Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 275 Bewertungen 333214x gelesen 9843x "Hilfreich" 8834x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 29.10.2017 2017-10-29| Aktualisiert am
29.10.2017
Besucht am 18.05.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 68 EUR
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt vom wenigen Straßenverkehr auf dem Kopfsteinpflaster. Dass eine Lieferantin vor den Außenplätzen hielt, statt sich einen Parkplatz zu suchen, war nicht nett, aber noch nachvollziehbar; der minutenlang laufende Motor ganz sicher nicht.
Die Ausstattung entspricht dem hohen Anspruch des Bülowpalais.
Die u. a. durch große Blumenkästen im Rostlook abgegrenzte Fläche mit Kunststoffboden ist aufgebockt. Das vermittelt „Überblick“. Eine Rampe für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen habe ich nicht wahrgenommen; sie mag angelegt werden können. Das Mobiliar aus Metallguss und groben Kunststoffflechtwerk vermittelt einen soliden Eindruck. Im positiven Sinne überraschend bei einer Außengastronomie sind die komplett eingedeckten Tische.
Sauberkeit trotz Außenplätzen mustergültig.
Der Service wird weitgehend von drei jungen Menschen in oder gerade nach der Ausbildung gewuppt. Alle fielen durch Engagement und Freundlichkeit, gepaart mit einem schon guten Wissensstand auf. Kleinere Vergesslichkeiten werden hoffentlich mit zunehmender Routine überwunden. Bezeichnend, dass der einzige Misston von einer Fachkraft oder gar Restaurantleitung (Bistro) kam, die auf eine (allerdings ungerechtfertigte) Kritik zickig antwortete.
Als Durstlöscher war mir der angebotene, gut gekühlte Traubensecco (4€) gerade recht. Zum erbetenen Leitungswasser wurden Eiswürfel offeriert.
Die Gerichte aus dem Spargelmenü und aus der regulären Abendkarte konnten ohne weiteres kombiniert werden. Lob für diese Flexibilität der Küche.
Ich entschied mich für
- Salat von konfierter Kaninchenkeule und Spargel mit Macadamianuss (10,5€)
- Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit Avocado und Limette (12,5€)
- Spargel mit Sc. Hollandaise, Butterkartoffeln und zweierlei Schinken (26€)
- Rhabarber, Quark und Sauerampfer (9€)
Dreierlei Brote wurden aufgetischt, waren frisch und geschmacklich unterscheidbar. Dazu eine vorbildlich streichfähige Butter und eine angenehm gekühlte Olivencreme mit starkem Aroma. Gut!
Ich bin kein großer Freund von Salaten, allzuoft ergänzen sich die Komponenten nicht, sondern gleiten in ein undefiniertes Einerlei ab. Nicht so hier! Das zarte und durch das Konfieren saftige Fleisch des possierlichen Hopplers verband sich ideal mit dem knackigen Spargel und den gehobelten Edelnüssen in einem leicht süßen Grundgeschmack.
Gleichzeitig waren die Zutaten gut erkennbar. Etwas Zwiebelgrün und Radieschen sorgten zudem für Frische und Biss. Ein perfekter Frühlingssalat. Irritierend nur die Kirschtomaten. Meine provokante Vermutung, dass hier etwas Farbe ins helle Einerlei kommen sollte, wies Chef Biedlingmaier, der sich wieder die Zeit für ein Gespräch nahm, gewohnt sympathisch zurück. Um die fruchtige Säure sei es gegangen. Okaaaay... Dann waren die Tomaten aber zu grob geschnitten. Das deckte die milden Aromen völlig zu und es ist ja nicht Aufgabe des Gastes, erst ein ausgewogenes Verhältnis der Zutaten herzustellen - allemal in einem Salat. Und böten sich Mitte Mai nicht schon elegante Scheiben einer Erdbeere an? Egal, ich ließ die roten Halbkugeln einfach auf dem Teller zurück und freute mich auf den nächsten Gang.
Der peruanische Klassiker Ceviche vom Hamachi war diese Saison schwer angesagt und auch für mich zur Erfrischung häufiger auf dem Teller.
In Dresden kam ein Referenzprodukt auf den Tisch!
Das Makrelenfleisch in dünne Streifen geschnitten und daher durch die Beize recht weich; das ist bei rohem Fisch Geschmackssache. Jedenfalls war das Säurespiel perfekt. Immer wenn ich dachte, jetzt beißt es zu, setzte sich die Frucht der Limone durch. Mit Chili und roten Zwiebeln kam etwas Schärfe ins Spiel, die von der süffigen, glatten Avocadocreme gut eingebunden wurde. Für Crunch sorgte das frittierte Stroh von der Süßkartoffel. Was ich sehr intelligent fand, denn so verwies selbst das Topping in die Heimat des Gerichts nach Südamerika! Und für das Auge gab es kräftige Farben. Bravo, Herr Biedlingmaier!
Eigentlicher Grund für den Verzicht auf Sterneküche war jedoch mein unbezähmbarer Appetit auf frischen deutschen Spargel! Nach drei Wochen Ami-Küche verständlich, aber eigentlich geht mir das jedes Jahr so...
Umso ärgerlicher, dass sich die Wartezeit im Bistro immer länger hinzog. Keine Ahnung warum, wurde auch nicht erklärt. Schien aber nicht nur Schuld der Küche gewesen zu sein, denn als endlich serviert wurde, war die Ware aus dem Spreewald nur lauwarm. Nee, wenn schon, denn schon! Der Teller ging zurück und nach erneuter, für sich genommen nachvollziehbarer Wartezeit kamen auf heißem Porzellan exakt gegarte Stangen mit frisch aufgeschlagener Hollandaise und Butterkartoffeln
Einfach. Köstlich. Einfach köstlich. Dazu zweierlei Schinken
Der geräucherte nussig-mild. Die gekochte Variante irritierte mit, wie sollte es hier anders sein, säuerlicher Note. Auf Nachfrage wurde auf den speziellen Thymian-Rub des Metzgers verwiesen.
