Zurück zu Ristorante Due Fratelli
GastroGuide-User: Hanseat1957
Hanseat1957 hat Ristorante Due Fratelli in 28205 Bremen bewertet.
vor 4 Jahren
"Italiener mit hohem Anspruch und hohen Preisen – Kulinarisch überzeugend"

Geschrieben am 06.09.2020
Besucht am 05.09.2020 Besuchszeit: Abendessen 6 Personen Rechnungsbetrag: 309 EUR
Allgemein

Die beiden Brüder betreiben das Due Fratelli seit fünf Jahren und haben teils überschwängliche Kritiken einfahren können, so im lokalen Weser-Kurier. Es gibt aber auch harsche Kritiken, insbesondere am Service.

Lange steht das Due Fratelli auf meiner Liste und nun ergab sich ein Familienessen zu sechst mit italienererfahrenen Mitkombatanten für das wir das Due Fratelli noch kurzfristig buchen konnten.

An einem Samstag trafen wir um 18 Uhr bereits auf einige besetzte Tische im Restaurant, das insgesamt gut besucht war. Überwiegend gesetzteres Paarpublikum ohne Auffälligkeiten.

Auf der gut gestalteten Homepage (http://www.due-fratelli-bremen.de) wird schon sehr dick aufgetragen von den beiden Fratelli. Diese tauchen dort interessanterweise nur mit ihren Vornamen Denis (Koch) und Elvis (Service) auf. Vielleicht liegt es daran, dass der Nachname Behljuljevic nach Kroatien und nicht nach Bella Italia klingt. Aber das nur colorandi causa.

Insgesamt war die Zufriedenheit mit den Speisen am Tisch sehr hoch und auch ich werde nur auf hohem Niveau wenig auszusetzen haben. Was allerdings klar benannt werden muss, ist das überzogene Preisniveau. Deswegen auch nur knappe drei Sterne für das PLV. Noch drei Sterne, weil die Kochleistung des Frate Denis sehr Schmackhaftes auf die Teller bringt, so dass man für sein gutes Geld auch über dem Normalniveau verwöhnt wird.

Service

Überwiegend hatten wir es mit Denis Behljuljevic zu tun. Vom Naturell her eher das Gegenteil eines italienischen Kellners, der die „Signoras“ eloquent umschmeichelt oder gar Opernarien anstimmt. Also eine sehr sachliche und auf das Notwendige beschränkte Ansprache. Wenn man fragte, wurde man von ihm allerdings informiert. Weißes Hemd und dunkle Schürze kleideten auch den zweiten Kellner, der zuweilen am Tisch auftauchte; eine Hilfskraft, dem zum Schluss ein Espresso vom Tablett Richtung Schwager entglitt.

Ich hätte mir gewünscht, dass man uns etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt hätte, um Getränkewünsche anbringen zu können. Für den Service nüchterne drei Sterne.

Die Getränkepreise recht happig: Für ein Felsgold Pils 0,3 l werden sage und schreibe 3,50 € verlangt (nach meiner Recherche eine Handelsmarke der Metro!). für das Kellerpils der hiesigen Union Brauerei muss man gar 4,20 € für 0,3 l berappen. Das SP 0,75 l kommt auf 6,90 €. Aber die beiden auf dem Tisch vorfindlichen Flaschen wurden uns nicht berechnet (auch nicht alle Weine finden sich auf dem Bon, vielleicht doch eher Nachlässigkeit in Bezug auf das Wasser als Großzügigkeit). Die offenen Weine werden eigenwillig bepreist: 0,1 l von den drei roten oder weißen Weinen prohibitiv mit 5,50 €/0,1 l und 7,00 €/0,2 l. Der Rosé kommt auf 5,00/7,00 €. Mein Felsgold und das Weizen eindeutig nicht kalt genug. Um fünf Grad sollte die Temperatur des Fassbieres abgesenkt werden; Magenkranke können es ja etwas stehen lassen vor dem Ansetzen. Der Rosé auch nicht richtig kalt.

