Canova in der Kunsthalle Bremen
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Am Wall 207, 28195 Bremen
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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat Canova in der Kunsthalle Bremen in 28195 Bremen bewertet.
vor 9 Jahren
"Stark. Nicht verpassen. Klare Empfehlung."

Geschrieben am 27.02.2015
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Canova in der Kunsthalle Bremen
Besucht am 04.08.2014
Noch eine RK-Kritik, die ich gern vor dem Vergessen retten möchte... ;-)
FAZIT: Weiterhin eine klare Empfehlung, wenn auch mit kleinen Schönheitsfehlern. Marius Keller bekommt den Spagat zwischen Massengeschäft am Mittag und Nachmittag einschl. der Besucher der Kunsthalle einerseits und dem Gourmetangebot am Abend (Zur gerade beendeten Picasso-Ausstellung Extra-Karte mit südfranzösischen Angeboten) andererseits gut hin. Allerdings konnten wir auch keine Entwicklung ausmachen. Mag sein, dass Küche und Service bei der gut besetzten Terrasse und einer Gruppe von sicher 40 Gästen im Inneren an ihre Grenzen gekommen waren.

BEDIENUNG

Wir wurden fast komplett von Claudia Piscopiello betreut, die uns aufmerksam versorgte. Ihr fehlt es sicher noch an der Souveränität, die von der Arbeit in ersten Häusern und/oder langjähriger Erfahrung herrührt.Dafür bringt sie zwei entscheidende Eigenschaften mit, die den Kunden zum Gast werden lassen: Natürliche, nicht aufdringliche Freundlichkeit und den Blick aus der Sicht des Gastes. Was könnte er gerade benötigen oder sich wünschen? Auch im Umgang mit Mängeln professionell, was im Canova in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Umso mehr, als Unerfreuliches eher von Kollegen kam. Sei es die junge Servicekräfte, die im Bemühen, alles richtig zu machen, alles vergaß. Schwamm drüber, wir haben alle mal angefangen. Aber nachdem der Hauptgang nach einer etwas zu langen Pause (s. o. zur Belegung) abgefragt wurde, hörte ich plötzlich hinter mir eine Stimme, die forsch zu meinem Nacken sprach: "Und Sie warten sicherlich auf das Fleisch?" Nachdem der Sprecher immerhin in mein Blickfeld gelangt war, bestätigte ich, den Hauptgang zu erwarten. Anders als bei der professionellen Kollegin, wurde der Teller dann abgesetzt ohne die Zutaten anzusagen. Stattdessen die fröhliche Feststellung: "Na, und jetzt brauchen Sie noch ein Messer dazu!" Ein Meister darin, das Offensichtliche auszusprechen... Das kann ja alles lustig sein, wenn sich Gast und Service schon lange kennen oder wenigstens einen Abend auf gleicher Wellenlänge verbracht haben. Dann mag die Bemerkung zum (kleinen) Malheur des fehlenden Bestecks angehen, so sie mit einer gewissen Selbstironie daher kommt. So war mir die burschikose Ansprache unangenehm, auch vor meiner Begleiterin, für die ich die Restaurantwahl getroffen hatte. Immerhin, nach einigen deutlichen Worten erschien ein weiterer, bislang unbekannter Herr (?) und entschuldigte sich, später fand ein Digestif den Weg auf die Rechnung nicht.

Davon abgesehen haben wir uns den Abend über sehr wohl gefühlt und das bei der freundlichen Verabschiedung auch zum Ausdruck gebracht. Die Freude schien beidseitig gewesen zu sein.

ESSEN

Zunächst kam ein hübsch anzusehendes Brot, das erschreckend fad war. Dazu sehr weiche Butter und, wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, eine würzige Creme, vielleicht Curry. Wir wählten dann aus dem 10-gängigen Menueangebot den "halben"Vorschlag für 69€ mit Wassermelone & Pulpo, St.Jacques Kinn vom Iberico & grüne Mandel, Avocado & Kaisergranat, Onglet Pfifferling & weiße Zwiebel sowie Beere & Valrhona.

Als Amuse gueule ein Seeteufeltartar an Erbspüree mit Kartoffelmousseline. Das war ein guter Auftakt, der Fisch sah roh aus, stellte sich aber als sous vide gegart heraus, mit klarem Eigengeschmack wie auch die Mousses.

Die erste Vorspeise war ausgezeichnet. Der Tintenfisch nicht zu stark angeröstet, mit festem Biss, aber kein bißchen zäh. Große Klasse die gegrillte Wassermelone, leicht karamellisiert und dadurch etwas knusprig, in der Konsistenz und Farbe an gebackene Paprika erinnernd und sehr süß mit der zusätzlichen Röstnote.

