Schloss Eberstein · Werners Restaurant
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Schloss Eberstein 1, 76593 Gernsbach
Restaurant Weinstube Hotel Sternerestaurant
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GastroGuide-User: Oparazzo
Oparazzo hat Schloss Eberstein · Werners Restaurant in 76593 Gernsbach bewertet.
vor 3 Jahren
"Wohin zur Feier des Tages? Natürlich ins nächste Schloss!"
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Geschrieben am 12.09.2021 | Aktualisiert am 12.09.2021
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Besucht am 09.09.2021 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 324 EUR
Einer der höchsten Feiertage im Hause Oparazzo ist die alljährliche Wiederkunft unseres ersten Dates. Davon profitiert nicht nur der örtliche Blumenhandel, sondern auch die gehobene Gastronomie der Region. Einer der Sterne am Schwarzwälder Küchenfirmament strahlt hell über Gernsbach aufs Schloss Eberstein, wo Jeune Restaurateur Bernd Werner und seine Frau Roswitha ein Viersternehotel mit zwei Restaurants betreiben, von dem eines seit 15 Jahren den besagten Stern trägt. Ende 2018 hatten wir dort schon mal einen Hochzeitstag gefeiert. Damals mussten wir nach dem Essen nur die Treppe hoch, um ins Bett zu plumpsen; auch diesmal hätten wir gerne übernachtet, aber mit unserem neuen Familienmitglied wäre das etwas schwierig geworden - in einem Hotel geht man nachts nur ungern mit dem Hund vor die Tür.
 
Für diesen war es erst der zweite Restaurantbesuch; dass der ihn gleich in die Sphären des Fine Dining führen würde, war allein dem Kalender geschuldet. Voller Stolz und Dankbarkeit kann ich aber berichten, dass Klein-Calvin den damit verknüpften Anforderungen im wahrsten Sinn des Wortes sauber gerecht wurde. 
 
Dass wir nicht übernachten würden, hatte natürlich Auswirkungen auf die alkoholische Begleitung des Dinners. Meine Frau trinkt zwar wegen ihrer Gastritis sehr wenig, fährt aber nur ungern und schon gar nicht nachts. Ich meinerseits liebe Weinbegleitungen, weil man da so viele Weine kennenlernen kann, auf die man sonst nie gekommen wäre, vor allem dann, wenn man so kundig und phantasievoll umsorgt wird wie von Andrés Martí, dem katalanischen Sommelier und Restaurantleiter. Der verfügt über ein so phänomenalen Gästegedächtnis, dass er einen auch nach drei Jahren noch wiedererkennt (was nicht notwendigerweise etwas Gutes bedeuten muss...). Meinen zaghaft vorgetragenen Vorschlag, nach dem Eingangschampagner vielleicht noch ein (oder zwei) Zehntel an einer strategisch günstigen Stelle anzubringen (die Strecke hinunter in die Stadt ist wirklich SEHR kurvig und eng), fand er etwas unbefriedigend, und ich eigentlich auch. Stattdessen schlug er eine Weinbegleitung mit reduzierter Menge vor, die mir, nach Abzug der obligatorischen Schlückchen für die Gattin, eine sichere Heimfahrt gestatten sollte. Eine brillante Idee, schon deshalb, weil wir später heil zu Hause ankamen.
 

Immerhin, beim Eingangschampagner (à 17 €) ließen wir uns die ganze Portion nicht nehmen, 


rosé wie immer für die Dame, blanc für den Herrn, womit die Weichen auf einen angenehmen Verlauf des Abends gestellt waren. (Noch großzügiger als wir wurde allerdings Calvin versorgt, dem als allererstem eine Wasserschale kredenzt wurde, in der der er fast ein Bad hätte nehmen können.)
 

Mit den Champagnern wurde eine kleine, aber saftige Begrüßung serviert, ein grob gehacktes, im Munde zergehendes Tatar, serviert auf frisch geröstetem Brot. Dazu drei verführerische Brötchen – Schinken, Walnuss und einfach nur so –, die uns mit Walnussbutter durch den Abend begleiten sollten und deren Foto der erlaubten Maximalzahl zum Opfer gefallen ist.
 