Zur Garnitur von mir übrigens kein weiteres Wort!
Mangels Silvaner im Angebot stimmte ich mal wieder einem empfohlenen Grünen Veltliner (6,5€) zu. Schmeckte mir immer noch nicht. Muss mehr auf HB aus H hören...
Die Spargel-Portion war klein (und dafür zu teuer; vielleicht versehentlich der à-la-carte-Preis?), passte aber im Menü ganz gut, denn ausnahmsweise hatte ein Dessert mein Interesse geweckt. Der Schwabe am Herd blieb seiner Linie mit einem mit Quark geschichtetem Rhabarber-Granité treu
Dessen Säure aber sowohl vom süßen Crumble aufgefangen, als auch von einem Wildkräuterpesto herb-würzig-scharf ergänzt wurde. Eine spannende Komposition, die einen erfrischenden Abschluss des in mancherlei Hinsicht sonnigen Abends bildete.
Auch für Bülows Bistro gilt: Benjamin Biedlingmaier ist ein Chef mit spannenden Einfällen, die trotzdem ganz weit weg von verkopften Ideen bleiben. Hier macht sauer in der Tat lustig.
Der traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt... mehr lesen
4.5 stars -
"Klare Handschrift - gute Leistung" DerBorgfelderDer traurige Monat November naht, und der Wind reißt bei uns im Norden schon sehr kräftig von den Bäumen das Laub. Da tun ein paar Frühlings-Erinnerungen gut:
Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt
Geschrieben am 17.06.2017 2017-06-17| Aktualisiert am
12.07.2017
Besucht am 26.04.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 185 EUR
Zeit mitbringen - lohnt sich aber (hoffe ich)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen.
Hier mein dritter Bericht aus Schwerin mit Dank an alle, die ihr Mitgefühl für die ersten beiden Besuche ausgedrückt haben:
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick,"
Nach Brecht und Eichendorff sei nun auch der Dichterfürst bemüht. Dann aber Schluss mit der jahreszeitlichen Lyrik, denn Frühling hieß ja noch nicht, dass in Mecklenburg die Saison begonnen hätte. Und so scheiterte mein Versuch, mit dem Cheval Blanc der dritten Michelin-Empfehlung für Schwerin nachzukommen, selbst Ende April noch krachend an den Schließzeiten des dazu gehörigen Schlosshotels.
Missmutig stapfte ich also durch die schöne Altstadt zwischen Dom und Schloss und hielt nach Alternativen Ausschau. Nichts, was über das gutbürgerliche/mediterrane Allerweltsangebot hinausgegangen wäre. Schon war ich fast bereit, der russischen Suppenküche eine Chance zu geben, als mir im Augenwinkel ein wunderschön renoviertes Gründerzeit-Palais mit elegantem, indirekt beleuchtetem Schriftzug auffiel. Bald stand ich vor einigen schmalen Stufen die bedeckt von einem vörnehmen roten Teppich zwischen zwei Buchsbäumchen zu einer geschlossenen Holztür hinauf führten. Nur eine kleiner Schaukasten, sonst keine weitere Hinweise auf eine Restauration, fast wie ein englischer Club. Aber die Karte - oha, da traut sich jemand was! Wenige Schritte weiter klärte sich auch der zurückhaltende Eingang: An der Ecke öffnet sich das moderne, sehr einladende Weinbistro des Hauses, mit einer Theke, in der Antipasti und Rohmilchkäse höchst appetitanregend präsentiert sind. Hier ist sowohl räumlich als auch kulinarisch der Eingang in die Welt des Uhle, das nach langen Jahren des Verfalls und Monaten der Renovierung erst Ende 2016 mit einem 4-Sterne-Hotel wieder eröffnet wurde. Was aus meiner Sicht auch der einzige Grund ist, dass das Restaurant noch nicht in den Gastro-Führern für dieses Jahr empfohlen wird. Inzwischen habe ich auch übernachtet und kann das privat geführte Haus der Eheleute Frymark nur wärmstens empfehlen!
Aber der Reihe nach: Der Bistro-Chef nahm freundlich und schnell meine Tisch-Reservierung für das Gourmet-Restaurant entgegen und als ich im Herausgehen andere Gäste von den Köstlichkeiten des Bremer Ratskellers schwärmen hörte, nahm ich das als letztes gutes Omen für den Abend.
2 Stunden und einen kleinen Wellness-Stop bei der vermutlich geschwätzigsten Friseurin der Welt später, trat ich frohen Mutes dann doch neugierig durch die geheimnisvolle Tür ein. Ein langer Flur empfing mich, mit einem dicken roten Teppich und hoher dunkler Eichenvertäfelung, zu zwei Flügeltüren führend, hinter denen es verheißungsvoll golden schimmerte. Um gedanklich in der etwas skurrilen Welt jenseits des Kanals zu bleiben: Sollte das mein rabbit's hole sein und würde mich dahinter ein kulinarisches wonderland erwarten?
Nun, nach dem Durchschreiten eines kleinen Rezeptionsbereichs öffnete sich jedenfalls ein beeindruckender Raum. Ein großer Saal mit hoher Tonnendecke, daran einzelne Kassettenfresken mit Szenen rund um den Wein. Auch in den schönen Fenster mit farbigen Gläsern, in den Stuckverzierungen, an den Kandelabern - überall wird bezeugt, dass hier einst die größte Weinhandlung des Großherzogtums residierte. Schön, dass das schwere Pathos der Gründerzeit durch heiteren Rokokostil aufgelockert wird, dunkles Holz trifft auf lindgrüne Decke, Rundbögen auf barockes Gestühl. Die klassische Musik passte sehr gut in das Ambiente. Später gab's recht laut West Side Story auf die Ohren. Auch nicht schlecht, seh und hör ich im Juli open-air auf dem Domplatz in Magdeburg... Außerdem waren wir da nur noch zu viert, die zwei Köche, die Gastgeberin und ich, passte zur lockeren Stimmung!
