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GastroGuide-User: Shaneymac
Shaneymac hat Plan B im Margarethenhof in 40724 Hilden bewertet.
vor 9 Jahren
"Plan A tauglicher plan B!"
Verifiziert

Geschrieben am 06.09.2015 | Aktualisiert am 06.09.2015
Besucht am 15.03.2014
Bobby hat mich an diese alte Kritik erinnert, ich möchte seine guten Eindrücke einfach nur gerne bestätigen:

Das plan B im Margarethenhof, seines Zeichens alt-ehrwürdiger Hildener Gastronomie-Standort seit 1954, wurde mir bereits mehrfach empfohlen und die Schilderungen klangen allesamt recht positiv und kamen von durchaus anspruchsvollen Seiten (bis auf Thomas, meinem Weinhändler, er hat da mal "Frikadellen" gegessen und schwärmt seitdem immer davon).

Man wirbt mit völligem Verzicht auf Convenience und einer recht ambitioniert beschriebenen Küche und Philosophie. Ein Menu gibt es online leider nicht zu sehen, was aber begründet mit der recht schnell drehenden Karte durch tagesfrische Ware eigentlich ein gutes Zeichen ist. Selbst zu den Banketts und Catering Optionen heißt es auf der Website „Bitte haben Sie Verständnis das wir nicht mit vorbereiteten Mappen jegliche Kreativität erschlagen.“

Allerdings hatte mich bislang die diesem Credo diametral entgegenstehende Gestaltung und der technische Standard der Restaurant-Website bislang von einem Besuch abgehalten, das Internet von 2003 und der dort zu transportieren versuchte Anspruch des Hauses passen leider nicht wirklich zusammen, hier gibt es dringenden Nachholbedarf.

Den sah meine ständige Begleitung wohl auch bei uns in Sachen „Schnäppchen“, ein Hildener Cash &Carry Markt lud am heutigen verkaufsoffenen Sonntag zu einer Rabattaktion, ich hatte keine Chance zum Widerspruch. Das konnte ich nur mit vorheriger kulinarischer Sedation über mich ergehen lassen, das Restaurant liegt nur wenige Minuten von besagtem Großmarkt entfernt und Plan B wurde somit mein Rettungsplan für einen gefährdeten Sonntag.

Das Lokal liegt an der Walder Straße, der von ca. 300 Ampeln gesäumten Verbindung zwischen Solingen Ohligs und Hilden und dort direkt neben einer Aldi Süd Filiale (ja, hier verläuft er der Aldi Äquator) deren Parkplatz auch an Wochenenden den Restaurantgästen zur Verfügung steht, Parken also ein tiefenentspanntes Thema.

Das Gebäude ist von außen dermaßen unscheinbar und altbacken das ich das Lokal bislang noch nie als solches wahrgenommen hatte, ich dachte tatsächlich immer das Restaurant befinde sich im gegenüberliegenden Gebäudeensemble in dem auch Gastronomie und verschiedene Einzelhandelsangebote ansässig sind - Schande über mich.

Kaum eingetreten verflüchtige sich schlagartig jede altbackene Muffigkeit, das habe ich nicht erwartet, vor allem da das leicht verblasste Rotary Emblem an der Eingangstüre die durch den Außenauftritt befeurten Vorurteile noch kurz schürte.

Ein zauberhaft gepflegtes, geschmackssicheres und in Details kreatives Interieur empfing uns. Schönes Parkett und dunkler Granit unten, rotbezogenes Gestühl und dunkles Holz mittig, hochwertige Tapeten und offene Balken oben, angenehme Tischabstände, das sah mehr als einladend aus.

Ich hatte nicht reserviert und da sich in einem der Gasträume eine Familienfeier abspielte hatten wir moderates Glück rechterhand im Raum „Marktplatz“ noch einen schönen Tisch zu ergattern, der uns nach überaus freundlicher Begrüßung durch den Service zugewiesen wurde.

