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GastroGuide-User: rr_blaubaer
rr_blaubaer hat Namaste India in 60486 Frankfurt am Main bewertet.
vor 9 Jahren
"Indisches Essen muss nicht scharf, kann aber langweilig sein!"
Verifiziert

Geschrieben am 25.07.2015
Besucht am 14.07.2015
Auf meinem Weg ins Büro komme ich stets an einem kleinen Wegweiser vorbei, der potenzielle Kunden auf das Namaste India aufmerksam macht. Da ich, wie der geneigte Leser vermutlich weiß, der Küche des indischen Subkontinents nicht abgeneigt bin, war es also nur eine Frage der Zeit, bis ich auf diese Werbebotschaft ansprach.

Nun denn, vorbei an Senckenberganlage und Uni, dann noch wenige hundert Meter und ich vor mir steht besagtes und beworbenes Lokal. Im Eingang steht, wie ein älterer Herr, der wie es den Anschein hat, etwas mehr zu sagen hat als die beiden anderen jüngeren Herren, die hier ebenfalls noch im Service tätig sind.

Ich begebe mich zunächst nach drinnen, die stickige Luft und der gar zu orange Raum treiben mich aber wieder nach draußen. Dort gibt es in einer Art Hofeinfahrt unter Sonnenschirmen ein paar Tische. Die meisten Plätze sind belegt, aber ganz vorne, fast an der Straße gibt es noch einen freien Tisch, der zwar nicht mehr beschirmt ist und daher den älteren Herrn im Service kritisch zu den aufziehenden Wolken gen Himmel blicken lässt. Ich gehe das Risiko ein, falls es regnet, kann ich den Erstickungstod im Innern später ja auch noch antesten.

Auch wenn es zunächst nicht danach aussieht, erweisen sich die einfachen Plastikstühle als stabil genug, einen mehr als ausgewachsenen Blaubären zu tragen. Die Resopaltische mit Holzimitataufdruck würden zwar nicht mal in einem Studentenwohnheim der Siebziger den optischen Ansprüchen genügen, aber auch sie scheinen zumindest stabil genug zu sein und wackeln nicht.

Als ich sitze wird mir sehr schnell die Speisekarte gebracht und auch genügend Zeit gegeben diese zu studieren. Die einleitenden Worte auf der ersten Seite habe ich so zwar bereits in mehreren indischen Lokalen gelesen, hier nehmen sie eine tiefere Bedeutung an.
Indisches Essen muss nicht scharf sein
Nein, das muss es sicher nicht, es gibt genügend Gerichte, die durch ihre fruchtigen Aromen ebenso überzeugen können. Ich persönlich bevorzuge aber durchaus die würzigeren, „spicy“ Gerichte.
Daher fällt meine Wahl wie so oft auf Chicken Vindaloo „scharf“ (13,50 €) sowie etwas Papadam (1,50 €) vorab. Dazu soll es ein alkoholfreies Weizen (0,5l 3,50 €) sein.

Mich wundert ein wenig, dass bei meiner Bestellung kein Wort zur Schärfe verloren wird, zumal mit den Gästen am Nebentisch sehr wohl abgefragt wird, ob es denn „spicy“ sein dürfe oder eher mild. Ich nahm zu diesem Zeitpunkt an, das läge sicher an der bereits in der Karte angekündigten Schärfe. Als dann mein Bier recht zügig kam, bestellte ich noch ein Naan (2,- €) nach.

Nach relativ kurzer Zeit wurden mir dann auch in eine Papierserviette gehülltes Besteck, drei kleine Schälchen mit Dips und ein Tellerchen mit einem (1!) Papadam gebracht. OK, dachte ich, 1,50 € ist nicht wirklich viel Geld, aber an einem zweiten der kleinen, im Einkauf recht günstigen Fladen wäre das Lokal vermutlich auch nicht Pleite gegangen.
Das Papadam war wie meist üblich die aufgebackene Variante, leider in der sehr milden Ausprägung. Dazu gab es drei unterschiedliche Dips: einen Joghurt-Kräuter (hauptsächlich Minze) Dip, einen süßlichen Chili-Dip sowie indische Pickles. Letztere konnten mich durch ihre Schärfe noch am besten überzeugen, die anderen waren eher im unteren Mittelfeld angesiedelt.

