Elements · Restaurant
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Königsbrücker Straße 96, 01099 Dresden
Restaurant Loungebar Sternerestaurant
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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat Elements · Restaurant in 01099 Dresden bewertet.
vor 7 Jahren
"Drei Sterne über Dresden: Auf der Suche..."
Verifiziert

Geschrieben am 25.07.2017 | Aktualisiert am 02.08.2017
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Besucht am 01.03.2017 Besuchszeit: Abendessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 115 EUR
Bis zu einem 3-Sterne-Restaurant wäre es in Dresden noch ein weiter Weg. Aber für drei Gastronomien gilt nach der begehrten Auszeichnung des Guide Michelin immerhin, dass sie "einen Stopp wert" sind. Da traf es sich doch, dass ich in einigem zeitlichen Abstand drei morgendliche Termine im Elbflorenz hatte, die nicht ohne eine Anreise am Vorabend zu bewältigen waren. Hier mein Bericht Nr. 2:

Das passiert mir auch nicht häufig, dass ich nach Betreten des Restaurant als erstes um ein Handtuch bitten muss.
Aber auf dem fast einstündigen Fußmarsch vom Dresdner Hauptbahnhof bis in die Albertstadt hatte zunächst leichter, dann immer stärkerer Regen eingesetzt. Was zusammen mit der einbrechenden Dunkelheit dazu führte, dass ich an den ehemaligen Kasernen und Werksanlagen des VEB Strömungsmaschinen hinter der Toreinfahrt zunächst vorbei gehastet war und erst nach kurzer Suche doch recht nass in die große, freundlich beleuchtete Halle 

eintrat. Immerhin ein passender Auftakt für einen Besuch im Goumetrestaurant, dass die Elemente als Namen führt. Und auch die Nutzung des weitläufigen Industrieensembles durch das Projekt ZeitenSTRÖMUNG (www.zeitenstroemung.de) wäre ja ein Hinweis gewesen. Nun, die Jacke hatte das meiste Wasser abgehalten und den Rest konnte ich mit flauschigen Handtüchern in den ansprechend gestalteten Sanitärräumen trocknen. Die Textilien leuchteten in einem wunderbarem Pflaumenton, was offenbar manchen Gästen zu sehr gefallen hat. Jedenfalls begründet ein Schild im Waschraum die dortige Kamera- Überwachung: "Dass Sie den Sinn für Schönes mit uns teilen, ist kein Grund für Kriminalität."

Deutliche Ansage, so ist das hier. Während der Sommelier mich mit einer sehr beeindruckenden Auswahl von alkoholfreien Secci und Säften (von Nahmen) freundlich und kompetent durch den ersten Abend meiner alljährlichen zeitweisen Alkoholabstinenz begleitete, war Gastgeberin Martina Starovicová-Mießner nicht wirklich auf differenziertes Feedback und interessierte Nachfragen eingestellt. Da war doch manche Reaktion kühl und erschöpfte sich im Hinweis auf die Zufriedenheit anderer Gäste oder professioneller Prüfer. Auch die Klarstellung der Familienverhältnisse (und der eigenen Stellung) erfolgte häufiger durch die Erläuterung "Mein Mann macht dies...","Mein Mann kocht jenes...". Die Namensangaben des Teams in den Gastroführern lassen des Schluss zu, dass der Honeymoon noch kein Jahr her war. Junges Glück füllt Herz und Zunge...
Mein Wunsch nach einem Kissen wurde erfüllt, aber zunächst mit der Information versehen, man habe die (ansonsten sehr bequemen) lederbezogenen Sessel bewusst um einen Zentimeter gekürzt, damit "die Gäste nicht halb liegen, sondern aufrecht sitzen". Gewiss, will man die Tischplatte nicht in Kinnhöhe haben, muss man schon eine bestimmte Position auf dem Stuhl einnehmen. Aber so, wie es heraus kam, klang es doch ein wenig nach dem "Sitz gerade!" der Kindheit.
Kurz gesagt, wir wurden nicht warm miteinander. Vielleicht war ich auch mit zu wenig Demut in das in der Presse und dem Netz abgefeierte In-Lokal gekommen.
Später wurde es besser, die Gastgeberin kam nur noch selten persönlich an den Tisch. Auch der Versuch meines Abschlussresumées wurde resolut abgekürzt: "Das sagen Sie besser meinem Mann!" (sic!) Der gebürtige Sachse Stephan Mießner entpuppte sich als sehr netter, offener Zeitgenosse, der sich nach einem sicher langen Arbeitstag unkompliziert zu mir an den Tisch setzte. Und wie aktuell viele Köche darüber klagte, dass die Gäste erst nur schwer für Neues zu begeistern gewesen seien. Also eigentlich wie fast überall in der Republik.

