Zurück zu Brennofen
GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Brennofen in 76831 Ilbesheim bei Landau in der Pfalz bewertet.
vor 8 Jahren
"Bemerkenswerte Weinstube mit ambitionierter Küchenleistung und monatlicher Kulturbühne, die Tradition und Moderne stimmig vereint"
Verifiziert

Geschrieben am 27.02.2016
Besucht am 25.02.2016
Die Idee, dem eigenen Weingut eine Weinstube anzugliedern, greift in der Pfalz immer mehr um sich. Eine gute Idee, wie ich finde, da man nun auf dem kulinarischen Weg neue Weingüter samt ihren durchweg guten Qualitäten besser kennenlernt. Denn guter Wein und leckere Gerichte – gerne auch mal deftig kreativ – passen eben perfekt zusammen.


Und in Ilbesheim gibt es ja seit April 2014 mit dem vom FEINSCHMECKER ausgezeichneten Hubertushof eine richtig gute Adresse für Gourmets, die in ungezwungener Atmosphäre genießen wollen. Mit der Weinstube Brennofen sind es nun schon zwei Lokale, die man dem Pfalzbesucher uneingeschränkt empfehlen kann. Der Weinort Ilbesheim bei Landau mit seinen mittlerweile überregional bekannten Jungwinzern Sven Leiner, Boris Kranz (sogar VdP-Winzer!) und Frank Ackermann hat sich in den letzten Jahren auch kulinarisch gut in Position gebracht. Und dazu trägt auch die Weinstube Brennofen bei.    

Die ehemalige Ilbesheimer Ziegelei wurde von der Winzerfamilie Schmitt aufwendig renoviert und erweitert. Seit dem Sommer 2012 können hier Freunde Pfälzer Gastlichkeit entweder in der verglasten Wein-Lounge, dem urigen Gewölbekeller (ehemaliger Ziegelstein-Brennofen, der für größere Gesellschaften zur Verfügung steht und der Weinstube den Namen gibt), der lauschigen Weinlaube im Hof, dem mediterranen Wein-Garten oder der traditionellen Weinstube mit ihren freiliegenden Fachwerkbalken und der herzhaften Holzeinrichtung bei regional-bodenständiger Kreativküche ein paar schöne Stunden verbringen. Der kalten Jahreszeit geschuldet standen an unserem Besuchsabend natürlich nur die geschlossenen Räumlichkeiten zur Verfügung.

Parkplätze vor dem Haus sind in ausreichender Zahl vorhanden. Lediglich die derzeitige Baustelle an der Ortseinfahrt von Ilbesheim erschwerte die Anreise ein wenig. Durch eine Glasscheibe ließ sich ein erster Blick in den Gewölbekeller erhaschen. Dieser war an jenem Donnerstagabend mit einer größeren Gesellschaft älterer Semester gut gefüllt. Durch den Hof erreichten wir die stilvoll ausgeleuchtete Wein-Lounge, dem Herz-Stück der Weinstube. Dort wurde uns ein Platz direkt an der Glasfront zugewiesen.

Es herrschte eine angenehme, unaufgeregte Atmosphäre. Ein paar Tische in der Lounge sowie in der Weinstube waren belegt. Kein allzu großer Andrang an diesem Abend, was uns nicht störte und uns in aller Ruhe die übersichtlich angelegte Speisenkarte studieren ließ. Wäre Montag gewesen, hätte ich mich garantiert für das dreigängige „Blind Date mit den Köchen“, dem Überraschungsmenü für 23,90 Euro, entschieden. Bei wem sie sich da wohl die Idee geholt haben? Egal, man muss ja nicht jedes gastronomische Rad neu erfinden und die Betreiber des naheliegenden Hubertushofes sehen das sicherlich ganz gelassen.

Die von Küchenchef Riccardo Schatz und seiner Crew angebotene Speisenauswahl gliedert sich in 3 Vorspeisen (2 Salate und ein Süppchen), einen großen Salatteller, der sich je nach Gusto mit Hähnbrustfilet, Ziegenfrischkäse oder Rumpsteak upgraden lässt, ein paar Fleischgerichte (Winzer- und Rumpsteak in den gängigen Ausführungen), ein vegetarisches Gericht, etwas aus Fluss und Meer sowie Feines aus dem Forst. Zusätzlich werden ein paar Pfälzer Klassiker (Flääschknepp, Saumaache, Läwwerknedel unn Broodwaschd sowie jeden Freitag Ilbesheimer Kunschdhäwwelflääsch mit Quellgrumbeere) und fünf verschiedene Flammkuchen dargeboten.

Alle drei entschieden wir uns vorweg für den Feldsalat mit getrüffeltem Kartoffeldressing, pochiertem Ei und Knusperstroh (8,90 Euro). Der war recht überschaubar angelegt, was vielleicht auch am dem dickflüssigeren Kartoffeldressing lag. Das Trüffelöl hätte man aus meiner Sicht jedoch weglassen können. Das pochierte Ei in der Mitte schmeckte dagegen sehr lecker. Insgesamt ein zufriedenstellender Beginn, wenn ich mir insgeheim auch ein wenig mehr Finesse beim Anrichten gewünscht hätte.

