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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat Hotel Kronenschlösschen · Restaurant in 65347 Eltville am Rhein bewertet.
vor 6 Jahren
"Essen gut, Ambiente schön, Begleitung toll!"
Verifiziert

Geschrieben am 20.08.2018 | Aktualisiert am 20.08.2018
Besucht am 19.06.2018 Besuchszeit: Abendessen 3 Personen Rechnungsbetrag: 440 EUR
Ein großer Vorteil unserer regen Nutzung der Kommentarfunktion ist ja, dass man die Genießer und Genießerinnen hier schon etwas einschätzen kann. Mit wem man Vorlieben und Abneigungen teilt, über wessen Witze man lacht, wo die Chemie einfach stimmen könnte. Das reduziert das Risiko von persönlichen Treffen erheblich. Und ein Gesprächsthema hat man ja sowieso immer. So habe ich in den letzten Jahren auch schon einige sehr sympathische Menschen aus der Community persönlich kennenlernen dürfen und beabsichtige, den Kreis weiter zu vergrößern. Aber nach dem letzten Treffen (eigentlich dem letzten Treffer!) werden es alle neuen Freunde schwer haben, im „Realitäts-Check“ ähnlich bravourös zu überzeugen wie PetraIO nebst sympathischem Gatten.
Schon am Bahnhof der Metropole Eltville-Hattenheim wurde ich persönlich abgeholt, im Triumphzug zum Kronenschlösschen kutschiert, dort unter einen beeindruckenden (Ahorn?)Baum auf der Terrasse platziert, mit Rheingau-Riesling und vielen interessanten Geschichten verwöhnt und schließlich sehr glücklich mit einem selbst produzierten leckeren Geschenk in süße Träume entlassen. Liebe Petra, besser geht’s nicht, herzlichen Dank an euch Beide und hoffentlich auf bald!

Das Kronenschlösschen wurde von PetraIO, genauer ihrem Navi auf dem Weg zum Kloster Eberbach entdeckt, schön beschrieben und besonders hübsch fotografisch dokumentiert. Ich ergänze daher nur, dass auch im Inneren deutlich gehobene Gastlichkeit zu fast Großstadtpreisen angeboten wird. Ausdruck der familiären Atmosphäre ist die erst ab 08.00 Uhr morgens besetzte Rezeption. Wer früher abreist, hinterlegt seine Visitenkarte und erhält auf dem Postweg die Rechnung. Sympathisch. Mein großes Zimmer war im prächtigen Barockstil gestaltet; das muss man mögen. Immerhin ist das Schlösschen etwas von der Bundesstraße zurück gesetzt. Da auch die Bahnlinie (anders als bei vielen Übernachtungsmöglichkeiten in so manchem Weindorf) in deutlicher Entfernung liegt, ist immerhin geruhsamer Nachtschlaf möglich. Klimatisierte Räume darf man nicht erwarten, immerhin wurde ein großer Ventilator spendiert. Hilfreich bei süßen Träumen ist die Weinkarte, die erwartungsgemäß bei den Rheingau-Rieslingen mit Jahrgangstiefe punktet. Da einer aus unserem Dreigestirn ja noch fahren musste, kamen wir mit zwei Fläschchen aus einem nahe gelegenen Kiedricher Weingut aus, dem einen oder der anderen vielleicht bekannt


Zuvor nippten wir der heiteren Stimmung entsprechend an einem deutschen Schaumwein 

und italienischem Nestlé-Wasser.

Nicht nur bei den Weinen umsorgten uns mehrere junge Herren mit großem Können und teilweise französischem Esprit. Das war ebenso aufmerksam wie entspannt und ist umso mehr zu loben, als mir beim Schreiben noch weniger angenehme Service-Erfahrungen aus Gimmeldingen und Trier-Olewig in den Knochen stecken. Es lebe der Rheingau!

Die Küche grüßte uns numerisch passend mit drei Kleinigkeiten

Rindertatar auf Pumpernickel wurde durch Crème fraiche recht mild. Der gemüsige Gazpacho-Shot säuerlich mit angenehm pikanter Note. Die Krustentier-Mousse auf Mango schien flach, entfaltete sich dann aber doch noch intensiver. Recht guter Start, schon jetzt war die Vorliebe von Chef Simon Stirnal  für Komponentenvielfalt zu erkennen.

Wir wurden reichlich mit Sauerteigbrot aus der Klosterbäckerei versorgt

Dazu gab’s Ziegenmilch-Butter mit Kerbel-Staub

Beides enttäuschte. Das recht schwere Brot mit mäßig knackiger Kruste sollte durch Röstung aufgepeppt werden. Es blieb beim viel zu schwachen Versuch. Die Butter fast neutraler als aus Kuhmilch, Kräuter nicht wahrnehmbar. Die hübsche Darbietung aus der Spritztüte auf flachem Stein verlor in der Wärme bedenklich an Form.

Handwerklich und vor allem kreativ perfekt zeigte sich dagegen die als Amuse gereichte Gillardeau mit einem Meerwasser-Gelee(!) begleitet von dunklem Zwiebelcrumble, Passionsfruchtcoulis und Passepierre. 

Das funktionierte geschmacklich und in den Texturen formidabel!

Und obwohl wir durch die Abwahl der Gänsestopfleber nur noch ein viergängiges Diät-Programm geordert hatten, verwöhnte uns die Küche auch noch mit einem weiteren Meeres-Gruß. Jakobsmuschel als Tatar und ein u.a. mit Rhabarbertexturen und Wasserkresse wunderbar ausgewogenes Ceviche sorgten bei Petra und mir für Begeisterung. 

