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GastroGuide-User: Oparazzo
Oparazzo hat Landgasthof König von Preussen in 76359 Marxzell bewertet.
vor 4 Jahren
"Landgasthof mit teils mehr, teils weniger ausgelebten Ambitionen"
Verifiziert

Geschrieben am 04.03.2020 | Aktualisiert am 04.03.2020
Besucht am 03.03.2020 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 72 EUR
Frauenalb liegt, wie der Name schon sagt, nicht weit von Herrenalb. Die geringe Entfernung von dreieinhalb Kilometern Luftlinie (fünf mit dem Auto) sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass zwischen diesen beiden Klosterruinen eine wenigstens für Weinliebhaber bedeutsame Grenze verläuft, nämlich die zwischen Baden und Württemberg. 


Neben einer Klosterruine und einem Pflegeheim findet man in Frauenalb auch den Landgasthof König von Preussen (mit Doppel-s), der, so darf man annehmen, von dieser Nachbarschaft in hohem Maße profitiert, das zeigt die Demographie der Gästeschaft und das zumindest teilweise darauf zugeschnittene Speisenangebot.


Wir kehren dort mehrmals im Jahr ein, nicht nur, weil es am Wege liegt, wenn wir auf dem Heimweg von Karlsruhe eine Stärkung brauchen, sondern auch, weil die Brüder Rath, die vor einigen Jahren den Betrieb von ihrem Vater übernahmen, die Karte ordentlich aufgemischt haben, wie zum Beispiel mit den Black Angus Beef Wochen im Februar. 


Vor einem Jahr wurde außerdem noch gründlich renoviert. Das bisherige Ambiente war ja mit „hausbacken“ recht wohlwollend umschrieben: Das letzte Mal war vor 30 Jahren Hand angelegt worden, es hätten aber auch 60 oder 90 sein können. Jetzt ist viel schönes, altes Holz verbaut, es sind Nischen entstanden, man sieht freiliegende Balken, eine aufwendige Deckendekoration und, passend zu den neuen Ambitionen des Hauses, ein kleines, offenes Weinregal.


Wir haben uns bisher allerdings immer an das hauseigene Rath-Bier gehalten, das zwar schon lange nicht mehr vor Ort, sondern nach eigenem Rezept in Alpirsbach gebraut wird, aber nichts von seinem süffigen Charme verloren hat.


Bei unserem gestrigen Besuch gab es allerdings nicht mal das – für einen Mittagsschlaf war danach keine Zeit -, sondern ein Kännchen Tee aus Minzblättern (4,70 €) für meine Gattin und eine Flasche stilles Teinacher (5,20 €) für uns beide. Dass der Kellner fragte, ob Letzteres kalt oder raumtemperiert sein sollte, erlebt man auch in der gehobenen Gastronomie nicht jeden Tag und war schon mal ein guter Anfang.


Es ging auch gut weiter, mit einer mittelleichten Tomaten-Basilikum-Mousse im Schnapsglas, mit der die Küche uns begrüßte und schon mal für ein gewisses Sättigungsgefühl sorgte. Das war insofern ok, als wir diesmal auf eine Vorspeise verzichteten und uns gleich an die jeweiligen Hauptgänge begaben.
 
Meine Frau hatte sich für die gedünsteten Edelfische „Asia“ entschieden (24 €) und war gespannt, wie der KvP ihren Heimatkontinent interpretieren würde. 

Gedünstete Edelfische "Asia" mit knackigem Gemüse und Basmatireis
Er tat es mit äußerster Zurückhaltung: Serviert wurde in einer Schale, in der das Gericht in drei Lagen sortiert war: unten Basmati-Reis, darüber sehr deutsches Mischgemüse, und obenauf die Filetstücke einschließlich einer Riesengarnele. Der Reis schwamm in einer Weißwein-Sahnesauce, und über das Ganze waren gerösteter Sesam und etwas Sojasauce gegeben.
 
An der Qualität der Komponenten gab es mit einer Ausnahme nichts auszusetzen: Der Fisch war frisch und perfekt gegart, die Garnele sauber geputzt, das Gemüse so knackig wie auf der Speisekarte angekündigt. Wir fragten uns nur, was den Koch davon abgehalten haben könnte, von den Zuckerschoten die Fäden zu entfernen, denn mitessen möchte man sie nicht, aus den Zähnen pulen auch nicht, und mit Messer und Gabel entfernen ist schwierig, vor allem in einer vollen Schale. Der nette Kellner versprach, dies der Küche weiterzugeben, wir wissen aber nicht, auf wie fruchtbaren Boden die Anregung gefallen ist.
 
Trotzdem segelte das Gericht unter falscher Flagge, es sei denn, die Anführungszeichen um „Asia“ wären ironisch gemeint gewesen. Aus Asien kamen zwar der Reis, die Sesamkörner und die Sojasauce, für jegliche östliche Exotik fehlte aber der Mut, abgesehen davon, dass zum Beispiel Rosenkohl und Kohlrabi in Asien alles andere als heimisch sind, von Weißwein-Sahnesauce und in Butter gebräunten Semmelbröseln ganz zu schweigen. Der Kellner bestätigte, dass das Gericht eben so asiatisch ausfallen würde, wie es sich ein badischer Landgasthof gerade noch erlauben könnte. Das ist einerseits eine ehrliche Auskunft, andererseits eine Erfahrung, die man hier leider immer wieder macht.
 
Bei aller Kritik muss allerdings auch gesagt werden, dass meine Frau trotzdem nichts übriggelassen hatte und es sogar vielleicht wieder bestellen würde, dann allerdings mit gezogenen Fäden und anderen Erwartungen.

Zartrosa gebratenes Kotelette vom Kraichgauer Landschwein mit Kräuterbutter, Gemüse und Rosmarinkartoffeln
Solche Probleme hatte ich bei meiner Wahl nicht, außer mit den Zuckerschoten, denn mein luxuriöses Kotelett von der Kraichgauer Landsau (32 €) begleitete das gleiche Gemüse wie den „asiatischen“ Fisch, passte hier allerdings auch erheblich besser. Das Kotelett war phänomenal, zartrosa gebraten, mit einem überirdischen Fettrand, bei dem ich darauf achtete, dass ich bis zum Schluss bei jedem Bissen etwas davon auf der Gabel hatte. Oben thronte ein mächtiger Berg schlotziger Knoblauchbutter.


Dazu gab es noch sanft angebratene Rosmarinkartoffeln

Da fehlt schon einiges
und eine gut gefüllte Sauciere mit kräftiger Rotweinsauce, die es fast nicht gebraucht hätte, jedenfalls nicht für das perfekte Fleisch. Aber die letzten Kartoffeln hatten sich schon gefreut.


Den Abschluss bildete eine ordentliche Portion hausgemachten Vanilleeises mit heißen Himbeeren und echter Schlagsahne (6,50 €), die wir uns einvernehmlich teilten (nicht die Schlagsahne - die hatte meine Frau mir ganz überlassen).
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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