Tian · Vegetarisches Gourmet-Restaurant
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Frauenstr. 4, 80469 München
Vegetarisches Restaurant Catering Sternerestaurant
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GastroGuide-User: Obacht!
Obacht! hat Tian · Vegetarisches Gourmet-Restaurant in 80469 München bewertet.
vor 9 Jahren
"Vegetarische / vegane Küche auf Sterne Niveau"

Geschrieben am 11.11.2014
Besucht am 30.09.2014
Nachdem ich einen Bericht über die Eröffnung des Tian gleich gegenüber des Viktualienmarktes entdeckt hatte, warf ich einen Blick auf die Homepage – und in der Hoffnung auf viele neue kulinarische Eindrücke reservierte ich gleich online einen Tisch.

Das nächstgelegene Parkhaus ist wohl das in der Schrannenhalle, wir sind mit der U-Bahn gekommen und über den Viktualienmarkt geschlendert. Beim Betreten des Restaurants steht man gleich mitten im Geschehen, soll heißen links und rechts sind Tische, vor einem das Stehpult. Dort stand der Restaurantleiter Herr Stevanato und begrüßte uns freundlich. Nach einem kurzen Check der Reservierungen führt er uns an einen schönen Zweiertisch im hinteren Teil des Raums. Durch die Glaswand neben mir hatte ich einen faszinierenden Blick auf die angrenzende Bar mit einem futuristischen Bild, das sich in der gespiegelten Decke wiederfand. Toll!!

Auch die Einrichtung selbst war genau nach unserem Geschmack. Grautöne, gedämpftes Licht und dezente Lounge-Musik (die leider im Laufe des Abends im ansteigenden Geräuschepegel unterging). Den Abschluß des Raums bildet die offene Küche, wobei man von keinerlei unangenehmen Gerüchen eingenebelt wird.

Auftritt der Service-Mitarbeiterin Merle. Fachlich top, herzlich, fürsorglich – kurzum perfekt! Normalerweise schauen wir ja gerne erst in die Karte, bevor wir einen Aperitif bestellen, aber dank der charmanten Art von Merle folgten wir ihrem Vorschlag und orderten einen Heu Spritz (€ 6,40). Basierend auf einer Limonade, die aus Heu (?) hergestellt und mit Prosecco aufgegossen wird. Als Deko steckt ein Rosmarin-Zweig im Glas. Nun gut, den Heugeschmack kann man mit viel gutem Willen erahnen, aber der Drink war auf alle Fälle erfrischend und fand unsere Zustimmung.

Die Speisekarte ist dreigeteilt. Links das Menü Dahoam / Heimat / Ursprung, in der Mitte das Menü Emotion / Impuls / Instinkt und rechts die A-la-carte-Gerichte. Schatzl las und meinte „Schau, da sind sogar vegane Gerichte aufgeführt. Aber weißt Du, was ich vermisse?“ und dann kam der Blitz der Erkenntnis. Wir sind in einem vegetarischen Restaurant! Hatte ich vergessen zu erwähnen :-)) Das führte erst einmal zu einem längeren Schweigen auf der anderen Tischseite, und ich steckte meinen Kopf tiefer hinter die Speisekarte…

Die Menüs kann man vom 3-Gang bis hin zu sechs Gängen bestellen. Wir wählten beide das Menü Emotion, Schatzl als 6-Gang zu € 58,--, ich als 5-Gang zu € 50,--, wobei ich um eine Dessertänderung bat (was ohne Aufpreis möglich war). Als nächstes brachte uns Merle die Weinkarte. Diese ist so angenehm groß geschrieben, daß man selbst bei der schummrigen Beleuchtung ohne Nasenfahrrad auskommt. Neben einem großen Mineralwasser (Vöslauer 0,75 l. € 7.50) orderten wir eine Flasche Champagner (Delamotte € 65,--)

Als nächstes kam ein Ast auf den Tisch, auf dem neben einem herrlichen griechischen Olivenöl Butter und Fleur de Sel balancierte. Dazu eine Holzsschale mit zweierlei Brot. Außegewöhnlich: das Brot lag auf kleinen heißen Steinen; dadurch blieb das Brot schön warm. Der Gruß aus der Küche kam in Form eines Schüsselchens mit Sojamilchschaum, sautierten Pilzen und gerösteten Leinsamen. Ich sah es Schatzl förmlich an, wie er mit Todesverachtung seinen Löffel in SOJA-Flüssigkeit versenkte. Doch kaum probiert, hellte sich sein Blick begeistert auf. Es schmeckte großartig. Die würzigen, bißfesten Pilze harmonierten prima zu den gerösteten Körnern, die schaumige Konsistenz der Sojamilch umschmeichelte luftig den Gaumen. So wird man gern gegrüßt!