Die mit Spannung erwartete Karte kommt in A4 in einer Art beidseitig bedruckten dreiseitigen Wickelfalz mit schöner textiler Einfassung und wartet mit einigen Überraschungen auf. So zeigen sich dort neben den erwarteten Dingen eher regionaler Ausprägung auch vier Curry Gerichte (z.B. Thai Fischcurry, Grünes Curry mit Huhn) sowie das ein oder andere in dieser Region nicht erwartete, durchaus überraschende. Eine tolle Karte, wirklich, fast alles was ich hier in der Gegend immer so bemängele, nämlich uninspirierte Fusion Versuche mit der Brechstange oder todlangweilige mediterrane Pflichtakzente fehlen gänzlich.

Die charmante Service-Leiterin in den besten Jahren sammelte auch gleich Pluspunkte, meiner Madame war nicht nach Teilen einer Flasche Wasser sondern murmelte irgendwas von „Rhabarberschorle“ die sie als Saison-Special entdeckt hatte. Die Dame bot bei Aufnahme der Bestellung sofort an, den Rhabarbersaft separat in einer Karaffe zu servieren und wir somit beide haben was wir wollten. Keine große Sache, trotzdem nett, ähnliche Szenarien habe ich auch schon anders erlebt. Geordert wurde eine 0,75l Flasche Haaner Felsenquelle zu 5,50€ sowie der Saft zu moderaten 2,60€.

Wir entschieden uns für Jakobsmuscheln und Salat mit Lammkoteletts mit begleitenden Weinen für mich sowie eine „Premium“ Currywurst mit hausgemachten Saucen und Pommes Frites für meine ob dieser Option selig lächelnde Begleitung.

Trotz der recht guten Belegung des Lokals wurde das

| Amuse |

recht zeitnah serviert und, ach Gott, da war er wieder, mein geliebter und in dutzenden Kommentaren und Kritiken schon ausreichend geschmähter „Mystery Kräuterquark“.

Das begleitende Brot, Baguette und ein schmackhaftes Roggenbrot mit Körnerkruste waren von guter Qualität und leicht erwärmt, der Quark aber so ausdruckslos, uninspiriert und langweilig das ich mich schon gar nicht mehr darüber wundere das er tatsächlich in diesen Häusern immer gleich schmeckt. Muss ein Geheimrezept der Dehoga sein, man weiss es nicht…

Umso mehr freute ich mich auf meine kleine

| Vorspeise |

die nach angenehmer Wartezeit recht jovial von links von der etwas sehr kurzberockten, sehr jungen Aushilfe serviert wurde. Schon da fiel auf das mein leeres Wasserglas aus der leider ohne Kühler servierten Flasche immer von mir selber befüllt werden musste.

Jakobsmuscheln auf Paprika Artischocken Gemüse (12,00€)
Weißburgunder 2012, Weingut Werner, Rheinhessen (0,1l 2,80€)

Optisch sehr ansprechend, frische Kresse oben auf, tolle Farben, die Röstung der Muscheln ein Augenschmaus, der Duft eine Wonne.

Erster Schnitt in eine Muschel offenbarte Weltklasse, butterzart und komplett glasig, ein erster Biss bestätigte die guten Vorzeichen. Das grobe Ratatouille aus roter Paprika und Artischocke und einigen Frühlingszwiebeln und gutem Olivenöl ein kleines Fest der Aromen, ein Hauch Parmesan schaffte mit seinem salzigem Umami ein tolles geschmackliches Gesamtbild. Die besten Jakobsmuscheln seit langer Zeit, der mir hierzu empfohlene, wohltemperierte Burgunder war ein wunderbarer Begleiter mit erfrischender Säure und ausreichend Frucht.

Letzte „tunkbare“ Reste dieses Gerichtes beseitigte ich mit Baguette, mache ich eher selten.
 
| Hauptgerichte |

Rosa gebratene Lammkoteletts auf Rucola mit Balsamico und Parmesan (15,50€)
Merlot 2007, Musa di Rocca Antica, Abruzzo I.G.T (0,1l 3,25€)


Hier eine etwas rustikalere Optik dank Tomatenachteln, halben entkernten dicken Gurkenscheiben sowie großen aber dünn gehobelten Parmesanspänen. Ebenfalls jedoch sehr ansprechend präsentiert.