Die Tischabstände waren angenehm, was bei Gewölben nur nichts hilft - das Gespräch aus der entferntesten Nische konnte ich ohne jede Mühe verstehen. Das Restaurant war ausreserviert, mir blieb nur der Tisch zwischen Küche und Ausgang. Leider war vom Service auch eine Gesellschaft im Bistro zu versorgen. Die erste Hälfte des Abends ging es zu, wie im sprichwörtlichen Taubenschlag. Aber voll ist eben voll. Immerhin wurde auf meinen Wunsch so umgedeckt, dass ich mich im Saal umsehen konnte. Auch sonst wurde ich zunächst von einer jungen Dame freundlich empfangen und schon recht professionell erstversorgt. Sie nahm mir die Garderobe ab und hetzte nicht mit dem Aperitif, machte aber dafür Vorschläge. Die Karten wurden geöffnet überreicht. Schon gut. Die Feinheiten werden sicher mit der Zeit kommen. Das Interesse, noch besser zu werden, ist klar erkennbar, zumal die Chefin kollegial steuert. Nach der Bestellung übernahm dann Frau Frymark meinen Tisch höchstpersönlich, dazu später mehr.
Den Wermut von Belsazar hatte ich schon im Berliner Weinhaus Habel kennen gelernt. Hier wählte ich die Rosé-Variante, die mit Tonic professionell gemixt und mit 6€ preislich angenehm offeriert wurde. Zunehmend vorfreudig stöberte ich durch die Karte und entschied mich mit kleineren Abweichungen für das Degustationsmenüs, dessen 6 Gänge mit 105€ sehr günstig kalkuliert waren.
Die einzelnen Gänge:
(Amuse gueule)
Foie gras und Hefe?
Crépinette! von Perlhuhn und Taubenbrust
Wurzeln und Knollen in Texturen mit Ziegenkäse
Medaillon von der Lotte mit gelbem Staub?
Wiesenkalb mit Anna Kartoffel zwei Punkt eins?
Pommerscher Krummstiel?
Ambitioniert! Unbekannt! Spannend!
Auch die Weinbegleitung war mit 59€ kundenfreundlich kalkuliert. Ich wurde zudem höchst großzügig bedacht. Wenn das Standard ist, müsste man um die Wirtschaftlichkeit fürchten.
Zunächst kam gutes Brot, einmal mit Oliven und Oregano sowie eigentlich untypisch am Beginn des Abends schon ein Früchtebrot. Beide, auch die Fruchtvariante waren angenehm knusprig und wurden von Butter, Himalayasalz, Basilikumpesto und einem Tomatenchutney begleitet, das eine kräftige Rosmarinnote und richtigen Chiliwumms hatte. Alle Achtung, gleich mal eigene Handachrift, nur weiter so!
Das erste Amuse ein echter Frühlingshingucker: Bäckchen vom Müritzzander mit seinem Kaviar als eher seltener, regionaler Begleiter von hiesigem Spargel (Folie und/oder Heizung machen es möglich.) Der Fisch saftig, durch den Kaviar etwas salzig, der Spargel für Ende April schon ok und mit gutem Biss. Mit Bedacht serviert: Warm auf warmem Teller. Mir fehlt zwischen Gemüse und Fisch höchsten ein Verbinder. Aber das ist - ich greife vor - wie überhaupt an diesem Abend, eine Kritik der Marke "Was zur Sterneküche fehlt".
Es folgt ein weiterer Gruß. Rosa Roastbeef von Weidelamm mit Blumenkohl en texture und einer reduzierten Jus. Hier war ein Verbinder der eher seltenen Kombi Lamm und leichte Bitternote vorhanden und ich noch überzeugter von der Leistung. Zusätzlichen Trüffel hätte es nicht gebraucht und daher haben meine Geschmacksknospen auch jegliche Wahrnehmung verweigert.
Zum ersten Gang wurde ganz nach meinem altmodischen Geschmack ein Sauternes gereicht.
Der junge Château Rieussec 2010 war erst etwas eindimensional, entwickelte sich aber im Glas schon passabel.
Die Gänseleber war leicht, cremig, nicht schmierig. Kakaostaub sorgte gelungen für eine Bitternote, eine Traubenreduktion für Süße. Die geheimnisvolle Hefe war im Eis verarbeitet worden und am Gaumen klar zu erkennen. Gewürzchips und Blüten rundeten ab.
Sehr ansprechend die Kreation: Aus der Scheibe war seitlich eine kleinere ausgestanzt worden, so dass sich Voll- und Halbmond zeigten. Eine runde Sache...
Der nächste Gang begann mit einem Rosé aus der Provence, Château Roubine.
Was auf dem Teller folgte, war ein Hammer. Einer der handwerklich besten Gänge dieses Jahres bis heute.
