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GastroGuide-User: Obacht!
Obacht! hat Wirtshaus Zum Beinhofer in 82418 Murnau am Staffelsee bewertet.
vor 9 Jahren
"Eine Bereicherung für Murnau"
Verifiziert

Geschrieben am 29.11.2014
Besucht am 06.03.2014
Viele Jahre lag das Wirtshaus „Zum Beinhofer“ im Dornröschenschlaf. Nun ist es wieder zum Leben erwacht. Zeit für ein Testessen.

Mangels Zaun und Bordsteinkante parkt jeder irgendwie an der Grundstücksgrenze. Wir hatten das Glück, daß direkt vor uns eine Lücke frei wurde. Ich habe keine Ahnung wie alt das Haus ist, es sieht aber altehrwürdig aus. Beim Betreten steht man in einem kleinen Flur, links ist der größere Gastraum, rechts der kleinere, geradeaus findet man die Theke und die Küche.

Ein junges Servicemädel begrüßte uns, und nachdem wir reserviert hatten, sah sie nach. Ein kurzes Getuschel mit einem ungefähr gleichaltrigen Kollegen, dann führte uns dieser in den kleineren Gastraum. Er erklärte uns, dass unser Tisch gleich frei würde und ob wir uns bis dahin einen Moment an einem anderen Tisch warten könnten. Gerne, machen wir. Kaum saßen wir, standen auch schon ratz-fatz zwei Gläser Vertrösterli-Sekt vor uns. Das hinterlässt schon mal einen positiven Eindruck.

Der Raum ist schlicht, aber durchaus mit Charme eingerichtet. Es herrscht die Farbei grau vor, mit einem Touch ins taubenblaue. Ein Blickfang ist das schöne Buffet, an dem das Brot frisch aufgeschnitten wird, und der alte Parkettboden.

Lang mussten wir nicht warten, dann konnten wir an unseren Tisch wechseln. Der junge Mann brachte uns die Speisekarten und informierte uns über die Tagesgerichte. Und gleich noch ein paar Worte zum Kellner; ich schätze ihn so auf Anfang 20, aber im Umgang mit den Gästen könnte sich manch alte Hase eine dicke Scheibe von ihm abschneiden. Ohne wenn und aber 5 Sterne für diesen Service.

Ich hatte mit einer typischen Wirtshauskarte gerechnet und war ganz überrascht, dass dem nicht so war. Neben Schweinsbraten und Roulade lockte auch Vegetarisches und sogar veganes Essen.

Wie so oft siegte die Neugier, und ich bestellte statt meiner geliebten Pfannkuchensuppe eine vegane Karotten-Ingwer-Kokos-Suppe (€ 4,80), und beim Hauptgang zog der gebackene Karpfen mit Kartoffelsalat, mit dem ich geliebäugelt hatte, den kürzeren gegenüber Falafel mit Kräutersauerrahm und Rohkost (€ 8.90). Schatzl begnügte sich mit einem Kalbstafelspitz mit Meerrettich, Wurzelgemüse und Kartoffeln (€ 14.80). Zum Trinken einen Ruß (0,5 l. 3,10) und eine Aloha Hollerlimo (0,33 l. € 2,80)

Als erstes ereilte uns ein Gruß aus der Küche: hausgeräucherte Renke auf selbstgebackenem Bauernbrot. Das Gebotene überzeugte auf ganzer Linie und machte Lust auf mehr. Und das „mehr“ fand sich dann in meiner Suppe. Eigentlich mag ich es nicht, wenn Suppen recht dick sind, aber diese smoothige Konsistenz war einfach unwiderstehlich. Die einzelnen Zutaten fanden sich klar definiert geschmacklich wieder. Über allem thronte ein selbstgebackener würziger Chips. Selbst mein Schatzl, der mit veganem Essen gar nix am Hut hat, ließ sich zu einem Lob hinreißen, als ich ihn probieren ließ.

So darf’s ruhig weitergehen, dachte ich. Und wurde nicht enttäuscht. Die Falafel-Bällchen waren sehr knusprig und heiß, die Füllung aus Kirchererbsen und Linsen fein und harmonisch. Einziges Manko, das Salz fehlte. Dem half ich großzügig nach. Was mir besonders gut gefiel, war, dass das Gemüse, bestehend aus Blumenkohl, Rote Bete (ja, das gibt’s auch selbstgemacht und nicht aus dem Glas) und Zucchini blanchiert war und nicht roh. So ließ es sich viel angenehmer verspeisen. Der Salat war taufrisch und mit einer leichten Vinaigrette mariniert. Der Kräuterrahm war erfrischend und passte ausgezeichnet zu den Bällchen.

Schatzl versicherte mir, dass der Tafelspitz auf der Zunge zerging, und unser aufmerksamer Kellner bot an, noch extra Brühe zu bringen.

Angenehm gesättigt, wollten wir den schönen Abend mit etwas Süßem beenden. Die Auswahl an Desserts ist klein aber fein. Für Schatzl einen hausgemachten Apfelstrudel mit Vanillesoße (€ 5,80) und für mich Topfenknödel mit Waldbeerconfit (€ 6,80). Und dazu einen Espresso (€ 2.10) und einmal als macchiato (€ 2.20).

Mit Apfelstrudel kann man mich jagen, den probierte ich nicht (was Schatzl sehr recht war), aber die Vanillesoße. Sie glich einer fluffigen Creme und schmeckte ausgezeichnet. Verfeinert war das Ganze mit Pistaziensplittern.

Wenn ich was an meinem Nachtisch zu kritisieren habe, dann die irreführende Bezeichnung. Es waren keine Knödel, sondern Nocken. Wunderbar leicht und luftig, frisch abgestochen und dampfend heiß, die leicht säuerliche Quarknote noch gut erkennbar, herrlich umspielt von der Süße der Semmelbröseln. Dazu das kalte Kompott, ebenfalls aufgepeppt mit Pistazien. Ganz großes Kino!!

Während ich die Preise durchwegs als mehr wie angemessen finde, fällt der Espresso deutlich nicht unter Schnäppchen. Andererseits war er von exzellenter Qualität und kam mit einem kleinen Gläschen Wasser daher. Da drück ich mal ein Auge zu und laß 5 Sterne für das PLV durchgehen.

Zu den Toiletten muß man den anderen größeren Gastraum durchqueren. Sonst habe ich immer nur erwähnt, ob diese sauber und gepflegt waren. (Sind sie). Allerdings wurde ich bisher auch noch nie von Elisabeth II. beobachtet. Diese findet man als kleines Porträt in der Toilettenkabine. Schon irgendwie schräg, wie sie einem da hoheitsvoll lächelnd entgegenblickt…

Fazit: Was für eine Bereicherung für Murnau! Es kommt nicht oft vor, aber hier war ich total begeistert. Und wenn erst mal der Biergarten eröffnet wird, dann weiß ich jetzt schon, wo man mich in Zukunft sehr oft antreffen kann.
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Momentan ist Montag und Dienstag Ruhetag. Es wird aber diskutiert, montags zu öffnen, weil da bereits so viele Lokale in Murnau geschlossen haben.
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DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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