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GastroGuide-User: Carsten1972
Carsten1972 hat La Vie · Tasty Kitchen · Pop up in 49074 Osnabrück bewertet.
vor 7 Jahren
"schnell mal durch die Hintertür....."
Verifiziert

Geschrieben am 29.01.2017 | Aktualisiert am 24.03.2017
Besucht am 28.01.2017 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 240 EUR
...oder besser Seitentür rein und raus!

Das Stammhaus an der Krahnstraße mit seinem 3 Sternen ist bekannt und berühmt. Und davor standen meine Frau und ich am Samstagabend. Meine Frau löste Ihr Geburtstagsgeschenk an mich ein und hatte mich per Zug nach Osnabrück gelotst. Vom Altstadtbahnhof ging es in Richtung Marktplatz und auf das La Vie zu. Es bot sich der bekannte Anblick, die schwere schwarze Limousine und der Portier vor der Tür. Ich fing an zu überlegen, sie würde doch nicht? Die Einkehr ins La Vie ist für einen Genießer schon eine Verheißung, aber die Preise für diese 3 Sterne Küche sind selbst für mich schon recht atemberaubend. Kein Zweifel, sie sind angemessen, aber bei Menüpreisen ab 160 bis 170 EUR Minimum ist ein Besuch im La Vie mit heftigem monetärem Aufwand verbunden.

Aber, meine Frau nahm mich in den Arm und ließ den Eingang des la Vie links liegen, mit einer Mischung aus Erleichterung und Bedauern fragte ich mich nach dem Ziel, aber wir waren schon da! An der Gebäudefront des La Vie zur Heger Straße erblickten wir den Eingang des jüngsten Kindes von Thomas Bühners Küchenkreativität, das Pop Up La Vie.

Was für ein Kontrast zum Eingang des kulinarischen Sternetempels. An der Krahnstraße gediegener Upper Class Style, der Portier sehr klassisch im Frack mit Zylinder. Und hier orangene Tür, orangenes Schild, pittoreske Deko dazu.........schon am Eingang setzt man sich aufs heftigste vom Mutterhaus ab. Auf der Homepage lässt man folgendes zum Konzept verlauten:
La Vie tasty kitchen Pop Up the (con)temporary welcomes you......
we love excellent food as much as you do. that’s why we created another approach as an alternative to la vie. feel free to join us at our next event
the story behind
located behind our restaurant la vie, the popup has its very own style and a different approach to cooking than our main restaurant: you can look forward to a slender menu that tobias pietzsch and his team will invent especially for our tastyKitchen. feel free to order just one course or all courses from the menu.
you will find us in the heart of osnabrück’s historic old town, close to the town hall where the peace of westphalia was proclaimed. in 2016, we carefully restored and modernised our 600-year old home, the stone working site, which serves as the backdrop for our latest food concept.

Und das nur in english...man wendet sich an internationales Publikum? Ich habe keine deutsche Version der HP finden können....nun denn, der moderne Ingenieur in der Erdöl und Erdgasindustrie spricht eh mehr englisch als deutsch den lieben Tag lang, das stellte mich also nicht vor Probleme. Aber vielleicht ältere Mitbürger?

Wir traten um kurz vor 19 Uhr ein und wurden direkt von einer jungen Dame mit Lederschürze in Empfang genommen. Die Dame im Schmiedemeister"look" fragte nach unserem Namen und brachte uns sofort mit der elektronischen Reservierung in Verbindung. Das Restaurant besteht aus zwei Ebenen, schon das Erdgeschoss war überbordend dekoriert.
Erdgeschoss langer Tisch
Erdgeschoss kleiner Tisch
Poppige Farben, ein wildes Durcheinander von Möbeln und Stilen. Es gibt nur drei Tische im Restaurant, unten ein Zweiertisch und ein langer Tisch für vielleicht 12 Personen und oben noch ein ebenso großer langer Tisch. Die Gäste werden befragt, ob man oben oder unten sitzen möchte, dann wird man nach Reihenfolge des Eintreffens an die langen Tische platziert. Man fühlt sich ein bisschen wie in einer WG Küche, wenn man wie wir am oben gelegenen großen Tisch Platz nimmt. Anschließend an den Tisch eine Küchenzeile mit Tresen davor, von dort erfolgt die Getränkeversorgung. Im Nebenraum die eigentliche Küche als Reich von Koch Tobias Pietzsch, er nutzt die vorhandene Küchenkursküche des La Vie. Die Küche steht offen, einfach mal herein zu schauen und den Köchen bei der Arbeit zuzusehen. Das ließ ich mir natürlich nicht nehmen und mir wurde mitgeteilt, dass die Küche noch vor einem Umbau stand, um sie den Bedürfnissen des Pop Up La Vie besser anzupassen.

Am gestrigen Abend saßen wir mit insgesamt 7 Personen am großen Tisch. Zwei offensichtlich befreundete Pärchen zu unserer Linken und ein ältere Herr zu unserer Rechten. Uns einte, dass wir alle 7 das erste Mal in diesem Restaurant waren und allesamt gespannt waren auf das was im Verlauf des Abends geboten werden würde. Ein Aperitifwunsch wurde abgefragt und wir orderten zwei trockene Riesling Winzersekte von der Mosel. Bereits beim Warten auf den Aperitif entspann sich ein angeregtes Gespräch mit den zuvor unbekannten Tischgenossen. Mit dem Aperitif bekamen wir das Konzept des Restaurants kurz erläutert.  

Es gibt keine Karte, auf einer Tafel werden 4 Gerichte angeboten, die einzeln, oder als Menü geordert werden können. Wasser steht in großen Karaffen schon mit dem eindecken auf dem Tisch.

