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Wir ließen unser Auto im Karstadt-Parkhaus, nach 20.30 h ist der Zugang nur über die Schützenstraße möglich, sozusagen fast schräg gegenüber der Vinothek. An deren Tür ein Hinweisschild, daß man während der kalten Jahreszeit durch das Hotel gehen möge. Einmal um die Rezeption herumlaufen, und schon steht man vor der wunderschönen hohen Holztür. Überhaupt hat hier jemand sehr viel Geschmack bei der Einrichtung bewiesen, das setzt sich auch gleich in der Vinothek fort. Gepaart mit einem Gespür für warme Farben, ohne daß das Ganze soßig wirkt.
Schon nimmt uns ein junger Servicemitarbeiter die Mäntel ab, wirft einen Blick ins Reservierungsbuch und führt uns dann zu unserm Tisch. Der nur gefühlte 20 Zentimeter vom Nebentisch entfernt steht. Berührungsängste darf man keine haben, und für eine Bilanzbesprechung sollte man lieber ein anderes Lokal wählen. Die beiden Herren, die uns mit neugierigen Augen musterten, erwiesen sich allerdings als ausgesprochen sympathische Tischnachbarn, die sogar im Laufe des Abends mit einem vielversprechenden Champagner-Insider-Tipp herausrückten ;-)
Während uns der bestens geschulte Servicemitarbeiter die Speise-Getränkekarte reichte, erkundigte er sich nach einem Aperitif-Wunsch oder ob es schon ein Wasser sein dürfe? Bitte letzteres, was sich als 1 Liter S. P. zu blutdrucksteigernden acht Euronen herausstellte.
Auf der Karte findet man zuerst die feste Nahrung in Form von Klassikern wie San Daniele Schinken oder verschiedene Crostini, dann folgen die „normalen“ Speisen, die man sich für € 42,-- auch zu einem 3-Gang Menü zusammenstellen kann. Die anschließenden Seiten sind den flüssigen Genüssen gewidmet, wie man das von einer gut sortierten Vinothek erwarten darf. Mein Blick huschte rasch über das Gebotene, bis ich beim Champagner und dort bei dem Wort „Rosé“ hängenblieb. Na bitte, ein Ruinart Brut Rosé zu € 95,--. Die wissen schon, warum sie den Champagner preislich nicht wie Mineralwasser kalkulieren…..
Er wurde dann nicht nur formvollendig präsentiert und perfekt gekühlt eingeschenkt, mir gefielen auch die filigranen Champagnergläser sehr gut.
Einen Gruß aus der Küche gab es nicht, habe ich aber eigentlich auch nicht erwartet. Zumindest dreierlei Brot, welches prima zu unseren Vorspeisen paßte:
Tatar vom bayrischen Rind mit Wachtelei, Kapern und Rauchpaprika – Schatzl schwärmte in den höchsten Tönen .
Und Dreierlei vom Thunfisch für mich: aus dem Fisch, der ja nicht gerade durch ausgeprägten Eigengeschmack glänzt und rasch trocken geraten kann, wurde alles herausgekitzelt, was geschmacklich möglich ist: als Tatar mit fruchtig marinierten Chicoréeblättern, kurz gebraten mit Sesamkruste und als Sashimi. Vor lauter Begeisterung haben meine Hände ganz von allein eine 10-Finger-La-Ola-Welle vor dem Teller veranstaltet!!
Nach einem angenehmen Päuschen ging es mit den Hauptgängen weiter:
Tagliata auf Rucola und Preiselbeeren, Parmesanhobel – der italienische Klassiker wird hier durch die Preiselbeeren gepusht, eine gelungene Auffrischung zu dem traumhaft zubereiteten Fleisch – meine La-Ola-Welle brandete zu Schatzls Händen hinüber…
Getrüffelte Pastinakenravioli mit Rote Bete Crème und Babyspinat – das Gemüse des Jahres 2012 erweist sich als kräftige, selbstbewußte Füllung und kann, obgleich ebenfalls leicht süßlich, gut mit der Rote Bete mithalten. Herrlich frisch dazu der köstliche Spinat.
Der Champagner neigt sich erschreckend schnell dem Ende zu. Schatzl, ganz Gentleman, überläßt mir den Rest und bestellt sich zu seinem Dreierlei vom Käse einen kräftigen Primitivo (Orion Liveli 0,2 l. € 8,40). Neben Blauschimmel, Schafskäse und Red Leicester glänzt der Teller mit Pflaumen- und Quittenchutney.
Ich freue mich auf die Variationen von der Crème Brûlée: klassisch mit Vanille, ein Knaller das Schälchen mit Amaretto und mißtrauisch beäugt und als ausgezeichnet empfunden – dunkle Schokolade.
Die Rechnung bitte und wo sind die Toiletten? Einmal quer durch die Lobby, ein paar Stufen hinauf und dann rechts die Türen. Insofern leider nicht barrierefrei.
Fazit: Neue Besen kochen gut; der Küchenchef Marco Kaluscha verantaltet keine Wettkämpfe oder Schaulaufen auf den Tellern. Vielmehr läßt er den Produkten viel Raum, um sich zu entfalten und setzt mit geschickter Rafinesse gekonnt Akzente, die das Essen zu einem Hochgenuß werden lassen.
Punktabzug gibt es nur für den minimalistischen Abstand zwischen den Tischen und für den weit verbreiteten Mineralwasserschmerzgrenzpreis. Dafür ist der Menüpreis ein Schnäppchen.
Wir waren sicher nicht das letzte Mal hier!
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