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GastroGuide-User: DaueresserGK0712
DaueresserGK0712 hat Engelhorn · Restaurant Opus V · 6. Etage in 68161 Mannheim bewertet.
vor 8 Jahren
"Sterne-Gastronomie über den Dächern von Mannheim, leider mehr für das Auge .... !!"
Verifiziert

Geschrieben am 30.05.2016 | Aktualisiert am 30.05.2016
Besucht am 28.05.2016 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 290 EUR
Richard Engelhorn will hoch hinaus. Die Engelhorn KGaA, ehemals Engelhorn & Sturm, ist ein 1890 von Adam Sturm (Schneidermeister) und Georg Engelhorn (Kaufmann) in Mannheim gegründetes Geschäft für ehemals Herren- und Knaben-Bekleidung. 2003 trat die vierte Generation mit Sohn Fabian Engelhorn und Andreas Hilgenstock (Enkel von Rudolf Engelhorn) in das Unternehmen ein. Ende 2006 wurde im 5. und 6. Stock des Haupthauses das Restaurant Le Corange  sowie das Bistro Faces Lounge eröffnet. 2013/ 2014 stockte Engelhorn das Haupthaus um zwei Etagen auf. Dadurch konnte das Unternehmen seine Designabteilung vergrößern. Zudem eröffnete 2013 das Gourmetrestaurant OPUS V unter der Führung von Küchenchef Tristan Brandt und 2014 das Restaurant Dachgarten. Im Jahr 2014 wurde das OPUS V mit einem Stern im Guide Michelin ausgezeichnet. Aber nicht nur der Guide Michelin ist auf Tristan Brandt aufmerksam geworden, in den unabhängigen Restaurant Ranglisten steht das Sterne Restaurant auf Position 85 Tendenz steigend. Der Gaullt Millau vergibt in seiner 2016er Ausgabe dem Küchenchef 17 (!!) Punkte, der Schlemmeratlas 3,5 Bestecke, der Gusto 8 Pans.

Daher suchte ich mir im Vorfeld für die 200. Bewertung meiner neu gefundenen GastroGuide Community etwas besonderes heraus. Meine Frau hatte schon länger den Wunsch hier mal Gast zu sein, jeden Monat verfolgt sie bei Facebook die hochgeladenen Bilder und sie machte dadurch regelrecht Werbung für das Restaurant (zeigte sie auch auf Arbeit herum). Letzten Samstag sollte als der große Tag sein. Wir reservierten schon vor Wochen für letzten Samstag einen Tisch, gern vor der frei einsehbaren Küche – zumindest wurde uns dieser Wunsch erfüllt.




Vor einer Woche las ich dann im Mannheimer Morgen dass der Küchenchef Tristan Brand beim Stadtfest den Besuchern für Fragen zur Verfügung stünde, außerdem dass er auf einem Stand für die Zuschauer kochen bzw Burger zubereiten würde. Also nahm ich den Hörer in die Hand und rief an. Der Umgang damit war sehr unprofessionell. Die Dame am anderen Ende der Leitung wusste gar nichts von dem Artikel in der Zeitung, das müsse ein Missverständnis sein, sie sei 2 Wochen krank gewesen, dazu könne sie nichts weiteres sagen. Als ich darauf bat, den Tisch zu stornieren wurde sie etwas krantig und meinte, dass sie mich nochmal anrufen würde, den Tisch aber aus diesen Gründen nicht stornieren könnte. Sie rief dann bei meiner Frau an und erklärte, dass sei ein Missverständnis gewesen, Herr Brandt würde an dem Abend seinen Gästen zur Verfügung stehen und natürlich die Speisen in der Küche zubereiten (war aber nicht so)

„Den Himmel so nah“ so positioniert sich das Restaurant auf seiner Homepage, wir sind eine halbe Stunde zu früh und gehen daher erst mal in die 5. Etage des Modehauses und schlürfen (zum ersten und letzten Mal) eine Auster, das ganze wird mit einem Glas „Muett Ä Schondon“ runter gespült, auf die angeblich erotisierende Wirkung und auf den außergewöhnlichen Geschmack warte ich bis heute vergebens. Da wir immer noch Zeit haben, spülen wir den salzigen Endgeschmack mit einem klasse Gläschen Sekt 0,1 im benachbarten Dachgarten erneut herunter, bis wir schließlich kurz vor 19 uhr die schwere Türe (mit Bronze und Gold verfeinert) aufmachen und den länglichen Gang mit Opus Schriftzug am Ende des Flures entdecken, leider versprüht das geschossene Foto nicht den Glanz der Hütte, dennoch füge ich es hier ein.





