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GastroGuide-User: Huck
Huck hat Mare Nostrum in 53840 Troisdorf bewertet.
vor 9 Jahren
"Erstklassige Küche in einem Troisdorfer Wohnviertel!"
Verifiziert

Geschrieben am 14.04.2015 | Aktualisiert am 14.04.2017
Besucht am 12.04.2015
Es muß so Anfang dieses Jahres gewesen sein. Eine Tageszeitung berichtete über einen Señor Miguel Ángel Millán, der in Troisdorf ein Restaurant spanischen Gustos eröffnet habe. Nein, der Name, den diese Lokalität tragen soll, klingt nunmal überhaupt nicht spanisch. "Mare nostrum" steht an einem dreistöckigen Mehrfamilienhaus in der Troisdorfer Hans-Böckler-Straße 22, alle Wände weiß gestrichen, ausgenommen das ockergelb-, braungetönte Parterre an der Frontseite. 


"Mare nostrum", da war doch mal was im Lateinunterricht! Ach ja, die römische Hegemonialmacht im Mittelmeerraum nannte so das Mittelmeer, "unser Meer", damit auch ja kein Zweifel an der Vorherrschaft aufkam. Die Römer hatten ja ohnehin alles um's Mittelmeer rum erobert.

Erobert Señor Miguel Ángel Millán mit seinem "Mare nostrum" auch unseren Geschmack an diesem frühlingshaften Sonntagabend? Wir haben einen Tisch für zwei reserviert.

Das Ambiente **** (4 Sterne)
Der Bummel über Troisdorfs "Kö" – so wird die Kölner Straße, die Einkaufsstraße Troisdorfs, etwas überheblich beworben – liegt hinter uns, und wir schlendern im abendlichen Sonnenschein durch ein ausgeprägtes Wohngebiet hinter dem Troisdorfer Bahnhof zur Hans-Böckler-Straße 22. Nur das andersfarbige Parterre und die großen "Mare Nostrum"-Tafeln an der Seiten-und Frontwand heben das dreistöckige Haus aus der Serie der Mehrfalienhäuser in dieser Straße hervor. 

Das Auto abzustellen macht in dieser Wohnstraße keine Probleme. Vor dem Restaurant liegt zudem eine große Parkbucht. 

Das "Mare nostrum" ist dem Haus Musolff, gegründet 1954, gefolgt, einer "Institution" unter den Troisdorfer Restaurants. Wer genau hinschaut, bemerkt im Innern noch Relikte aus der Prä-Mare nostrum-Zeit.

Zwei Gasträume laden zum Verweilen ein. Große Schiebetüren trennen den hinteren Gastraum vom vorderen. An weißen Wänden geben Meeresbilder den Bezug zum Namen des Restaurants. Auf blanken Holztischen mit offensichtlich neuen hellbraunen Tischplatten ist geschmackvoll gedeckt: Marineblauer Tischläufer, zu einem Zuckerhut gebundene beige Serviette, drapiert mit einer kleinen Muschel, kleines weißes Holztablett mit einer Kerze im Glas und wiederum kleine weiße Muscheln auf dunkelblauem Dekokies, farblich passend zum Tischläufer. Die dunkelbraunen Stühle um die Tische wie auch der Unterbau der Tische erinnern an die Vergangenheit, es sind offensichtlich die Wirtshausstühle und die Tischgestelle aus Zeiten des Hauses Musolff, die Stühle mit neuen, farblich zu den Tischplatten passenden Sitzpolstern bezogen. Maritime Deko verschönert die dunkelbraun gestrichenen Fensterbänke.

Dunkelbraune Holzkarrees geben der ansonsten weißen Decke das Aussehen einer Kastendecke. Das braune Holzbodenparkett rundet den nüchternen, aber dennoch ansprechenden Gesamteindruck des Innern ab. Ein Gastraum mit dem Nötigen, kein überflüssiger Schnickschnack. 

Wir fühlen uns in diesem Ambiente wohl, vier Sterne.

