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GastroGuide-User: Obacht!
Obacht! hat Gourmetrestaurant Aubergine im Hotel Vier Jahreszeiten in 82319 Starnberg bewertet.
vor 9 Jahren
"Der Stern ist redlich verdient!"
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Geschrieben am 13.02.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Gourmetrestaurant Aubergine im Hotel Vier Jahreszeiten
Besucht am 11.02.2015
Bitte die Chips-Tüte bereitlegen und eine bequeme Sitzposition einnehmen, die Rezension wird länger :-)

Als ich vor rund eineinhalb Jahren die Aubergine im Internet entdeckt hatte, dachte ich mir zuerst, die Namensgebung ist aber mutig, denkt man als Gast doch unweigerlich an den großen Witzigmann. Doch bereits nach dem ersten Besuch waren solche Gedanken verflogen, und seither ist es für mich immer etwas ganz besonderes, hier zu essen.

Das Hotel Vier Jahreszeiten liegt direkt an der Hauptdurchgangsstraße von Starnberg gegenüber der Araltankstelle. Man fährt bequem in die Tiefgarage, nimmt den Lift nach oben (Ticket später kostenlos entwerten lassen), wird am Stehpult des Restaurantbereichs freundlich in Empfang genommen und nach einem prüfenden Blick in das Reservierungsbuch durch das Restaurant Oliv’s hindurch in das dahinter gelegene Gourmetrestaurant Aubergine geleitet. Selbstverständlich wird einem die Garderobe abgenommen und die Stühle am Tisch zurechtgerückt.

Ich mag hier einfach alles. Die anthrazitfarbenen Töne, die großzügig gestellten Tische (stilvoll eingedeckt), die leicht schummrige Beleuchtung und die Lounge Musik.

Mit dem Überreichen der Speisekarte wird die Weinkarte auf den Guéridon gelegt und der Tagesaperitif erklärt. Wir bestellen ein großes Mineralwasser (Gerolsteiner € 6,80), ich vertiefe mich in die Weinkarte, während Schatzl seine Nase in die Speisekarte steckt. Das mußte ich nicht mehr, hatte ich mir doch bereits die beiden Menüs auf der HP angeschaut und meine Wahl getroffen.

Normalerweise hätte ich nicht lange überlegt und eine Flasche Ruinart brut rosé bestellt, aber ich entdeckte am Ende der Seite die Empfehlung des Hauses, einen 2005  V. Triumvirat brut, Grand Cuvée aus dem Sekthaus Raumland (€ 84,--). Der herbeigeeilte Sommelier, Herr Müller, wußte zu berichten, daß Raumland den besten Sekt Deutschlands herstellt und daß der Triumvirat vom Niveau her dem Champagner gleichzusetzen ist. Keine Frage, so ein Gewächs möchten wir auf alle Fälle probieren.

Und das ist dann auch der einzige Kritikpunkt des ganzen Abends, die Kühlung sollte gute zwei Grad kälter gestellt werden, denn der Probeschluck war an der Grenze dessen, was ich als kalt bezeichne. Vom Beschlagen des Glases kann keine Rede sein. Davon abgesehen bin ich ab sofort Raumland-Fan. Der Sekt läßt die französische Verwandtschaft alt ausschauen! Ein hinreißend feines Perlen gepaart mit einer leichten Frische – wir hätten es nicht besser treffen können.

Auf dem Tisch steht mittlerweile eine große Schale mit dreierlei Brot, selbstgebackenem Knäckebrot, gesalzene Butter und Lavendelbutter.

Ach, bevor ich’s vergesse. Als der unvergleichliche Herr Hermann – selten habe ich jemanden im Service erlebt, der seinen Beruf so lebt wie er – unsere Menüwünsche aufnahm, kam umgehend die Nachfrage nach Allergien oder Unverträglichkeiten. Und meinem Wunsch die Vorspeise zu tauschen, wurde gerne und ohne Aufpreis entsprochen.

Schatzl wählte das sechsgängige Menü Aubergine zu € 74,-- (inkl. Kaffee und Petit fours), für mich sollte es das fünfgängige Menü Vier Jahreszeiten zu € 64,-- sein:

Es beginnt mit dem Amuse Bouche: Ziegenkäse auf Bohnensalat und einem Shot Bohnen-Zwiebel mit Buttermilch. Wer keine Bohnen mag, wird seine Meinung nach dieser kleinen Köstlichkeit ändern!

Zweiter Gruß aus der Küche: Seezunge mit Artischocken/Oliven nebst Basilikumpüree, angegossen mit Fischsud. Perfekt ist eine Untertreibung, so erstklassig waren die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt.

(Und wenn das so weiter geht, ist die Flasche Triumvirat leer, bevor das eigentliche Menü begonnen hat….)