Wir wurden dann hinter der Ecke bereits von zwei in schwarz eingekleideten Servicekräfte begrüßt und zu unserem Tisch geführt. Der erste Eindruck, das ganze Ambiente sehr nüchtern, industriell, geradlinig. Im Laufe des Abends wurde es immer lauter, meine Frau meinte zu mir "Von der Geräuschkulisse könnten wir auch im Dachgarten oder in der Bahnhofsvorhalle sein" Intimsphäre, das was wir so schätzen in den Sterne-Restaurants, erlebten wir an dem Abend nicht.Die Tische, viel zu eng bestuhlt, sind lediglich mit großen weißen Untertellern, sowie einem kleinem Brettchen (Ablage für das Besteck) sowie kleiner weißer Brotteller und Brotmesser eingedeckt. Der Stuhl wird angenehme mit leichtem Druck beim Setzen geführt, für die Dame gibt es für die Tasche einen Abstell-Hocker, für meine Tasche leider nicht.

Wir werden, bevor wir in die Karte schauen, nach einem Aperitif gefragt. Wir antworteten dass wir bereits in der 5. Etage Schampus und Auster sowie im Dachgarten ein Glas Sekt zum Aperitif genommen haben. Die Bedienung erntete das mit hoch gezogenen Augen, ab da an fühlten wir uns schon etwas unwohl.Wir bekommen dann die edlen Karten gereicht, es gibt wenige ala Card Gerichte zb Steak (150 Gramm) Prime Beef für 90 Euro, oder Filet 150 Gramm für deutlich über 100 Euro. Rechts in der Karte stand die angebotene Weinreise, wir favorisierten ein 5 Gang Menü (116 Euro, im Vorfeld schon ausgesucht) die Weinreise dazu würde nochmal 62 Euro veranschlagen. Als ersten Gruß aus der Küche bekommen wir 





auf weißen Kieselsteine serviert, ein Gurken Sauerrahm Marschmellow Lutscher Eis, welches sich wunderbar vom stylisch schwarzen Stengel im Mund lösen lässt. Desweiteren folgen eine Art Styropor Plätzchen mit marinierter Gurke und Gurkencreme, rechts davon in einer asitaisch angehauchten Tasse eine Art Gurkenflüssigkeit mit Schaum. Die Dreierlei von der Gurke die erste kulinarische Einstimmung und sollte wohl der Fingerzeig für den heutigen Abend sein (kleine Portionen und viel Gurke).






Wir werden derweil von der auf mich  wirkende hochnäsigen Kellnerin bedient, wir fühlten uns auch nach dem weiteren Gang nicht gerade willkommen, als ich nach „offenen Weinen“ in der Karte fragte, erntete ich eine plumpe Antwort von der jungen Frau mit Brille „ die Weine stehen doch da, in der Weinreise“. Als ich nach den Preisen fragte, ihr die einfache Rechnung 60/5 gleich 12 Euro  pro Glas aufzeigte und sie mir darauf antwortete „pro 0,1 L“ ich darauf etwas fassungssos antwortete, das sei aber ganz schön ambitioniert, erklärte sie mir daraufhin, sie werden den Sommelier fragen ob man ausnahmsweise auch 0,15 oder 0,2 einschenken würde, sie würde mir dann Bescheid geben. Bescheid hat sie mir dann nicht gegeben, also suchte ich auf der sehr überzeugenden Weinkarte für mich und meine Frau einen passenden Wein. Schön, dass diese sehr pfalzlastig ist, unschön dass die Weine der bekannten Winzer aus meiner Heimatregion ab 200 Euro aufwärts losgehen (Christmann, Knippser) für einen Weißwein wohlgemerkt. Uns wurde dann von einem sehr netten Kellner einen weiteren Gruß aus der Küche serviert, wieder Gurke (zum letzten Mal heute Abend), aber in anderen Variationen:




Danach folgte das Amouse Bouche: 
Kurze Rippe vom Rind, Bonito und Eigelb:


kurze Rippe vom Rind,mit Ei


Das Rind zart und saftig gegart, das Radieschen schön dünn aufgeschnitten, leider wurde das Würzen komplett am Fleisch vergessen, so dass das erste Stück ziemlich langweilig am Gaumen und dann den Hals herunter rutschte. Das Eigelb schön schaumig geschlagen, das passte in sich eigentlich ganz gut.