Der Service **** (4 Sterne)
Wir werden freundlich begrüßt, von einer jungen Dame, die ihre mediterrane Herkunft nicht verleugnen kann. Sie weist uns den reservierten Tisch zu, bedient uns den Abend über aufmerksam, holt bereitwillig Auskünfte zu Fragen meiner besseren Hälfte über die Zutaten der Gerichte ein und parliert mit uns und den nur zwei anderen Gästen hervorragend auf Deutsch, während die Küchenverkehrssprache Spanisch ist. Ohne aufdringlich zu wirken, fragt sie ob alles recht sei, ob es uns geschmeckt habe, ob wir noch einen Wunsch hätten, …

Aufmerksam, freundlich und gut serviert, die junge camarera hat ihre vier Sterne verdient.

Das Essen ***** (5 Sterne)
Mit den Speisekarten sind wir inzwischen versorgt, die ersten Getränke – ein Vermentino aus 2010 zu 5,40 € für 0,2 l und eine 0,7 l - Flasche italienischen Mineralwassers zu 5,95 € – hat die junge Dame aufgenommen. Schon zu Hause haben wir beim Studieren der Speisekarte im Web eine Vorauswahl getroffen. Es sollte Fisch sein.

Die Speisekarte bietet Tapas in der Preisklasse zwischen vier und elf Euro. Das Fleischangebot ist mit typisch spanischen Komponenten wie Tataki de Lomo de Cerdo Ibérico oder original kastilische Milchspanferkelschulter deutlich umfangreicher als die zwei Angebote aus dem Meer. Preislich liegen Fleisch und Fisch zwischen 12 und 24 Euro. Pasta, ein Reis- und ein Gnocchigericht und Salate werden ebenfalls angepriesen.

Fisch und Fleisch werden ohne Beilagen angeboten. Für 2 oder 3 Euro lassen sich beispielsweise Patatas Bravas, Folienkartoffel mit Alioli, gegrilltes Gemüse oder Ratatouille dazuwählen.

Paellas und ein außergewöhnliche Steak für 2 Personen, ein Txuletón von mehr als 1000 g, müssen vorbestellt werden.

Auffällig in der Speisekarte ist, daß es nur "runde" Preise gibt, keine Stellen hinter dem Komma. Die Speisekarte ist unter www.marenostrum.de/speisekarte.pdf veröffentlicht.

Die camarera notiert für uns

- als Vorspeise: 
> Bruschetta tradizionale (gewürfelte Tomate und frischer Basilikum, 4€),
> Boquerones en Vinagre (in Essig und Öl eingelegte Sardellen, 5€),

– als Hauptgericht:
> zweimal Adlerfischfilet (ca. 220 Gramm, 19.- €), 
> gegrilltes Gemüse (3.- €),
> Patatas Bravas (3.- €),
> gemischter Salat (3.- €).

Die junge Dame bietet uns an, die Beilagen in Schälchen zu servieren. Wir nehmen dankend an. So läßt sich doch einfacher von allem probieren.

Auf den Gruß aus der Küche müssen wir nicht lange warten. Eine typisch mallorquinische Paprikastreichwurst, die Sobrasada, wird uns auf Kristallbrot, beträufelt mit Honig, serviert.

Der erste Biß läßt die Geschmacksnerven jubeln. Das Brot ist krachig frisch, die Süße des Honigs und die deftige Würze der Sobrasada verbinden sich zu einem einzigartigen kulinarischen Genuß. Das fängt ja wirklich gut an!

