Pfaffenberg
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Pfaffenberger Weg 284, 42659 Solingen
Restaurant Bistro Cafe Ausflugsziel
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GastroGuide-User: Shaneymac
Shaneymac hat Pfaffenberg in 42659 Solingen bewertet.
vor 3 Jahren
"Lockdown Chronicles: Ein kleiner Hauch Provence auf dem Höhscheider Esstisch…"
Verifiziert

Geschrieben am 21.03.2021 | Aktualisiert am 21.03.2021
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Pfaffenberg
Besucht am 19.03.2021 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 86 EUR
So langsam glaube ich, meine fortwährenden Versuche bei „Basti’s Restaurant“ zu bestellen sind Teil eines Truman Show tauglichen, inszenierten Kapitels: in dieser Woche hat man sich scheinbar spontan dazu entschlossen, die Küche zu renovieren kündet Facebook; löblich, jedoch schlecht für das freitagabendliche leibliche Wohl in Casa Shaneymac.
 
Sollte ich in der nächsten Woche einen Facebook-Post des Restaurants lesen, in dem man bedauernd mitteilt von Aliens entführt worden zu sein und daher vorläufig nicht zur Verfügung stehe, würde ich diesen ungerührt schulterzuckend zur Kenntnis nehmen und auf die nächste Woche hoffen, wirklich eine unglaubliche Serie.
 
Und wie schon in der letzten Woche entschied ich mich spontan für verlässlichen Genuss, anstatt auf Teufel komm raus irgendwo denkbar belanglose Schnitzelküche – die wie überall auch in SG an jeder Ecke zu haben ist - bei einem noch nicht besuchten Laden zu ordern. Da hatte ich nach einer turbulenten, erfolgreichen Woche im Job doch andere Verpflichtungen meinem Belohnungszentrum gegenüber wie ich befand.
 
Das in dieser Hinsicht vielversprechendste Angebot schien im Rückblick auf die letzten Monate nach kurzer Überlegung das Restaurant Pfaffenberg zu sein, zumal mich jeweils ein Karten-Eintrag in den Abteilungen Vorspeisen und Dessert diesmal sehr ansprach.
 
Alea iacta est, her mit dem Telefon….
 
 
| Bestellung & Lieferung |
 
Der nette junge Mann vom letzten Mal hatte wohl heute frei, eine Dame mittleren Alters nahm die Bestellung aber nicht minder freundlich entgegen und sollte später auch das Liefern übernehmen. Das Restaurant liefert zwischen 12 und 20 Uhr und wie schon vor sechs Wochen war die Lieferung zum letztmöglichen Zeitpunkt überhaupt kein Problem.
 
Pünktlichkeit bei dieser scheint im Pfaffenberg ein hohes Gut darzustellen, nachdem ihr soeben erwähnter junger Kollege seinerzeit mit exakt 20:00 und null Sekunden (ich hatte gerade das Handy in der Hand und es klingelte just als die 20 im Sperrbildschirm erschien) den bisherigen Rekord aufstellte, stand sie ihm hier in fast Nichts nach.
 
Wie erwartet alles abermals gut verpackt und heiß und kalt sauber separiert, die innen wie außen makellos saubere Thermobox mit den warmen Speisen übergab man mir an der Türe, sodass ich sie entspannt in der Küche auspacken konnte.




 
Wie schon beim ersten Mal bestellte ich noch etwas von den eingeweckten Angeboten mit, in der nächsten Woche freuen wir uns mittags dann über „Rinderkraftbrühe mit Einlage“ - 6,90€ - und einen „Orientalischen Kichererbseneintopf“ zu 5,90€; hinzukamen je 1,50€ Pfand für die Gläser.
 
EIn kleiner Weckruf vom Pfaffenberg...
 
Da beide Desserts warme solche waren, parkte heute etwas mehr im Ofen, die Suppe entspannte sich nach der Anreise im umweltfreundlichen – im Übrigen auch die weißen Schalen – Transportbecher alsbald im beherzt vorgewärmten Porzellan und ab ging die wilde Fahrt zum Esstisch….
 
 
 
| Vorspeisen |
 
Bouillabaisse (groß) – 9,90€
Gebackene Ziegenkäseröllchen mit Wildkräutersalat – 10,90€
 
2018 Chablis, Chardonnay, Domaine William Fevre, Chablis, Frankreich
 
Auf meinen provenzalischen Fischtopf hatte ich mich sehr gefreut, bereits die im Februar vom Pfaffenberg erhaltenen Garnelen badeten ja in einem herrlichen Sud, der bereits deutliche Anleihen einer guten Bouillabaisse besaß.
 
