Tesoro
(16)

Marienstr. 113, 30171 Hannover
Restaurant Weinstube Erlebnisgastronomie
Zurück zu Tesoro
GastroGuide-User: hbeermann
hbeermann hat Tesoro in 30171 Hannover bewertet.
vor 7 Jahren
"Wie immer macht es hier einfach Spaß"
Verifiziert

Geschrieben am 08.01.2017
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Tesoro
Besucht am 06.01.2017 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 151 EUR
Anfang der Woche habe ich den Termin für den Freitag per Mail gemacht. Herr Alan bestätigte schnell, wünschte ein gutes neues Jahr und fragte nach dem Sitzwunsch.

Genau wie bei Gosch am Hafen haben wir auch im Tesoro nahezu immer einen Stammplatz, einen Vierertisch am Fenster zur sehr belebten Marienstraße. Der im Winter verwaiste Außenbereich schafft so viel Distanz, dass die Passanten einem nicht auf den Teller sehen. Man sitzt auch einige Zentimeter höher im Restaurant. Die Platzwahl wurde per Mail ebenso schnell bestätigt und Herr Alan plauderte noch ein wenig und gab bekannt, dass er vor Weihnachten seinen bisherigen Umsatzrekord gebrochen habe. Das freut mich sehr für ihn. Die alte Wahrheit, dass Qualität sich durchsetzt, stimmt hier haargenau. Ein Nachteil des Platzes ist das Licht zum Fotografieren, das nur im Sommer reicht. Ich verzichte daher auf violette Körnigkeit.

Die Begrüßung war natürlich an Herzlichkeit kaum zu überbieten. Das gesamte Team kam nach und nach an unseren Tisch und fragte nach dem Befinden und wünschte alles Gute für 2017. Beim Chef ist diese 50%-Mischung aus türkischer Gastfreundschaft und italienischer Offenheit und Komplimentenverteilung  immer wieder bemerkenswert.

Während der Chef uns über das heute sehr breite Angebot informierte, kam auch schon die wohl neue Service-Erstkraft Liri(eigentlich der Barista, aber nach Daniels Weggang?) mit einer Flasche gut gekühlten und noch geschlossenen  Roederers zu uns, schenkte großzügig in die schönen neuen Roederer-Gläser ein und baute sie vor uns auf (11,90). Der Chef hatte uns schon mit San Pellegrino (5,90 für 0,7)versorgt gegen den ersten Durst. Wegen durchgehend schlechter Erfahrungen beim Zeitpunkt des Einschenkens (ich schwärme für italienisches Weißbrot mit Rotwein) bestelle ich mir gleich zum Aperitif ein Glas Rotwein, und schnell kommen 0,2 l Nero d'Avola (7,90). Ich bin höchst zufrieden.

Herr Alan nahm dann unsere Bestellung auf. Insgesamt kümmerte er sich um uns, als seien wir die einzigen Gäste, obwohl sich das Restaurant ab 18:30 Uhr sichtlich füllte. Ich glaube, dass es schlau ist, ½ Stunde früher zu öffnen als die meisten anderen. So lassen sich für viele Tische zwei Schichten realisieren. Wegen der bisher noch nie zu schwach besetzten Küche geht alles immer sehr zügig, wenn man es möchte.

Zum Essen wählten wir wieder das Forster Ungeheuer von Bassermann Jordan für 33.- Euro. Für uns als große Rieslingfans ist es wirklich toll, dass es nicht nur Italiener gibt. Meine Frau ist auch noch weit schwieriger als ich beim Rotwein. Meist ist er ihr zu trocken zu stumpf, zu gerbstoffreich oder zu holzig. Sicher im Ziel sind deutsche, eidgenössische, österreichische, allenfalls Primitivo doppio passo aus Italien.  Der Wein wurde stilsicher geöffnet, und ich bekam den Probierschluck. Sofort bekam ich danach ein neues Glas.

Schnell kam auch unser Amuse gueule, eine dünne Scheibe Hokkaido-Kürbis mit einer dickeren Scheibe rosa Roastbeef darunter. Schon einmal gut harmonisch, und meine Frau isst es auch. Natürlich stand auch der erste Korb mit acht Scheiben des heute besonders guten und knusprigen hausgemachten Weißbrotes auf dem Tisch. Wie üblich gab es auch drei exklusive Salzsorten, ein Edelbalsamico (Preislage 20.-/250 ml) wurde dazu gestellt, und feines Olivenöl (fruttato, Sizilien) wurde in die bereit stehenden Tellerchen gegossen. 200 ml Rotwein reichten für uns beide.
Als Vorspeise nahm ich braun geröstete Jakobsmuscheln auf Orangencarpaccio (ich finde, das Wort Carpaccio wird inzwischen inflationär benutzt) mit Rucola (17,90). Die Orangen waren quer geschnitten und wirklich sehr dünn, so dass man nicht kräftig daran zu kauen hatte, der Rucola war knackig frisch, und die Jakobsmuscheln, wie sie sein sollen, en point in der Garung mit feinen Röstaromen.