Es folgten:

Rote Bete / Ziegenfrischkäse / Buchweizen geröstet / Rattenschwanzradieserl , aufgegossen mit Sake
Rote & gelbe Bete / Miso / Orangentupfen
Auberginenravioli auf Maispüree / gebackener Maiscrunch / Sellerie-Chutney
Paniertes Kräuterei / Blumenkohl / schwarzer Trüffel
Zweierlei geschmorte Schwarzwurzel / Sojasoße / Kartoffeln (die Sorte habe ich vergessen) / mit Orange marinierter Fenchel (dadurch besonders aromatisch)
Ziegenkäse / Gurke / Ingwer / Mandel (beim 6 Gang-Menü)
Felchlin 80 % (seltene dunkle Schweizer Schokolade) / Passionsfrucht / Kokos
und für mich stattdessen: Valrhona Parfait / Streusel / Apfelcoulis / aufgegossen mit warmer Apfelsuppe
***
Zu den Geschmackserlebnissen im Detail: Die Zubereitung ist zweifelsohne auf höchstem Niveau und über jede Kritik erhaben. Jedoch fehlt mir eine Steigerung innerhalb der Gänge, wie man es sonst von einem mehrgängigen Menü kennt. Obwohl ich gerne 5 Sterne für diese außergewöhnliche kulinarische Reise ins Land der vegetarischen/veganen Genüsse gebe (ein kleiner Schmunzler am Rande, der Küchenchef heißt ausgerechnet Mezger), hat mir ab und an der Pep gefehlt. Soll heißen, es war alles sehr harmonisch aufeinander abgestimmt. Mir persönlich wäre mehr Mut zu Gegensätzen lieber gewesen.

Man möge es mir nachsehen, mein Highlight war ausgerechnet der Nachtisch. Ich habe für mich den Geschmack dieses unglaublichen Parfaits mit den knusprigen Streuseln im Hinterkopf abgespeichert und schwelge in hingebungsvoller Erinnerung daran. Auf Platz zwei kommt das Kräuterei, auf den Punkt pochiert mit einer herrlichen Panade versehen, ganz köstlich dazu der Blumenkohl. Ebenfalls herausheben möchte ich die Orangentupfen bei der Vorspeise.

Zum Espresso (€ 2,20) brachte uns Merle auf einem Teller Müsli-Pralinen und Cassis-Gelee. Da bin ich aber doch Traditionalist und hätte gerne etwas weniger Gesundes gehabt, und dann war das Gelee arg sauer.

Aufs Haus ging der angebotene Digestif; wir wählten beide eine destillierte Blutorange von Siegfried Herzog.

Wie erwähnt war der Service top und hätte eher sechs wie fünf Sterne verdient (es wird auch nicht an Personal gespart). Warum ich aber „nur“ 4 Sterne gebe, liegt an Herrn Adlgasser, dem Sommelier. Gerne wären wir in den Genuß seiner Beratung gekommen, jedoch wurde uns seine Aufmerksamkeit nicht zuteil. Zwar sah ich ihn oft genug gemessenen Schrittes durch die Tischreihen schreiten, jedoch selektierte er, wem er seine Aufmerksamkeit schenkte und wem nicht. Es gab durchaus Tische, die er fürsorglichst umsorgte. Andere Gäste – so wie wir – wurden völlig ignoriert. Und das geht in meinen Augen gar nicht!

Das Restaurant ist einem 5-Sterne-Hotel angeschlossen. Dementsprechend muß man auf dem Weg zur Toilette an der Bar vorbei in Richtung Rezeption. Daneben führt eine Treppe ins Untergeschoß. Wenn ich es recht gesehen habe, gibt es für gehbehinderte Gäste einen Aufzug.

Fazit: Schatzl und ich haben einen wunderbaren Abend verbracht und viele neue Eindrücke gesammelt. Auch wenn Schatzl eine Zeitlang einem ordentlichen Steak hinterher getrauert hat, hat er großen Gefallen an seinem Menü gefunden. Auch hat uns die Einrichtung begeistert, und wir haben uns sehr wohlgefühlt Ein besonderer Dank gilt Merle, der Service-Perle.

Allen Freunden der vegetarischen oder veganen Küche sei dieses Restaurant zum selber Testen wärmstens ans Herz gelegt.
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DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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