Eine kleine Wolke Anis und Safran strömte beim Öffnen des Lieferbechers aus diesem, etwas Brühe kleckerte ich dabei auf meinen Daumen, was die Zunge reflexartig erledigte und schon da stand fest, dass ich sehr glücklich mit meiner Wahl sein sollte.

Bouillabaisse
 
Ich möchte hier auch gar nicht weit ausholen und lexikalische Vorträge über Bouillabaisse halten, was eine gute solche ausmacht dürfte nicht nur hart-frankophilen Freunden guter Küche zumindest grundsätzlich bewusst sein. Denn wie so oft gilt: es gibt nicht die eine Wahrheit, auch in Frankreich gibt es unzählige Varianten und Nuancen und man streitet leidenschaftlich über Details.
 
Dass die Suppe im Lieferservice nicht in zwei Gängen angeboten wird (also Brühe und Fische getrennt oder aber zum eigenen Angießen der ersteren) war so auch nicht erwartet worden, wäre dem Fisch wohl auch kaum gut bekommen.
 
Den so typischen Drachenkopf oder Petersfisch hatte man nicht verwendet, aber zumindest Rotbarbe neben Kabeljau und Garnelen, der Fisch war von bester Qualität und man konnte ihn mühelos mit dem Löffel teilen; saftig und von bestem Eigengeschmack vermeldete der Gaumen; auch die Garnelen überzeugten mit Süße und der Abwesenheit von übergarter Trockenheit.
 
Jener hatte aber schon einige Löffel vor dem Fisch Grund zur Freude, die Brühe war wirklich mehr als gelungen. Mir gefiel vor allem, dass man sie nicht püriert hatte, da man auch mit etwas Kartoffel und Möhre als Einlage gearbeitet hatte, was Suppen und Saucen dann immer diese furchtbare Babybrei-Konsistenz verleiht, gruselig.
 
Andererseits war sie auch mitnichten ein dünnes blasses Süppchen, das an eine leicht maritime Gemüsebrühe mit Fischeinlage erinnert, was leider hierzulande auch in guten Häusern gerne mal der Fall ist, zuletzt erlebt 2019 im Wuppertaler Essen'z.
 
Nein, das war eine intensive, runde Wohltat mit - zuletzt dank dezent im Hintergrund mitsummenden Piment d'Espelette – erfreulicher Tiefe, für meinen persönlichen Geschmack hätten Fenchel und Pastis noch etwas stärker vorschmecken können, aber das sind wirklich Nuancen.
 
Ich war hochzufrieden, würde jedoch anregen, vielleicht noch etwas auf den fairen Preis aufzuschlagen und mit etwas frischem Brot – man backt dort schließlich selber und gut – und hausgmachter Rouille zu punkten, die Suppe hätte es verdient.
 
Rouille hatte ich zwar noch im Glas vorrätig, ein hochklassiges französisches Produkt sogar, aber ein Brot das auch nur im Entferntesten an ein Pain Marette erinnern sollte war in weiter Ferne, insofern beließ ich es dabei.
 
Den begleitenden Chablis von W. Fevre hatte ich vor einigen Wochen schon einmal zu einer Fisch-Vorspeise und er fühlte sich diesmal in Begleitung der Aromen der Bouillabaisse und ihrer Provenienz doch erheblich artgerechter behandelt, wenngleich er auch damals alles andere als deplatziert war.

2018 Chablis, Chardonnay, Domaine William Fevre, Chablis, Frankreich
 
Ganz wunderbar der Nachhall der Suppe zusammen mit einem kühlen Schluck Chablis, man schloss die Augen und wünschte sich in den Sommer in der Provence, der sich derweil für einen kurzen Moment auf dem Gaumen manifestierte.
 
 
Frau freute sich parallel sehr über ihre Wahl der „Gebackenen Ziegenkäseröllchen“, auch wenn ich diese optisch für einen Hauch gewöhnlich hielt.

Gebackenes Ziegenkäseröllchen mit Cranberry gefüllt, dazu Wildkräutersalat mit Kartoffeldressing
 
Goldbraun ausgebackener Yufka-Teig, gefüllt mit aromatischem Ziegenfrischkäse und Cranberries, dazu Wildkräutersalat und ein Kartoffeldressing.
 
Die Wildkräutermischung hatte diesen Namen tatsächlich verdient, ich denke auch diesmal, dass hier wieder einiges aus dem Restaurant-eigenen großen Garten stammte.
 
