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Als wir gleich um 16 Uhr die Location betreten, lösen wir Erstaunen auf beiden Seiten aus. Der Wirt reagiert vorsichtig-abwägend auf unbekannte Gesichter und drei verschwitzte Gestalten, die sich auch noch in burschikoser Unbekümmertheit fast an den Stammtisch gesetzt hätten. Und wir staunen masslos über das unerwartete Ambiente. Offenbar war der Ort bis vor 38 Jahren noch ein Kolonialwarenladen mit angeschlossenem Café. Was gibt es hier nicht alles noch zu bestaunen, da Reste des ursprünglichen Interieurs noch erhalten sind! Etwas düster ist es im unteren Gastraum und auch auf der Empore, doch nach hinter raus, zu den Toiletten (herrlich moosgrün gefliest!), erstreckt sich noch ein längerer Gang. Hier fühlt man sich glatt auf Zeitreise durch mehrere Dekaden des letzten Jahrhunderts.
Zugegeben: vor dem Eintreten hatte ich noch eine schlichte Altherrenbeiz an diesem Ort vermutet. Doch spätestens mit Anblick der Speisekarte muss man dieses Vorurteil vehement revidieren. Die Karte annonciert neben Maultaschen, Ochsenmaulsalat und Leberknödelsuppe auch unerwartete Speisen wie Wildschweinsülze oder Weinbergschnecken. Auf den Appetit gekommen, ordern wir zwar artig ein Distelhäuser Pils, aber auch neuen Wein (nicht zu süss, sondern schön räs und bizzelnd), der anständig in einem Vierteles-Henkelglas serviert wird. Beim Essen fällt die Wahl auf den Zwiebelrostbraten mit Butterspätzle und Beilagensalat (19,80) und Bärlauchbratwurst mit Brot und Beilagensalat (12,50 Euro). Der Rostbraten besteht üppig aus zwei Scheiben, schwimmt in reichlich Sauce und wird von genügend geschmälzten Zwiebeln gekrönt. Die Spätzle sind vermutlich nicht selbstgemacht, dafür wurde der Salat ganz frisch angerichtet. Ein kulinarisches Aha-Erlebnis bietet die Bratwurst, die mit Bärlauch gespickt ist und in einer angenehm sämigen Sauce (zum Aufditschen geht der ganze Inhalt des Brotkorbes drauf) dargereicht wird. Über das hiesige Interieur und die angebotenen Speisen kommen wir auch mit dem Patron ins angeregte Gespräch, so dass sich die anfängliche Reserviertheit fast schon in freundliche Übereinstimmung auflöst. Wir entdecken gemeinsame biografische Bezüge, tauschen Adressen und lukullische Geheimtipps aus. So eine Überraschung! Leider haben wir durch das angeregte Gespräch ganz vergessen, auf einen Beleg zu bestehen.
Das Lokal bietet gut 50 Gästen Platz, bei gutem Wetter wird sicherlich auch der Aussenbereich mit Blick auf den Markt bespielt. Jetzt, zum Ende der Outdoor-Saison, hängt jedoch bereits eine Kette vor dem Zugang. Überhaupt staunen wir, wie souverän und unangestrengt der Chef als One-Man-Show die gesamte Location alleine bespielt: Service, Küche, Konversation. Naja, vielleicht bekommt er zum Abend hin noch personelle Unterstützung, denn wochentags hat das Lokal bis Mitternacht geöffnet, an Sonn- und Feiertagen bis 21 Uhr. Offenbar wird sogar Essen zum Mitnehmen angeboten. Proper und adrett sauber ist es in allen Lokalbereichen, selbst auf 1,5 Meter Abstand wird hier noch achtgegeben.
Durch die zentrale Lage am Markt kann man von hier aus sowohl alle umliegenden Park- und Einkaufsmöglichkeiten, als auch den nur wenigen Hundert Meter entfernten Omnibusbahnhof nutzen. Wenn wir länger in der Gegend zu Gast wären, würden wir sicherlich noch einmal vorbeikommen. Aber vielleicht im nächsten Jahr?