Geschrieben am 02.04.2021 2021-04-02| Aktualisiert am
03.04.2021
Besucht am 02.04.2021Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 175 EUR
Immer noch! Und weil ich das bin, sehe ich mich veranlasst, meine Rezi unter dem frischen Eindruck des Genusses zu schreiben! Im Lockdown hat man auch die Zeit dazu.....
Tja, weiß man es noch, im Dezember wurde gesagt, jetzt schließen wir zu Weihnachten (2020) alles zu, damit wir Ostern (2021) wieder das Leben genießen dürfen. Pustekuchen! Die dritte Welle überrollt uns gerade, Ostern gibt es ein deja vu, dass hatten wir schon mal im letzten Jahr. Unseren politisch Verantwortlichen fällt auch nichts Neues mehr ein, die alten Rezepte werden immer wieder aufgewärmt, auch wenn es nicht hilft gegen die steigenden Zahlen. Und so ballen wir uns in den Supermärkten, während jeder Bürgermeister, der auch nur daran denkt, dass es andere Wege aus dem Schlamassel geben könnte, nieder gemacht wird. Ich resigniere langsam, schreibe den Frühling 2021 ab und schlage mich mit Arbeit und Privatleben durch. Und weil ich dann doch zu viele soziale Skrupel habe, bin ich nicht auf Malle oder in einem Ferienhaus am Meer (nicht vermietet, sondern unentgeltlich überlassen (Hüstel)). Man sieht, Frustration und Sarkasmus sind die Dinge, an denen es mir gerade nicht so sehr mangelt! Freude bereitet mir der beginnende Frühling. Bärlauch wird gesammelt, ich freue mich auf den ersten heimischen Spargel. Der erste Zander 2021 ist angelandet, und nach etlichen Jahren habe ich auch meinen Jagdschein reaktiviert und den Familienwald vor einem jungen Bock und seinem Verbiss bewahrt, der hängt gerade ab und wird dann zerlegt!
Aber, ich sagte es schon mal in früheren Rezensionen, so gerne ich koche, es fehlt einfach dass sich kulinarisch überraschen lassen von einem kreativen Restaurant und Küchen Team. Für Ostern hatten meine Frau und ich uns vorgenommen, dass wir an zwei Abenden ein take away Menü ordern würden. Die Wahl fiel auf das Coeur d'artichaut in Münster (für den Ostermontag) und für den Karfreitag Abend auf das Menü des mit einem Stern ausgezeichneten Restaurant Kesselhaus in Osnabrück.
Die Bestellung vorab per Mail war einfach erledigt, Frau Garthoff beantwortete das Anliegen prompt und so machten meine Frau und ich uns am Karfreitag-Nachmittag auf den Weg nach Osnabrück, dass ist von Rheine eine gute halbe Stunde Fahrt. Angekommen in der Neulandstraße 12 scheiterte ich wie beim letzten Besuch an der Eingangstür, die nach innen öffnet! Schlimm, Kneipentüren öffnen nach Außen. Mit Borgi kann ich da nicht hin, wenn wir nach etlichen Flaschen Burgunder den Laden wieder verlassen wollen, wird es misslingen, weil wir nicht raus kommen!
Aber letztendlich schafften wir es doch hinein und Frau Garthoff und Herr de Jong nahmen uns in Empfang. Die Box stand bereit und spontan wurde noch eine Flasche Wein dazu geordert. Bezahlung unkompliziert per Karte, und mit gegenseitigen Ostergrüßen ging es wieder hinaus (wieder diese garstige Tür) und wir fuhren heim.
Dann waren wir zu Hause, und die Box der Pandora wurde geöffnet! Mis en place, Backofen an, Pfanne und zwei Töpfe auf den Herd, ein Wermut als Aperitif wurde angerührt mit Eis und Zitronenzeste. Laptop in die Küche, online gibt es eine (quasi) Malen nach Zahlen Anweisung.
Das Brot wurde in den Ofen gepackt, das Wasser im größeren Topf erwärmt, die Zutaten sortiert. Der im Kesselhaus erstandene Wein wurde geöffnet. Ein weißer Burgunder, Cote de Beaune 2018 von Joseph Drouhin wanderte in den Flaschenkühler.
Meine Frau und ich machten uns an die Zubereitung der Vorspeise. Hier waren alle Zutaten kalt, somit war lediglich Fingerfertigkeit gefragt beim arrangieren der Zutaten.
Das Brot, inzwischen erwärmt und knusprig kam aus dem Ofen dazu.
Zu der gesalzenen Butter gab es ein sehr exotisch gewürztes Brot, ein Sauerteig abgeschmeckt mit Anis, vermutlich Curry und Liebstöckel meine ich auch geschmeckt zu haben. Lecker, dass war wirklich ein tolles Brot! Irgendwann war dann auch die Vorspeise fertig. Kabeljau, Bärlauch, grüner Spargel und Senfsaat war der überschrieben. Unten ein fertiger Ring von Tatar, den wir nur noch auf dem Teller bugsieren mussten, sanft gewürzt, darauf eine Eigelbcreme (Tatar!) und eine Vinaigrette aus Senfkörnern. Darauf kamen marinierter Bärlauch und grüner Spargel. Kresse und eine Buttermilch-Bärlauch-Sauce garnierten das Ganze. Resultat war eines hervorragendes Fischtatar. Nach dem Brot ein zweiter wirklicher geschmacklicher Höhepunkt in diesem Menü, Frau und Herr Carsten1972 waren beeindruckt. Wie immer bereiteten wir jeden Gang zu, wenn der vorherige genossen und das Weinglas leer war. Für den Hauptgang wurden zwei Saucen und das eingeschweißte Presa warm gezogen. Ein Thermometer stellte sicher, dass es nicht zu warm wurde.