Eine Perlhuhnrolle, gefüllt mit Taubenbrust und einer Farce von der Taubenkeule. Gegart in einem Schweinenetz (frz. crépine), daher Crépinette. Hohe Küchenkunst! Das Fleisch saftig und voller Geschmack, beide Geflügel konnten nebeneinander und miteinander bestehen. Schon beim Einsetzen verwöhnte der Duft von Tonkabohne aus dem Soßenspiegel. Dazu der himmlische Knusper von der Hühnerhaut. Der Couscous mit Gewürzen und Kräutern ging in die orientalische Richtung. Weiße Rübchen gehobelt und im Stück sollten für Regionalität sorgen. Dieser Ansatz zeigte sich noch auf anderen Tellern und es gibt Argumente dafür und dagegen. In der Ausführung waren die Blöcke doch zu groß geraten und daher für mich etwas zu plump. Das geht eleganter. Trotzdem werde ich mich lange an diese exquisite Roulade erinnern. Apropos exquisit: Die Taube war als effilée angekündigt und meine rudimentären Französisch-Kenntnisse ließen mich völlig im Stich. Nun bin ich schlauer, effilieren bezeichnet das Entfernen des Darms ohne Aufschneiden des Tieres und soll u.a. eine hohe Bakterienfreiheit sicherstellen. Der Saftigkeit dürfte es auch zugute kommen. Kannte ich bisher nur von großen Fischen, die im Ganzen gebacken werden. Ich habe zu wenige Tauben gegessen, um einen Unterschied zu bemerken, zumal in dieser speziellen Zubereitung. Ich nehme es als besonderen Qualitätsanspruch der Küche und das Ergebnis war ja grandios.
Allerdings kann ich jetzt Frau Frymark besser verstehen, die auf meine später am Abend gestellte Frage, ob ein Stern das Ziel sei, leicht zweifelnd erwiderte, dass die Herrn in der Küche es gerne hätten. Der Wareneinsatz dürfte schmerzlich sein...
Nun ging es vegetarisch weiter. Aber erneut sehr erfreulich. Den Ziegenkäse gab es einmal frittiert und einmal als Rolle geflämmt in einem Mantel aus Tomatengelee. Gut ausgedacht, noch besser ausgeführt. Weitere geschmacklich überzeugende Texturen der Urtomate. Bis hierhin auch sehr gut. Schließlich Fenchel als durchaus feine Crême und eine sous vide gegarte, aber erneut viel zu große Scheibe. Der Gast ist nicht der bessere Koch, jedenfalls versuche ich danach einzukehren. Aber z. B. ein gebackenes dünnes Segel hätte mich sehr gefreut. So war es wieder aus der zu groben Abteilung.
Toll dazu der 2013er Chardonnay Löwengang von Alois Lageder aus Südtirol.
Und erst recht der folgende Moselriesling. Piesporter Goldtröpfchen, Jahrgang 2005 aus dem Hause von Kesselstatt. Von diesem VDP-Weingut sind für echte Aficionados sehr viele Flaschen auf der Karte, teilweise etliche Jahrgänge nur von einer Lage. Es mag hier wirtschaftliche Verbindungen zur Familie Reh geben. Den Rieslingfreund freut es jedenfalls.
So, wie mich auch der saftige Seeteufel mit (gelber) Curry-Panko-Kruste erfreute, getopt von einem Schaum (der erste, variatio delectat!) von Brunnenkresse (wohl mehr als farbliche Ergänzung gedacht). Das Sanddorn-Risotto war ein perfekter Begleiter zum Fisch und gleichermaßen zum Curry. Sehr schlau ausgedacht, so etwas freut mich ungemein. Da sah ich dann über den ein wenig festen Reis gern hinweg. Den regionalen Part (nicht nur geschmacklich überflüssig, es gab doch schon Brunnenkresse) spielte hier rote Beete, immerhin in Brunoise und daher feiner dosiert.
Ich hatte wie meist gebeten, die Gänge ohne Pause abzurufen. Wegen der Gesellschaft zog es sich nun doch etwas hin. Meine Gastgeberin löste das ebenso charmant, wie geschäftstüchtig und bot mir eine Führung durch das Haus an. So konnte ich die klare skandinavische Linie des Hotels mit Einbindung ansehnlicher älterer Ausstattung ebenso in Augenschein nehmen, wie ein weiteres Prachtstück. Der Rittersaal im 1. Stock ist für große Feiern und Empfänge gedacht und wie alles hier 1a renoviert. Die ganze eichene Kaiserherrlichkeit ist schon pompös, aber Malle ist bekanntlich nur einmal im Jahr...
Ich meldete mich dann innerlich vom Generalstab ab (An den Wänden aufgehängt. In Öl.) und wurde am Platz zwar nicht mit einer neuen Serviette, aber einer Erfrischung in Form eines leicht bittrigen Kumquatsorbets mit Minze und Blüten vom Hornveilchen empfangen. Well done.
Das folgende Kalb wurde als wunderbar mürbes Filet (fast noch saignant), mit Holunderlack und Pistazie gepimpt sowie in Form eines sehr intensiven Bäckchens mit nicht übermäßig hohem Collagenanteil angeboten. Zweimal Fleisch, zweimal Wein! Zum Kurzgebratenen einen Riesling aus der Pfalz, Wachenheimer Böhlig 2011 "Premier Cru" von Bürklin-Wolf, der für meinen Geschmack nicht so richtig gut funktionierte. Umso besser der 2007er Ahr-Spätburgunder von Spezialist Nelles zum Geschmorten. So weit, so sehr gut. Heimlicher Star waren für mich die Pommes Anna, die hier so fein und knusprig wie milles feuilles und herrlich gebräunt daher kamen. Kartoffeln in Vollendung! Einige Pilze (Enoki oder Birkenpilz) waren putzig geschichtet und die Abteilung regional war durch angenehm gegarte, schmackhafte, wohl glasierte gelbe Rüben vertreten. Etwas konventioneller in der Anlage (aber Holunderlack!), indes perfekt ausgeführt.
