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GastroGuide-User: AndiHa
AndiHa hat Bräustüberl der Forschungsbrauerei in 81737 München bewertet.
vor 8 Jahren
"Ein Versprechen welches nicht durchgehend gehalten wurde"
Verifiziert

Geschrieben am 24.09.2016 | Aktualisiert am 24.09.2016
Besucht am 20.09.2016 Besuchszeit: Abendessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 25 EUR
Forschungsbrauerei.
Ein Name welcher für den hopfenaffinen deutschen Michel ein besonderes Versprechen beinhaltet.
Ein Wort wie ein Brett!
 
Aber der Reihe nach:
 
Ich war geschäftlich in Ottobrunn eingelastet und mein Arbeitgeber hatte ein Hotel in Neuperlach gebucht.
Ein anständiges Stadthotel welches nicht weiter hervor sticht und zu Wiesnzeiten wie alle hier einen ordentlichen Aufschlag verlangt.
Daß Wiesenzeiten sind hatten wir zur Planung des Termines überhaupt nicht im Blick.
Na gut, der Arbeitgeber bezahlt ja….
Es war für den Arbeitgeber dennoch ein lohnendes Unterfangen, da wir mit einer „Nachbarabteilung“ ein Agreement geschlossen hatten.
Wir waren in einer Höhenkammer in der Druckverhältnisse wie in 2500m Höhe (und mehr) simuliert werden können.
Für die Produkte meines Arbeitgebers ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung derselben.
Ok, ich arbeite in der Entwicklung/Forschung. Damit dürfte der Bogen geschlagen sein.
 
Menschen aus der Entwicklung sind ja von Natur aus neugierig und wenn es sich auch noch mit Angenehmem verbinden lässt, dann gibt es keine Diskussion mehr.
Forschungsbrauerei. Ein Wort Hort welcher natürlich erforscht gehört.
Ein Kollege war mit dabei und zur abendlichen Erörterung der Einkehrmöglichkeiten fiel dann dieses Haus schon alleine auf Grund der Namensgebung in’s Auge.
Ok, es lag knapp außerhalb des fußläufig angenehm erreichbaren Radius’. Das war auf den ersten Blick schade. Gut, notfalls……

 
Wir kamen also mit lauter Forschungsdrang am Hause an. Es gab 20m weiter einen sehr großzügigen hauseigenen Parkplatz. Das Haus selbst machte schon von außen einen einladenden Eindruck welcher sich im Inneren auf urige bajuvarische Art fortsetzte. Rustikal und mit viel Holz erschien es für den geneigten Gast doch recht gemütlich.


 
Eine Dame im Dirndl begrüßte uns freundlich und überließ uns die Wahl zwischen den freien Tischen. Wir blickten forschend in den Raum und entschieden uns für einen runden Tisch in einer Ecke (mir war natürlich der Überblick und die damit günstigere bildliche Dokumentation auch nicht unwichtig ;-)).
 
Die Dame fragte uns ob wir etwas essen wollten und nach Bejahung der Frage nahm sie die Karten aus dem Tischaufsteller und reichte sie uns.
Hoppla, das war fast schon ein klein wenig peinlich. Das hatten wir in der Kürze der Zeit gar nicht wahr genommen daß da die Karten mit drin steckten. Ich entschuldige das mal mit einem langen Arbeitstag über >12h.

 
Klar wurde dann gleich mal überflogen was die häusliche Forschung denn so alles entwickelt hatte.
Es folgten also die Wünsche nach einer Weißen („Die wahre Weiße“ 0,5l zu 4,50) und einem weiteren Bier welches der Kollege bekam, dessen Namen ich aber nicht mehr weiß. Dummerweise ist auch das Bild von der Karte so unscharf, daß ich es nicht mehr zweifelsfrei entziffern kann. Und nein! Das Bild wurde VOR dem Genuß aufgenommen und das Verwackeln hatte keinen obergärigen Hintergrund!
 
