Zurück zu Restaurant Pulverturm an der Frauenkirche
GastroGuide-User: DerSilberneLoeffel
DerSilberneLoeffel hat Restaurant Pulverturm an der Frauenkirche in 01067 Dresden bewertet.
vor 8 Jahren
"Preiswert essen zentral in Dresden"
Verifiziert

Geschrieben am 03.05.2016
Besucht am 27.04.2016
Die Frage an Abend 2 in Dresden: Wohin, um den Hunger zu stillen?

Dresden ist nun nicht Kleinkleckersdorf, die Auswahl beginnt dort mit der Festlegung auf eine Richtung. Indisch? Italienisch? Türkisch? Und dann jeweils in allen Kategorien.

Wir ließen uns an diesem Abend von der Intuition meiner Begleiterin leiten - zum "Pulverturm".

Nach Irrungen und Wirrungen mit der Navi fanden wir dann mit Hilfe sehr freundlicher und hilfsbereiter Einheimischer unser Ziel, direkt an der Frauenkirche, inmitten wunderschön illuminierter Häuser. Wenn man bedenkt, dass Dresden nach ´45 erst wieder aufgebaut werden musste, dann ist diese Leistung umso erstaunlicher.

Das "Pulverturm" ist nicht, wie von uns irrigerweise angenommen, in die Höhe gebaut, sondern befindet sich in einem historischen Gewölbekeller. Getrennte "Abteilungen", einmal der etwas lautere Bereich mit Minnesängern, der recht ruhige Bereich mit der Arrestzelle und der Raum für besondere Feiern.

Jeder für sich dem Altertum nachempfunden. Großes Manko: Kein Zugang für Rollstuhlfahrer bzw. Gehbehinderte. Dem baulichen Umstand geschuldet, geht es treppauf und treppab. Auch die Toiletten liegen in der untersten Ebene.

Wir wurden von unsere Ober an den Tisch geleitet, mit einem Spruch wurden uns die Speisekarten "leihweise" gegeben. Ha Ha Ha... Wäre vielleicht lustig, wenn der Spruch nur einmal pro Raum und Abend angebracht würde, dabei auch der Augenkontakt gesucht wurde und der Text nicht lieblos einstudiert wirken würde. Im Laufe des Abends wurden mehrmal die gleichen Animationen abgespult, auf eine Erwiderung von den Gästen (nicht nur an unserem Tisch) kam dann entweder wieder nur eine Floskel - oder gar nichts - zurück. Auch Sprüche wie "Was ist denn mit der Kollegin da hinten am Tisch? Ist die eingepennt? Ich geh´ die mal wecken..." tragen nicht dazu bei, dass der Gast (= Gehaltsheranschaffer1!) besonders umsorgt fühlt.

Sei es, wie es ist, die Getränke kamen recht schnell an den Tisch. Spezi, Sächsischer Rotwein und Mineralwasser.

Zum Cola-Mix gibt es wenig zu sagen, außer, dass dieses gut temperiert war. Der Wein ist da schon eine ganz andere Sache. Trocken wie gewünscht, aber -wohl aufgrund der Anbaulage- kurz vor Essig. Nicht vom Geschmack her, von der Säure. Kann man mal, muss man aber nicht. Lieber einen Merlot oder einen Domina.

An Hauptgängen hatten wir:
Steak au four zu ungeähr 12 €
Sächsischer Sauerbraten zu 15,90 €

Auf die Frage, aus welchem Fleisch der Sauerbraten hergestellt wäre, eventuell aus Pferd, aufgrund der verwendeten Rosinen (in Anlehnung an den Rheinischen Sauerbraten) wurde mit großen Augen geantwortet; leider nicht mit der verwendeten Fleischsorte. Pferd jedoch, dies wurde verneint. Ein wenig kam ich mir vor wie ein Trottel, der wohl nicht wisse, aus welchem Fleisch ein Sauerbraten sei. Hmm... Pute? Hatte ich schon. Schwarzer Sauerbraten? Ebenfalls. Schweinebraten? Auch schon. Rind dann (leider) auch schon aus allen möglichen und unmöglichen Stücken vom Rind. Ja, auch Pferd war schon dabei. Aber hier: Rind, irgendein Teil.

