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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Restaurant Fischbeisl in 22767 Hamburg bewertet.
vor 7 Jahren
"Leckeres Muschel-Frühstück direkt aus der Fischmarkthalle"
Verifiziert

Geschrieben am 05.01.2017
Besucht am 28.12.2016 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 28 EUR
Elbluft macht hungrig. Hungrig auf frischen Fisch. Da passte es ja, dass wir gerade die „Hamburger Fischmeile“ (Große Elbstraße) entlang liefen. Es war gegen 11.30 Uhr und wir hatten das Frühstück im Hotel vorsorglich ausfallen lassen. Ein leckeres Sashimi bei Henssler & seinem Namensvetter sollte den kulinarischen Auftakt des Tages und zugleich den Endpunkt unseres Kurzaufenthaltes in Hamburg einläuten. Doch der Schönling aus dem Fernsehen hatte gerade Betriebsferien oder er ließ sich wahrscheinlich mal wieder in der Sonne „grillen“. Egal, sein Restaurant hatte jedenfalls geschlossen. Das mondäne „Marseille“ in direkter Nachbarschaft war uns etwas zu gehoben für die noch recht frühe Tageszeit. Wir schlenderten entlang der Fischmarkthalle und entdeckten eine Beisl. Genauer gesagt die „Fischbeisl“. Ein österreichisches Wirtshaus mitten in Hamburgs Frischfisch-Epizentrum?

Mitnichten, nur der Hausherr Volkmar Preis ist gebürtiger Österreicher. Er hatte vorher fast 40 Jahre lang das Landhaus Dill an der Elbchaussee geleitet und weiß wie die Gastro tickt. Eine Zeit lang fuhr er zweigleisig, denn im Juli 2009 eröffnete er in einem ehemaligen Fischverarbeitungsbetrieb mit der „Fischbeisl“ ein sympathisches Bistro, dessen kulinarischen Schwerpunkt sein Name schon verrät.

Herr Preis hatte wohl seine Beisl gerade erst aufgesperrt, denn wir waren die ersten Gäste an diesem Tag. Wir hatten also freie Platzwahl und setzten uns direkt an die hohe Fensterfront. Mit ausgezeichnetem Blick auf die Große Elbstraße und einem kleinen Öfchen im Rücken saßen wir äußerst entspannt im weißgekachelten Gastraum mit der offenen Küche. Gut, die Bistro-Stühle aus dunklem Holz hätten vielleicht etwas bequemer sein können. Aber ansonsten hat uns das legere Interieur mit seinen rot gestrichenen Decken und dem kontrastierenden Weiß der Wandkacheln gut gefallen. An dicken Kettengliedern hingen uns die Lampen entgegen. Die blanken Holztische kamen auch ohne Tischdecke aus. Lediglich ein Teller mit Besteck, ein Teelicht sowie Salz und Pfeffer bevölkerten die karge Tischlandschaft.

Man reichte uns die Speisenkarten, deren Inhalt in Klarsichthüllen steckte. Nicht gerade mein Lieblingsformat, aber dafür recht übersichtlich auf zwei Seiten beschränkt. Linkerhand ein gutes Dutzend Spezialitäten mit deutlicher Fischausrichtung (Bouillabaisse, Steinbeißer- und Thunfischfilet). Gegenüber - als Kleingedrucktes sozusagen - die Standardgerichte, die nochmals zwölf Vorspeisen und an die zwanzig Hauptgerichte listete. An Auswahl war hier wahrlich kein Mangel zumal noch eine handgeschriebene Tageskarte Köstliches wie Langustenscheiben auf Hummer-Chili-Sauce und Feldsalat (18,50 Euro) und warme Lachsroulade mit Kürbis-Ingwergemüse und Kurkumareis (12,50 Euro) anbot.
 
Doch ich musste meine Lust auf Fisch etwas zügeln, da mir der abendliche „Pflichttermin“ in der Bremer Kunsthalle wieder in den Sinn kam. Der ortsansässige Referent für gutes Essen und gelebten Hedonismus Dr. P.X. Borgi hatte geladen und dafür musste noch etwas Platz im Magen sein. Man will sich ja nicht zum Gespött machen, wenn der Bremer Genussreferent kulinarisch die Register zieht.

Also nur eine Kleinigkeit ordern war die Devise, weshalb ich mich für die Miesmuscheln in pikantem Tomaten-Weißweinsud mit ordentlich Gemüse drin und Knoblauchbrot (13,50 Euro) entschied. Meine Begleitung verweigerte aufgrund des fehlenden Frühstücks die Aufnahme warmer Speisen und bestellte den Vorspeisenteller (8,50 Euro), der aus gebeiztem Lachs, Nordseekrabben, der hier legendären Lachsfrikadelle, Matjeshappen, ein paar Saucen und Kartoffelsalat bestand.
Der Gastraum füllte sich zusehends. Etliche Hafentouristen und auch ein paar Geschäftsleute fanden den Weg in die „Fischbeisl“. Kein Wunder bei dem Angebot und den fairen Preisen (kein Gericht lag jenseits der 20 Euro-Marke!), dachte ich. Manche warteten auch an der Theke vor der offenen Küche auf ihr „Fischbrötchen to go“.
 
Nach angenehmer Wartezeit wurde die dampfende Schüssel mit den Miesmuscheln serviert. Der Vorspeisenteller meiner Begleitung kam nur Sekunden später. Der erste Eindruck war zunächst etwas verstörend, da ich den jodigen Geruch solch frischer Exemplare gar nicht kenne. Meine Lieblingsmuscheln, die Föhrer, sind vakuumiert und vom Geruch her viel „neutraler“. Ich dachte anfänglich sogar an alte Ware, aber der Gedanke verflüchtigte sich beim Essen recht schnell. Auch vom Geschmack her waren diese Muscheln einfach intensiver. Kein Wunder werden sie doch von Fischhändlern aus der unmittelbaren Umgebung bezogen und kommen daher nahezu fangfrisch in den Topf. Der Sud, der von seiner Menge her eher einer Gemüsesuppe glich, schmeckte wunderbar nach Tomate und frischem Gemüse (keine Instant Brühe!). Im Nachgang setzte sich dann die leichte Restsäure vom Weißwein durch, kurzum: ein Geschmackserlebnis zum Auslöffeln.
 
Der Vorspeisenteller meiner Begleitung sah ebenfalls sehr ansprechend aus. Die Lachsfrikadelle musste ich einfach probieren und ich tat gut daran. Getrunken haben wir übrigens einen Cappuccino (3 Euro) vorweg und einen mit Mineralwasser aufgefüllten Holunderblütensirup mit Limettensaft und Minze (3 Euro). Bevor es so richtig trubelig wurde, verließen wir die „Fischbeisl“ in Richtung Altona, um später den Heimweg nach Bremen anzutreten. Denn da wartete ja noch der kulinarische Abend mit dem Genussreferenten und unserer Gruppe anonymer Hedonisten. Aber davon erzähl ich euch ein andermal.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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Carsten1972 und 27 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.