Es wurde ein Pre-Dessert gereicht. Rhabarber mit Kefircreme war recht sauer, was aber durch Honig und Minze noch gut eingefangen wurde. Neu war für mich Kerbel als weitere Zutat, was mit dem Rhabarber toll harmoniert hat. Die Kleckserei mit Gel ist aus der Mode gekommen, hier sieht man auch, warum. Mit kräftig sauren Noten habe ich so meine Schwierigkeiten, was sich insbesondere der super sympathische Schwabe Benjamin Biedlingmaier in Dresden (Caroussel) immer anhören muss. Dafür hat's mir hier ganz gut geschmeckt.
Zum Dessert gab es nochmal die volle Sonne ins Glas. Als bekennender Süßweinfetischist labte ich mich an der 2007er Juffer Sonnenuhr Spätlese, nicht vom Hausweingut von K., sondern von Fritz Haag. Als Dreingabe einen Eisapfel von Jörg Geiger, eine echte Alternative für die nächste Fastenzeit.
Warum Apfel? Weil sich der ominöse Pommersche Krummstiel als alte Rügener Sorte entpuppte. Sowohl zu hellem Mousse verarbeitet und mit einer roten Gelee-Schicht (vermutlich aus der Schale) wieder in die ursprüngliche Form gebracht. Als auch als Eis, das mit (leider etwas wenig) altem Balsamico formidabel begleitet wurde. Und schließlich ein Kompott, das mit Buchweizensand gut harmonierte. Hier fehlte etwas die Finesse anderer Gänge, das Handwerk war aber wieder von erster Güte.
Ein Kaffee verbot sich zu später Stunde. Aber den P.X. von Xímenes-Spinola hatte ich ja schon beim Hereinkommen gesehen. Das Gläschen rundete den Abend perfekt ab, wenngleich mit 15,5€ doch stramm bepreist. Man bedauerte, dass Petit fours noch nicht verfügbar seien. Um dann weiße Trüffel mit Wasabi und mit Lakritz zu "improvisieren", obendrein Makadamia in Salzkaramell. Wow!
Es hätte dieses abschließenden Kicks nicht bedurft, um zu merken: Hier konnten mit Holger Mootz und Ronny Bell zwei Könner wieder in Richtung Ostsee gelotst werden, die schon gemeinsam in den Märkischen Stuben Gäste und Kritik überzeugten. Und jetzt als gleichberechtigte Chefs eine Küche verantworten, die ebenso professionell wie kreativ ist, was bei den Neuerungen gegenüber nicht eben aufgeschlossenen Mecklenburgern besondere Überzeugungskraft verlangt. Beide scheuten sich auch nicht, an den Tisch zu kommen und in die Diskussion über den Sinn des Regionalen in dieser klassisch angelegten Küche zu gehen. Und den kritischen Bremer weit nach Mitternacht zur Verabschiedung noch in die Küche zu lassen, passte perfekt zum freundlichen Team des Uhle und zu diesem so wunderbaren Abend.
Für das schöne Schwerin heißt es von mir (und für mich) endlich:
Kommen! Probieren! Genießen!
Zeit mitbringen - lohnt sich aber (hoffe ich)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen.
Hier mein dritter Bericht aus Schwerin mit Dank an alle, die ihr Mitgefühl für die ersten beiden Besuche ausgedrückt haben:
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick,"
Nach Brecht und Eichendorff sei nun auch der Dichterfürst bemüht. Dann... mehr lesen
4.5 stars -
"Schweriner Erzählungen III: Endlich Erstklassiges!" DerBorgfelderZeit mitbringen - lohnt sich aber (hoffe ich)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen.
Hier mein dritter Bericht aus Schwerin mit Dank an alle, die ihr Mitgefühl für die ersten beiden Besuche ausgedrückt haben:
"Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick,"
Nach Brecht und Eichendorff sei nun auch der Dichterfürst bemüht. Dann
Besucht am 03.04.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 14 EUR
Mal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis fünf Angebote, mindestens einmal vegetarisch und meist Fisch und/oder Fleisch, Pasta und Salat mit Pfiff. Dazu ein selbst gemachtes Dessert. Die Beschränkung ist Programm, man fokussiert sich klar auf die umliegenden Firmen und Behörden: Nur Montag bis Freitag, nur von ca. 07.30 bis ca. 17.30 Uhr. Morgens Cappuccino mit Croissant o.ä. mittags die kleine und stets frische Karte und über den Nachmittag allerlei zugekauftes, handwerklich hergestelltes Gebäck. Die Portionen der Tellergerichte sind nicht allzu groß, die Preise betragen in der Regel zwischen 8 und 12 Euro. Kleines Dessert und Kaffee liegen nur um die 1,5 bis 2€. Es geht flott zu. Das und die bemerkenswerte Qualität spricht sich rum: In der Stoßzeit - und das heißt spätestens ab 11:30 Uhr bis deutlich nach 14:00 Uhr ist ein freier Tisch ohne Vorbestellung Glückssache. Aber auch für das schnelle Meeting zwischendurch wird der informelle Rahmen gern genutzt, ganz zwanglos bis in Staatssekretärs- und Minister-Kreise (in unserer kleinen, fast nur noch an Geschichte reichen Stadtrepublik bekanntlich Staatsrätin und Senatorin geheißen). Ruhig mal die Ohren spitzen...
Über die Räume hatte ich mal zu Zeiten des Verschwundenen Portals berichtet; hat ja sicher noch jeder im Gedächtnis... Also: Die Lage ist Bombe auf halben Weg zwischen Bahnhof und Innenstadt. Haltestelle diverser Öffis in Sichtweite. Vom etwas unbequemen Alu-Außenmobiliar schweift der Blick in die eine Richtung auf den großen Galerie-Holländer mit Stiefmütterchen-Pflanzbild davor. In die andere auf das Art-déco-Juwel der ehemaligen Nordwolle-Zentrale, seit Jahrzehnten schon Sitz der Finanzbehörde - mancher schaut eher säuerlich hinüber. Und dazwischen mäandern die Wallanlagen auf das dekorativste. Bei meinem Besuch mit einem Traum von blühender japanischer Kirsche.