Dann vertieften wir uns in die Karten und durften dort erfahren was den alten Schluckspecht Gottfried Jakob damals veranlasste diese Forschungsbrauerei zu gründen:
 
„Da der Gründer der Forschungsbrauerei Gottfried Jakob nach mehr als 25 Jahren Arbeit auf dem Gebiet der brautechnischen Betriebskontrolle und ihrer Verzweigungen unzufrieden war, entschloß er sich zur Errichtung einer Forschungsbrauerei.
So gründete er 1930 die Forschungsbrauerei in München-Perlach mit der Absicht neue Biersorten und Brauereiverfahren zu „erforschen“.
Dies gelang ihm so gut, daß er mehr als 50 Patente für seine Arbeit erhielt.
 
Gottfried kam allerdings zu dem Schluß, daß das Endprodukt seiner Arbeit nicht allein von ihm selbst oder einem kleinen Kreis von Braukollegen bewertet werden kann.
So schuf er 1936 mit viel Hingabe das Bräustüberl als „Prüfstelle“ in der jeder Gast in aller Stille proben kann.“

 
Und so weiter und so fort.
Gefolgt von ein paar Zitaten von denen ich nur eines wiedergeben will um endlich das vor mir stehende Weißbier verköstigen erproben beurteilen zu können:
 
„Das fertige Produkt muß vom Konsumenten, d.h. vom Biertrinker beurteilt werden;
sein Urteil ist ganz allein maßgebend.
Wir brauen nur, um allen Mitmenschen im Bier ein Labsal zur körperlichen und seelischen Kräftigung zu schaffen.“
 
Jepp. Das glaube ich jetzt mal tatsächlich. Ist so und bleibt so.
Das erste Weisbier war jedenfalls richtig gut. Wahrscheinlich wären nach diesem langen Arbeitstag sehr viele Sorten richtig gut gewesen.
Es kam aber ziemlich klar und mit richtig viel Kohlensäre an. Hat wirklich ausnehmend gut geschmeckt. Obwohl (oder weil?) es fast schon den Touch eines Kristallweizens hatte.
 
Was gab es also sonst noch?
Zwei Suppen fanden sich in der Karte und ich war in Gedanken bei Obacht und hatte schon fast die annoncierte Pfannkuchensuppe auf der Zunge als mein Forschungsdrang mich dann doch zu einer (mir absolut unbekannten) Kaspressknödelsuppe (3,80) umschwenken ließ.
Kannte ich nicht, las’ sich aber interessant.

 
Nun, die Kasperessknödelsuppe kenne ich jetzt. Irgendwie eine Art Semmelknödel mit Käse und Ei und… war in Scheiben geschnitten und in einer guten Brühe kredenzt. Hat soweit geschmeckt und war sehr sättigend. Den „Kas“ hatte ich aber etwas vermisst. Ich hätte vielleicht doch etwas „Obacht“ geben und die Pfannkuchensuppe wählen sollen.
Ich will damit nicht sagen, daß die Suppe nicht gut war. Ich habe ja schlicht keine Referenzen dazu. Sie war ordentlich. Meine Richtung war das aber nicht.
 
Während wir also die Suppe erforschten hörten wir aus der Küche Schnitzelklopfen. Ich interpretierte das Klopfen so, da ich nicht davon ausging, daß der Azubi für Fehler büßen musste. Solche kamen bislang ja auch nicht vor.
 
Kollege orderte einen Schweinekrustenbraten mit Kartoffelknödel und Speckkrautsalat (10,90). Der Salat wurde auf der karte mit so lange Vorrat reicht angegeben. Ein zartes Indiz für selbstgemacht.
Der Braten kam in einer sehr dunklen Soße und hatte saugut ausgesehen!
Mein Kollege war zufrieden (auf eine gezielte Abfrage meinerseits hatte ich verzichtet, da ich meine Doku nicht zu sehr in den Vordergrund rücken wollte).
 
