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GastroGuide-User: simba47533
simba47533 hat Gasthaus Hierl in 66125 Saarbrücken bewertet.
vor 5 Jahren
"In der Hektik des Vorweihnachtsgeschäftes kann auch im "Hierl" küchenmässig mal was gründlich danebengehen ........."

Geschrieben am 20.12.2018 | Aktualisiert am 01.10.2020
Besucht am 19.12.2018 Besuchszeit: Abendessen 8 Personen Rechnungsbetrag: 390 EUR
Dass es dabei ausgerechnet meine Frau traf war allerdings nicht so toll. Aber fangen wir doch am besten vorne an.

Einem mittlerweile schon traditionellen Brauch folgend trafen sich am gestrigen Abend die Mitglieder zweier in St. Ingbert beheimateter Bands mit ihren Damen zum Weihnachtsessen; gesundheitlich bedingt hatte es zuvor leider die ein und andere Absage gegeben. Hatten diese Essen in den vergangenen Jahren immer in Lokalen der gehobenen St.Ingberter Gastroszene stattgefunden so fanden wir uns diesmal im Saarbrücker "Gasthaus Hierl" ein. Quasi als Reverenz an mich und meine Frau, da wir beide bisher zu den Weihnachtsessen  immer die "weiteste Anreise" gehabt hatten; diesmal für uns also eine Art Heimspiel, zumal das "Hierl" für uns fußläufig gut erreichbar ist.

Man hatte für uns einen langen Tisch im hinteren Gastraum reserviert, am zweiten langen Tisch dort hatte bereits eine Gruppe von Lehrerinnen, die den Beginn der Weihnachtsferien feierten, bester Stimmung waren und sich wohl auch schon das ein oder andere Glas Bölkstoff  hinter die Binde gekippt hatten, Platz genommen. Recht laut waren sie. Um es zu präzisieren: "Se hann gekrisch wie die Jochgeier!" (will heißen: Sie haben geschrien wie die Jochgeier, eine wohl penetrant laute Vogel-Spezies) . Aber egal, wir fühlten uns neben dieser geselligen Runde  durchaus wohl, bei Rockmusik gibt es ja akustisch durchaus was auf die Ohren, wir sind von daher Lautstärke gewohnt  und  besonders leise ging es bei uns am Tisch schließlich auch nicht zu. Im größeren vorderen Gastraum war kein Tisch mehr frei; die ganze Hütte brummte.

Ambiente: hier hat sich nichts geändert außer dass einige Tische reservierungsbedingt hatten umgestellt werden müssen. Bestimmt hat es hier seit Wochen an jedem Abend Weihnachtsessen von Nachbarschaften, Clubs und kleinen Vereinen gegeben; sicher waren wir nicht die letzten "Weihnachtsesser" vor Heiligabend. Drei Sterne.

Sauberkeit: wie gehabt, fünf Sterne.

Service: Gestern waren hier im Service zwei etwas ältere und im Dienst am Gast wirklich "gestählte" sprich geübte Damen am Start. Trotz vollem Haus wurden die Bestellungen zügig aufgenommen, die ersten Getränke kamen schnell und auch die bestellten Speisen ließen nicht zu lange auf sich warten. Routiniert arbeiteten die Damen ihr Pensum ab: erst das "Vorderhaus", dann die Lehrerinnen, dann wir. Wobei es bei uns ein kleines Problem gab: einer der Mitmusiker musste zwischen Vorspeise und seinem Hauptgang eben schnell mal nach St.Ingbert fahren, um dort bei einem Sportverein eine kleine Einlage als Nikolaus zu geben; sein Equipment lag im Auto bereit. Erste Reaktion der Servicemaiden: "Dann müssen wir den ganzen Tisch hauptgangmäßig für eine Dreiviertelstunde blockieren, denn die Hauptgerichte gehen alle zusammen raus." Unserem geballten Charme war es schließlich zu verdanken, dass der Service mit dem Koch verhandelte; Resultat: unsere Hauptgerichte wurden nicht blockiert, kamen also ganz normal, und der Teller vom Nikolaus sprich sein Gericht wurde erst in Angriff genommen als er ohne Kostüm und Rauschebart (außer seinem eigenen Ziegenbärtchen) wieder bei uns am Tisch saß. Auch deshalb für den Service verdiente vier Sterne.