Die Räumlichkeiten liegen in der äußersten Spitze eines auf den zweiten Blick architektonisch gar nicht so uninteressanten 90-er Bürogebäudes. Folglich bilden die Räume ein Dreieck. Aber irgendwo müssen ja Küche, Bar und Toiletten hin. Hier nicht auf die kurze Gerade ans Ende gesetzt, sondern in die Mitte. Das ergibt eine seltsame Dreiteilung: Ein Teil in der Spitze mit Blick in den Park auf der einen und Sexshop (Bahnhofsviertel!) auf der anderen. Dann in der Mitte ein schmaler Gang mit kleinen Tischen am Fenster entlang. Hinten wieder etwas mehr Platz für einen Gruppentisch. Einige 4-6er Tische mit Stühlen und Bänken, sonst überwiegend 2er. An der Tür zwei Bistrotische mit Hochstühlen. Auch das Ambiente ist fast Bistro-klassisch: Dunkles Holz und weiße Wäsche, modernes hochwertiges Besteck. Wasser und Weinglas.
Allerdings keine Kellner mit Oberhemd, Fliege und Schürze. Stattdessen immer und ausschließlich weibliche Bedienung, meist in Zweierbesetzung Fachkraft-Angelernte. Aber nie anders als fix auf den Beinen und im Kopf, fleißig, aufmerksam und auf der Höhe des kleinen Angebots, auch in Bezug auf die wenigen französischen und deutschen Weine. Das muss wuppen und tut es auch. Die Freundlichkeit leidet nur manchmal bei hoher Auslastung, aber das ist ja auch nicht Bistro-untypisch und richtig geärgert habe ich noch nicht (was schon ein Kompliment ist). Gehetzt wird man nie und trotz voller Besetzung herrscht keine Hektik. Die Frage nach der Zufriedenheit erfolgt zum rechten Zeitpunkt und nach weiteren Wünschen wird sich auch erkundigt. Es gibt eine ordentliche Rechnung.
Gegessen habe ich auch:
Lauchquiche mit Dip und Salat.
Letzterer kam tadellos klein (!) gezupft (Warum so nicht überall?) und selbstverständlich ohne braune Stellen, mit einem nur fein-säuerlichen Dressing benetzt und nicht ertränkt. Eisbergsalat Fehlanzeige, stattdessen Frisée, Blutampfer, Radicchio und als Frühlingsgruß Kerbel! Dazu zwei geschmolzene ganze Kirschtomaten, noch leicht warm. Da gehören sie hin, da machen sie Sinn!
Der Mürbteig des kleinen herzhaften Backwerks außen knusprig und innen noch saftig, der junge Lauch mit einer angenehmer Bissfestigkeit und von gestockter, kräftig gewürzter Eiersahne umschmeichelt. Frisch aus dem Ofen. Dazu endlich mal wieder ein Dip mit viel (mind.) Crème fraiche, also schmackig-cremig und nicht Mörtelquark. Eine getrocknete und in Öl eingelegte Tomatenscheibe weckt schon Sommerahnungen an diesem Frühlingstag.
Prototypisch für die Küche: Einfache Gerichte blitzsauber ausgeführt und eben mit einem kleinen Kick.
Alkoholfastend dazu eine Rhabarberschorle, die als 0,2/0,4/0,5l-Variante ausdrücklich angeboten wurde. Das ist erwähnens- und lobenswert! Wenn nicht gleich ungefragt das größte Gebinde angeschleppt wird, muss man doch meist erst in Erfahrung bringen, was denn im jeweiligen Etablissement mit der leicht missverständlichen Frage "Groß oder Klein?" eigentlich heraus gefunden werden soll....
Nach einem abschließenden, natürlich in einer heißen Tasse servierten Espresso war ich nach 40 angenehmen Minuten höchst zufrieden für die Abenteuer des Nachmittags bereit.
Mal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis... mehr lesen
Greta's Bistro
Greta's Bistro€-€€€Bistro, Cafe04213666890Contrescarpe 75 A, 28195 Bremen
4.0 stars -
"Sichere Bank für mittags - sehr gutes Bistro" DerBorgfelderMal was Kurzes... Und Unübliches: Eher allgemeine Empfehlung als Detail-Kritik.
Ins Greta's gehen meine Frau und ich seit der Eröffnung regelmäßig unregelmäßig, mal zusammen, mal allein, mal mit Anderen beruflich oder privat.
Enttäuscht waren wir noch nie. Was einerseits damit zusammenhängt, dass die (über die Jahre selten wechselnde) Küchenmannschaft eine Geschichte in der gehobenen bis Sterneküche hat. Stets peppt eine gewisse Raffinesse die an sich eher einfachen Mittagsgerichte der Karte auf. Jene ist ob der winzigen Küche bewusst klein gehalten, vier bis
Geschrieben am 02.08.2017 2017-08-02| Aktualisiert am
05.08.2017
Besucht am 22.03.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 190 EUR
Bis zu einem 3-Sterne-Restaurant wäre es in Dresden noch ein weiter Weg. Aber für drei Gastronomien gilt nach der begehrten Auszeichnung des Guide Michelin immerhin, dass sie "einen Stopp wert" sind. Da traf es sich doch, dass ich in einigem zeitlichen Abstand drei morgendliche Termine im Elbflorenz hatte, die nicht ohne eine Anreise am Vorabend zu bewältigen waren.
Hier der Bericht vom Endspiel an der Elbe.
