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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat La Bouche et El Pato | Bistro & Bar in 19053 Schwerin bewertet.
vor 7 Jahren
"Schweriner Erzählungen II: Eingeschränkt empfehlenswert"
Verifiziert

Geschrieben am 10.06.2017 | Aktualisiert am 10.06.2017
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Besucht am 30.03.2017 Besuchszeit: Abendessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 41 EUR
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen.
Hier mein zweiter Bericht aus Schwerin:

Die zweite (und innerhalb der Stadtgrenzen letzte) Empfehlung des Guide Michelin liegt nur wenige Schritte von Dom und Marktplatz entfernt in einer malerischen Straße und wird als einfaches Bistro mit mediterraner Küche beschrieben. Beides scheint mir nicht ganz zu treffen. Im Obergeschoss des schön renovierten Altbaus, in dem die tadellosen Toiletten liegen, dominiert wegen des klassischen Bistro-Mobiliars am ehesten diese Anmutung. Im Erdgeschoss zieht sich zwar eine Lederbank entlang der Wand und und auch dort stehen Holzstühle davor. Aber schon den dunkelgrünen Sitzbezug der Bank, die große künstlerische Tonnenlampe und erst recht die eingedeckten Tische, empfand ich keineswegs als "einfach". Auf der Bank stand allerlei Innenarchitekten-Nippes in Bling-Bling (Hirsche, Windlichter, Käfige, alles reichlich mit Talmi versehen...). Darüber eine schmale Spiegelgalerie, die wohl für etwas Breite sorgen sollte, denn der ohnehin eher schmale Raum wird auf der einen Seite von einer mächtigen Bar in dunklem Holz und einer hohen Flaschenwand eingenommen. Dafür geht der Blick auf die Straße durch ein großes abgerundetes Fenster, dessen Sturz nächtens absinthfarben beleuchtet wird. Die burlesquehafte Musik am Anfang passte gut in dieses Ambiente, die späteren Elektroklänge à la Kraftwerk weniger.

Die Karte huldigt besonders der ländlichen Küche unserer westlichen Nachbarn. Aber regional von Galettes über Bouef bourgignon bis zu Sardinen und Merguez. Liest sich sehr ansprechend!

Entsprechend frohgemut trat in an den im scharfen Wind noch unbesetzten wenigen Außenplätzen vorbei durch den voll verglasten Windfang ein.
Nur ein junges Pärchen, offenbar Stammgäste, hatten den Weg ins La Bouche gefunden, später kam - telefonisch herbei gerufen - noch die (Schwieger)Mutter dazu. Meine Reservierung war somit überflüssig gewesen. Die spärliche Gästezahl passte allerdings zu meinem Eindruck von Schwerin an diesem kalten Donnerstagabend. Nach 18.00 Uhr leerte sich die Innenstadt schnell und zwei Stunden später konnte man schon die sprichwörtlichen Bürgersteige klappen hören. Der Blick in andere Gaststätten auf meinem Verdauungsspaziergang um den Pfaffenteich zeigte einen ähnlich trostlosen Zuspruch zur örtlichen Gastronomie. Ich kürzte den Weg dann ab, denn die menschenleeren Straßen waren weniger lauschig, als zunehmend bedrückend. Von pulsierender Landeshauptstadt war da wenig zu spüren..

Nach dem Eintreffen wurde ich von einem Herrn in den mittleren Jahren begrüßt und hatte freie Tischwahl. Weil ich der Dämmung am Fenster nicht recht traute (und was oder wen hätte es auch zu sehen gegeben?), verzog ich mich in die Ecke in Nähe der Küche.

Der gelernte oder seit Jahren tätige Ober verrichtete sein Geschäft zuverlässig, legte dabei eine seltsame Mischung aus Desinteresse und Beflissenheit an den Tag. Ersteres zeigte sich u.a. daran, dass munter weiter Getränke zur Bar geräumt wurden oder das Fischangebot des Tages erst in der Küche erfragt werden musste. Man schien noch nicht recht auf Gäste eingestellt zu sein... Kein Beinbruch, aber auch nicht das, was ich nach der Empfehlung erwartet hätte.
Andererseits wurde drauf los gefloskelt, was das Zeug hielt: "Aber gerne doch!" "Das hat schon mal geschmeckt!" "Der Herr war zufrieden?" Unnatürlicher geht's kaum. Auch der Koch und Mitinhaber sprintete durch das Lokal, musste aber offenbar selbst noch Vorbereitungen vornehmen. Für einen Gruß war noch Zeit, für Freundlichkeit schon nicht mehr. Vielleicht war es auch hier einfach ein schlechter Tag, aber ich fühlte mich abgefertigt, mehr nicht.

Kleiner Einschub: Gaststätte kommt für mich von Gastlichkeit. Gutes Essen ist das eine, eine Atmosphäre, in der ich mich wohl fühle und gerne aufhalte, das andere.

Leider konnten in der Fastenzeit auch keine Promille die Stimmung heben. Ein alkoholfreier Sekt wurde angeboten, aber mir war mehr nach Rustikalem. Die zwei alkoholfreien Störtebeker-Pils aus Stralsund kosteten je 3,2€.