Essen und Trinken: Meine Frau trank vorneweg den üblichen Averna (EUR 4,00) und zum Essen Mineralwasser (0,2l EUR 4,40) sowie ein Glas Chardonnay (0,2l EUR 5,80). Das Wasser schien nicht nur mir etwas überpreist und der Chardonnay war zwar nicht richtig schlecht, sein Geld allerdings auch nicht wirklich wert. Ich hatte den Abend über drei Franziskaner Weizen (je 0,5l EUR 4,20) in üblicher guter Qualität. Am Tisch wurde außerdem Rotwein, Mineralwasser, alkoholhaltiges bzw. alkoholfreies Weizen sowie Pils getrunken. Einzelheiten zu diesen Getränken wie auch Preise hierfür habe ich mir nicht gemerkt.

Meine Frau bestellte als Vorspeise "Vitello Tonnato" (EUR 11,50). Ich verzichtete auf eine Vorspeise; eine kluge Entscheidung, denn mein Hauptgericht war schon so "auskömmlich" dass ich Mühe hatte es zu bewältigen. Weitere Vorspeisen am Tisch waren "Marseiller Fischsuppe" (EUR 10,50) und "Froschschenkel Provencale mit Knoblauch, Schalotten, Petersilie und Kräutern" (EUR 8,50; als Hauptgericht hätte es EUR 16,50 gekostet). Hauptgericht für meine Frau war "Kalbsbäckchen und Kalbsnierchen mit Kroketten und Salatteller" (EUR 22,50). Ich wählte die "Trilogie vom Wild mit Preiselbeerbirne, Spätzle und Salatteller" (EUR 29,50). Weitere Bestellungen am Tisch waren "Cordon Bleu gefüllt mit Münsterkäse und Schinken" (EUR 16,50), "Duett von Rinderfilet und Gambas in Pfeffer- und Hummersoße mit Tagliatelle und Salatteller" (EUR 26,50), "Fischteller (Dorade, Steinbutt, Zander) in Safransoße mit Blattspinat, Tagliatelle und Salatteller " (EUR 20,50) und "Rinderfilet mit Tagliatelle und Salatteller" (hier weiß ich den Preis nicht mehr).

Die Mitspeisenden waren mit ihren Gerichte ausnahmslos sehr zufrieden, es gab keinerlei Klagen, stattdessen viel Lob. Meine Frau, ich hatte es eingangs bereits erwähnt, war mit ihrer Wahl allerdings nicht so richtig zufrieden. Das "Vitello Tonnato" fiel bei ihr komplett durch; schlechte Fleischqualität, schlechte Soße. Ich bekam wie immer einen Probebissen; geschmeckt hat es mir auch nicht. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass mir dieses Gericht als solches schon nicht schmeckt; es steht seit eh und je auf meiner "don´t do it"-Liste und ich würde es mir  niemals bestellen. Besser weg kam das Hauptgericht meiner Frau bei ihr ; die Bäckchen und die Nierchen waren wirklich gut, der Salatteller  und die Kroketten passten. Nur die Soße zu den Bäckchen und Nierchen war ihr etwas zu süßlich, ansonsten Daumen hoch.

Meine Trilogie vom Wild war wie erwartet sehr gut; Wild habe ich im "Hierl" immer schon gerne gegessen, das hat der Koch und Wirt wirklich gut drauf. Ich hatte Tranchen vom Reh, vom Hirsch und vom Feldhasen (insgesamt wirklich ordentlich viel Fleisch), dazu zugekaufte Spätzle, Pfifferlinge, Maronen und die Preiselbeerbirne. Alle sehr stimmig und in Kombination wirklich gut zueinander passend. Ein winziges bisschen Gejammer ganz am Rande: was das Reh (es war fast schon "bleu"/rare)  zu wenig an Garzeit gehabt hatte hatte der Hirsch ("a point" sprich medium mit bereits leichter Tendenz zu "bien cuit"/well-done) zu viel. Dafür war der Feldhasenrücken optimal gegart. Für die Vorspeise meiner Frau ziehe ich einen halben Stern an; es verbleiben aber immer noch vier Sterne.

Preis-/Leistungsverhältnis: insgesamt stimmig mit ganz leichten preislichen Ausreißern nach oben; vier Sterne.

Fazit: Wenn man bedenkt, in welch winziger Küche der Koch der Koch/Wirt arbeitet und dass der Laden gestern wirklich brechend voll war, bin ich durchaus geneigt über die versemmelte Vorspeise hinwegzusehen. "Hierl" war, ist und bleibt für uns  eine gute Adresse. Wir kommen gerne wieder.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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Carsten1972 und 22 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.