Kurz nachdem das Papadam seiner natürlichen Bestimmung zugeführt war, wurde mir ein gut vorgewärmter Teller gebracht. Leider war dessen Aufgabe lediglich die Umwelt leicht zu erwärmen, denn bis das Hauptgericht bei mir war vergingen etwa weiter 5-10 Minuten. Die Wartezeit an sich zwischen Papadam und Hauptgericht wäre ja durchaus in Ordnung gewesen, das Vorwärmen des Tellers hätte man sich so aber auch sparen können.  

Das Chicken Vindaloo wurde dann in einer Metallschale auf einem kleinen Stövchen mit Teelicht serviert. Der dazugehörige Reis kam in einem kleinen Metalleimerchen (erinnerte mich sehr an ein Lokal in Bangalore, wo man alle Speisen aus großen Blecheimern serviert bekam) ohne Deckel, was ein zügiges Auskühlen zur Folge hatte. Das recht knusprige Naan kam halbiert auf einer kleinen Metallplatte an den Tisch.
Der Reis war geschmacklich in Ordnung, nur leider wie bereits erwähnt schnell recht kalt. Das Naan war geschmacklich ebenfalls OK, aber ein wenig zu knusprig, sodass das Greifen der Speisen mit einem Brotstückchen eher schwierig war.

Das Chicken Vindaloo kam bereits nicht mehr ganz heiß an den Tisch daran könnte auch das Stövchen nichts mehr ändern. Das nicht sehr üppig vorhandene Fleisch war von der Konsistenz in Ordnung und nicht zu trocken. Dafür waren sehr reichlich Kartoffelstückchen enthalten, die aber eine etwas speckige Konsistenz aufwiesen. Das alles war aber nicht das eigentliche Problem. Ich erinnere mich an die erste Seite der Speisekarte („Indisches Essen muss nicht scharf sein“). Ist hier dieser Satz zum Motto geworden? Der Geschmack dieses Gerichtes, das einem unerprobten Esser durchaus den Schweiß auf die Stirn treiben kann (bzw. sollte), erinnerte hier eher an fades Gulasch einer Schulkantine mit Gewürzembargo. Auf die Nachfrage beim Kellner, ob er mit etwas Chili-Pulver o.ä. bringen können, meinte dieser, dass sie dieses hier nicht hätten. Außerdem meinte er ich hätte es bei der Bestellung schon sagen müssen, dass ich es gerne scharf hätte. Meine Antwort, dass das Gericht in der Karte explizit mit „Scharf“ gekennzeichnet sein zuckte er nur mit den Schultern. Er bot mir zwar noch an, den kleinen Rest der Soße, die ich noch in der Schüssel hatte nochmal in die Küche zum Nachwürzen mitzunehmen, da es sich dabei jedoch um maximal 20% der ursprünglichem Menge handelte lehnte ich danken ab.

Das Bezahlen verlief dann wieder Problemlos.

Zur Punkteverteilung:

Das Ambiente erinnert mich eher an billiges Ausflugslokal, drinnen mit Papierservietten und viel orange, außen noch trister (siehe Text). => 2 Sterne

Der Service war ganz in Ordnung und freundlich, einen übermäßig engagierten Eindruck hat er jedoch nicht hinterlassen. => 3 Sterne

Das Essen war schlicht und ergreifend langweilig. 2 Sterne.

Zur Sauberkeit gibt es keine Beanstandungen: 4 Sterne

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist Mittelmaß. Es war nicht überteuert, aber der erhaltene Gegenwert war auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. 3 Sterne

Fazit:

Um so zu essen brauche ich nicht zum Inder zu gehen. Und wenn man schon „Scharf“ in die Karte schreibt, dann sollte man dem Gast wenigstens die Möglichkeit geben selbst für das scharf machen zu sorgen.  Daher wird man mich hier eher nicht mehr sehen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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