Einen Pluspunkt in Sachen Service vergebe ich dann aber schon. Einmal für den Minnesänger, der sich redlich mühte und auch wirklich ein Guter seines Faches ist. Und zum Zweiten an die Kräutermagd. Eine ältere Dame mit tiefem Wissen um die Kräuter und ihre Wirkungen und Anwendungen. Eine kurzweilige Überbrückung bis zum Essen, gepaart mit der Erweiterung des Wissens. Dazu gab es kleine Rezeptkarten, die von der Kräuterfrau erstellt wurden, ein Körbchen mit Kräutern zum riechen und erfühlen des Erzählten sowie einem Beutelchen, in dem sich Kräutersamen befand. Handgemacht. Feine Sache, super Idee!

Das Essen kam, die Kräuterfrau musste weichen.

Steak au four für meine Begleitung. Wunderbar weiches Fleisch lag auf dem Teller, überbacken mit Würzfleisch (ähnlich einem Ragout fin) und Käse. Saftig, geschmacklich einwandfrei. Umgeben von einem ordentlichen Schwung von grünen Erbsen und zusätzlich Kroketten. Schön, mal wieder diese Form von Sättigungsbeilage anzutreffen. Die Portion war derart üppig, dass ein Stück übrig blieb.

Mein Sauerbraten war gleichzeitig an den Tisch gelangt. Sehr gutes Fleisch (ich denke von der Brust), eine tolle Sauce mit leider nur wenigen Rosinen, dazu Mandelblättchen. Die Sättigungsbeilage gab an diesem Abend der Königskloß. Ein Kartoffelknödel, innen anstatt der fränkischen "Bröckele" ein kleines Stück Trockenpflaume. Obenauf ein Schmelz. Gute Idee, passend zur Sauce. Einzig das Rotkraut war für mich absolut ungenießbar. Zwar gut gegart, auch vom Prinzip her wohlschmeckend. Wäre da nur nicht der penetrante Nelkengeschmack gewesen. Ich habe bisher leider keinen Vergleich zu einem anderen sächsischen Rotkraut, DIESES jedoch war für mich nicht essbar. Ein Nelkenliebhaber wird es mögen, ich als Nelkenhasser hatte hier mein Kraut-Alamo. Der Preis für die Lage des Lokales und angesichts der gelieferten Portionsgröße verdient ein Lob. Günstig, aber nicht an den Rohzutaten gespart.

Dessert geht immer.

So auch an diesem Abend. Wir orderten:

Gurken-Wacholder-Sorbet für knapp unter 7 €
und einmal
Quarkkäulchen mit Apfelmus und geschlagener Sahne, zu 6,10 €.

1a. So die Kurzform. Die Quarkkäulchen waren die besten bisher, kein Vergleich mit den bisher in Thüringen genossenen. Diese sind auch nicht schlecht, aber Dresden hat die Spitze neu definiert. Gut auch, dass das Apfelmus nur dezent süß war, so hat dieses Dessert einen schönen Abschluss gebildet, ohne zu sehr zu sättigen. Jederzeit wieder.

Eine ganz besondere Sache war das Gurken-Wacholder-Sorbet meiner Begleitung. Zwar eher ein Granité denn ein Sorbet, aber von der geschmacklichen Seite eine runde und im Nachtischbereich eher seltene Erfahrung. Die dazu gereichten bitteren Würfel aus Tonic-Gelee und die Fruchtigkeit der Himbeeren ließ den Gaumen abwechselnd neue Aromen entdecken. Jeder Cent war hier gut angelegt. Und wenn die Frau schon einmal nach mehr Dessert lechzt, dann ist das eine Auszeichnung für sich.

Die Toiletten selbst sind tadellos sauber, wohlriechend (haben wir auf der Reise auch anders erlebt) und tiptop gepflegt.

Mein Fazit: Vielleicht hatten wir an diesem Abend nur Pech mit unserem Tischservice, aber diesen ausgeblendet, ist ein Besuch im Pulverturm jederzeit empfehlenswert. Für uns ab sofort ein fester Punkt, sollte es uns wieder nach Dresden verschlagen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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