Den Krustenbraten hätte ich vielleicht auch nehmen sollen.
 
Ich bekam aber das Schweineschnitzel Wiener Art mit Röstkartoffeln und Salat (12,80).
Das Schnitzel war sehr angenehm zart. Das war aber auch schon das Berste daran. Die Panade passte zwar auch noch gerade so aber sie war schon extrem bleich. Das hatte dann Tendenzen zu einem etwas mehlig/teigigem Geschmack. War das Schnitzel vor der Pfanne oder den Schlägen erschrocken und darum so bleich?
Vor lauter Hieben hatte der Koch auch die Gewürze etwas vernachlässigt. Das Schnitzel war nämlich überdies auch noch herzhaft leise.

 
Später wurde am Nachbartisch ebenfalls ein Schnitzel dieser Bauart angeliefert welches deutlich mehr Zeit in der Pfanne verbracht haben dürfte. Es sah gut aus. Meines aber nicht.
 
Die Röstkartoffeln hatte wohl dasselbe Schicksal ereilt. Zwei/drei Kartoffelscheiben hatten was von „Röst-“. Sonst waren sie eher ganz normal gegart.
Vielleicht treibt jemand in der Küche auch „Forschung“ wie man Kartoffeln mit wenig Hitze rösten kann. In der Sonne werden sie brauner!
Etwas Speck war noch dabei. Passte zwar aber hob das Erlebnis nicht nachhaltig an.
 
Herzhaft war allerdings der Salat.


Eine Vinaigrette wie ich sie liebe. Sehr intensiv und kräftig. Überdies war sie auch durchgehend vorhanden. Manch zartes Zünglein mag dies als zu heftig empfinden. Mir war sie aber sehr lieb.
 
Ein zweites Weißbier welches unseren Tisch erreichte war gänzlich anders von Geschmack und Eindruck. Es war trüber und damit klar ein „Hefe“. Zudem fehlte aber auch ein gerüttelt Maß an Kohlensäure. Nicht nur im Vergleich zum zuvor verköstigten. Da scheint jemand die Forschung wohl noch live zu treiben.
Ein Blick zur Theke zeigte eine genervte Schankmeisterin ordentlich Schaum zapfen.
Irgendwas lief da wohl heftig falsch.
Davon hätte ich kein Bier haben wollen.
 
Zur Rechnungsbegleichung kam die Dirndldame wieder an den Tisch und brachte einen ordentlichen Beleg mit (sie war natürlich zwischendurch auch mal da und erfragte die Zufriedenheit).
Dabei kam eine wohl obligatorische Frage: „geht’s noch auf die Wiesn?“, welche wir schon zuvor am Nachbartisch bei zwei gesetzteren Herren hinter ihrem Maßkrug vernommen hatten.
Wie verneinten ob des anstehenden nächsten Tages und der Qualität der dabei wohl in Mitleidenschaft gezogenen Forschungsergebnisse.
Geht’s noch auf die Wiesn schien aber hier ganz normal zu sein.
Wir befanden uns eben im innerdeutschen Ausland und andere Länder andere Sitten.
Wir hatten uns mit je zwei Halben Bier aber gut integriert, denke ich mal.
 
Entgegen Herrn Becksteins Aussage, daß ein Bayer auch nach zwei Mass noch fahren könne brachten wir anschließend das Auto lieber in Sicherheit und gönnten uns noch „oinen wönzigen Schlock“ im Hotel.
 
Unsere Forschungsreise brachte Erkenntnisse:
Hier wird mit schwankender Güte in der Küche gekocht und ebenso ausgeschenkt.
Inwieweit diese Einkehr ein unglücklicher Zufall oder ein Widerbild des Hauses war weiß ich nicht.
Ich hoffe jedenfalls, daß es nicht immer so ist.
Ich bewerte den Tag und da sehe ich an einigen Punkten noch Potenzial. Sehe aber auch die Schwankungen. Welchen Hintergrund sie auch immer haben mochten.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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