Die zweite Vorspeise war dagegen "nur" solide. Die Muschel tadellos in Größe, Textur und Röstgrad. Das Schwein hat mich geschmacklich nicht vom Hocker gehauen, grüne Mandeln in Krümeln verteilt. Ich hab jetzt schon Schwierigkeiten, mich daran zu erinnern.

Die Avocadosuppe war farblich wie häufig nicht so der Hingucker. Sie überraschte aber geschmacklich durch eine starke Estragonnote, die sehr gelungen war. Auch die Garnele schien roh zu sein, entpuppte sich aber ebenso als sous vide zubereitet und konnte dadurch geschmacklich vollständig überzeugen. Für mich der beste, da auch Unerwartetes enthaltende Gang.

Wenn ein Gericht seit ca. einem Jahr auf der Karte steht, verbietet sich die Bezeichnung Klassiker eigentlich, andererseits ist das Canova ja auch noch jung, so dass für das Onglet (Nierenzapfen, hanging tender) immerhin ein deutlicher Erkennungswert besteht, einschließlich der weißen Zwiebeln. Ein Gericht erneut zu probieren kann zu Wiederschmeckensfreude führen, hat aber auch Enttäuschungspotenzial. Das Fleisch an sich immer noch zum Reinknieen. Die Textur eines Rumpsteaks und fast die Zartheit eines Filets. Einen Tick fester, als beim ersten Mal schien es mir aber doch. Definitiv waren die wunderbar süßen Zwiebeln für meinen Geschmack zu fest. Tadellos dagegen die kleinen Pfifferlinge. Die Präsentation war einfach, fast lieblos. Hier (und wohl auch bei den Zwiebeln) schien die Zeit gefehlt zu haben.

Das Dessert konnte dagegen wieder überraschen. Zu den gemischten, sehr aromatischen Beeren gesellte sich aus einem (der Karte nach) anderen Dessert ein Crumble von Pumpernickel. Angerichtet auf einem Teller der zunächst nach braunem Steingut aussah. Das Befremden wich der Überraschung, als sich herausstellte, dass die Oberseite des Tellers komplett mit Schokolade überzogen war. Daher hatte der Service ihn so manieriert auf den Fingerspitzen balanciert! Man konnte also die gewünschte Menge Schokolade zur Beere vom Teller schaben. Ist nicht jedermanns Fall, ich liebe solche Zugeschaut-Mitgebaut-Gerichte. Witzig der Hinweis, man könne der Küche auch gern eine Nachricht in der Schokolade hinterlassen. Über den Crumble, geschmacklich ein guter würziger Kontrapunkt, entspann sich ein Disput mit der Küche. Man hielt ihn dort für gelungen, ich wies auf die darin enthaltenen Körner hin, die nicht mehr ohne Gefahr für die Zahngesundheit zerkaut werden konnten. Und daher im ganzen geschluckt werden mussten, wenn man sie nicht sowieso den restlichen Abend in den Molarfissuren herum schleppte...

Als Chauffeur des Abends begnügte ich mich mit einem Gläschen Cremant rose mit deutlicher Frucht und kräftiger Perlage sowie dem angebotenen Brand von sizilianischen Blutorangen, dessen Duft und Geschmack schwerlich intensiver hätten sein können. Der Espresso von mittlerer Art und Güte. Nach wie vor nur weißer Zucker.

AMBIENTE

Unbestritten eine der schönsten Terrassen der Stadt. Auf dem sehr bequemen Stuhl im grauen Korbgeflechtlook wartete ich zwanzig Minuten auf meine Gastgeberin, so wie sie an einem anderen Tisch auf mich... Tischwäsche, Besteck und Geschirr sind von gutem Durchschnitt, mehr nicht. Hier macht sich die Notwendigkeit der Alltagstauglichkeit schon bemerkbar. Deutlicher noch daran, dass drinnen wie draußen keine Stoffservietten zur Verfügung stehen und der Zucker in einem Weckglas serviert wird. Das geht natürlich, passt aber nicht zum sonstigen Stil. Zum Inneren Verweise ich auf meine bisherige Kritik.

SAUBERKEIT

Auch auf der Terrasse tadellos. Zu den den Toiletten hatte ich auch schon berichtet. Hier sei nachgetragen, dass sie komplett ebenerdig zu erreichen sind. Allerdings ist die erste Tür nur mit erheblichem Kraftaufwand zu öffnen und gerade vor der zweiten Tür befindet sich ein Pfeiler, der den Zugang einschränkt.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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Carsten1972 und 25 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.