Augenscheinlich ist das im Elements dann aber recht gut gelungen. Als einziges der am Ende des Winters besuchten Dresdner Sternerestaurants war die Halle, deren noch sichtbare Industrievergangenheit gelungen in eine leicht schummrige Atmosphäre zwischen Blockhaus und Lounge verwandelt worden ist, unter der Woche sehr gut besucht. Paare, Geschäftspartner und auch eine Familie, deren Kinder sehr zugewandt bedient wurden. Hingucker das Blau beleuchtete Aquarium.

Ich suchte von den in noch akzeptablem Abstand gestellten Tischen einen mit hinreichend guter Beleuchtung, was nicht vollends geklappt hat. Tagsüber dürften die vielen, sehr großen und bodentiefen Fensterelemente


für tolles Licht sorgen. Obwohl die Akustik etwas anstrengend ist, habe ich mich in den Räumen wohl gefühlt. Auf den lackierten Holztischen war klassisch eingedeckt bis hin zu Messerbänkchen, die ich hier nicht erwartet hätte. Aber solche Brüche finde ich eher anregend.

Bei einem Prisecco und "Lebenswasser" für 4,5€/0,75l stöberte ich durch die Karte und wurde fündig:

Hirschtartar mit Black Pudding
Artischocken-Sesam-Sud, wachsweiches Ei, Pilze
Rote-Bete-Maultaschen, Schafskäse, Grünkohl
Zweierlei von der Taube, Parmesan, Rosenkohl
Stilton aus dem Laib, Brioche, Zwiebelmarmelade

5 Gänge gibt's im Elements für 90€.

Leider kam gleich ein kleiner Dämpfer, Hirschfleisch für die Vorspeise sei leider nicht mehr ausreichend vorhanden. Ich blieb trotzdem bei der gewählten Vorspeise, weil ich auch gespannt auf den Black Pudding war. Die Küche werde sehen, ob ein passender Ersatz für das Wild gefunden werden könne. Nur zu!

Zunächst kam erst einmal dreierlei Brot, u.a. krachendes Kristallbrot, dessen knusprige Kruste auf dem Foto

im Vordergrund zu erahnen ist. Durchaus zufriedenstellend. Auch interessant die Begleitung 

durch eine intensive Steinpilzcreme, blumiges spanisches Olivenöl mit Meersalzflocken und schlussendlich einer Rotweinbutter. Die aber wohl auf einem sehr tanninreichen Wein beruhte, sich jedenfalls unangenehm adstringierend zeigte! Der Hinweis wurde vom Service eher achselzuckend zur Kenntnis genommen.

Das folgende Amuse zeigte die Küche dagegen auf der Höhe ihrer Kunst:
Ein gebackener panierter Würfel von Ragout fin vom Perlhuhn mit einer cremigen Hollandaise, crunchigen Zuckererbsen und Shitake. Die Überraschung, die sich bei der Durchbrechung erwarteter Geschmackserlebnisse einstellt, lässt mich noch heute der Molekularküche hinterher trauern.
Das war sicher Sterneküche. Leider ohne Foto, aber ein Würfel sieht auch wenig spektakulär aus.

Der erste Menügang 

konnte ebenfalls voll überzeugen. Der Blutpudding war schön gekühlt, um die Form zu halten. Ungewöhnlich leicht wie eine Mousse 

und würzig-süßlich, eben mit typischem Blutgeschmack. Klar, dass dazu ein kräftiges Fleisch wie der Hirsch gepasst hätte. War ja nicht. Stephan Mießner löste dies Dilemma mustergültig: Das kurz gebratene südafrikanische Springbockfleisch, das ich so ähnlich schon einmal in London probieren durfte, war zart und fest zugleich, hatte geschmacklich Ähnlichkeit mit Reh, aber doch eine "wildere" Note.  Allerlei bunte Begleitung umtanzte die gewichtigen Hauptdarsteller.
Dazu regional ganz passend einen südafrikanischen alkoholfreien Secco von Syrah und Cinsault, der es gut - soweit das alkoholfrei möglich ist - mit dem Black Pudding aufnehmen konnte.

Weiter ging es mit einer sehr schmackigen Artischocken-Sesam-Essenz, die am Tisch in die Schale mit verschiedenen Pilzen und dem gestockten Ei angegossen wurde. 

Das allerdings nicht wachsweich, sondern noch sehr dünnflüssig war. Nicht völlig mein Geschmack. Darauf angesprochen, erklärte mir die Gastgeberin kühl, das Ei sei ja auch zum Durchrühren in der Suppe gedacht. Nun, wenn es denn so gedacht war (auch bei wachsweicher Konsistenz?), hätte es ja der Service beim Einsetzen erklären können, nein müssen. Dann hätte es durchaus funktionieren können, quasi ein diy-legieren. Nein, solche Hochnäsigkeiten mag ich nicht.
Die Aromen changierten von säuerlich über erdig bis zu pikant. Nicht ganz meine Wohlfühlzone, aber interessant und im ausklingenden Winter durchaus stimmig.