Diese kam bei unseren Hauptspeisen viel deutlicher zum Tragen. Die Medaillons vom Hirschrücken (22,90 Euro) kamen aufgetürmt mit einer dunkel-schwarzen Schokoladen-Kirsch-Jus auf den Teller. Der Wirsing und die knusprigen Bratkartoffeln (eigentlich standen Walnuss-Gnocchi als Beilage in der Karte, aber mein Kollege bestand auf die traditionelle Pfälzer Kartoffelalternative) rundeten diese herzhafte Hauptspeise wunderbar ab. Kollege Nummer zwei entschied sich standesgemäß für das Rumpsteak (um die 20 Euro). Es hatte 220 g und war mit Riesling-Schmorzwiebeln bedeckt. Auf unsere Nachfrage hin war die Herkunft des Roastbeefs schnell geklärt: das Blockhouse, in dem die Rinder-WG wohnte, lag in Uruguay. Dem ausgewiesenen Fleischkenner schmeckte das perfekt medium gebratene Exemplar vorzüglich. Nur leider fehlten ihm ca. 100 Gramm zum „Wirklich-Sattwerden“. Mir fehlte bei meinem Hauptgang, der rosa gebratenen Entenbrust mit geschmortem Chicorée und Kartoffel-Lauch-Mousseline (21,90 Euro), rein gar nichts. Die zarte Entenbrust lag in Tranchen geschnitten und mit etwas Jus benetzt neben dem geschmorten Chicorée, der von einer Chili-Honig-Hollandaise  flankiert wurde. Der Kartoffel-Lauch-Schaum stand in einem separaten Glas auf dem Teller, bereit zum Rauslöffeln. Geschmacklich war das alles absolut top und zudem noch einfallsreich arrangiert. Ein verdammt leckerer Hauptgang, wie ich ihn nach dem eher schwächeren Start gar nicht erwartet hätte.

Die Portionsgrößen lassen im Brennofen durchaus noch die Wahl eines Desserts zu. Also probierten wir von „allem Ebbes“. Den Espresso mit einer Kugel Walnuss-Eis und Sahnehaube (4 Euro), die Schokoladen-Erdnuss-Mousse mit Sesam-Hippe (6,90 Euro) und den pfannenfrischen Kaiserschmarrn mit Bratapfel-Kompott (6,60 Euro). Alles geschmacklich einwandfrei und ohne Schnörkel auf den Teller gebracht. Die Rum-Rosinen schmeckten bei meinem Schmarrn deutlich hervor, was jedoch kein wirklicher Makel war.

Die Zusammensetzung der Weinkarte erzählt ihre ganz eigene Geschichte. Auf ihr sind eben nicht nur Weine des hauseigenen Weinguts Schmitt vertreten, sondern auch – und das ist auf den ersten Blick eher ungewöhnlich – Weine von anderen Winzern. Dies hat seinen Grund. Im Sommer 2015 fiel das gesamte Flaschenlager (etwa 70 000 Flaschen) einem Brand im Außenbetrieb (glücklicherweise nicht direkt im Weingut!) zum Opfer. Lediglich die Weine, die in den Fässern des Weinguts reiften, konnten abgefüllt werden, weshalb derzeit nur Weine aus den Jahrgängen 2013 und 2014 verfügbar sind. Töchterchen Jana hatte sich nun schon zum zweiten Mal für den Winzerwettbewerb „Die junge Südpfalz – da wächst was nach“ qualifiziert. Da lag es nahe, auch ein paar Weine von den Jungwinzern mit ins Programm aufzunehmen, um so eine breitere Palette anbieten zu können. Der mild-fruchtige Portugieser Rosé von Ben Rothmeier aus Landau-Mörlheim (0,1 l für 2,10 Euro) schmeckte mir jedenfalls ausgezeichnet. Aber auch die Spezialität des Weingutes Schmitt, der „Raben-Dusel“ (ein im Holzfass ausgebauter Portugieser Rotwein für 2,50 Euro das 0,1l-Glas), überzeugte zur Ente.

Und so saßen wir in der Wein-Lounge, umsorgt von einer jungen Service-Truppe, die merklich auf Zack war, und merkten gar nicht wie die Zeit verging. Gute Kollegen, gutes Essen und guter Wein sind eben doch eine unschlagbare Kombination wenn es darum geht, einen kulinarisch wertvollen Abend bei netter Gesellschaft zu verbringen. Und bei meinem nächsten Besuch werde ich mich Montagabends zum „Blind-Date mit den Köchen“ verabreden. Das aber nur in weiblicher Begleitung.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


kgsbus und 25 andere finden diese Bewertung hilfreich.

kgsbus und 26 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.