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GastroGuide-User: Ina12
Ina12 hat Ristorante Il Gattopardo in 28205 Bremen bewertet.
vor 8 Jahren
"Diese Katze hat es in sich!"
Verifiziert

Geschrieben am 05.05.2016 | Aktualisiert am 05.05.2016
Besucht am 26.04.2016
Im Bremer Stadtteil Hastedt, nahe des schönen Weserflusses, an einer immer verstopften Durchgangsstraße, liegt das italienische Restaurant "Il Gattopardo"  (der Leopard), das mir von einer Freundin empfohlen wurde, die nach eigenen Angaben dort die "leckersten Saltimbocca ihres Lebens" gegessen hat.
Seit 2009 wird dort traditionelle sizilianische Küche angeboten.

Der Name des Restaurants rührt vom Schauplatz der Dreharbeiten zum Kinofilm "Der Leopard" mit Claudia Cardinale, Burt Lancaster und Alan Delon her, der im Heimatdorf des Restaurantinhabers gedreht wurde. 
Das ist lange her, 1968 war das.
Heute wartet der Leopard im nassen Bremer April auf Kundschaft.
Das Restaurant befindet sich in einem Gewerbegebiet, ein Autohaus reiht sich an das nächste, was den Vorteil hat, dass man immer schnell einen Parkplatz ergattert, wenn man im "Il Gattopardo" essen gehen möchte.


Es regnet Bindfäden, als wir unser Auto schräg gegenüber vom Restaurant abstellen. Schnell laufen wir die wenigen Stufen zum Restaurant hoch, vorbei an der Holzterrasse, die bei schönem Wetter sicher unsere erste Wahl gewesen wäre, durch die gläserne Eingangstür in den Gastraum des "Il Gattopardo".
Ein sommerliches Flair herrscht hier, es sieht aus wie im Gartenhäuschen meiner Oma in Kassel. Einfache rote Holzstühle an schlichten Holztischen, weiße Tischdecken und kleine Vasen mit frischen Blumen. Die Wände cremeweiß, rote Applikationen auch hier. Ein bisschen moderne Kunst, sehr bunt - und ein Schwarzweißfoto von Burt Lancaster über der Eingangstür. Große Zimmerpflanzen verstärken den Eindruck, in einem Sommergartenhaus zu sitzen.
Hier war ganz offensichtlich kein Innenarchitekt am Werk. Hier hat der Gastronom seinen Gastraum so gestaltet, wie er ihm gefällt.
Einfach, aber gemütlich. Und individuell.

Leider sind die schönen, großen Tische an der Fensterfront schon alle besetzt. Eine ganze Reihe anderer Tische sind reserviert, für 20:00. Das ist, gerade in der Woche, ja immer ein gutes Zeichen.
Wir bekommen einen kleinen Katzentisch direkt am Tresen.
Der Kellner durchquert das Restaurant im Laufschritt. Er schaut ernst, würdevoll, fast grimmig. Wenn ich nicht wüßte, dass das der normale Gesichtsausdruck eines männlichen Sizilianers ist, der seine Arbeit ernst nimmt - ich  hätte ihm schlechte Laune unterstellt.
Er lächelt nicht, als er uns die Karte mit  einem energischen "Pronto" auf den Tisch knallt.

Wir bestellen pflichtschuldigst schon einmal die Getränke, um ihn zu besänftigen.
Zwei große Alsterwasser müssen heute reichen, immerhin muss einer von uns heute ja noch fahren.
Die Getränke kommen fix, die Essensbestellung wird aufgenommen.
Die Speisekarte des "Il Gattopardo" ist übersichtlich. Zum Glück!
Hier werden die Klassiker angeboten, von der Zuppa di pomodore über die Spagetti ai cortoccio (mit Meeresfrüchten) bis zu den etwas höherpreisigen Fisch- und Fleischgerichten. Keine Fiesematenten, aber genügend Auswahl.
 
Mein Kollege bestellt die Pizza Gattopardo mit Marscarpone (!) und Parmaschinken
für 10,50 €.
Ich entscheide mich für die sagenumwobenen Saltimbocca a la Romana, die mit 15,50 € zu Buche schlagen. Aber zuerst: die Antipasti aus der Auslage direkt hinter uns. Ein kleiner Teller wird reichen, für uns beide.