Drei weitere Zutaten wurden noch benötigt. Bohnen Ragout und Gnocchi kamen zusammen in einen Topf und wurden vorsichtig erwärmt, Spinatblätter blieben kalt
Dann ging es los, Frau richtete Gnocchi und Bohnenragout, mit viel Zwiebeln und Tomaten, an. Darauf und daneben eine Spinatcreme aus dem Topf. Spinatblätter wurden darauf arrangiert. Ich hatte das erwärmte Presa vom Iberico Schwein scharf angebraten und dann tranchiert. Die Tranchen und die Bratensauce kamen neben die Anrichte meiner Frau. Ibérico Presa, Gnocchi, Spinat, weiße Bohnen. Am Tisch bot sich uns ein sehr gutes Gericht dar! Das Schulterstück (Nackenkern) vom Iberico ist ein wirklich toller Cut! Eine Fettmaserung sorgt für Saftigkeit, die Rasse ist ein Garant für sehr intensiven Fleischgeschmack! Großartig mit der fruchtigen Sauce und perfekt begleitet von den Bohnen und Gnocchi. Das war im Vergleich zur Vorspeise ein Wohlfühlessen, was durch die Qualität des Fleisches bestehen konnte. Lecker umschreibt es gut! Und zu diesem Gang dann ein Wein aus dem Rheinenser Keller, aus der Pfalz, vom Weingut Siegrist, ein Pinot Noir Schelmenstück unfiltriert von 2015.
Ein bisschen waren wir angeheitert nach diesen zwei feinen Weinen, und zum Glück war das anrichten des Desserts nicht mehr so kompliziert. Alle Zutaten kalt, wurde der Teller arrangiert. Araguani 72%, Rhabarber, Estragon. Schon bei unserem Besuch im Restaurant gefielen mir die kreativen und ungewöhnlichen Desserts sehr gut! So auch hier, eine fast bittere Schokomousse wurde auf dem Teller angerichtet, als Barren auf einem Mürbeteig und eingehüllt in eine hauchzarte Hülle aus einem fruchtigen Film. Darauf sehr saure Rhabarberstücke und eine Rhabarbercreme. Angegossen wurde noch eine Rhabarber-Estragon-Sauce. Das Finish waren frischer Estragon und Kresse. Und ganz besonders der frische Estragon verlieh dem Dessert durch seine ätherischen Öle einen Kick! Großartiges Dessert! Wir beide waren sehr beeindruckt von den Gerichten, die das Kesselhaus Team uns mit nach Hause gegeben hatte. Wir schlossen einen sehr genussvollen Abend mit Petit Fous, die sich auch noch in der Genussbox fanden.
So, damit wäre ich beim Fazit! Jetzt sitze ich hier am Computer und genieße ein letztes Glas vom Siegrist'schen Pinot Noir und schwelge in den Erinnerungen an das eben erlebte Menü. Ich muss bekennen, dass war das erste Mal nach einigen guten bis sehr guten Take away Menüs, dass sich bei mir ein fine dinig Gefühl eingestellt hat! Ganz besonders bei Vorspeise und Dessert wurden wir von außergewöhnlichen Kreationen überrascht. Chapeau, dass war eine großartige Leistung des ganzen Teams vom Kesselhaus!
Es steht zu befürchten, dass wir noch eine ganz lange Zeit auf Restaurantbesuche verzichten müssen. Nicht verzichten müssen wir aber ab jetzt auf außergewöhnlich feine take away Küche, denn die werden wir uns wieder aus Osnabrück holen!
Immer noch! Und weil ich das bin, sehe ich mich veranlasst, meine Rezi unter dem frischen Eindruck des Genusses zu schreiben! Im Lockdown hat man auch die Zeit dazu.....
Tja, weiß man es noch, im Dezember wurde gesagt, jetzt schließen wir zu Weihnachten (2020) alles zu, damit wir Ostern (2021) wieder das Leben genießen dürfen. Pustekuchen! Die dritte Welle überrollt uns gerade, Ostern gibt es ein deja vu, dass hatten wir schon mal im letzten Jahr. Unseren politisch Verantwortlichen fällt auch... mehr lesen
Geschrieben am 27.04.2020 2020-04-27| Aktualisiert am
28.04.2020
Besucht am 16.01.2020Besuchszeit: Abendessen 3 Personen
Rechnungsbetrag: 554 EUR
Drei Herren mit Lebenserfahrung haben sich beruflich kennen gelernt, ihre gemeinsame Freude an gutem Essen, Weinen und Gesprächen entdeckt und treffen sich nun reihum in ihren Wohnorten.
Jetzt war wieder Osnabrück dran und nach Carstens begeisterter Erstkritik fiel die Wahl auf das damals noch unbesternte Kesselhaus. Beim privaten Vorglühen mit Schinken und Bier aus dem Emsland berichtete unser Gastgeber von einem Anruf der Inhaberin Frau Garthoff, die uns vorwarnen wollte, dass wir an diesem Donnerstag Abend die einzigen angemeldeten Gäste seien. Ob dabei auch der Wunsch mitschwang, das Restaurant lieber geschlossen zu halten, kann ich nicht sagen. Die Betreuung während unseres Besuches gab darauf keinen Hinweis, ganz im Gegenteil. Und erst einmal ist ein solcher Anruf ja nützlich.
Wir ließen uns also nicht abschrecken und fanden auf dem Gelände den freundlich erleuchteten Eingang unproblematisch.