Und zugleich eine Premiere: Denn eine Kritik über ein Restaurant, das nach meinem Besuch Insolvenz anmelden musste, hatte ich auch noch nicht. Immerhin wird der Betrieb während der Eigenverwaltung bisher aufrecht erhalten, hoffen wir also das Beste.
Die Anreise per Taxi vom Hauptbahnhof bis ins Villenviertel Weißer Hirsch dauerte reichlich 20 Minuten und wie gewohnt hatte leichter Regen eingesetzt. Das schön renovierte Eckhaus aus der Kaiserzeit beherbergt im Hochparterre Kochschule und Deli, beide am Abend natürlich geschlossen und dunkel sowie die Weinbar, in der ich allerdings auch kaum Gäste ausmachen konnte. Immerhin begrüßte mich recht bald eine charmante junge Dame mit Namen und begleitete mich vom beeindruckenden Entrée des Hauses in die Bel Etage. Im hintersten Winkel plauderte zunächst noch leise ein Pärchen, ansonsten war der Raum menschenleer. Auffällig die schokobraunen Wände mit zurückhaltendem Bildschmuck. Auf dem dunkleren Holzparkett standen bequeme weiße Holzstühle mit Armlehnen und kräftig lilafarbenen Bezügen
Die ebenfalls weiß lackierten Tische waren sparsam eingedeckt. Dazu klang unerklärlich dumpf eine sphärische Gitarre aus dem Lautsprecher. Kein Raum, den man als bald einziger Gast spontan mit Gemütlichkeit, mit einem entspannten Ankommen und Zurücklehnen verbunden hätte. Zwar auch nicht mit Kühle, dagegen wirkten die Farben, die bürgerliche Architektur des mehrfach optisch unterteilten Raumes und der Blick auf den kleinen Platz vor dem Haus. Aber ohne Menschen spürte ich stark die Künstlichkeit der Gestaltung, wie in einem teuren Möbelhaus oder einem Hochglanzmagazin für Innenarchitektur. Sehr ästhetisch, schon. Aber ich denke, dass sich seit der Eröffnung vor 10 Jahren der Publikumsgeschmack gedreht hat, wieder zurück zum Vertrauten, Heimeligen, Sicherheit Gebenden. Vielleicht nicht umsonst waren die Ledersessel im Elements weitgehend besetzt gewesen.
Umso wichtiger natürlich das Personal. Gastgeberin Tina Buchmann, die später den Service übernahm, war freundlich, plauderte auch ein wenig und versah ihren Dienst ohne Fehl und Tadel. Sommelier Shazad Talukder dagegen agierte am Beginn des Abends zwar mit professioneller Höflichkeit, aber deutlich reservierter und war auch über meinen Wunsch nach nicht-alkoholischen Getränken eher enttäuscht. Manches musste ich erfragen oder gar selbst vorschlagen. Ambition sieht anders aus. Aber wer weiß schon, was das Team zu diesem Zeitpunkt vom drei Wochen später gestellten Insolvenzantrag wusste oder ahnte. Ich will auch gerne zugeben, dass es nach dem überaus herzlichen Charme von Ilona Scholl im Tulus Lotrek jeder Service schwer gehabt hätte... Jedenfalls konnte ich meine edle Einsamkeit zu den esoterischen Klängen weidlich ausleben. Hier hätte ich die angebotene Lektüre annehmen sollen. Hatte ich aber nicht und so konnte ich mich den Leistungen der Küche widmen. Der schwäbische Hansdampf Stefan Herrmann war nicht im Haus. In der Küche schwang Marcus Langer das Zepter, der auch kurz an den Tisch kam.
Noch vor den Karten wurde ich mit dreierlei vom Chicorée begrüßt:
Auf dem Probierlöffel gehacktes und confiertes rotes Blatt gemeinsam mit Kumquat, als ebenfalls confierte Frucht, gefüllt mit Gel und mit einem Chip als Deckel
Etwas unausgewogen, weil ja auch die Zwergorange Bitterkeit mitbringt, zudem war der Chip sehr hart geraten.
In einem weißen Chicorée war eine Misomayo angerichtet und einige gelbe Krümel, auf Nachfrage fermentierter Pfeffer
Das war nichts. Die Zichorie wässrig und die Kugeln klebten unangenehm an den Zähnen fest. Wenn das die Normalausführung ist, verstehe ich den Sinn nicht.
Schließlich Süppchen und Schaum von Chicorée und Parmesan
War geschmacklich recht nichts sagend, aber wenigstens fehlerfrei ausgeführt.
Für die Menüauswahl hatte ich mir einen "gemüsigen" Alkoholfreien gewünscht. Natürlich hatte ich an die schöne Mischung im tulus lotrek gedacht. Hier blieben Gurke, Minze, Zitrone und Minze aufgefüllt mit viel Soda recht blass. Aber auf Zuruf ist ein guter alkoholfreier Cocktail, zudem nicht die übliche fruchtige Variante, eben gar nicht so leicht. Daher keine Kritik, aber eben auch kein Pluspunkt.
Auf dem Menüplan "mit" (Fleisch/Fisch) standen
KALB
BRETONISCHE MAKRELE
KÖNIGSKRABBE
(Kein SKREI - Ende März muss doch mal Schluss sein mit Winter-Kabeljau), dafür
VULKANSPARGEL
OCHSENMAULSALAT
MIÉRAL TAUBE
ROHMILCHKÄSE
7 Gänge für 149€. Kein Schnäppchen. Dafür die Getränke günstig. Aperitif 2,5€, Weizenbier (alk.frei) 3,5€, Prisecco von Jörg Geiger 15€/0,375l, aber nur eine von zwei Flaschen berechnet. Leitungswasser for free.