Der nicht näher klassifizierte Nero D`Avola aus Sizilien erwies sich als körperreich und guter Begleiter zu allem Tomatisiertem.

Ausgegeben wird im Due Fratelli nichts.

Essen

Die Speisekarte ist auf der Homepage einsehbar (nicht die Getränke). Sie ist überschaubar und Pizza gibt es im Due Fratelli nicht.

Als Amuse-Gueule bekam jeder zwei Brötchen und in einem Schälchen etwas frittierten Blumenkohl mit einer Olive und Sesam. Die Brötchen auch in der Krume gelblich, wohl mit Maismehlanteil gebacken. Wenn ich die Wahl hätte, ziehe ich frisch gebackene Pizzabrötchen mit Kräuterbutter oder einem Dip vor. Aber wo kein Pizzaofen, da halt auch keine Pizzabrötchen. Ein selbst gebackenes Ciabatta wäre eine Alternative zu den nicht prickelnden Brötchen.
Zu den weiteren Gerichten (Vorspeisen, Suppe) gab es kein Gebäck mehr.

Als Vorspeisen wurden uns Blattsalat mit gebratenen Pfifferlingen (11,90 €), Carpaccio vom Zucchini mit Ziegenkäse (12,50 €), Vitello Tonnato geräuchert (16,50 €) und gebratene Calamari (16,90 €) serviert.

Meine sieben Calamarituben waren gut angebraten und zart. Dazu heiße Cocktailtomaten, Kapern und ein tomatig, öliger Sud. Vermisst habe ich die auf der Karte ausgewiesenen Oliven. Diese mit ordentlich (mehr) Kapern schätze ich zur Würzung (livorneser Art) sehr, hier aber leider nicht ausgeprägt. Mit 16,90 € progressiv bepreist, wenn man bedenkt, dass Calamari ein Allerweltsprodukt der mediterranen Küche sind.

Sehr eigenwillig interpretiert das Vitello Tonnato meiner Schwägerin. Es wurde mit einer Haube serviert, unter der sich kalter Räuchernebel befand, der meiner Schwägerin zur olfaktorischen Einstimmung zugefächelt wurde. Also geräucherter Thunfisch auf Blattsalat mit gerösteten Brotchips und einem Klacks Vitellosoße mit Kapern. Das hatte nichts mit klassischem VT zu tun, wurde aber geschmacklich gelobt und auch ich war angetan vom kräftigem Raucharoma des kalten Thunfisches.

Gegenüber der so beliebte Ziegenkäse auf Blattsalat mit Pinienkernen, Honig, Thymian und Olivenöl, was immer gut ankommt. Der Blattsalat appetitlich mit Pfifferlingen als Krönung.

Ich hatte dann als Zwischengang die Parmesansuppe mit Kräutern (11,50 €). Es war eine sämige Cremesuppe mit kräftigem Parmesangeschmack, schön heiß mit etwas Kresse. Der Teller war angesichts der kleinen Suppenmenge schnell leergelöffelt. Den Preis fand ich für das Süppchen dreist.

Auf der Karte werden die Pastagerichte auch als ½- und ¼-Portion angeboten. So kostete die ½ Portion Spaghetti Gambas meiner ständigen Begleiterin 13,90 € (1/1 = 18,50 €). Für nicht allzu große Esser eine löbliche Möglichkeit, auch mehrere Gänge zu genießen. Meine „große“ Portion Spaghetti Bolognese (16,50 €) war beileibe nicht das Doppelte und von der Portionsgröße her nur nach Calamari und Suppe sättigend. Laut Karte wird das Fleisch für die Soße 16 Stunden geschmort. Es war auch kein typisches Hackfleischragout, was ich in eher kleiner Menge auf meinen Spaghetti fand. Aber geschmacklich näher an Geschmortem, denn an tomatenbasierter Soße. Einen gelungenen Kontrast zum dunklen Ragout bildete die Parmesancreme. Ein sehr gschmackiges Gericht! Kresse auch hier, musste wohl weg.