An der Straße gibt es zwar einen Hinweis, aber relativ hoch an der Hauswand, nicht ganz leicht zu entdecken. Aber das ist ja bei vielen Restaurants in ehemaligen Industriegebäude und sonstigen Hinterhöfen ähnlich. Vermutlich so ein Geheimtipp-Ding...
Die Innengestaltung versucht, das Industrieambiente zeitgemäß zu präsentieren. Nicht shabby, sondern nach meinem Empfinden „wohnlich“. Dazu ist ein Teil der Rotziegelwand glatt verputzt und dunkelgrau gestrichen, Pop-art setzt bunte Akzente.
Eine Bar mit viel Holz und anderer Kunst ist ebenso in die hohe Halle gesetzt worden
wie eine Lounge-Insel. Dort werden wir begrüßt, und unsere Gastgeberin nimmt uns die Garderobe ab. Mit unseren Aperitifen nach Wahl von prickelnd bis hochprozentig können wir uns umschauen und ungeniert Fotos machen. Hat eben auch Vorteile ohne weitere Gäste...
Die Sitzbänke sind mit weißen Fellen bedeckt und die meisten Tische tragen eine bodentiefe, bronzefarbene Unterdecke und darüber weiße Tischwäsche. Kerzen und Blumen vervollständigen das gehobene Bild. Nur unser Tisch zeigt ebenso wie die wuchtige Servicestation in der Mitte etwas rustikaler seine Holzplatte
Ich vermute, dass Carsten bei seinem Besuch vor meinen Hang zum Kleckern gewarnt hatte, besonders nach Alkoholgenuss...
Pendelleuchten und Wandlampen tauchen den großen Raum in warmes Licht. Man merkt es leider auch an den Fotos.
Trotz allem können die sehr hohe Decke des ehemaligen Kesselhauses, der nackte Fußboden und die großen Glasflächen in unserer Ecke leicht zu einem Frösteln führen, zumal im Januar. Wohlweislich setzte ich mich an die Raumseite. Die Kollegen berichteten aber nichts Nachteiliges. Gespräche und Getränke sind da hilfreich und die Stimmung war vom ersten Augenblick an gelöst.
Unsere Ungezwungenheit übertrug sich im Lauf des Abends auch auf das Team. Die höfliche Distanz wich einer herzlichen Gastlichkeit, die den Abend besonders werden ließ. Stunde um Stunde verging in der golden schimmernden Nuss-Schale unseres Tisches inmitten der winterlichen Nacht. Abwechselnd kamen Thayarni Garthoff und die beiden Köche Jeffrey Thomer und Randy de Jong vorbei und versorgten uns mit heiteren und ernsten Gedanken zur Gastronomie (was damals als „ernst“ galt), den Gängen des festen 5-Gang-Menüs (99€) und der Weinbegleitung (51€), die nicht auf oberste Schublade, sondern auf solide Qualitäten bekannter Winzer setzte. Die Preise fand ich absolut fair und wir stockten bei den Weinen gern noch etwas außer der Reihe auf.
Danach wurde zur aufgeschlagenen Butter ein mit Soja und Anatto-Samen verfeinertes Brot angeboten, das neben der rötlichen Färbung eine kräftige Säure mitbrachte.
Zum Knabbern gab es einerseits Brotchip mit einem frischen Gel aus Kerbelknolle und einer Selleriecrème. Mein Favorit war aber das leicht krosse Gewürzbrot mit Rotkohl, das süßlich und würzig gut in den Winter passte.
Ein kleiner Paukenschlag das folgende, anfangs sehr präsente Thaibasilikum-Öl, das erst nach und nach die Süße der knackigen Würfel von Birne und Topinambur freigab. Der Untergrund aus Mandelmilch war eher fürs Mundgefühl zuständig, als eine eigenständige Geschmacksnote zu setzen.
Wie es meinem Verständnis dieser Happen durchaus entspricht, hatten wir eine klare Ansage bekommen: Hier wird auf kräftige Akzente gesetzt und kein Produktpurismus betrieben.
Im ersten Gang war dann auch Schluss mit Regionalität und Winterzeit:
Dick geschnittener frischer Thunfisch wurde mit knackiger Schwarzwurzel kombiniert, die in Miso angezogen und anschließend geflämmt worden war. Mandarine in Variationen zeigte sich als gute Wahl, da eine kräftigere Säure dem Fisch kaum Raum gelassen hätte. Die Paste von schwarzen Bohnen sorgte wieder für etwas Verbindung. Das war ein harmonischer Teller, der trotzdem nicht langweilig war.
Mit arktischem Saibling folgte ein (lau)warmer Fischgang, was auch so gewollt war, denn der Lachsfisch war unter der Wärmelampe nur auf ca. 50 Grad Kerntemperatur gebracht worden.
Innen also roh, außen schon leicht gegart. Drapiert auf geflämmter Süßkartoffel, die auch als Tupfen erschien und von Schalotten begleitet wurde, driftete der Teller etwas ins Süße ab. Gut, dass mit Ponzu-Essig und Olivenöl gegengesteuert wurde. Macadamiastücke waren für den Biss zuständig.
Schon lecker, aber mir war das etwas zu nah am ersten Gang, nicht nur optisch.
Als vegetarischer Zwischengang wurde ein kleiner, im Ofen kräftig gebräunter Blumenkopf serviert, der mit karamellisierter Nussbutter überzogen war.
Am Boden eine Mousseline vom Karfiol, gegen deren leichte Bitternote eine süße Rosinensauce arbeitete und als Höhepunkt des ganzen Wasabi, der richtig Wumms mitbrachte. Süß und scharf, bittrig und buttrig. So schlicht, so verdammt gut!
