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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat High Kitchen | Hoch über den Dächern in 39104 Magdeburg bewertet.
vor 5 Jahren
"Hoch zu loben..."
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Geschrieben am 04.08.2019 | Aktualisiert am 05.08.2019
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Besucht am 06.12.2018 Besuchszeit: Abendessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 126 EUR
...ist das High Kitchen nicht nur für die dreiseitig umlaufende Terrasse im 8. Stock, von der man einen schönen Blick auf Magdeburg im Allgemeinen und den Dom im Besonderen hat. Sondern auch der Mut und das Können des Betreiberpaares, das hier bewusst auf, nun ja, eben Hoch-Küche setzt. Dabei ist Denny Mette beileibe kein Unbekannter im leider recht überschaubaren kulinarischen Universum von Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt: Catering, Koch-Schule, Smørrebrod-Restaurant und die trendige „Sichtbar“ hoch über den Dächern in Bahnhofsnähe sind oder waren schon im Betrieb.

Memo an mich selbst: Schnauzer steht Dir nicht, Junge.

Letztere musste im Frühling des vergangenen Jahres dann dem Casual-fine-dining in klarem, skandinavischem Design weichen. Helle Hölzer, bequeme Sessel, bis auf eine kleine Blume keine Deko auf den recht kleinen Tischen ohne Decke

die bei voller Belegung eng, aber nicht zu eng gestellt sind. 

Die gepolsterten Stühle bleiben auch bei längeren Aufenthalte hinreichend bequem und in einer Ecke warten sogar schwarze Ledersofas auf kleinere Gruppen. 

Ein Hingucker sind die Lampen, aber natürlich auch die jungen Damen im Service um Gastgeberin Eileen Mette, die mich mit einem für Magdeburger Verhältnisse schon fast reizenden Charme bei meinem Erstbesuch im Dezember an den letzten freien Tisch bugsierten. Aber auch am warmen April-Abend (Zack! Mega-aktuelle Rezi hier!) gab sich der Service zu betörenden Smooth-Jazz-Klängen keine Blöße - alles top, lessig war da nichts.

Schade für mich, dass die zwischenzeitliche Mittagsöffnung nicht gehalten werden konnte; sei es aus wirtschaftlichen oder personellen Gründen. So konnte ich nur einmal mit dem Nachwuchs auf der „Familienbank“ etwas einfachere, aber doch kreative und handwerklich tadellos gemachte Gerichte genießen. Das gibt es leider immer weniger!

Aber die Abendleistung ist Grund genug für regelmäßige Besuche im höchsten Restaurant der Stadt! Das mir übrigens zuerst von einem Mitbewerber empfohlen wurde. Gut so: Konkurrenz belebt das Geschäft und Gäste müssen auch durch Abwechslung auf den Geschmack kommen. Da ist es schon fast folgerichtig, dass vor der offiziellen Eröffnung an fünf Abenden Gastköche aus der Region im High Kitchen ihr Können zeigten und damit natürlich auch für ihr eigenes Restaurant warben.

Zurück in den kalten Dezember: Auf das Gläschen Cava für 3,6€ ließ ich einen ganz Jahreszeit-typischen Aperol Sprizz (5,60€) beim Stöbern in der übersichtlichen Karte folgen. Es gab drei sehr günstige 4-Gang-Menüs zu entdecken, aber ich hatte Hunger mitgebracht und entschied mich für 5 Gänge à la carte.

Das Amuse gefiel schon gleich: 

Zwischen den neckischen Rosmarinbüschelchen lugte ein recht fester schwarzer Cornetto hervor, gefüllt mit Tatar vom Ahi. Mango und Avocado sorgten erst für kühle Frische, dann für Süffigkeit. Nur mit der Zeit führte der etwas zu dicke Teig zusammen mit dem sehr fein geschnittenen Fisch zu einem Mundgefühl, das mich zu sehr an Keks-Brei erinnerte. Aber das ist jetzt Kritik auf dem sprichwörtlichen hohen Niveau - ich war positiv überrascht und neugierig auf das Kommende.