Zum nächsten, vegetarischen Gang 

wurde mir ein Pflaumensaft offeriert, als Alternative Sauerkirsche, für die ich mich wegen der Fruchtigkeit auch entschied.
Als Norddeutscher sind Maultaschen nicht alltäglich, es fehlt mir also ein an unzähligen Versuchen geschulter Vergleichsmaßstab. Es bleibt daher ganz ohne Superlative nur, den himmlisch luftigen Teig zu loben, der eine eindeutige, heiße Füllung von Frischkäse und roter Bete umschloss, deren Geschmackswelt zwar wie schon vorher im erdig-säuerlichen blieb, aber durch die Milch viel weicher war. Zur Einbindung trugen auch die herzhaften getrockneten Schafskäsekrümel bei und der - wie ich finde, nachvollziehbare - winterliche Senkrechtstarter Grünkohl, très elegant als frittierte zarte Blätter. Sehr gut gemacht! Dazu noch der andere Trendsetter unter den Blattgemüsen, flower sprout, eine vielleicht nicht ganz zwingende, sehr ähnliche Ergänzung. Möglicherweise sollte auch eine Bitterahnung hinzu gegeben werden.
Es ist selten, aber dann umso schöner, wenn mich mal ein vegetarisches Gericht so völlig überzeugt.

Vor dem Fleischgang erfolgte leider keine Erfrischung, darüber gehen ja die Meinungen auseinander. Ich bin ein Fan, schade.

Die Taube wurde zum einen als kurzgebratene Bruststück mit einem ungewohnt langfaserigen Schnitt serviert, der der Zartheit nicht eben entgegen kam. Die vorhandene Haut war mit dem eingedeckten Messer nur mit erheblicher Kraftanwendung zu zerschneiden. Was nicht nur an der stumpfen Klinge lag, sondern vor allem an der nicht im geringsten krossen Geflügelhaut. Dickes Gummi. Ich war einigermaßen fassungslos. So ganz konnte auch hier das Haus meine Unzufriedenheit nicht nachvollziehen, schien es. Immerhin bot man mir an, neues Fleisch zuzubereiten. Was angesichts der fortgeschrittenen Zeit und vor allem der nicht eben verständnisvollen Reaktion wohl kaum ein besseres Resultat gezeitigt hatte. So löste ich die zähe Haut ab, konzentrierte mich auf das geschmacklich sehr überzeugende Fleisch und hoffte im Übrigen auf die zweite Zubereitung.

Die wahrlich von anderem Kaliber war. Eine Terrine von der Taubenleber auf dunkler Brioche,  mit einer Fruchtschicht (Portweinfeige oder -pflaume?) und Käsecrumble war würzig und fein zugleich und hatte mit dem ausgestrichenen Mus der süßlichen Petersilienwurzel eine tolle Ergänzung. Irritierend dagegen der nur leicht angebratene reichlich vorhandene Rosenkohl. Nicht sonderlich passend und in der Zubereitung für mich zwischen lustlos und plump angesiedelt.

Leider war auch der Käse-Abschluss wenig begeisternd. Die Präsentation bereitete den Gast bestens vor; sie war - ernüchternd. 

Der Stilton kam jedenfalls nicht direkt "aus dem Laib", war vielmehr mit Portwein zu einer Nocke verarbeitet worden. Zu dieser Zeit hatte ich schon keine Lust mehr, den Ausführungen von Frau Starovicová-Mießner zum Warum und Wieso zu folgen. Dazu eine knusprig gebratene Brioche und eine gut ausbalancierte rote Zwiebelmarmelade. Ordentlich ja. Aber Sterneküche? Die habe ich auf diesem Teller - wie auf den meisten des Abends - weder gesehen (das wäre o.k.), noch geschmeckt.

Stephan Mießner ist ohne Zweifel ein talentierter Koch, der kreativ neue Wege geht. Dabei verweigert er sich konsequent Schäumchen, farbigen Gelklecksen und sonstigem schönen (Sterne-)Schein. Kann man mit dem Segen des Dorstener Donnerers auch machen, aber dann muss die Leistung eben tadellos sein. Leider verirrte sich der sympathische Sachse auf seiner Suche zumindest bei meinem Besuch zu häufig. Die hohen Auszeichnungen konnte das Elements an diesem Abend nur selten rechtfertigen.
Und trotzdem: Das Potential rechtfertigt sicherlich einen weiteren Besuch. Aber dann muss auch geliefert werden!

Die Verabschiedung nach dem netten längeren Gespräch gestaltete sich versöhnlich. Die nett präsentierten Petits fours 

ließ ich notgedrungen unberührt. Im feinen Kästchen befanden sich aber neben der Rechnung auch eine Zimtstange und ein Eukalyptuszweig. 

Zwischen den Fingern verrieben erhob sich ein wunderbarer belebender Duft! Insofern beschwingt wartete ich im Dresdner Dauerregen auf mein Taxi zum Hotel.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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