Wir gaben unsere Begeisterung lauthals kund und Frau Garthoff versprach es in die nicht einsehbare Küche weiter zu tragen. Na, das könnten wir doch auch direkt tun, riefen wir ihr noch gut gelaunt hinterher. Und siehe, nach etwas Getuschel wurden wir zu einer improvisierten Küchenparty eingeladen: Champagner im Stehen, beim Anrichten zusehen, so lässt‘s sich gut gehen...
Eigentlich sollten die fertigen Teller wieder am Tisch serviert werden, aber der Rotwein war gerade entkorkt und die Stimmung gut und so durften wir bleiben und versuchten nicht allzu sehr im Weg zu stehen. Was leicht fiel, denn an Platz mangelt es im Kesselhaus ja nicht und so ist auch die Küche großzügig dimensioniert.
Aber - das sei hervor gehoben - es lag keineswegs nur an der zauberhaften Atmosphäre, dass mich hier auch mal wieder ein Hauptgang schwer begeistert hat.
Vorab ein Pfannkuchen aus der Hand, dessen Füllung mich an den norddeutschen Klassiker Birnen, Bohnen und Speck erinnerte.
Hier übernahm exotische Papaya (etwas zurückhaltend) den Birnenpart an der Seite der knackigen grünen Bohnen, was sich damit erklärte, dass bei diesem Gang die indische Gewürzmischung Masala der heimliche Star war und hier schon würzige Schärfe ergänzte. Wortwörtlich zum Fingerlecken...
Was soll ich am eigentlichen Teller mehr loben? Das wirklich perfekte Bürgermeisterstück?
Oder die Kartoffel-Millefeuille
die eine Nacht lang im Ofen gebacken und dann vor unseren Augen für noch mehr Knusper ausgebacken wurde
(Verschmitztes Zitat dabei: „Frittieren können wir Holländer ja!“), um dann mit Püree, den Stangenbohnen und diesmal stärkeren, weil geflämmten Papayawürfeln angerichtet zu werden? Oder eben doch die mit Masala aufgeladene Jus? Alles gleich gut gelungen.
Sehr straight, kein überflüssiges ChiChi, aber das, was auf dem Teller war, gehörte da auch hin. Bravo! Und wer es noch würziger wollte, bekam eine Pulverkugel zum Selbstversuch auf den Teller gelegt...
Nach diesem fulminanten Gesamterlebnis ließen wir uns wieder am Tisch ein ebenfalls kreatives Dessert schmecken
das mit Petersilienwurzel und Lakritz die „üblichen Verdächtigen“ Apfel und weiße Schokolade gut in Schach hielt.
Die süße Abteilung lieferte noch einen nur scheinbar unauffälligen Höhepunkt
aber das Blatt aus weißer und zartbitterer Schokolade konnte mich mit seiner Balsamico-Füllung ebenso begeistern, wie die knusprige Madeleine mit einer spektakulären Orangen-Note!
Auch dieser Abschluss war sehr gelungen, obwohl gar kein Käse am Start war. Dafür aber ein äußerst sympathisches Team, das sich nicht zu schade war, auch weit nach Mitternacht Arm in Arm mit drei älteren Herren etliche Erinnerungsfotos zu machen. Danke!
Und Käse gab es in der Nacht tatsächlich auch noch, nämlich zusammen mit einem Schlummertrunk im Hause des Lokalmatadors, der - vorahnend schon und voll Misstrauen ob des Borgfelders Lohn - das gute Zeug frühzeitig aus der Kühlung geholt hatte. Manche stören sich vielleicht am Anblick
für mich war es das perfekte Ende eines ganz, ganz wunderbaren Abends unter Freunden. Mit Erlaubnis des Rechte-Inhabers!
Drei Herren mit Lebenserfahrung haben sich beruflich kennen gelernt, ihre gemeinsame Freude an gutem Essen, Weinen und Gesprächen entdeckt und treffen sich nun reihum in ihren Wohnorten.
Jetzt war wieder Osnabrück dran und nach Carstens begeisterter Erstkritik fiel die Wahl auf das damals noch unbesternte Kesselhaus. Beim privaten Vorglühen mit Schinken und Bier aus dem Emsland berichtete unser Gastgeber von einem Anruf der Inhaberin Frau Garthoff, die uns vorwarnen wollte, dass wir an diesem Donnerstag Abend die einzigen angemeldeten Gäste seien.... mehr lesen
Jetzt hat Osnabrück zumindest wieder einen Stern im Stadtgebiet zu bieten. Das Team des Kesselhaus hat sich nicht unerwartet einen Stern erkocht und erarbeitet. Herzlichen Glückwunsch!
Jetzt hat Osnabrück zumindest wieder einen Stern im Stadtgebiet zu bieten. Das Team des Kesselhaus hat sich nicht unerwartet einen Stern erkocht und erarbeitet. Herzlichen Glückwunsch!
Geschrieben am 27.01.2019 2019-01-27| Aktualisiert am
28.01.2019
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Kesselhaus
Besucht am 26.01.2019Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 280 EUR
......zumindest in kulinarischer Hinsicht. Das waren ja dunkle Wolken am gastronomischen Osnabrücker Himmel im Sommer, als Thomas Bühner überraschend die Schließung seines La Vie verkündete (verkünden musste). Aber in jedem Ende steckt eine Chance zum Neuanfang und so blüht mit dem Ende des la Vie an anderen Ende der Osnabrücker Innenstadt neues kulinarisches Leben auf.