Auch die Gambasspaghetti hatten ein sehr vernehmliches Gambasaroma; Die Gambas geschnitten, mit Tomatenhälften und Knoblauchscheiben mit den Spaghetti vermengt.

Meine Schwägerin hatte sich für eine halbe Portion Ravioli mit Kalbfleischfüllung, Walnüssen und Gorgonzolacreme entschieden (14,50 €). Der Ravioliteig sehr dünn und mit einer fast unmerklichen Füllung mit fein gehacktem Kalbfleisch, das geschmacklich nicht ins Gewicht fiel, also im Ergebnis flache Nudeln mit einer milden Gorgonzolasoße.

Neben mir arbeitete sich mein Schwager am ganzen Wolfsbarsch ab (19,50 €), den er sehr lobte. Beilagen musste er dazu extra ordern (Rosmarinkartoffeln für 2,90 € und Tagesgemüse für 5,90 €).

Den Hingucker bildeten die Pasta Parmesan, die in einem ausgehöhlten Parmesanleib am Tisch zubereitet wird. Erst einmal wurde in dem Käselaib (ein Leib soll bis zwei Monate für diese Zubereitungsform reichen) Käse abgeschabt, der Bestellerin zum Kosten gereicht, um sodann die Nudeln (wie platte Spaghetti, Tagliolini) im Käselaib mit dem losen Käse gründlich und mit geübtem Handgriff zu vermengen. Auf dem Teller wurde dann der Pastaberg mit einer hellen Soße umrahmt. Die halbe Portion für 17,50 € sehr ansehnlich und hervorragend im Geschmack! Auch gut aufgenommen wurden die Penne Arrabiata (1/2 9,90 €).

Frate Denis versteht sein Handwerk und alle von mir verkosteten Gerichte waren geschmacklich sehr gelungen, bis auf das kleine Livornesedefizit bei den Calamari. In toto ist mir das 4,5 Sterne wert.

Bleibt die Chronistenpflicht, dass auch Nachspeisen vertilgt worden (Crèpes Pistazien, 9,00 €, Sorbetvariationen, 7,50 €). Keine Höhenflüge, aber noch mit Appetit gegessen. Der Espresso mit Sambucca zur Förderung meiner Aufmerksamkeit wird es nicht auf die Liste meiner Leibgetränke schaffen.

Ambiente

In einem Altbremer Eckhaus haben sich die Fratelli angesiedelt. Links und rechts vom Eckeingang der Freiluftbereich, gut mit hohen Pflanzkübeln mit mediterranem Grün vom Trottoir abgegrenzt. Selbst draußen Tischdecken. Drinnen geht es sehr gediegen zu. Durch die Ecklage ergibt sich eine interessante Raumaufteilung, unterstützt durch einen podestartig erhöhten hinteren Bereich. Dunkle Holztäfelung kontrastiert mit einem hellen Parkettboden, beigen Wänden und der weißen Tischwäsche. Die Deko an den Wänden besteht aus gerahmten Motiven von Landschaften und Filmszenen. In unserer Nische war es ein Spiegel, der die Wand zierte. Die Zweiertische machten einen gut dimensionierten Eindruck. In unserer Nische waren die Tische schmaler. Die Tische sind komplett eingedeckt. Stoffservietten und gute Salz- und Pfeffermühlen sind hervorzuheben. Man sitzt bequem auf beigefarbenen Lederstühlen.

Beschallt wird man mit mainstreamigem Jazz. Als die Dunkelheit einbrach wurde ein befremdlich rotes Licht zur Illumination zugeschaltet.

Die Toiletten modern und sauber.

Sauberkeit

Alles fein.
 
 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Lavandula und 12 andere finden diese Bewertung hilfreich.

Huck und 12 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.