Entenstuben hat eine viel zu gute Weinkarte für einen Besuch in der Fastenzeit (Wie recht sie hat, die Gute!). So fiel die Wahl endlich einmal wieder auf den von mir sehr geschätzten Oliver Esch.

Zu meiner großen Freude war der Chef anwesend und versorgte uns den Abend über persönlich mit bestem Fisch und Gastro-Geschichten aus Nürnberg und Umgebung (Von „Kollegen“, die aus dem Lokal geworfen werden, weil sie gar zu dreist abkupfern. Oder vom „verrückten Waldläufer“ Felix Schneider, der schon mal selbst gesammelte Steinpilze gegen Thunfisch tauscht. Notiere: Beim nächsten Nürnberg-Besuch unbedingt ins Sosein!)
Aber auch die Damen im Service verrichteten ihren Job freundlich und ohne Fehler.

Die Tische im quadratischen, klar gestylten Raum füllten sich auch früh in der Woche fast vollständig. Wir hatten die Wahl und verzogen uns in eine Ecke mit ebenso rückenschonender wie blickschützender Sitzbank. Ansonsten im komplett verglasten Restaurant nur Vierecke aus hellem Holz als Tische und Hocker. Der schöne purpurfarbene Kimono ist von der Wand verschwunden, die Farbe blich zu sehr aus. Dafür haben die künstlerischen Kreidezeichnungen mit dem Speiseangebot auf dem Sichtbeton der Wände überlebt.

Vorweg der Grund für die herbe Abwertung in puncto Sauberkeit: In einem der Gerichte fand sich (leider erst beim Essen) ein fremdes langes Haar. Das darf nicht passieren und kann empfindlicheren Naturen den ganzen Abend verderben. Selbstverständlich wurde sich entschuldigt und ein frischer Teller zubereitet.

Wie immer durften wir uns zu Beginn mit einem heißen Oshibori vom (symbolischen) Staub des Weges reinigen.
Für mich gab‘s einen frisch gepressten Saft von Blutorange und Grapefruit mit einem Schuss Calpis, dem japanischen Molkegetränk (6,5€) und etwas Minze

 Angenehm säuerlich frisch. Die Kollegin solidarisierte sich mit meiner Alkoholabstinenz. Später gingen wir zu Sodenthaler Mineralwasser (5,5€/0,75) über.

Als Appetizer wurden traditionell ein paar Bambussprösslinge angeboten, verfeinert mit schwarzem Sesam und leichter Chili-Würze


Das Festmahl startete mit vier Variationen vom Thunfisch:

Makelloser magerer Maguro und kleine Würfel vom fetten Otoro (I would die for!), wohl Restbestände, die teilweise nicht ganz sauber pariert waren. Ganz kurz gebraten (tataki) mit schwarzem Sesam und sehr gelungen aburi, also geflämmt. Die essbaren Shiso-Blüten waren nicht nur Deko, sondern steuerten eine tolle ätherische Würzigkeit bei. Der frisch geriebene Wasabi mit der zurückhaltenden Schärfe, die den Fertigprodukten abgeht. Frisch geraspelte Streifen Rettich, Rotkraut und Möhre rundeten ab. Einen besseren Start kann man sich nicht wünschen.

Nächster Gang ein Ceviche von der Gelbschwanzmakrele Hamachi, angerichtet in einem Gurkenstreifen

 Die Würfel hatten in der angenehm leichten Säure (Yuzu vermutlich) nur wenig angezogen, so dass die ursprüngliche Konsistenz weitgehend erhalten war. Passarelle und gehobelte Ingwerblüten brachten eine schöne „grüne“ Knackigkeit.

Jetzt wartete der tätowierte Franke mit einer Neuentdeckung auf: Jahrgangssardellen. Wie die bekannteren Sardinen besonders fettreiche Exemplare, locker geschichtet und damit mehr vom Öl umflossen, im dem sie für mehrere Jahre ziehen. Dabei wird die Dose halbjährlich gewendet. Kostenpunkt für 10 Sardellen zwischen 12 und 24 Euro. Den Jahrgang erfuhren wir in Nürnberg nicht, aber das Ergebnis war verblüffend: Nur noch ein sehr milder Salzton, dafür wieder mit einem intensiven Eigengeschmack versehen. Weich, aber nicht konturlos. Mit entrindetem, stark geröstetem Weißbrot, etwas Fleur de Sel und ein paar Tropfen nativem Olivenöl eine ebenso „einfache“, wie geschmacksstarke Überraschung. Ich war so eingenommen, dass ich glatt das Foto vergessen hatte. Wat willste machen: Musste halt noch ein Portiönchen bestellen...