Mit Randy de Jong, Jeffry Thomer, Julia Gebhardt und Thayarni Garthoff sind 4 Gewächse des La Vie in die Eigenständigkeit gestartet und haben im nicht ganz so schicken Viertel am alten Güterbahnhof im November 2018 ein neues Restaurant eröffnet. Das hatte ich hier bereits verkündet und es war klar, ich gehe da auch bald mal hin. Ende Januar passte es nun, unkompliziert war ein Tisch per Mail reserviert, und da der Standort des Kesselhauses fußläufig zum Hauptbahnhof Osnabrück ist, konnten meine Frau und ich uns die "wer fährt zurück"-Diskussion ersparen.
Eine Viertelstunde braucht es zu Fuß vom Hauptbahnhof in die Neulandstraße 12, dann ist man erst Mal verwirrt. Zwischen zwei Häusern geht es in einen dunklen Innenhof, der Bereich ist ein alter Industriebetrieb, der in seinen Immobilien neue Nutzung erfährt. Aber nirgendwo erblickt man von der Einfahrt einen Hinweis oder einen Eingang zum Kesselhaus. Laut Bildern auf der HP sollte der aber gar nicht so unauffällig sein. Also weiter hinein ins Areal und wenn man schon wieder auf die Hannoversche Straße schaut, dann erblickt man links doch noch den Eingang.
Fein, also doch richtig gelaufen, auch wenn wir ein wenig Verspätung hatten, die "Eurobahn" blieb ihrem Motto treu und generierte auch an einem Samstagabend ein zwanzigminütige Verspätung. Freundlich nahm man uns in Empfang und eine junge Dame nahm unsere Garderobe ab. Der Tisch war schnell gefunden und wir nahmen hier Platz.
Der Name Kesselhaus steht offensichtlich für die frühere Verwendung des Gebäudes im Industrieareal. Ein sehr hoher Raum, offene Decke, man blickt direkt auf die Dachkonstruktion. Die Scheiben zum Hof einfach verglast, trotzdem war es angenehm warm in Inneren. Man hatte mit dem Gebäude selber keinen großen Aufwand betrieben, in die beträchtliche Grundfläche aber mit Sinn und Verstand Möbel hineingestellt. Meine Frau war äußerst angetan vom Ambiente und verkündete schon vor! dem Essen, wie gut es hier gefallen würde. Ich nahm mir vor meine Einschätzung nach! dem Essen abzugeben.
Zum Zeitpunkt unseres eintreffens war ca. die Hälfte der Tische belegt, im Laufe des Abends waren alle Tische besetzt. Frau Garthoff versorgte mit zwei Kollegen die Gäste, und die Drei hatten demzufolge bei geschätzten 40 Sitzplätzen gut zu tun. Das resultierte auch in einigen längeren Wartezeiten. Aber irgendwann bekamen wir auch die Karten und wurden nach einem Aperitif gefragt. Frau fragte nach offenen Champagner und es wurde ein offener Pommery Apanage Rosé angeboten. Ich schmolz unter den Blicken meiner Frau zusammen und nickte ob ihres Wunsches........also ein Champagner für Beide.
Dann lies man uns viel Zeit das Menü in Augenschein zu nehmen. Ein a la Carte Angebot gibt es nicht, im Angebot ist ein Viergangmenü, dessen Bestandteile auch einzeln zu bestellen sind. Die Preisgestaltung treibt die Gäste aber zu fast 100% zur Bestellung des Menüs, so auch uns. Kurz nach dem bestellen servierte der Service auch einen ersten Küchengruß. Gesalzene, aufgeschäumte Butter
mit einem wirklich formidablen hausgemachten Roggensauerteigbrot.
gut das nicht zu viel von dem Brot serviert wurde, denn sonst wäre ich gefährdet gewesen, zu viel davon zu essen. Das war ein wirklich gutes Brot! Und bei Brot bin ich sehr anspruchsvoll. Die Wartezeit zum Amuse Gueule gestaltete sich mit Champagner und Brot und Butter sehr angenehm.
Wir hatten zum Menü die Weinbegleitung bestellt und Frau Garthoff deckte den Tisch mit sehr hochwertigen Gläsern von Zwiesel ein. Bereits zum Amuse ein Wein, der uns auch im ersten Gang begleiten sollte, ein Silvaner Ortswein 2017 vom VDP Weingut Castell. Ein Bocksbeutel kam zum Vorschein und füllte die wunderbar filigranen Weingläser. Das Amuse Gueule wurde in der Karte als "Grapefruit-Schmelzkohl-Chipoltle Pepper" angekündigt.
Die Sauce wurde am Tisch aufgegossen, und war der Höhepunkt dieses Tellers, dass war eine Essenz aus fermentierten Schmelzkohl. Beim servieren fragte ich die junge Kollegin von Frau Garthoff nach diesem Schmelzkohl. Laut ihrer Auskunft war das eine eigenständige Kohlsorte, das bezweifele ich aber stark, denn weder war mir dieser Name jemals bei Kohl untergekommen, noch schmeckte das nach einer unbekannten Kohlsorte. Ich vermute eher, dass dies eine Zubereitungsart eines Kohlrabi war. Egal aber, denn das Aromenspiel war wunderbar. Unten Grapefruit, sehr sauer, darüber ein Eis, sehr cremig, eher herzhaft denn süß, sowie Streifen dieses Schmelzkohls. Zusammen mit der sehr guten Essenz ein feiner Beginn des Menüs, der auch schon andeutete aus wessen Stall die beiden Köche kommen und wo sie mit ihrer Küche hinwollen.