Der dritte Geschmacks-Musketier hätte wohl ganz gern etwas Fleisch vor die Genuss-Flinte bekommen. (Ein Satz, wie in der Pfalz ersonnen;-))

Die Grüße für mich auf Sterneniveau, wenn es denn opulent zugehen darf. Aber das passt ja perfekt zum Stil des Hauses.

Gemessen an diesen Kompositionen kam der erste Gang reduziert daher. 

Wieder schien nichts für den Fleischliebhaber dabei. Was allerdings täuschte, denn die nur kurz angebratene Gelbschwanzmakrele (tataki hamachi) hatte den auch von rohem Thun bekannten fleischähnlichen Biss. Die wahrnehmbare Röstung tat ein Übriges, dass nun allseitig Zufriedenheit herrschte. Unterstützt wurde die asiatische Note der Zubereitung durch knackige Spitzen des Thaispargels, Yuzu-Gel und die später angegossene dashi. In der Kräutermischung war dagegen Liebstöckel wahrnehmbar, ungewohnt.

Weiter ging es mit gebratenem Ingelheimer Spargel, der süß und aromatisch wie aus hbeermanns Pfanne daher kam. 

Gebackene dünne Scheiben vom Bellota-Schinken steuerten Crunch bei, diesmal ergänzte u.a. Pomelo frische Noten. Die etwas fettigen Croûtons schienen mir überflüssig, die Tahin-Crème „störte nicht“. Dann noch ein Schäumchen, noch eine Frucht, etliche Kräuter - die Küche setzte bei diesem Teller wieder auf das doch eigentlich überwundene „Viel hilft viel“, das zwar ein allgemeines „Hat gut geschmeckt.“ ergibt, aber zumindest mich etwas ratlos zurück ließ. Gut ausschauen tat es aber unbedingt.

Das Wechselspiel ging munter weiter. Im Hauptgang wurde eine spannende Version von Bratfisch mit Spinat und Bratkartoffeln serviert. 

Zunächst wurde übersichtlich ein mächtiges Stück Nordsee-Steinbutt präsentiert. Flankiert von einer „Zigarre“ aus sehr intensivem Spinat auf der einen Seite und den dekonstruierten Bratkartoffeln auf der anderen. Das Türmchen aus Rösti, Zwiebelconfit und Speckgelee (!) überzeugte auf der ganzen Linie. Sehr schlau gedacht und akkurat gemacht. Beim Blattgemüse konnte man sehr unterschiedlicher Meinung sein. Was mancher als größtmögliche Fokussierung auf das Produkt bejubeln würde, wäre für andere eine schon ins unangenehm Bittere übergehende übermütige Reduktion. Beim Hauptdarsteller waren wir uns einig, sehr gute Qualität, aber leider doch etwas zu lange nachgezogen. Aber das ist jetzt schon Jammern auf hohem Niveau, zumal eine sahnige Sauce mit Unmengen von Schnittlauch-Chiffonade für Süffigkeit sorgte (und den Spinat erträglich werden ließ). 

Zugefügter Lachskaviar übrigens die einzige Zutat, die aus dem Rahmen des kreativ umgesetzten Vorbilds „bürgerlicher Fischteller Freitagmittag“ fiel. Trockenen Fisch und überflüssigen Kaviar merkt auch der G&M an, wenngleich viel kritischer als unser heiteres Dreigestirn, das die Fischeier einfach mal als fröhlichen Farbkleks interpretierte.

Fröhliche Farbklekserei hätte denn auch das Motto für das abschließende Dessert sein können, zu dem ich mich solidarisch „überreden“ ließ. Tatsächlich durften wir uns auf den Wild Forrest freuen und so sah der Teller auch aus. 

Der Ansatz war klar, ein Waldboden aus Kakao (?) und Fichtennadelstaub und darauf ein Potpourri aus Blüten und Beeren, so z.B. Kirsche, Blaubeere, Johannisbeere als Cassis. Leider habe ich mir nicht mehr das Eis gemerkt (Petra, übernehmen Sie!). Ich hätte es mir jedenfalls süßer gewünscht, denn so kippte die wilde Chose doch arg ins Saure ab. Aber das ist ja wie immer Geschmacksache und für Desserts ist Kompetenz familiär eh anderweitig angesiedelt. Auch hier „verspielte“ die Küche aber eine tolle Idee mit der überbordenden Vielzahl von Zutaten. Auge und Gaumen wurden schlicht überfordert. Vielleicht soll es so sein, aber das Zusammenspiel war von einer sich ergänzenden Harmonik doch entfernt. So blieb ein „Kann man machen.“, was natürlich für den Anspruch und die Möglichkeiten des Hauses zu wenig war.
Ohne Fehl und Tadel die hausgemachten Pralinen zum Abschied 

die bei abnehmenden Licht das letzte Ziel unserer Foto-Kollaboration waren.

Fazit: 
Ein wunderbarer Abend; das war aber schon eine Minute nach dem Kennenlernen klar gewesen.
Das Kronenschlösschen ist ein sehr angenehmer Ort, an dem man die guten Gewächse des Rheingaus wunderbar entspannt genießen kann. Die Küche blieb in der Gesamtschau etwas hinter unseren - zugegeben hohen - Erwartungen zurück. Das Potenzial zu höheren Weihen ist ganz sicher vorhanden, wenn man sich denn auf den Tellern konsequenter vom prächtigen Interieur absetzen würde. Auch Gegensätze sind doch reizvoll!
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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