Die Karte ist ebenso kurz wie knackig: Das vier- oder fünfgängige Jeunes Restaurateurs Menü zu 98 bzw. 120 Euro, dessen einzelne Gänge in größeren Portionen auch à la carte angeboten wurden, weiterhin zwei Vorspeisen und zwei Hauptgerichte, und als Karnivorenschmankerl ein Porterhouse Steak, für das zwei Personen 140 Euro auf den Tisch des Hauses zu legen hatten. Eine interessante Alternative in einer Fine-Dining-Umgebung, allerdings für uns ein bisschen viel Fleisch um diese Tageszeit, auch wenn sich Calvin sicher über den T-Bone gefreut hätte.
 
Für uns dann doch lieber das Fünfgangmenü. Die ursprüngliche Absicht meiner Frau, die Taube durch die Kombination aus konfiertem Ikarimi-Lachs und gebackenem Kalbskopf zu ersetzen, redete Herr Martí ihr wieder aus – diese Taube dürfte sie sich um Himmels Willen nicht entgehen lassen! 
 

Kaum waren die Entscheidungen gefallen und der Küche übermittelt, kam als Amuse Gueule ein Gläschen mit allerwinzigsten Nordseekrabben, für deren Pulung es wirklich sehr spitze Finger gebraucht haben musste, eingebettet in einer Kartoffel-Espuma, oben drauf Croûtons und etwas Salat aus Selleriestängeln. Ein schönes Zusammenspiel von bissfest, knackig, knusprig und schlotzig, das die Vorfreude auf das Kommende noch vergrößerte.
 

Inzwischen hatten sich auch unsere Nerven etwas beruhigt, da Calvin sich wirklich mustergültig benahm. (Er kriegt allerdings auch zu Hause nie etwas ab, wenn wir am Tisch sitzen, da kann er noch so schmachtend gucken.)
 

Genug der Vorspiele, her mit dem ersten Gang! Und der hatte es auch gleich in sich, in Gestalt eines glasig-saftigen Carabinieros im eigenen, etwas aufgeschäumten Jus. Dazu hübsch geschuppte Avocado, dekorativ hingetupfte Zitrus-, Rettich- und Wasabiaromen und knusprige Seetangcracker. 
 

Dazu gab es einen mundfüllenden Sauvignon Blanc aus Südtirol, der sich sehr gut gegen das Geschmacksspektakel auf dem Teller behauptete. Sr. Martí machte sich übrigens den ganzen Abend den Spaß, uns die Flasche erst nach dem Gang zu zeigen. Damit hatten wir ein bisschen was zu rätseln, und ich war wie immer froh, wenn ich wenigstens die Rebe richtig geraten hatte. Der Geschmacks- und Geruchssinn wird leider mit den Jahren nicht besser, und das sensorische Erinnerungsvermögen erst recht nicht.
 

Den nächsten Gang gab’s wieder ins Glas geschichtet: Am Boden, gut versteckt unter einer fleischsaftigen Creme, gezupfter Ochsenschwanz und konfiertes Eigelb, und oben drauf Spinatplätter und Iberico Bellota, also Schinken von glücklichen Weideschweinen. Ich war mir nicht sicher, ob wir das Glas erst mal hätten umrühren sollen, ich jedenfalls habe den Inhalt langsam und mit Genuss von oben nach unten abgetragen.
 

Dazu gab es den einzigen Wein aus der Region, einen Blanc de Noir vom Schloss Neuweier in Baden-Baden. Er war allerdings nicht der aufregendste von den vieren, die wir insgesamt genossen hatten.
 

Pescetarier haben es hier zur Zeit nicht leicht, denn der Fischgang war, ähnlich wie der vorhin erwähnte Lachs, wieder kein reiner, sondern ein perfekt gebratenes Stück Kabeljau bedeckt mit geschmolzener Entenleber. Darunter und drumherum Karotten unterschiedlichster Arten und Formen, das ganze aromatisiert und angesäuert mit Passionsfrucht, aus der man die Kerne vielleicht hätte heraussieben können, uns haben sie jedenfalls etwas gestört.
 

Der begleitende Wein hatte eine entschieden weitere Anreise als sein Vorgänger: Ein bombastischer Chardonnay aus dem Napa Valley, der sich vor seinen burgundischen Traubensgenossen in keiner Weise zu verstecken braucht.
 