Frau Garthoff füllte die Gläser für den zweiten Gang mit neuem Silvaner und wir erwarteten "Petersilienwurzel-Buchweizen-Sauerteig-Kokos"
Petersilienwurzel war der Hauptdarsteller dieses Teller in Bezug auf die Menge, aber nicht unbedingt in Bezug auf die Aromen. Das war eine Art lauwarmes Tartar unter einem Deckel, der recht scharf abgeschmeckt war. Ein wunderbar abgeschmecktes Püree gesellte sich dazu. Wieder ein kalte Komponente mit einem durch Kokos bestimmten Eis. Von kalt bis heiß ging es über Teller, von recht süß bis scharf auch noch. Meine Frau erklärte im Nachgang diesen Teller zu ihrem Tagessieger. Ich war sehr beeindruckt, aber bleib noch neutral. Es folgte "Skrei-Miso Dashi-Enoki Pilze-Schnittlauch"
Dieser Teller war einer meiner Favoriten, japanisch angehaucht, sanfte Aromen mit ganz viel Umami durch die Sojabohnenpasten-Fischsud-Suppe, die nach dem servieren angegossen wurde. Die ersten Wochen eines jeden neuen Jahres bestimmt Skrei in meiner eigenen Küche die Gerichte, und auch hier wurde dieser hochklassige Dorsch von den Lofoten perfekt gegart auf den Teller gebracht. Die Enokipilze gingen fast ein bisschen unter in dieser Kombination von Fisch und Suppe. Etwas Crunch war noch auf dem Fischfilet, den konnte ich aber nicht zuordnen. Zu diesem Gang servierte Frau Garthoff einen Rosé aus dem Languedoc, etwas krasse Weinwahl, und der Wein litt darunter, dass ich von jeher skeptisch bin in Sachen Rosé. Einer meiner beiden Tagessieger war dieser sehr elegante Gang trotzdem! Erfreuliches Halbzeitfazit, so durfte es weiter gehen, also zu Gang 3, Fleisch in Form von "Kalb 2x-Karotte-Palmkohl-Ingwer"
Frau Garthoff servierte hierzu einen Pouilly Fumé, und verkündete, der sei aus Chenin blanc, nicht aus Sauvignon blanc, als wir über ihre Auswahl diskutierten. Ich runzelte die Stirn, auch wenn ich nicht so sattelfest bei französischen Weinen bin, gibt es da nicht eine alte AOC, die Sauvinon blanc für die Appellation Pouilly Fumé vorschreibt? Na ja, Frau Garthoff hat ja einen legendären Ruf aus La Vie Zeiten, also lieber keine konträre Diskussion vom Zaun brechen......komme ich also lieber zum Gericht. Beim servieren des Tellers fragte ich die junge Service-Dame, wo denn zwei Mal Kalb auf dem Teller sei? Sie lächelte und sagte, gehen sie auf die Suche und ich verrate es nach dem Verzehr. Mea culpa, ich habe nicht mehr gefragt, und ich bin nicht sicher ob ich den zweiten Teil entdeckt habe. Aber auf dem Teller mit seinem offensichtlichen und tadellos zart gegarten Kalbfleisch waren noch kleine Stücke, die ich für Innereien gehalten habe, vielleicht Bries, aber ich bin nicht sicher. Fest steht, das Fleisch war allererste Güte, so wie die begleitende Sauce. Hinzu kamen Karotten in Form von Kuchen und Julienne. Und diese Süße aus den Karotten schlug einen guten Bogen zum servierten Sauvignn blanc. Frau Garthoff, ich nehme meine skeptischen Anmerkungen zur Weinauswahl zurück, das passte ganz gut.Und im Gegensatz zu einem kurz zurück liegenden Abend in Bautzen gab es diesmal auch ein Laguiole Messer zum Fleischgang. Ein guter Gang, aber konventioneller in Sachen Aromatik als seine Vorgänger. Fehlte noch der Abschluss unseres Menüs in Form von "Topinambur-weiße Schokolade-Apfel-Fichte-Süßholz"
Meine Frau war etwas skeptisch, Süßholz=Lakritze=mag meine Frau nicht. Aber ihr Gesicht hellte sich im Verlauf des Verzehrs von Gang Nummer 4 immer mehr auf. Ich brauchte gar nicht so skeptisch anfangen, für Carsten gilt Süßholz=Lakritze=mag ich! Und dieser Gang war wieder ein Knaller in Sachen Aromatik. Unten drunter eine Art Mousse mit deutlichen, aber dezenten Süßholzaromen. Darüber Molekularküche, der Apfel war ein Gelee mit flüssigem Kern, der recht sauer abgeschmeckt war, der Gegenpol dazu die süße weißte Schokolade als Pulver um die anderen Zutaten, dass Eis schmeckte deutlich nach Topinambur mit einer herzhaften Note, dazu die ätherischen Öle der Fichtentriebe! Die Geschmacksknospen blühten auf bei diesem Teller, ein sehr gutes Dessert, denn es kommt nur sehr selten vor, dass eine "Süßspeise" (was diese eigentlich nicht war) in einem Menü mein Favorit wird, erster Platz geteilt mit Gang 2, sehr fein! Ein Cremant von der Loire war eine ausgezeichnete Begleitung zu diesem Teller. Zum Abschluss noch ein paar Petit fours, Macarons und was Geliertes.
Die Macarons mit Mango zubereitet und die gelierten "Etwasse" mit Orange, feiner Abschluss!