Danach wurde der erste Abendgang des Menüs serviert:
HAMACHI · SCHWARZER KNOBLAUCH · KAPUZINER





Am 25. Mai 2010 wurden im oberschwäbischen Kloster Reute bei Ravensburg durch den Generalminister des Kapuzinerordens Mauro Jöhri die Rheinisch-Westfälische Ordensprovinz und die Bayerische Ordensprovinz zu einer gemeinsamen Deutschen Kapuzinerprovinz mit Sitz in München vereinigt. Aber was das mit dem Sushi Fisch zu tun hatte, gab uns Rätsel auf, auch unsere Servicedame konnte sich da keinen Reim drauf machen, wenigstens erklärte der Kellner, was sich mit dem Hamachi (Gelbschawanz) den auf sich habe. Er müsse spätestens 4 Stunden nachdem er in Japan gefangen wurde auf Eis gelegt werden, erfreut sich aber bei uns in Deutschland immer mehr an Beliebtheit. Schwarzer Knoblauch konnte ich nicht entdecken, auch nicht herausschmecken, der Fisch hatte einen starken Eigengeschmack, Wasabi und Soja Sauce als eine Art gefrorenes Schäumchen. Vom Wasabi habe ich sehr wenig geschmeckt, die Asia Sauce war beim 2. Stück in Ordnung, beim 3. Stück hatte ich nur noch Asia Sauce im Mund, dennoch eines der Highlights am Abend, es ging weiter mit:

LANGUSTE/SCHINKEN/KOKOSNUSS:


Languste mit Kokosnuss und Schinken


Optisch ansprechend angerichtet, vermisste ich den Languste Geschmack. Am Ende hatte ich nur noch Kokos und Zitrone im Mund. Der Fasch war gut gegart, aber das Gericht war in sich nicht stimmig, vielleicht lag es daran, dass bis zu dieser Zeit Tristan Brand (ein Kollege von mir hatte den Spezialauftrag auf dem Stadtfest nach ihm Ausschau zu halten) fleißig Burger gebrutzelt hat. Danach kam er dann aber mal für 5 Minuten Alibi-mäßig beim Opus vorbei um nach dem rechten zu sehen, telefonierte ein, zwei Mal und verschwand wieder (nicht geschickt bei einer frei einsehbaren Küche), auch vermisste ich wiederum bei dem Gericht eine sättigende Beilage, daher kurzes Hand winken, in diesem Fall den etwas unaufmerksamen Service mit der Bitte noch etwas Brot nachzureichen. Der gewählte Weißburgunder harmonierte übrigens exzellent zu den Fischgängen, den ein weitere sollte noch folgen: 

KABELJAU · PEKINGENTE · DIM SUM Endlich, dachte ich. Ein 200 Gramm Entenstück, dazu vielleicht ein Stück Kabeljau und ein Schüssel voll Dim Sums mit einer harmonisch abgestimmten Sauce ??




Leider Pustekuchen. Die Pekingente enpuppte sich als ein Entensud (wie frech), ein Stück sanft gegarter Kabeljau, dem ordentlich Salz und Pfeffer fehlte. Ein Dim Sum hatte sich wohl in meinem Teller verirrt und schmückte das Stück Fisch. Gefüllt mit einer Masse aus nicht erkennbarem, das Ganze war angerichtet auf Gemüse und viel Enten-Sauce. War ok, mehr nicht. Zum Vergleich: Eine Woche vorher waren Lavandula und meiner einer im Doblers und liebe Ulla, dort war der Fisch mindestens 2-3 Klassen besser gegart, daher kann ich die vielen Facebook Kommentare „wann kommt der zweite Stern“ nicht ganz nachvollziehen.