Es folgen nach kurzer Weile die Vorspeisen. Meine Frau freut sich auf die Bruschetta tradizionale, sechs in einer blendend weißen Porzellanschale servierte Kristallbrotkarrees, die mit marinierten Tomatenstückchen belegt sind. Mit etwas Fleur de Sel und frischem Pfeffer aus der Mühle nachgewürzt schmecken die knackig frischen Brote meiner Angetrauten ausgezeichnet. "Kristallbrot aus Barcelona!", betont die junge Dame vom Service. In der Schale, die sie vor mir plaziert, finde ich sieben Sardellenfilets in einem Essig-Öl-Gemisch, besprenkelt mit grünen Kräutern und rotem Paprika. Die Boquerones sind hauchzart, schön durchzogen von der schmackhaften Essig-Öl-Marinade, die auch eine Spur Zitrone erschmecken läßt. Auch ich bin sehr zufrieden mit der Vorspeise.

Wen wundert's noch? Es geht auf diesem Niveau weiter. Auf zwei Tellern lachen uns zwei ordentliche Filets vom Adlerfisch an, garniert mit Tomatenstückchen. Auf den Schalen, die die junge Dame um die beiden Teller herum plaziert, geht es farbenfroh weiter: Braun geröstete Kartoffelstücke mit roter scharfer Tomatensauce und weißem Aioli-Dip, grüner Blattsalat mit roten und gelben Kirschtomaten umrahmt und braunem Balsamico mariniert, grüne Zucchini mit braunen Champignons und jungem grünen Spargel auf bräunlicher Romanesco-Sauce, einer katalanischen Spezialität, bestehend aus Mandel, Haselnuß, Knoblauch und Tomate.

Die Fischfilets sind hervorragend auf der Haut gegart und schmecken mit etwas Fleur de Sel nachgewürzt ausgezeichnet. Der Fisch hat Eigengeschmack und eine gewisse Festigkeit, nichts Labbriges. Die scharfe Tomatensauce gibt den Patatas bravas hervorragenden Geschmack, aber auch der knobige Aioli schmeckt mit den Kartoffelquadern ausgezeichnet. Das ungewürzte Grillgemüse wird durch die ungewöhnliche, geschmackvolle Würze der Romanesco-Sauce aufgewertet. Der Salat ist knackig frisch, umrahmt von vielen schmackhaften Kirschtomatenhälften. Das Balsamico-Dressing tut ein Weiteres zu einem guten Geschmackserlebnis.

Das Essen ist so reichlich, daß meine Frau kein Dessert bestellt. Auf einen süßen Abschluß müssen wir aber trotzdem nicht verzichten. Als weiteren Gruß aus der Küche erhalten wir zwei kleine saftige Stückchen Mandelkuchen, zu dem meine Frau sich noch einen Espresso (1,90 €) gönnt. Ich lasse mir von der camarera als Digestivo Hierbas empfehlen und bekomme einen Anis El Clavel, ein Anislikör (0,04 l zu 5,90 €) mit einem ungewohnten, aber guten (Heilkräuter-) Geschmack.

Das Essen bewerten wir mit "Spitze". Die professionelle, ansprechende Präsentation, die geschmackvolle und frische Zubereitung, die neuen Geschmackserlebnisse, all dies zusammengenommen lassen uns fünf Sterne und ein "hervorragend" vergeben.

Die Sauberkeit ***** (4,5 Sterne)
Die Toiletten sind frisch renoviert und bestens sauber gehalten. Im Gastraum gibt's von uns auch nichts zu beanstanden. Die Tische sind sauber, die Gedecke blitzsauber. Viereinhalb Sterne für die Sauberkeit.

Das Preis-/Leistungsverhältnis ***** (4,5 Sterne)
Preise und Leistung stehen in einem mehr als guten Verhältnis. Wir sind gut bedient worden, wir haben sehr gut gegessen. Die Preise sind zwar etwas gehoben, aber für die gehobene Qualität gerechtfertigt. Für das Preisleistungsverhältnis vergeben wir auch viereinhalb Sterne, also zwischen "gut" und "hervorragend".

Das Fazit ***** (4,5 Sterne)
Das war ein gelungener Abend in "unserem Meer". Señor Miguel Ángel Millán hat uns überzeugt. Una recomendación sin reservas für das Mare nostrum: uneingeschränkt enpfehlenswert!
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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