Die Küche hatte eine sehr gute Leistung abgeliefert, insbesondere wenn man bedenkt, dass die beiden Herren das komplett alleine stemmen, die Küche ist einsehbar, selbst abwaschen müssen sie selber. Einige Längen im Menüablauf sind damit erklärt, der eilige Esser muss sich hier etwas zurück nehmen, mir selber war es nicht unangenehm. Ein paar Kritikpunkte gab es im Service, die beiden Kollegen von Frau Garthoff sind keine Profis, Frau Gebhardt hab ich an unserem Besuchsabend nicht gesehen. Hier hakt es manchmal etwas, es wird nicht nachgefragt, wie der Gang geschmeckt hat und man sollte etwas besser aufklären über die servierten Speisen, sonst werden Nachfragen zum Beispiel zum Schmelzkohl nicht korrekt beantwortet.
Damit kann ich zum Fazit kommen. Hier braut sich was Gutes zusammen. Was die Herren de Jong und Thomer in der Küche fabrizieren, bereitet dem Gast große Freude. Man merkt den Gerichten an, wer der frühere Dienstherr war. Im Service muss etwas nachjustiert werden, das Ambiente gefällt und ist angenehm. Ich bin mir sicher, wenn man diesen Weg weiter geht, gibt es höhere Ehren als nur meinen sicheren nächsten Besuch. Klare Empfehlung für das Kesselhaus in Osnabrück.
......zumindest in kulinarischer Hinsicht. Das waren ja dunkle Wolken am gastronomischen Osnabrücker Himmel im Sommer, als Thomas Bühner überraschend die Schließung seines La Vie verkündete (verkünden musste). Aber in jedem Ende steckt eine Chance zum Neuanfang und so blüht mit dem Ende des la Vie an anderen Ende der Osnabrücker Innenstadt neues kulinarisches Leben auf.
Mit Randy de Jong, Jeffry Thomer, Julia Gebhardt und Thayarni Garthoff sind 4 Gewächse des La Vie in die Eigenständigkeit gestartet und haben im nicht ganz... mehr lesen
Geschrieben am 30.12.2018 2018-12-30| Aktualisiert am
30.12.2018
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Kesselhaus
Hier hat ein Teil der Crew vom La Vie eine neue gastronomische Heimat gefunden. Randy de Jong und Jeffrey Thomer verantworten die Küche und Julia Gebhardt und Thayarni Garthoff den Service. Die HP macht Lust auf einen Besuch.
Hier hat ein Teil der Crew vom La Vie eine neue gastronomische Heimat gefunden. Randy de Jong und Jeffrey Thomer verantworten die Küche und Julia Gebhardt und Thayarni Garthoff den Service. Die HP macht Lust auf einen Besuch.
Tja, weiß man es noch, im Dezember wurde gesagt, jetzt schließen wir zu Weihnachten (2020) alles zu, damit wir Ostern (2021) wieder das Leben genießen dürfen. Pustekuchen! Die dritte Welle überrollt uns gerade, Ostern gibt es ein deja vu, dass hatten wir schon mal im letzten Jahr. Unseren politisch Verantwortlichen fällt auch nichts Neues mehr ein, die alten Rezepte werden immer wieder aufgewärmt, auch wenn es nicht hilft gegen die steigenden Zahlen. Und so ballen wir uns in den Supermärkten, während jeder Bürgermeister, der auch nur daran denkt, dass es andere Wege aus dem Schlamassel geben könnte, nieder gemacht wird. Ich resigniere langsam, schreibe den Frühling 2021 ab und schlage mich mit Arbeit und Privatleben durch. Und weil ich dann doch zu viele soziale Skrupel habe, bin ich nicht auf Malle oder in einem Ferienhaus am Meer (nicht vermietet, sondern unentgeltlich überlassen (Hüstel)). Man sieht, Frustration und Sarkasmus sind die Dinge, an denen es mir gerade nicht so sehr mangelt! Freude bereitet mir der beginnende Frühling. Bärlauch wird gesammelt, ich freue mich auf den ersten heimischen Spargel. Der erste Zander 2021 ist angelandet, und nach etlichen Jahren habe ich auch meinen Jagdschein reaktiviert und den Familienwald vor einem jungen Bock und seinem Verbiss bewahrt, der hängt gerade ab und wird dann zerlegt!
Aber, ich sagte es schon mal in früheren Rezensionen, so gerne ich koche, es fehlt einfach dass sich kulinarisch überraschen lassen von einem kreativen Restaurant und Küchen Team. Für Ostern hatten meine Frau und ich uns vorgenommen, dass wir an zwei Abenden ein take away Menü ordern würden. Die Wahl fiel auf das Coeur d'artichaut in Münster (für den Ostermontag) und für den Karfreitag Abend auf das Menü des mit einem Stern ausgezeichneten Restaurant Kesselhaus in Osnabrück.
Die Bestellung vorab per Mail war einfach erledigt, Frau Garthoff beantwortete das Anliegen prompt und so machten meine Frau und ich uns am Karfreitag-Nachmittag auf den Weg nach Osnabrück, dass ist von Rheine eine gute halbe Stunde Fahrt. Angekommen in der Neulandstraße 12 scheiterte ich wie beim letzten Besuch an der Eingangstür, die nach innen öffnet! Schlimm, Kneipentüren öffnen nach Außen. Mit Borgi kann ich da nicht hin, wenn wir nach etlichen Flaschen Burgunder den Laden wieder verlassen wollen, wird es misslingen, weil wir nicht raus kommen!
Aber letztendlich schafften wir es doch hinein und Frau Garthoff und Herr de Jong nahmen uns in Empfang. Die Box stand bereit und spontan wurde noch eine Flasche Wein dazu geordert. Bezahlung unkompliziert per Karte, und mit gegenseitigen Ostergrüßen ging es wieder hinaus (wieder diese garstige Tür) und wir fuhren heim.