Es sollte ein weitere Gang folgen und endlich, ja endlich (ich flehte es magenknurrend herbei) kommt der Gang 

LAMM · AUBERGINE · MISO. 



Vor meinen Augen wurde dann die Lammsauce aus der Karaffe auf meinen Teller gelassen. Vorab wurde eine Art Wärmeplatte vor mir serviert, auf dieser wurde dann der Teller mit dem Riesen Stück Lammfleisch (es durften ca 30-50 Gramm gewesen sein) nebst einer Auswahl diverser Aubergine Zubereitungsarten (als Rösti, Mouse und Pudding) serviert. Das Lammfleisch hat sehr gut geschmeckt, zusammen mit dem Hamachi das Aushängeschild an dem heutigen Abend, aber mehr wie zu 3 Sternen beim Essen werde ich nicht kommen können (als Referenz meine Sterne-Restaurant Besuche, mehr beim Fazit) Das änderte auch nichts mit dem servierten Pre-Dessert, eine Art säuerlicher Waldmeister Schaum, der wohl meine Zungen neutralisieren sollte. Eigentlich, so kenne ich das von anderen Sterne-Restaurants, wird nach dem Fischgang (und wir hatten 3 Gänge in dem Menü) zur Neutralisation ein Sorbet oder was ähnliches serviert. Das vor dem Dessert gereichte Waldmeister Schäumchen als Zwischengang serviert und ich würde ein halbes Sternchen raufgehen.

Viele kleine Sternchen dafür und zwar Holunderblüten/Sternchen zauberte der Herr Brand, der auf einmal nach knapp 3 Stunden endlich in der Küche (wie aus dem nichts) erscheinte, an den Schokoladenbaum. Dazu gab es diverse Erdbeeren, die neutral als Schmuck dienten. Dazu gab es 2 neutral schmeckende Törtchen und ein Erdbeer-Eis, wohl aus dem Paccojet oder vom Thermomix kommend. Das ganze wurde final auf einer Steinplatte serviert und sah optisch ansprechend aus:





Nach dem Dessert gab es noch frisch zubereitetes Zitronen Marshmellow, welches vor meinen Augen mit einer Schere abgeschnitten wurde, sowie anschließend ein kleines Schälchen mit Petit Four, mit Abstand das schlechteste "Petit Four"was ich in den letzten Jahren in einem Sternehaus serviert bekommen habe.

Der Kracher !! Der servierte helle und braune Zucker, am „Stiel“, leider löste sich dieser im Espresso nicht auf, so dass ich ordentlich Brocken und richtige Kracher im Mund hatte. Als ich zur Probe pur eine Kugel in den Mund nahm, zerlief auch diese nicht, es lag daher nicht an den Bohnen.

Fazit:
Mannheims Richard Engelhorn will hoch hinaus. Sterneküche zum Anfassen  - Das können die Gäste auch erleben, allerdings dürfen die Gäste keinen allzu großen Hunger mitbringen. Als wir dann anschließend daheim waren, machten wir uns beide ein großes Schinken-Käse-Brot, damit der Magen was zu verdauen hatte über die Nacht. Tristan Brand`s Team setzt die Gerichte teilweise sehr ambitioniert in Szene, allerdings vermissten wir bei fast jedem Gang das Abschmecken der einzelnen Komponenten, so dass der ganze Besuch in unseren Augen ernüchtern unrund ausgefallen ist. Eine weitere Ernüchterung: Der Gang zu den Sanitäranlagen, die werden mit den Gästen vom Dachgarten geteilt:überfüllte Papierkorb, fehlende Seife, von fehlenden Stoffhandtüchern ganz zu schweigen. Uns ist auch aufgefallen, dass die komplette Küchencrew keinerlei Kopfbedeckung auf hatte, so kam es, dass ein langes blondes Haar, wohl von der einen Servicekraft in der Küche, die an und an beschäftigt war, die Haare hinter die Ohren zu stecken. Wir werden wohl nicht mehr kommen, die knapp 300 Euro für diesen Abend können wir besser in Zukunft anlegen (Anmerkung: wegen der wirklich ansprechenden Optik der Gänge gehe ich bei Essen einen halben Stern rauf, daher ziehe ich den bei Preis-Leistung wieder ab)




DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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