Und wurde als eingeschworener Brotliebhaber gleich weiter begeistert. Mit dem selbst gebackenen Muffin (Glänzende Kruste, buttrige Krume, hmmmm!) wurde nicht nur ein erwartbares Olivenöl serviert, sondern karamellisierte Salzbutter mit Heublüten. Die Süße-Salz-Fett-Kombi: Nichts weniger als großartig! Bei der Wiederholung im April verdrückte ich fast ein Freudentränchen, als ich die Butter kommen sah. Als dritte Begleitung wurde ein vor Ort gut ausgehangener Quark mit Kürbis-Kernen und -Öl serviert. Sehr kompakt, leicht klebrig, bestimmt ein Qualitätszeichen. Trotzdem nicht mein Gusto, aber ich bin ja auch kein großer Quark-Fan.


Das Menü startete mit gebeizter Gelbschwanz-Makrele mit angenehm fester, fleischiger Struktur, die vom marinierten Fenchel nicht überdeckt wurde. 


Weil schon das Gemüse krachende Frische mitbrachte, hätte ich sogar den Haut-Cracker gar nicht gebraucht. Und Thaibasilikum, süß-scharfer Ingwer-Crumble und eine Basilikumcrème sorgten schließlich für einen perfekten Teller. Wow! In Magdeburg. Ich war baff.

Optisch hielt auch die folgende Gänseleber als Schokopraline dieses Niveau locker. Ein Traum in Rosé und Braun.
 

Trotzdem überzeugte der Teller nicht wirklich. In der Konsistenz zu sehr an Leberwurst erinnernd, wurde die Leber von zu viel, zu bitterer Schokolade zugedeckt. Eigentlich passend der Cassis-Schaum, der aber auch nur zu ahnen war. Präsenter, aber die Bitternoten noch verstärkend die Texturen von Schwarzwurzel und der Pimiento de Padron. Die Erbsensprossen im Dezember sollten wohl nur dem Auge gefallen. Alles für sich gut, aber im Zusammenspiel blieb ich etwas ratlos zurück. Nur gut, dass ich beim Ruster Ausbruch (11€) und der à part gereichten Brioche 

süße Tröster fand.

Die fehlende Saisonalität war auch der einzige kleine Kritikpunkt an der präsenten, pfefferscharfen Wildessenz mit verschiedenen Karotten (Wie wär es denn z.B. mit Knollenziest im Winter?) und einem deutlich gekräuterten Crêpe.


Ein Sherrygelee löste sich nach dem Angießen der Suppe auf und brachte eine herb-fruchtige Aromatik ein. Sehr gelungen und mit dem Gewürztraminer vom Vieil Armand (Gruß an den Elsassinator!) optimal begleitet (32€).

Optisch weniger gelungen der ausnahmsweise vegetarische „Hauptgang“. 


Preislich eher als Vorspeise kalkuliert, konnte ich mich mengenmäßig schon mal gar nicht beklagen. Am geflämmten Chicorée fehlte mir etwas Salz, aber dem war ja leicht abzuhelfen. Gut gefiel mir der genau richtige Biss und eine Süße, die nur ganz leicht bitter unterlegt war. Sanddorn sollte das aufgreifen und zusammen mit Vogelbeere für fruchtige Säure sorgen. Die wäre von Maronen abgefedert worden. Insofern ein wirklich klug ausgedachter fleischloser Teller, der aber in der Umsetzung (im Hinblick auf das Publikum?) zu vorsichtig geriet. Der Chicorée dominierte doch recht stark.

Der als Pre-Dessert gereichte Mini-Schoko-Schaumkuss war solide Patisserie. What you see, is what you'll get.


Wie erfreulich, dass auch in diesem kleinen Hause ein Käsegang angeboten wurde. 

