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GastroGuide-User: DaueresserGK0712
DaueresserGK0712 hat Restaurant Sein in 76135 Karlsruhe bewertet.
vor 4 Jahren
"Sein oder nicht sein, das ist hier eine der Fragen oder: Essen gegen Bezahlung, hier ist der Gast Kunde. Wir fühlten uns nie „willkommen“, erst recht nicht, nach der unnötigen Diskussion mit dem Inhaber"

Geschrieben am 04.01.2020 | Aktualisiert am 04.01.2020
Besucht am 02.01.2020 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 110 EUR
Es gibt Rezensionen, die schreibt man gerne, da weiß man(n) schon im Vorfeld „das könnte länger gehen“, bei dieser hier bin ich mir sicher, dass diese nicht länger gehen wird. Das „Sein“ in Karlsruhe hat heute lediglich Eigenwerbung für das „auf dem Teller“ gemacht, alles andere „Daumen nach unten“. Aber alles der Reihe nach.


Meine bessere Hälfte liebt den Karlsruher Stadtgarten, mag Karlsruhe, die Fächerstadt generell. Da ist es nicht verwunderlich, dass sie mit den Restaurants in Karlsruhe, um Karlsruhe und um Karlsruhe herum „up to date“ zu „sein“ scheint. Facebook, der Pate hier, informiert meine bessere Hälfte regelmäßig mit Menü`s im Sein, welches unlängst im Michelinguide mit einem Stern ausgezeichnet wurde. Seit gut einem Jahr verfolgen wir die wechselnden Menüs, bisher hat sich alles „sehr verlockend“ angehört, so war es wenig verwunderlich, dass ich zu meinem >vierundzwanzigsten< Geburtstag einen 50 Euro Wertgutschein geschenkt bekommen habe. Reicht genau für ein Sterne Menü am Mittag (Original Auszug aus der Homepage, das sollte noch wichtig werden).


Also wurde für den 02. Januar ein Tisch in der Karlsruher Weststadt reserviert. Das Restaurant liegt in einer abgehenden Seitenstraße der bekannten Kriegsstraße, Parkplätze gibt es keine, die in der Straße bleiben den Anwohnern vorbehalten. Im Restaurant drinnen, bestimmt die Farbe braun das Geschehen. An den Wänden lediglich die Farbe, keine Bilder, keine Accessoires. Die Stühle erinnern an ein Bistro, es fehlen die Armlehnen, mein Stuhl wackelt, lediglich auf einem Milchglasfenster werden auf die 6 Gustopoints, den Michelinstern, sowie den 15 GM Punkte aufmerksam gemacht. Am Mittag und am Abend gibt es ein Menü. Änderungswünsche kann der Gast gerne für sich behalten, da wird in keinster Weise drauf eingegangen (steht auch auf der Homepage). Gast ist König? Im Sein sind die zwei Köche die Könige, die Besucher dürfen froh sein,dass sie zur Einstimmung wenigstens Brot und Butter bekommen. Kein Witz.


Wir nehmen beide das angebotene 4 Gang Menü für 44 Euro, nebst einer Flasche Wasser. Auf der Karte stehen zwei Weinempfehlungen, ein Weißburgunder und ein Chardonnay von einem Pfälzer Weingut. Ich frage nach einer möglichen Weinreise, das gibt’s hier nicht. Es wird mir eine Weinempfehlung von der jungen Dame ans Herz gelegt. „Sie habe ein Weißburgunder und ein Chardonnay von einem Pfälzer Weingut“ da. Auf die Frage welche Flaschen im offenen Ausschank verfügbar seien, meinte die junge Dame „ sie habe einen Weißburgunder und ein Chardonnay von einem Pfälzer Weingut da“. Am Ende stellte es sich heraus, dass sie „einen Weißburgunder und ein Chardonnay von einem Pfälzer Weingut“ haben. Ich entschied mich dann für ein Pils. Zwei Weine offen, das war es. Uns wird Brot und zweierlei Butter auf den Tisch gestellt, ich wollte mir gerade ein Stück abbrechen, da wurde uns schon der erste Gang „vor den Latz“ geknallt. Kein Fragen ob es denn schon serviert werden dürfe, hier geht’s zack zack „ das wollen die Gäste so“. In der Karte stehend „bei Bestellung von weiterem Brot und Butter wird die Bestellung jeweils mit extra 4,50 auf der Rechnung boniert". Kannten wir auch so noch nicht, aber gut.