Vielleicht wg. der kühlen Stimmung wählte ich von den Tafeln (genauso auch auf der Normalkarte vertreten, siehe die sehr sympathische Homepage) nur:

Entenrilettes mit Bauernbrot (8,5€)
mediterrane Fischsuppe (8,5€)
Rindfleisch nach Burgunder Art (18,50€).
Das ergibt ein sehr gutes PLV.

Auch im La Bouche war meine erste Wahl nicht verfügbar, was ich (und offenbar ebenfalls der Service auch erst in der Küche) nach der Bestellung erfuhr. Wie sich die (Schweriner) Erfahrungen doch gleichen.
Dass es auch eine "echte" Tagesempfehlung gab, durfte ich dafür später der Unterhaltung des Kellners mit den Stammgästen entnehmen...

Amuse gab es keins, was aber mit Eigendarstellung, Ambiente und vor allem zum Preisniveau stimmig ist. Andererseits gibt es heute selbst in Karo-Einfach-Läden meist eine Kleinigkeit. Geschenkt.

Die hausgemachten Entenrilettes kamen "stilecht" in einem ehemaligen
Supermarkt-Marmeladenglas der Marke Bonne Maman. Nicht nur deswegen sicherlich ein vor Ort selbst hergestelltes Produkt. Aber selbst gemacht ist nicht automatisch gut gemacht. Der Entengeschmack war kaum wahrnehmbar; ich unterstelle eine zu kurze Lagerzeit. Auch im Übrigen kaum gewürzt, was ich immerhin mit Salz und buntem "Pfeffer" aus den Mühlen teilweise beheben konnte. Das Ganze war recht grobstückig und sehr fest, mehr Confit, als Aufstrich. Ich musste kräftig im Glas herumsäbeln, um überhaupt etwas davon unfallfrei aufs Brot zu bekommen.
Die extra als Bauernbrot angekündigte und auch sehr ansehnliche Ware stellte sich als weitgehend geschmack-und geruchlos mit weicher Kruste heraus. Sehr schade! Da konnte die Salatgarnitur einschl. der 2 (i.W. zwei) Cornichons für den 350g-Brummer wenig retten. Auf meine Bitte gab es Gürkchen-Nachschub.
Bedauerlich, das Gericht sah um Längen besser aus, als es dann geschmeckt hat.

Bei der Fischsuppe war es zumindest partiell umgekehrt. In der Flüssigkeit, die für mich eher nach Instantbrühe, als nach aufgesetztem Fischfonds schmeckte, schwamm neben Gemüse (einschließlich der hier passenden Tomaten) reichlich qualitativ anständige Einlage: Lachs, zarter Tintenfisch, Garnelen, Mies- und Grünschalenmuscheln. Für das mediterrane Feeling tat der Trockendill nicht viel, aber eine Rouille. Nur, wie sah das denn aus? Ein dünner Strahl, der sich nach und nach in unansehnliche Klümpchen auflöste. Immerhin war das angeröstete (Aufback-?)Baguette in der Papiertüte serviert ein passender Begleiter.

Vor dem Hauptgang hat mich der Service doch einmal positiv überrascht, denn es wurde nach einer Pause gefragt. Danke nein, hier hält mich wenig...

Das Hauptgericht war eine massige Portion. Drei dicke Scheiben geschmortes Rindfleisch, leicht zu zerteilen und von noch saftig bis überwiegend trocken. Sehr gut die reichliche dunkle Sauce mit kräftigem Burgundergeschmack. Dazu gebräunte Champignons und viele Perlzwiebeln, die weich, aber nicht matschig waren. Als Garnitur Kresse und ein Parmesansegel. Separat gab es einen gemischten Salat mit einem sehr schönen, sämigen Schafskäse-Dressing und reichlich weiteres geröstetes Weißbrot. Un-säg-lich allerdings, auf die eh schon volle Schüssel riesige unzerkleinerte Salatblätter aufzutürmen. Wie soll man das essen, ohne mindestens die Tischwäsche zu versauen?
Hier hat die Küche mal Gas gegeben, aber die Beilagen waren besser, als das Fleisch. Trotzdem ok.

Das Dessert fiel der Fastenzeit zum Opfer, nach Käse war mir nicht. Die Rechnung kam prompt und mit einer kleinen Überraschung. Auch der Ton war bei der Verabschiedung professionell freundlich. Nach nicht einmal einer Stunde stand ich wieder auf Straße und war doch recht ernüchtert nach der zweiten Schweriner Einkehr.

Im La Bouche wird ganz anständige französische Hausmannskost geliefert. Nicht weniger, aber bei meinem Besuch auch nicht mehr. Zu sehr günstigen Preisen, die vermutlich von der recht geringen Kaufkraft im Nordosten bestimmt sind und die bei den (vom Publikum erwarteten?) Mengen im Wareneinsatz zwingend auf die Qualität gehen müssen. Wenn der Laden voll und die Stimmung des Teams besser ist - das mag sich ja bedingen - könnte ich für das Gesamtpaket darüber hinweg schauen. Es sei denn, dass sich andernorts in der Stadt eine wirklich gute Küche finden ließe...
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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