Ob man Tomaten und Gurken nicht etwas eleganter hätte verarbeiten können sei dahingestellt, aber „entscheidend is‘ auf‘m Platz“ wusste ja schon Adi Preißler, und der Platz in Form von meiner begeistert lobend vor sich hin essenden Madame war mehr als glücklich mit dem, was sich da geschmacklich tat.
 
Ich probierte und ja, die Kombination von einem Stück dieser warmen, knusprigen Röllchen mit seiner herzhaft-süßlichen Füllung zusammen mit Salat und dem angenehm säuerlichen Kartoffeldressing war wirklich bestechend lecker.
 
Nicht verstanden habe ich die preisliche Relation zu meiner günstigen und vom Wareneinsatz sicher höher liegenden Suppe, aber unter dem Strich glich es sich gastfreundlich aus wie ich meine.
 
 
 
| Hauptgerichte |
 
Argentinisches Roastbeef (250 Gramm) – 19,90€
Schweinefilet im Speckmantel – 14,90€
 
2015 Quinta de la Quietud, Tinta de Toro , Bodega Quinta de la Quietud, Zamora, Toro, Spanien
 
Wenn auch bei den Vor- und Nachspeisen immer recht viel Bewegung herrscht, sieht man bei den Hauptgerichten im Kern eher Beständigkeit, sodass ich mich mit dem Abstand von sechs Wochen wieder für das Steak entschied.
ArgentinischesRoastbeef (250 g Rohgewicht)mit buntem Ofengemüse, hausgemachten Wedges und Kräuterbutter
 
Diesmal hatte es einen Tick länger im Ofen warten müssen und auch die Temperatur war etwas höher, wie ich später feststellte, daher etwas mehr grauer Rand als beim letzten Mal.
 
Das schmackhafte Fleisch war jedoch von guter Qualität, saftig war es geblieben, nichts ist schlimmer als trockene Steak die stauben beim Anschneiden oder Kauen:

 
Das begleitendende Ofengemüse hatte mit süßlich karamellisierter Rote Beete, Karotte und Pastinake eher herbstlichen Charakter, gefiel mir aber ebenso gut, wie die feinen, äußerst kleinen Drillinge, die entfernt an eine Mini-Version von Papas arrugadas erinnerten.
 
Die Kräuterbutter wurde diesmal nicht vergessen, eine sehr elegante aber auch durchaus intensive Version die es beim Knoblauch eher vorsichtig anging und auf dem gut vorgewärmten Teller natürlich sofort nasse Füße bekam. Reife Leistung vom Schreiberling, die dem Geschmack aber keinen Abbruch tun sollte, ich parkte sie auf einer Scheibe rote Beete und das „Schmelz-Problem“ war gelöst.
 
Ein gutes Steak mit hausgemachten Beilagen abseits jeder Convenience für unter 20 Euro, ich war erneut sehr zufrieden mit dem Gebotenen.
 
Dazu wieder etwas aus Toro, das Eleganz und Kraft auf wunderbare Art und Weise verbindet, einer meiner Lieblingsweine schlechthin, der Quinta Quietud Reserva 2015, geschaffen von Jean François Hébrard.


2015 Quinta de la Quietud, Tinta de Toro , Bodega Quinta de la Quietud, Zamora, Toro, Spanien

Was dieser in bio-dynamischer Produktion aus über 100 Jahre alten Tinta de Toro Reben - eine lokale Varietät des Tempranillo – herausholt, ist nach wie vor bemerkenswert und zu gegrilltem roten Fleisch meine absolute Geheimwaffe.
 
 
 
Frau war auch nicht nach Klagen zumute, sie freute sich über Schweinefilet im Speckmantel in Begleitung einer nicht näher bezeichneten Bohnenpfanne sowie eines Kartoffel-Birnen-Gratins.
Schweinefilet im Speckmantel mit Bohnenpfanne und Birnen-Kartoffelgratin
 
Auch hier wieder das gleiche Spiel beim Thema Fleisch, von außen befürchtete man leichte Trockenheit, allerdings abermals ohne Grund wie man hier deutlich sieht:


 
Das Filet wurde gelobt, besonders aber die erfreulich saucige Bohnenpfanne, die entfernt an eine vegetarische, tomatige Cassoulet erinnerte. Sie bestand aus weißen und grünen Bohnen und einer kleineren Art, glaube es sind Cannellini gewesen. Auch hier wieder eine angenehme Tiefe im Spiel, so als habe jemand einen Hauch Berbere verwendet, köstliche Beilage.
 