Es wurde Tartar vom Bisson serviert, mit Feldsalat. 
2 Teelöffel Tartar
Sehr aromatisch, wunderbar abgeschmeckt, die 2-3 Teelöffel Tartar (insgesamt ein guter Esslöffel) waren aber sehr schnell weg. Hat super geschmeckt, aber für mich war das eine Amuse-Bouche Portion, wenn überhaupt. Abropo "Gruss aus der Küche" das gibt’s hier nicht. Kein „Hinweisen vom Koch für den Gast“ was ihn wohl erwarten dürfte. Keine Einstimmung aufs Menü, obwohl das in der Karte steht. Wir fragen daher nach „Grüße aus der Küche gibt es nicht, das würde ja dann viel zu lange gehen, wir schauen dass um 14 Uhr alle raus sind, damit wir unsere Ruhe haben“ (O Ton Inhaber am Ende, kurz vor 14 Uhr)


Da geht es auch schon weiter mit dem zweiten Gang:
XL Risotto

Risotto mit Safran und gehobelter Parmesano. Auch der eineinhalb Esslöffel hat super geschmeckt, aber für ein Sternerestaurant erwarte ich als "reiner Zwischengang" mehr als ein gut abgebundenes Risotto in Safransauce. Das war mir zu einfach. Auf die Nachfrage ob abends die Portiönchen ähnlich winzig ausfallen, kam ein erstes Lächeln des Kellners, der seine Sache gut machte, dafür, dass er bestimmt noch keine 20 war. Der lässt sich schon jetzt nicht aus der Ruhe bringen. „Satt werden Sie hier nicht, aber das wollen unsere Gäste auch nicht“ - ah ja, wieder was gelernt. Daher orderten wir noch einmal Brot. Brot wurde aufgefüllt, aber die Butter wurde einfach mal vergessen. Bzw beide Buttersorten. Die 4,50 wurden aber ordnungsgemäß auf der Rechnung boniert. Inzwischen waren alle 8 Tische besetzt.


Nach insgesamt 30 Minuten kam dann das Highlight des Tages. Ein Stück Glen Douglas Lachs, auf einem Teelöffelchen Kartofelbrei , Rahmspinat und geschäumter Weinsauce. 
Glen Douglas Lachs
Der Hammer, der Geschmack. Ich recherchierte vorab noch nach. Der Glen Douglas Lachs wird wohl im Süßwasser aufgezogen, dann vor den Küsten Schottlands ausgesetzt, wegen der kräftigen Wellen bekommt der Lachs ein super muskuläres und super saftiges Fleisch, da er viel Kraft gegen die Strömungen aufwenden muss. Der Spinat schmeckte mir ausgezeichnet, auch wenn ich den Rahm sehr vermisste. 


Das sah richtig gut aus, auch hier hat alles gestimmt. Die Würzung, das ausbalancierte. Auch war die Portion so, dass wir nicht meckern konnten. Auch wenn wir gerne noch ein zweites Stück Lachs gegessen hätten.


Nach 50 Minuten kam dann das Dessert. 
Apfel Rum Tonka
Apfel-Röllchen mit Rum Eis und Crunch. Im ersten Moment schmeckte mir das Eis sehr gut, allerdings im Abgang war mir das etwas zu unrund. Ich vermisste das cremige, das war mir etwas zu „rumig“. Insgesamt vermisste ich das „Süße“, was ein Dessert ja ausmachen sollte. Frucht war da, auch diverse Temperaturen und Konsistenzen, aber richtig ausbalanciert war das für mein Befinden nicht.


Wir verlangten die Rechnung, bis dann der Inhaber an unseren Tisch kam. „ihm wurde ausgerichtet, das wir die Portionen als zu klein empfunden haben. Ich bitte Sie, für 44 Euro? Das ist ein Business Lunch, ich hab nur 8 Tische. Sie sind der Erste in zweieinhalb Jahren, der das bemängelt. Alle gehen hier immer super zufrieden und super gesättigt raus.“  (kein Verständnis zeigend ohne mit dem Gast einverstanden zu sein. Setzen, 6)


Insgesamt redete der Inhaber bestimmt 10 Minuten auf uns ein. Nach der "One Man Show" durften wir dann bezahlen und machten uns auf den Weg zum Stövchen. Ich hatte wirklich noch Appetit, mein Magen knurrte.  Im Stövchen gab es dann ein Flammkuchen mit Doppel Käse und Knoblauch extra. Beim Besuch in der anschließenden Backstubb, orderte ich ein großes Stück Kuchen und ein Milchkaffe, so dass ich dann endlich das „angenehm gesättigt“ Gefühl vorfand.


Fazit:
Das, was auf den Tellern war, war exzellent. Für das Auge und für den Gaumen. Daher auch verdiente 4 Sterne beim Essen, den halben Stern ziehe ich ab, weil es aus meiner Sicht ein Amuse Menü war, außerdem vermisste ich ein paar offene Alternativen in der Weinrubrik. 
Der Koch uns das Ganze am Ende als „schnellen Business Lunch“ am Tisch verkaufte, das alles auf der Homepage aber nicht so wirklich vermittelt wird. Als „willkommener Gast“ haben wir uns nicht gefühlt. Zu keiner Sekunde.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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