Dann waren wir zu Hause, und die Box der Pandora wurde geöffnet! Mis en place, Backofen an, Pfanne und zwei Töpfe auf den Herd, ein Wermut als Aperitif wurde angerührt mit Eis und Zitronenzeste. Laptop in die Küche, online gibt es eine (quasi) Malen nach Zahlen Anweisung.
Das Brot wurde in den Ofen gepackt, das Wasser im größeren Topf erwärmt, die Zutaten sortiert. Der im Kesselhaus erstandene Wein wurde geöffnet. Ein weißer Burgunder, Cote de Beaune 2018 von Joseph Drouhin wanderte in den Flaschenkühler.
Meine Frau und ich machten uns an die Zubereitung der Vorspeise. Hier waren alle Zutaten kalt, somit war lediglich Fingerfertigkeit gefragt beim arrangieren der Zutaten.
Das Brot, inzwischen erwärmt und knusprig kam aus dem Ofen dazu.
Zu der gesalzenen Butter gab es ein sehr exotisch gewürztes Brot, ein Sauerteig abgeschmeckt mit Anis, vermutlich Curry und Liebstöckel meine ich auch geschmeckt zu haben. Lecker, dass war wirklich ein tolles Brot! Irgendwann war dann auch die Vorspeise fertig.
Kabeljau, Bärlauch, grüner Spargel und Senfsaat war der überschrieben. Unten ein fertiger Ring von Tatar, den wir nur noch auf dem Teller bugsieren mussten, sanft gewürzt, darauf eine Eigelbcreme (Tatar!) und eine Vinaigrette aus Senfkörnern. Darauf kamen marinierter Bärlauch und grüner Spargel. Kresse und eine Buttermilch-Bärlauch-Sauce garnierten das Ganze. Resultat war eines hervorragendes Fischtatar. Nach dem Brot ein zweiter wirklicher geschmacklicher Höhepunkt in diesem Menü, Frau und Herr Carsten1972 waren beeindruckt. Wie immer bereiteten wir jeden Gang zu, wenn der vorherige genossen und das Weinglas leer war. Für den Hauptgang wurden zwei Saucen und das eingeschweißte Presa warm gezogen. Ein Thermometer stellte sicher, dass es nicht zu warm wurde.
Drei weitere Zutaten wurden noch benötigt. Bohnen Ragout und Gnocchi kamen zusammen in einen Topf und wurden vorsichtig erwärmt, Spinatblätter blieben kalt
Dann ging es los, Frau richtete Gnocchi und Bohnenragout, mit viel Zwiebeln und Tomaten, an. Darauf und daneben eine Spinatcreme aus dem Topf. Spinatblätter wurden darauf arrangiert. Ich hatte das erwärmte Presa vom Iberico Schwein scharf angebraten und dann tranchiert. Die Tranchen und die Bratensauce kamen neben die Anrichte meiner Frau.
Ibérico Presa, Gnocchi, Spinat, weiße Bohnen. Am Tisch bot sich uns ein sehr gutes Gericht dar! Das Schulterstück (Nackenkern) vom Iberico ist ein wirklich toller Cut! Eine Fettmaserung sorgt für Saftigkeit, die Rasse ist ein Garant für sehr intensiven Fleischgeschmack! Großartig mit der fruchtigen Sauce und perfekt begleitet von den Bohnen und Gnocchi. Das war im Vergleich zur Vorspeise ein Wohlfühlessen, was durch die Qualität des Fleisches bestehen konnte. Lecker umschreibt es gut! Und zu diesem Gang dann ein Wein aus dem Rheinenser Keller, aus der Pfalz, vom Weingut Siegrist, ein Pinot Noir Schelmenstück unfiltriert von 2015.
Ein bisschen waren wir angeheitert nach diesen zwei feinen Weinen, und zum Glück war das anrichten des Desserts nicht mehr so kompliziert. Alle Zutaten kalt, wurde der Teller arrangiert.
Araguani 72%, Rhabarber, Estragon. Schon bei unserem Besuch im Restaurant gefielen mir die kreativen und ungewöhnlichen Desserts sehr gut! So auch hier, eine fast bittere Schokomousse wurde auf dem Teller angerichtet, als Barren auf einem Mürbeteig und eingehüllt in eine hauchzarte Hülle aus einem fruchtigen Film. Darauf sehr saure Rhabarberstücke und eine Rhabarbercreme. Angegossen wurde noch eine Rhabarber-Estragon-Sauce. Das Finish waren frischer Estragon und Kresse. Und ganz besonders der frische Estragon verlieh dem Dessert durch seine ätherischen Öle einen Kick! Großartiges Dessert! Wir beide waren sehr beeindruckt von den Gerichten, die das Kesselhaus Team uns mit nach Hause gegeben hatte. Wir schlossen einen sehr genussvollen Abend mit Petit Fous, die sich auch noch in der Genussbox fanden.
So, damit wäre ich beim Fazit! Jetzt sitze ich hier am Computer und genieße ein letztes Glas vom Siegrist'schen Pinot Noir und schwelge in den Erinnerungen an das eben erlebte Menü. Ich muss bekennen, dass war das erste Mal nach einigen guten bis sehr guten Take away Menüs, dass sich bei mir ein fine dinig Gefühl eingestellt hat! Ganz besonders bei Vorspeise und Dessert wurden wir von außergewöhnlichen Kreationen überrascht. Chapeau, dass war eine großartige Leistung des ganzen Teams vom Kesselhaus!
Es steht zu befürchten, dass wir noch eine ganz lange Zeit auf Restaurantbesuche verzichten müssen. Nicht verzichten müssen wir aber ab jetzt auf außergewöhnlich feine take away Küche, denn die werden wir uns wieder aus Osnabrück holen!