Wir kommen zur Taube, die uns so wärmstens empfohlen worden war. Vom einem Vogel aus dem Taubenschlag von Théo Kieffer lag eine Brust auf dem Teller, daneben eine Zucchiniblüte, in der sich die Innereien des Täubchens befanden. Genauer wollten wir es gar nicht wissen, die Farce hat auch so vorzüglich geschmeckt, beak-to-tail vom Allerfeinsten.
 

Die Taubenbrust hätte zarter nicht sein können; zur Überwindung der minimalen Widerstände stand außerdem exklusives Werkzeug zur Verfügung (wenn ich mich recht erinnere, kann man diese Messer im Hotelshop kaufen). Der Teller hatte orientalisches Flair; Harissa vermittelte vor allem dem Ratatouille ganz rechts eine angenehme Schärfe, die jetzt mit Laguiole nichts zu tun hatte.
 

Von ähnlich südlichem Breitengrad auch der kanarische Rote, der auf den ersten Schluck etwas adstringierte, sich dann aber doch zu einem galanten Begleiter des Täubchens entwickelte. Das war auch der letzte Wein des Abends, wir sind beide nicht so erpicht auf Dessertweine, und weil es mit der halben Weinbegleitung nicht immer so genau genommen wurde, meinte auch der Führerschein in der Brieftasche, dass es dann mal genug sei.
 

Vor dem Dessert gab es noch eine kleine, angenehme Erfrischung aus Sorbet, Beerenschaum und Champagner, deren genaue Zusammensetzung ich jetzt aber nicht mehr zusammenbringe. 
 

Und schließlich auf die Gefahr hin, etwas abgedroschen zu wirken: Das Dessert war wirklich der krönende Abschluss. Ein Pfirsich Melba, der aber keiner war, sondern eine pfirsichfarben bestäubte, mit Pfirsichmousse gefüllte Schokoladenkugel, dazu allerlei Beigaben wie Rosmarineis, Himbeeren und Salzmandel-Karamellscheiben. Richtig, richtig gut, und in diesem Fall hatte ich, der die abschließenden Süßspeisen normalerweise als zwar wohlschmeckende, aber unbekömmliche Zugabe empfindet, gar nichts dagegen, dass meine Frau nach der Hälfte passen musste und mit mir den Teller tauschte. Talcid hat’s später gerichtet.
 
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass wir uns den ganzen Abend tadellos umsorgt fühlten. Es wurde darauf Rücksicht genommen, dass wir den Abend nicht allzusehr in die Länge ziehen wollten, und nach knapp drei Stunden konnten wir um die Rechnung bitten. Wasser wurde stets unaufgefordert nachgegossen, was eine gewisse Aufmerksamkeit erforderte, da die Gläser undurchsichtig waren. Alle unsere Fragen wurden von den jungen, teilweise wohl noch in Ausbildung befindlichen Servicedamen gerne beantwortet, und wenn nicht gleich, dann nach Rücksprache mit der Küche. Zum Beispiel als es mich doch gejuckt hatte zu erfahren, was das Porterhouse Steak auf die Waage brachte, das dem eher zierlichen Ehepaar am Nebentisch serviert wurde (Antwort: 1 kg). Und beim gut gelaunten Mundschenk hat man sowieso das Gefühl, das man in seinem Wohnzimmer zu Gast ist.
 

Auf dem Weg nach draußen mussten wir dann beide noch die Treppe hoch, einen Aufzug gibt es nicht, die Behindertengerechtigkeit besteht darin, dass der Weg über den Hof ins Hotelgebäude ebenerdig und nicht weit ist.


Oben empfingen uns Napoleon und vermutlich Joséphine und wiesen uns den Weg in blitzeblanke und wohlriechendeToiletten der Luxusklasse.
 

Anschließend ein letzter Blick zurück auf den Genusstempel, der uns in der Absicht bestärkte, bis zum nächsten Mal nicht wieder drei Jahre zu warten,
 

und über das leuchtende Gernsbach. Danach die Serpentinen runter ins Tal, wo ein laut im Leerlauf röhrendes Automobil wartete und in dem Augenblick nach oben schoss, als wir unten ankamen. Da hatte von oben wohl jemand das Signal gegeben, dass der Weg endlich frei war. Auch so kann man seinen Abend rumbringen, und wir konnten nur hoffen, dass niemand von der Hochzeitsgesellschaft, die eine Etage tiefer feierte, zur Ausnüchterung den Weg nach unten zu Fuß angetreten hatte...
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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