Dolcelatte ist der Herstellername für eine Weiß- und Blauschimmel-Kombination, die einen cremigen Gorgonzola ergibt. Das Früchtebrot stammte gleichfalls aus dem Hause Mette und wurde zweimal gebacken. Überraschend knusprig und ebenso gut wie Bitterorangen-Senf, der von süßen Walnüssen austariert wurde. Starker Abschluss, zu dem ein weiteres Gläschen österreichischen Süßweins nicht fehlen durfte.

Als Rausschmeißer gab’s noch weiße Schoko-Pralinées mit herbem Kakao und einer fruchtigen Kalamansi-Füllung.

 
Dazu ein P.X. von Lustau (2€!) Yam! Das Rosmarinzweiglein schloss den Bogen zum Appetizer.

Mit dem verdienten Lob für Küche und Service wurde nicht gespart. Dafür war die Rechnung zuständig, die mit 126 Euro für fünf Gänge, eine Flasche Wein und (solang ich noch zählen konnte) 5 begleitenden Spirituosen sehr günstig ausfiel.

Zusammenfassung dieser so erfreulichen Premiere: Seine Stationen in der Sterne-Gastronomie sind Denny Mettes Küche noch deutlich anzumerken. Die Geschmacksbilder blieben aber noch vorsichtig und weitgehend in der Wohlfühlzone. Hier wird niemand verschreckt, der sich erstmals an und in die Hoch-Küche wagt und auch die Portionen widersprechen den üblichen Vorurteilen. Allein die Weinkarte darf noch weiter entwickelt werden, aber aller Anfang will kalkuliert werden. Bravo!

Ein böses Schicksal wollte es, dass meine häufigen Besuche an der Elbe immer auf die Schließtage des High Kitchen fielen. So konnte ich erst wieder Anfang April mit viel Vorfreude und dem kleinen Aufzug in den 8. Stock hinauf fahren. Im Erdgeschoss ist inzwischen der Zugang besser zu erkennen, den ich im Winter noch suchen musste.

Das Fazit der zweiten Abendveranstaltung vorab:
Der Chef hat noch eine Schippe drauf gelegt! Noch sicherer im Handwerk. Noch überlegter in der Komposition. Und einen Schritt mutiger in der Aromatik. Der Service agierte fehlerlos.

Ein Restaurant und ein Betreiberpaar, dem ich lang anhaltenden Erfolg wünsche. Schon im Eigeninteresse...

Was gibt es vom Frühjahrsbesuch zu ergänzen?
Weiterhin klare Verhältnisse auf dem Tisch

Der Verzicht auf Alkohol in der Fastenzeit war angesichts des übersichtlichen Weinangebots recht gut zu verschmerzen. Außerdem halfen da zwei Gläser herb-säuerlicher Passionsfrucht-Cocktail und eine Flasche Mineralwasser (je 5,9€).

Meine Lieblingsbutter 

kam mit einem passablen Roggenbrot

Neben dem Olivenöl gab es eine Curry-Frischkäsecrème - auch diese für meinen Geschmack etwas schwer.

Für fünf Gänge und die Getränke fielen 89€ an, der Verzicht auf Wein tat Geldbörse und Leber gleichermaßen gut.

Aber nun ist alles gesagt: Lasst Bilder sprechen!


Bärlauchsuppe, Blätterteiggebäck mit Honig, Parmesan, Rosmarin und Ziegenkäse
In roter Bete gebeizte Makrele, Granny Smith, Lupinenkresse, Bete in Texturen, Erbsensprossen
Das nenn ich Suppen-Einlage: Jakobsmuschel, Mango, KAROTTEN-Marzipan (Fantastico!)
Karotten-Mango-Suppe
Flüssiges Bio-Eigelb, Kartoffelmousse, Butterschaum zum Niederknien, Frischer Spinat
Saiblingsfilet mit Pernod-Schaum (oben), Fenchel (Mitte), Baklyat-Graupen (unten)
Dolcelatte mit Honignüssen, Früchtekörnerbrot, Oliven-Pflaumenmus, MangocoulisKürbis-Parmesan-Risotto
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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