Meine Frau fand wieder einmal nichts, was ihr behagte. Sie will ja nicht immer Vitello Tonnato essen und fragte deshalb nach Bandnudeln mit Schinken-Sahne, wie es sie bei jedem Allerweltsitaliener gibt. Im Tesoro gehört das aber nicht zum Programm. Also gab es ausgezeichnete hausgemachte Tagliolini  mit Sahnesoße und ein wenig zu dickem Parmaschinken darüber. Nicht dasselbe, aber ganz anständig.

Ein Zitronensorbet auf Haus überbrückte erfrischend die Wartezeit auf den Hauptgang. Die Schokolade, die flüssig mit einem Pinsel diagonal über den Sorbetteller gestrichen wird, ist immer von sehr guter Qualität. Danach kam der zweite Weißbrotkorb.

Da meine Frau ja nun einmal außer Haus ein Filet-Junkee ist, wählten wir das Kalbsfilet von der Tageskarte, für meine Frau ohne Trüffel und Paprika, für mich serienmäßig (24,90 bzw. 26,90) Das Kalb hatte innen ein herzhaftes Rosa und außen Grillstreifen, die jedem Griechen zur Ehre gereicht hätten. Auf meinem Kalbsfilet lag eine karamellisierte Birnenhälfte, gute Kombination mit Trüffeln. Es waren gut 250 g Fleisch. Ein extrem sparsamer Soßenspiegel war unter dem Filet, als Beilagen hatte ich Kartoffeln, Broccoli, Blumenkohl, Zucchini, ein Maiskölbchen und satt Paprika. Mit Trüffeln war man nicht sparsam. Meine Frau sah mich etwas wehmütig an „wie schön wäre jetzt eine Deiner tollen Soßen dazu“. Nun ja, dafür geht man nicht italienisch essen. Das Beiwerk wird in der italienischen Küche ja gewohnheitsmäßig ein wenig stiefmütterlich behandelt. Generell schade finde ich neuerdings überall das völlige Fehlen von Erbsen. Hier ist es natürlich sehr schwierig, richtig gute Ware zu bekommen, die man auch roh essen könnte. Spinat gibt es auch zu selten.

Von so vielen Menschen so oft nach der Zufriedenheit gefragt worden, bin ich noch nie.
Für Nachtisch war keine Kapazität mehr vorhanden. Nachdem Herrn Alan es beim letzen Mal gelungen war, mich systematisch abzufüllen, verzichteten wir auch auf Grappa, aber auch auf Espresso. Unsere Katzen warten. Nach 1:50 Stunden hatten wir bezahlt und konnten aufbrechen. Der Abschied war wiederum so herzlich wie das Eintreffen.

Ich habe ja schon viel geschrieben, aber eher wenig über die Einrichtung.  Die unvermeidlichen Stützsäulen, die es an vielen Stellen gibt, sind geschickt mit Holz verkleidet und werden genutzt als Kühl- oder Klimaschränke und Ablage für die Decanter. Der Fußboden in Diagonalparkett hat sich prima gehalten. Ich mag Parkett wegen der guten Trittschalldämpfung und fehlender Fußkälte. Insgesamt herrscht vorn kühles modernes Styling vor, hinten ist es etwas heimeliger. Auf der Homepage gibt es 360-Grad-Ansichten der drei Gasträume, die insgesamt 88 Gästen Platz bieten. Die Sauberkeit ist stets untadelig. Kochgerüche habe ich noch nie wahrgenommen. Trüffelduft von den Tellern der Gäste gibt es aber schon, je nach Jahreszeit.
Was die Rollstuhltauglichkeit angeht, wurde mir versichert, dass es immer zwei kräftige und bereitwillige Menschen zum Hereinheben gibt. Es sind ja auch nur drei flache Stufen. Innen ist alles ebenerdig.
 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Jens und 29 andere finden diese Bewertung hilfreich.

kgsbus und 29 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.