Jacobsmuschel mariniert & gebraten / Buddas Hand / Kokos / Papaya / Passpierre: die Muschel hatte dank der Marinade einen kräftigen Geschmack und war wunderbar angebraten, sensationell die Exotik, hervorgerufen durch die Kokosspalten, die Papaya und das Zitronige der „Budda Hand“. Neu für mich der Geschmack von Passpierre, dem Meeresgemüse für Fortgeschrittene. Es ist, als ob man eine Brise Seeluft ißt :-)

Hummerschaum / Orange / Fenchel: völlig überraschend entpuppte sich die Orange als Sorbet mit einem Krokantcracker auf Orangen-Sellerie-Salat. Ganz stark der satte Hummergeschmack in der cremigen Suppe, die Hummereinlage war ansehnlich. Aber zusammen mit dem Sorbet werden beide Teile zu einem Geschmackserlebnis auf allerhöchstem Niveau – für mich der stärkste Gang des Abends! Spätestens ab hier könnte sich der Witzigmann zufrieden zurücklehnen und anerkennend sagen: gut gemacht!

Weißer Heilbutt / Topinambur / Tomate / Estragon:  Selbstredend ist der Fisch glasig und saftig, fruchtig dazu die Süße der Tomate in dem Löffelgroßen Mousseklecks. Die leicht gebräunten Topinamburbällchen unterschieden sich für mich jetzt nicht von „normalen“ Macairekartoffeln.  Der  kunstvoll quer über den Teller drapierten „grüne Schlange“ haftete der noch fehlende Estragongeschmack an und verlieh der Kreation die besondere Note. Ebenfalls nicht unerwähnt sollten die weißen Bohnen bleiben, die in einer cremig-schlotzigen Soße daherkamen.

Pecorino / Rucola / Wassermelone : Jeder Käseliebhaber wäre begeistert gewesen über den Kontrast des kräftigen Käses zu der weichen Kälte des Rucolasorbets. Auf die Idee muß man erstmal kommen!!

Milch / Rote Beete / Mohn / Malz : Obwohl der Teller bunt und verheißungsvoll aussah, zögerte ich mit dem ersten Löffel und beäugte das Gebotene mißtrauisch. Ich mag keine Experimente beim Nachtisch. Süß soll er sein, viele Kalorien haben und glücklich machen! Und Mohn kommt in meiner Beliebtheitsskala überhaupt nicht vor. Ja, aber dafür geht man ja in ein Spitzenlokal, nämlich um eines besseren belehrt zu werden. Und dieses Dessert bot wirklich alles an Vielfalt und großem Können. Von warm bis eiskalt, von cremig bis crunchig und schaumig – ein wildes Karussell an wohlig kleinen Geschmacksbomben bot sich meinem Gaumen. Allerbesten Dank dafür!

Es folgt der Kaffee in Form eines Espressos, dazu zwei Petit fours – ein kunstvoll geschichtetes Prinzregententörtchen für mich und das zweite hat Schatzl verputzt und als ich ihn fragte, was es gewesen sei, kam die kompetente Antwort „lecker!“.

Nebenbei präsentierte uns Herr Hermann aus einem an einen Nähkorb erinnernden Kasten verschiedene Pralinen. Wir wählten daraus beide Toblerone-Nougat (die dann beim im Mund schmelzen kleine Knusperelemente versprühte).

Und weil das noch nicht reicht, rollte der Digestif-Wagen an und bot alles, was das Herz begehrt. In unserem Fall war das die alte Zwetschge als Spezialabfüllung von Ziegler (€ 9,--).

Nun ließ sich auch der zweite Küchenchef bei uns am Tisch blicken und ich gratulierte nicht nur zum Stern, sondern besonders zu dem Sorbet als Kontrast zur Hummersuppe.

Nach dem Bezahlen endet die Aufmerksamkeit von Herrn Herrmann nicht beim Hineinhelfen in die Mäntel, nein, er begleitet uns selbstverständlich bis zur Aufzugstür und hält fürsorglich ein entwertetes Parkticket bereit.

Neben der Rezeption befindet sich übrigens neben den normalen auch eine behindertengerechte Toilette.

Fazit – und danke an alle, die bis jetzt durchgehalten haben!! : Es ist eine Freude mitzuerleben, wie sich die Aubergine weiterentwickelt hat. Hier hat der Küchenchef Maximilian Moser Großes geleistet, und der Besuch und die Anerkennung der Michelin-Prüfer war längst überfällig.
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Zu allerletzt möchte ich nochmal  deutlich auf den Preis hinweisen: für dieses phantastische Menü habe ich tatsächlich nur € 64,-- Euro gezahlt. Da können sich die Münchner Gastronomen weinend in den Keller setzen!
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DETAILBEWERTUNG
Service
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Preis/Leistung


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