Nach diesem eher puristischen Vergnügen ging es etwas komplexer, aber ebenso produktorientiert mit gleich zwei Tellern weiter:

Auf der einen Seite dünne Scheiben von roher, eher zurückhaltender Jakobsmuschel, japanisch Hotate-gai, mit milden Kapern und kleinen intensiven Oliven, ganz profan aus dem Bio-Markt auf der anderen Seite des Kornmarkts. Muss man sich auch erst mal trauen zu sagen, aber die Qualität hat ja gestimmt. Hinzu kamen wohl blanchierte weiße Zwiebeln für eine leichte süßliche Schärfe und grüne Stängel, die ich erst für Schnittlauch hielt. War aber Mönchsbart, der entsprechend seiner Herkunft von den Uferwiesen eine Salzigkeit mitbrachte.

 Die Komposition war sehr gelungen, denn alle Aromen waren sparsam eingesetzt und deckten so die Muscheln nicht völlig zu.

Daneben ein farbenfroher Teller

der mit nur drei Zutaten aufwartete: Guter Lachs, vollreife Mango (Flugware?) und unspezifisch als Seaweed vorgestellte Algen, deren kleine Blätter beim Kauen wie Bläschen zerplatzten und einen Meeresgeschmack beifügten. Auch eine Art vegetarischer Kaviar. Ein einfacher Teller zum Wohlfühlen, für den meine Kollegin vermutlich dankbar war, denn sie dürfte bodenständigeres Sushi erwartet haben.

Oliver Esch servierte nun als Gaumenkitzler selbst fermentierten Kimchi

 Wir waren uns am Tisch einig: Da ist noch viel Luft nach oben. Aggressive Salzigkeit und für meinen Geschmack zu wenig Schärfe (und ich bin da eher die Lusche).
Wir sollten ja auch nur mal probieren.

Dafür war das anschließende Thunfischtatar auf einem Nori-Blatt ein süffiger Traum aus Fisch, Avocado, Yuzusaft und dem an Koriander erinnernden Europakraut


Meine Kollegin schwenkte inzwischen erkennbar die weiße Fahne. Sowohl was Menge anging, als auch Eiweiß, denn wir hatten bis dahin ja noch kein Körnchen Reis gesehen. Schuldbewusst bat ich den Chef, nun in die Zielgerade einzubiegen, vielleicht auch mit den „üblichen Verdächtigen“. Leider deutlich zu spät, an den nächsten Gängen wurde gegenüber nur noch geknabbert, um dann den Teller in meine Richtung zu schieben. Wer mit dem Borgfelder zum Japaner geht, sollte STOP! sagen können... Vermutlich hatte ich die ersten Hilferufe überhört, da zu sehr auf die Kreationen des Hauses fokussiert (aka ignorant, aka verfressen). Wie schade, durchhalten!

Denn jetzt gab es rundweg fantastischen Unagi, den mehrfach gegrillten, marinierten Aal

 Eine Qualität, die auch in Düsseldorf nicht besser zu finden ist. Würzig, rauchig, süß, weich, warm. Und darunter einen ebenso beeindruckenden Reis, dem man Qualität und vor allem ausreichende Waschung genauso anmerkte, wie den milden Ponzu. Mit Noristreifen und Würfelchen des eingelegten Rettichs Daikon immer wieder ein Gericht, das mir in dieser Güte ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Den Abschluss bildeten dann die Klassiker Inari und Tamago


Die frittierten Teigtaschen waren wunderbar saftig und süß; sie standen aufgekrempelt, so dass man die Fuchs-Öhrchen, denen sie ihren Namen verdanken, nicht sehen konnte. Die großen Scheiben Omelett fluffig und mit eher wenig Süße. Dadurch trat der Ei-Geschmack deutlicher hervor. Den Reis habe ich schon gelobt.
Hier musste auch ich kapitulieren und nahm den überwiegenden Teil mit ins Hotel. Im Sushi-Restaurant gibt es ja genügend to-go-Boxen. Ergab am nächsten Morgen ein ganz passables Frühstück.

Herr Esch verabschiedete uns mit zwei großen Kannen frisch aufgesetztem Minze-Ingwer-Tee (5€), zum Süßen ein sehr dunkler Honig.

 Auch sehr gut, wie (fast) alles heute.

In der japanischen Küche steht oder fällt alles mit der Produktqualität, die bei jedem meiner Besuche im Sushi Glas erstklassig gewesen ist. Zusätzlich ist der kreative Franke Esch stets auf der Suche nach neuen Zutaten und Kombinationen, die einen Abend am Kornmarkt spannend und unbedingt empfehlenswert machen!

Übrigens: Ganz „normale“ Maki und Nigiri (mit oder ohne modernen Touch) gibt es im Sushi Glas natürlich auch. Beim nächsten Mal, werte Frau Kollegin!
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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