Mit ernstem Gesichtsausdruck, als würde er unsere Auswahl missbilligen, nimmt der gestrenge Herr Ober unsere Bestellung auf und tritt ab.
Wenige Minuten später wird wortlos ein Teller mit schwarzen Oliven, eingelegten Artischocken, Tomaten und Paprika vor uns hingestellt. Einen kleinen Korb mit lauwarmen Pizzabrötchen und ein Tongefäß mit Knoblauchbutter gibt es dazu. Für jeden von uns dazu eine Papierserviette in den Farben des sizilianischen Wappens, rot und gelb.

Die Antipasti schmecken würzig und schwimmen zum Glück nicht in Öl, kommen aber für meinen Geschmack etwas zu kalt auf den Tisch. Die Brötchen sind locker und saftig, die Knoblauchcreme dazu ohne Tadel.
Kaum sind die Tellerchen abgeräumt, serviert der immer noch schweigsame Kellner unsere beiden Hauptgerichte.
Die Pizza meines Kollegen sieht aus, wie eine Pizza aussehen soll: groß und mit dünnem Boden, gut aufgegangen, außen kross und innen saftig. Der Belag aus Tomaten, Oliven, Marscarpone und Parmaschinken ist gewöhnungsbedürftig, uns gefällt er gut in dieser ungewöhnlichen, cremigen Kombination.

Meine Saltimbocca kommen statt mit dem bestellten Salat mit gekochtem Gemüse, was unserem Kellner sofort auffällt.
Er öffnet den Mund und spricht!
Er entschuldigt das Missgeschick, fragt mich, ob er  das Gericht mit Gemüse servieren dürfe. Und den Salat nachliefern.
Natürlich darf er. Ich bin begeistert! Nicht wegen des Salat.  Nein, der Herr Ober hat mit uns gesprochen!
Und war da nicht auch ein Hauch von Lächeln in seinem Gesicht?

Tatsächlich wird mir wenige Sekunden später ein kleines Schälchen mit gemischtem Blattsalat, Gurke, Tomate und Olive serviert.
Die Saltimbocca sind tatsächlich ein Gedicht! Ganz dünn, fein gefüllt mit je einem großen Salbeiblatt und einer großen Scheibe Parmaschinken, sind sie dennoch saftig und schwimmen in einer wunderbar abgeschmeckten, zitronigen Sauce, die auch das beigelegte Gemüse aus Kartoffeln, Karotten und Paprika begleitet.
Den Salat hätte ich nicht gebraucht, zumal auch er etwas zu  kalt auf den Tisch kommt.
Der Kühltresen im "Il Gattopardo" arbeitet eventuell doch ein wenig zu eifrig.

Wir genießen unser Abendessen, das uns satt, aber nicht müde macht. Die Atmosphäre im Gastraum ist lebhaft, aber nicht zu laut.  Leise Musik untermalt auch die etwas lebhafteren Gespräche.
Eine kleine Lücke im Magen ist da noch, die gefüllt werden will.
Also noch ein Dessert. Die Auswahl fällt uns leicht, denn es werden auf der Karte nur zwei Desserts angeboten: TiramiSu und Pannacotta.
Wir entscheiden uns für ersteres, wobei wir uns eine Portion teilen. Dazu jeder einen Capuccino.

Beides wird zügig serviert und unser Kellner wünscht uns einen guten Appetit!
Ja,wirklich!
Er hat sogar gelächelt, als er das sagte, tatsächlich!
Wie schön.

Das Tirami Su schmeckt wie erwartet, ganz wunderbar, wenn auch etwas kalt.
Zum Abschluss bietet der Kellner uns sogar einen Grappa an.
Aufs Haus!

Wir zahlen per EC Karte und bitten ihn, noch 5 € Trinkgeld hinzuzubuchen.
Als wir gehen, sehen wir:
er hat weder den Salat, noch die Capuccini und die beiden Gläschen Grappa berechnet. Als wir darauf hinweisen, winkt er ab.
Und lächelt. Und wünscht uns eine gute Heimfahrt.

Wirklich schön!
Wir werden wiederkommen, ganz sicher.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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