Die sauber geputzten Stücke aus dem Karee waren noch mit einer schmackhaften Kräuter-Farce überbacken worden und zeigten sich im Anschnitt saftig und durchgehend rosa mit einem noch leicht englischen Kern, ganz hervorragender Garpunkt. Das Fleisch von bester Qualität, das schmeckte frisch und regional und nicht nach NZ, aber das maße ich mir nicht an dies mit Bestimmtheit sagen zu können.

Der Salat selbst wie das Gericht schon verrät mit einer sehr wohlschmeckenden Olivenöl-Balsamico Vinaigrette angemacht die schön ausbalanciert war. Auf überkommenes Neunziger-Balsam Geschreibsel auf dem Teller und den obligatorischen Schuss obenauf als Finish verzichtete man, sehr dankenswert!

Der zu diesem Preis fantastische Merlot war ebenfalls eine glückliche Empfehlung, seine Intensität und die leicht toastigen Barrique Noten waren eine klassische und bewährte Begleitung zu den Röstaromen des Lamms und dem präsenten Käse.

Meine erste Reaktion bei Ansicht der C-Wurst Pommes rot gelb – Currywurst mit hausgemachten Beilagen, 9,50€ - bestand natürlich aus routinierter Herablassung, die sich aber sofort in demütige Andacht verwandelte als ich die beiden Saucen probierte.

„Wow“ darf man ja seit Lanz nicht mehr ungestraft sagen, nicht das Ihr noch eine Petition gegen mich startet à la „Shaneymac raus aus meinem GG“, aber diese definitiv hausgemachten Produkte waren aus der Kategorie „Wow!“.

Die Variante eher gelblicher Färbung ging in Richtung Thaicurry ohne Kokosmilch, die rote dagegen eine fruchtig scharfe Offenbarung für jeden Fan dieser Saucengattungen.

Die Wurst war göttlich gebraten und ebenfalls von hervorragender Qualität, das schmeckte nach Metzgerhandwerk und nicht Großindustrie, die hausgemachten Pommes Frites im Schnitt eher grob aber geschmacklich wie in Sachen Zubereitung ebenfalls nicht nur tadellos sondern bemerkenswert.

Ich mag das, banale Gerichte auf den Punkt und mit tollen Zutaten, da wird sogar eine Currywurst zum kleinen Hochgenuss. So darf eine „Premium“ Currywurst gerne aussehen, gastronomische Perversionen der jüngeren Vergangenheit wie derer Angebote mit Blattgold lassen einen umso ratloser zurück wenn man dieses Gericht probiert hat.

Ein Dessrt oder Digestif schaffte bzw. mochte ich nicht mehr, ich möchte aber an dieser Stelle die sehr gepflegte Auswahl an schönen Optionen auf der Karte erwähnen, edle Brände, gute Whisk(e)ys etc. etc. Auch hiermit empfiehlt sich das Haus für umfängliche Menüfolgen mit entsprechendem Nachgang.

Die anschließende Zahlung mit Kreditkarte konnte man dank mobiler Elektronik am Tisch erledigen, schön für alle die ihre Karte nicht gerne aus der Hand geben oder mit zum Terminal pilgern wollen.
 
Fazit

Das Plan B untertreibt etwas mit seiner Namenswahl, definitiv eine erste Wahl und grundsolide Entdeckung. Denkbar knappe 4 Sterne für das Essen, die 5 gab es nicht wegen des belanglosen Amuse und der in Summe zwar ohne Zweifel guten aber nicht „herausragenden“ Küchenleistung mit eventuellen Überraschungen.

Service charmant, gut und kompetent, leere Gläser sind aber anscheinend Sache des Gastes, verdiente 4 Sterne.
Ambiente auch sehr angenehm, ein herausragend sehe ich hier aber wegen des Umfeldes und der Außenansicht nicht.
Die Sauberkeit ohne Makel, witziges Detail auf der Toilette habe ich als Foto festgehalten, man setzt auf Mülltrennung, kannte ich so noch nicht. :-)

Wir werden sehr gerne wiederkommen, das Haus hat uns durchweg überzeugt, sehr schade nur das die Karte nie online einsehbar ist, würde mich sehr interessieren vor einem nächsten Besuch.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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