Auf dem Tisch nur ein Steakmesser, weiteres Besteck in einem großen Behältnis auf dem Tisch. Ein paar rote und weiße Weine werden offen oder als Flasche angeboten. Im ganz großen Notfall (Kundenwunsch) kann aber vom Schwesterrestaurant noch weitere Auswahl beschafft werden. Im Prinzip lässt sich resümieren, es soll ein Gefühl wie am großen Familienküchentisch aufkommen. Der Service beschränkt sich auf der servieren von Gerichten und Getränken und das sehr kompetente Beantworten von Fragen.

Wir hatten im Sinn, mit einem Weißwein zu starten und mir wurde ein feinherber Riesling vom Schloss Lieser / Thomas Haag ans Herz gelegt, Brauneberger Riesling 2014. Ein Probeschluck ließ uns nicken und schwupps war ein großer Blecheimer mit Eis neben dem Tisch auf dem Boden platziert.

Dazu wurde auf den Tisch ein Holzkasten mit einem äußerst schmackhaftem Roggenbrot platziert.

Ergänzend zum Brot Salz und Pfeffer in Schalen beziehungsweise einem Mörser, sowie je eine Flasche hochwertiges Mandel-oder Olivenöl.

Zusammen ergab das ein schmackhaftes Schmankerl während wir auf den ersten Gang warteten. Das Brot war so lecker, und es wurde kontinuierlich nachgefüllt, dass man sich zwingen musste, nicht zu viel davon zu essen.

Das Menü unseres Besuchsabend wurde auf den Tafeln so verkündet:
tasty menü


kalbsTafelspitz roteBete heRing_crème fraîche (a little bit labskaus)    € 18

kabelJau Sauerkraut speckschaum_edamame € 22

preSa vom ibericoSchwein steckrübenpüree_schmorkarotten   € 29

tarteAUchocolat tonkabohneneis_rote bete    € 12

all tasty € 68

Unser Menü begann mit einer sehr freien Interpretation von Labskaus.
a little bit labskaus
Kein Eintopf, alle Komponenten separat, dass Spiegelei von der Wachtel. Optisch sehr verlockend arrangiert in Keramik von Volker Johannes Trieb (Wilde Triebe) ließe einem der Anblick schon verheißungsvoll auf den ersten Bissen warten. Ehrlich gesagt, dass sehr sanfte Kalbfleisch passte für mich nicht so gut zu dem Gericht. Natürlich perfekt gegart, ging es beim Aroma unter gegen die restlichen Komponenten. Perfekt die Kombination der kalten, gegarten Beets mit dem recht sanft gesäuerten Hering. Alle Tisch waren von der Kombination äußerst angetan.

Es folgte Fisch.
Kabeljau
Der Kabeljau wurde mit einem Speckschaum, Sauerkraut und Edamamebohnen serviert. Kabeljau und Speck geht immer und hier war die Kombination gelungen. Lecker! Sehr verlockend das Sauerkraut, dass puristisch, aber in einer sehr guten Qualität mit viel Biss auf den Teller kam. Exotisch die Edamamebohnen im Schaum, die im Geschmack ein wenig an Saubohnen erinnerten.

Mit dem Wechsel von Fisch zu Fleisch wechselten wir auch den Wein. Ein Roter aus dem Etschtal sollte es sein. Meine Frau suchte den Wein aus. Typisch italienisch, mit viel Frucht, wenig Tanin, so präsentierte sich dieser Enantio aus dem Jahr 2007.

Danach widmeten wir uns dem Schweinefleischgang.
Presa vom Iberico
In Bezug auf die Aromen war dieser Gang der Höhepunkt. Das Fleisch wieder perfekt gegart, medium rot im Inneren. Dazu Schmorkarotten in einem von Tomaten dominierten Gemüse-Schmorfond. Ein sehr süßes Püree von der Steckrübe stellte den Tisch vor Rätsel, dass von Tobias Pietzsch am Tisch gelöst wurde, nur Butter und Steckrübe verhalfen diesem Püree zu einem äußerst gutem Geschmack. Eine geräucherte Sauce ergänzte den Teller. Höhepunkt des Abends, dieser dritte Gang!

Kam noch das Dessert.
tarte aus chocolat
Wieder verlockend in Triebscher Keramik präsentiert gab es eine saftig-schokoladige tarte au chocolat, die sich nicht zu süß gut zum Eis und der Rote Beete Grütze ergänzte. Ein leckeres Dessert hinterließ 7 glückliche zufällige Tischnachbarn.

Man schloss das Dessert mit einem guten Espresso.

Die beiden jungen Servicekräfte, unsere junge Dame und ihr ebenso junger Kollege auch mit Lederschürze bewältigten den reduzierten Serviceaufwand im Pop Up La Vie sehr gut, freundlich, engagiert und kenntnisreich. Auch Tobis Pietzsch informierte immer wieder aus der Küche heraus über das gebotene Essen.

Eine Verbindung zum La Vie gibt es doch noch, auf den Toiletten treffen sich beide Gästegruppen.

Womit ich zum Fazit kommen kann. Man muss dieses Konzept mögen, das sehr legere Service und Küchenkonzept und man muss es mögen, mit Fremden an einen Tisch platziert zu werden, mit ein bisschen Glück lernt man interessante Menschen kennen und fachsimpelt über gutes Essen. Ich habe den gestrigen Abend sehr genossen und werde sicher wieder einkehren.

PS zum Ende des Abends schaute auch Herr Bühner nach dem Rechten und den Gästen im Pop Up La Vie und fragte uns nach unseren Eindrücken.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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