Das Gratin wurde ebenfalls goutiert, besonders, dass man die Birne nicht überdosierte und diese sich geschmacklich zwar präsent aber im Hintergrund hielt schien besonders gut zu gefallen.
 
Ein gelungenes Gericht, Hausmannskost auf Steroiden wenn man so möchte, feine Aromen und gutes Handwerk bestimmten den Teller.
 
 
 
| Dessert |
 
Apple Pie French Toast mit Vanillesauce - 5,90€
Crêpe Suzette – 8,90€
 
Der warme Apple Pie French Toast von Madame präsentierte sich als Doppelpack eines entsprechenden Muffins und wurde auf einem Spiegel der hausgemachten Vanillesauce platziert.

Apple Pie French Toast (-Muffins) mit Vanillesauce
 
Letztere gefiel mit viel Aroma von guter echter Vanille und einer gewissen Leichtigkeit, ohne dabei zu dünnflüssig geraten zu sein, es war nur eben keine zähe Pampe, sehr gelungen.
 
Die saftigen Muffins selbst in der Herstellung eher auf Pinterest-Niveau, aber was soll schon schiefgehen bei dieser sündigen Melange von viel guter Butter, Zucker, Zimt und Äpfeln?
 
Richtig: nicht viel, und das tat es dann auch nicht, freudespendendes Hüftgold pur.
 
 
 
Zu meinem Crêpe Suzette muss ich abermals voranschicken, dass ich Crêpe & Co. abgöttisch liebe und natürlich wäre es mir lieber gewesen, das er mir nach alter Väter Sitte am Tisch zubereitet und sofort serviert wird und Monsieur Escoffier sich im Koch-Himmel darüber freut.

Crêpe Suzette
 
Dass diese leiden würden in der Packung und im Ofen war mir völlig klar, aber sobald ich Crêpe Suzette auf der Karte lesen kann ich nicht nein sagen, selbst wenn das Restaurant aus Frankfurt a.M. liefern würde.
 
Falls unser treuer Freund aus dem Saarland – dem diese sicherlich gut geschmeckt hätten – nun kommentiert: „Oh la la, die sind aber nicht zum Viertelkreis gefaltet, so kenn ich das aber nur aus dem Grand Est, wie furchtbar!“ dann möge er sich empört abwenden und mir meine Freude an diesem Dessert alleine überlassen. ;-)))
 
Denn die gab es nicht zu knapp, selten so hauchdünne Crêpe gegessen und zur bewährten Kombination mit der Grand Manier-Orangensauce muss man wohl kaum noch etwas sagen.
 
Großartig und der willkommene gute Abschluss, nach den optischen Eindrücken des letzten Pfaffenberg Desserts hätte ich mir aber – Viertelkreis hin oder her – etwas Garnitur oder Orangenfilets gewünscht, mehr gibt es hier aber sicher nicht anzumerken.
 
Doch, aber nur abschließend im wie immer überfälligen…
 
 
Fazit
 
Heute schließe ich wegen einer im direkten Vergleich zum letzten Erlebnis im Detail etwas schwächeren Leistung mit einem halben Stern Abzug für die Küche und damit bei 4,5 Sternen. Ein ganzer Stern würde der Sache nicht gerecht. Insofern ein Abzug, der sich lediglich aus dem Vergleich mit den eigenen Möglichkeiten begründet.
 
Den Service so wie erlebt sehe ich abermals bei vollen 5 Sternen, einen Lieferservice kann man nicht besser ausführen.
 
Die Ziegenröllchen hätten fast die vollen 5 in Sachen PLV gefährdet, was die Suppe aber mehr als kompensierte, unter dem Strich erhielt ich auch diesmal mit Blick auf Ware und Handwerk einen tadellosen Gegenwert für mein Geld. Der Rechnungsbetrag von 86€ versteht sich übrigens diesmal inklusive der beiden eingeweckten Gerichte, schließlich habe ich sie ja mit abgelichtet.
 
Ich bin nach wie vor froh über diese Option, in manchen ländlichen Gebieten ist eine lauwarme Pizza vielleicht das einzige, was im Lieferservice möglich ist, dass muss man sich immer vor Augen halten und auf der anderen Seite ist das kulinarische Solingen nicht gerade Köln.
 
Insofern macht man hier schon sehr viel richtig und ich freue mich auf die nächste Lieferung von der – mit Blick auf die Geschichte des Hauses - altehrwürdigen Solinger Gastronomie-Institution - so lange zumindest, wie der unsägliche Dauer-Lockdown noch unser aller Leben bestimmt.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
Preis/Leistung


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