Zunächst grüßte die Küche nochmals:
Zum einen mit gepufftem Buchweizen, Olivenölperlen und Avocadocreme. Serviert auf einem knusprigen Stück Knäckebrot, das als Wippe über einen kleinen Salat gelegt war
Hübsch fürs Auge. Aber nicht am Gaumen: Was süffig klingt, hatte eine undefinierbare, überlagernde Säure. Das Brot war halt ein Knäckebrot, geschmackliche Extravaganzen Fehlanzeige. Mehr schöner Schein als harmonisches Sein.
Da war das Duett von Petersilie schon deutlich gelungener. Öl und Gel vom grünen Blatt, Crême von der Wurzel
Mit etwas knusprig Unerkanntem und anderem kleinen Beiwerk in einer halben Hippe elegant serviert, war ich schon überzeugt. Hier wäre nur noch ein wenig Salz ebenso ein Gewinn gewesen und etwas Säure, denn die angekündigte Fingerlime waren völlig untergetaucht.
Auch die inzwischen mit einer angenehm streichfähigen, eindeutigen Nussbutter auf warmem Schiefer gereichte Brotauswahl
war nicht über Kritik erhaben. Die kleinen Baguettestangen hatten einen zu schweren Teig, der zudem stramm gesalzen war. Viel besser das grobporig-luftige, intensive Kümmelbrot. So geht's. Dass ich Kümmel nicht mag, hatte zwar etwas von "Tragik", war aber beileibe nicht Fehler des Hauses.
Zum ersten Gang gab es einen Prisecco von unreifem Apfel und Eichblättern. Die angenehme Säure hatte wohl durch das Eichenlaub (ohne Schwerter) einen leichten Barrique-Anklang. Interessant, was alles geht!
Mit dem Kalbstartar ließ die Küche endlich den Motor aufheulen. Das genau angemachte handgeschnitte Fleisch versteckte sich optisch fast unter einer ganzen Reihe von sehr guten Tellergenossen
von denen der Perigordtrüffel (eingelegt gehobelt und als Crême) nicht wie im Caroussel unangenehm hervorstach. Mehrere Beten und sehr kreativ mal Pistazie (Nuss, Crême, Sand) funktionierten und kleine Würfel der roten Knolle in einer Gelperle waren auch handwerklich erste Sahne. Eine tolle Überraschung waren zudem Chips von der Kälberhaut. So sollte es weiter gehen!
Und ging es auch.
Die gebeizte Makrele war auf der Hautseite leicht geflämmt, fleischig und traumhaft zart
Best ever. Ganz regional wurde dazu die bretonische Roskoffsauce angegossen. Ob das ergänzende Kräuteröl nun wirklich per Pipette dazu gegeben werden muss? Macht jedenfalls hübsche Punkte in die Sauce und gepasst hat es auch. Ebenso wie die erfrischende Spitze von Zitrone und schließlich die Süßkartoffel, die das Fett stimmig einband. Und auch hier noch eine Reihe weiterer Zutaten, die teils geschmacklich, teils mit ihrer Textur diesen opulenten Teller perfektionierten.
Das folgende Krebsfleisch war qualitativ tadellos
Die Stücke waren fest im Biss und ein Tatar mit Saiblingskaviar und Holunderblüten-Gel sehr ausgewogen mit feiner Frucht. Die am Tisch angereichte Holundervinaigrette konnte nichts daran ändern, dass ich mit den Radieschen und dem halben Eiszapfen wenig anfangen konnte. Zu nature, zu fest, irritierend die säuerliche Note zum nussigen Eismeerbewohner. Crême und Chip von dunklem Sauerteigbrot schmeckten besser, ließen mich aber ein wenig rätseln: Sollte das eine Variation eines Krabbenbrots sein? Nicht ganz das exzellente Niveau der beiden vorherigen Gänge.
Es folgte der eingetauschte vegetarische Gang. Kein Fehler!
Puntarelle kombiniert mit Variationen vom Champignon(!) und Mimolette. Das bestellte Weißbier passte hervorragend. Die leicht bitteren Spitzen und aufgeschnittenen Stangen waren mit einer Pilzcrême gefüllt. Zusätzlich kamen die Champignons auch roh, angebraten und als interessante Sülze auf den Teller. Wie häufig bei vegetarischen Komponenten musste man aufmerksam sein und wurde dann von den Nuancen überrascht. Von dem typisch orangen Käse gäbe es ausgestrichenen, gebackenen Bruch sowie eine recht flüssige, am Tisch aufgegossene Sauce, die alle Zutaten harmonisierte. Stimmiger Teller. Der Vulkanspargel hielt, was ich mir erhofft hatte.
Nur die Präsentation der Sülze gefiel mir gar nicht, die Assoziation eines Regenwurms war einfach übermächtig.
Als nächstes kam ein Klassiker aus der Heimat des Chefs in einem schönen neuen Gewand
Das Ochsenmaul wurde nicht blättrig, sondern stückig geschnitten serviert. Noch leicht warm mit Brunoises von Karotte und rosa Roskoff-Zwiebeln in einer Krone von Zwiebelabschnitten. Abgedeckt mit einem Tapiokachip, in dem Senfsaat eingebacken war. Zusätzlich wurde eine leichte Senfcrême und eine separate Senfpraline gereicht, jeweils mit kleinen Zwiebeln. Feine Säure, die dem zarten Fleisch Raum ließ und angenehme Schärfe. Die Zwiebeln süßlich, auf den Punkt gegart und zusätzlich angeröstet. Der Chip knusprig, ohne zu hart zu sein. Da stimmte alles.
Eine Erfrischung wurde nicht angeboten.
Nach einer kleinen Pause
ging es daher mit der Bresse-Taube aus dem Hause Miéral weiter, die in zwei Durchgängen erfreute.
Zur Taubenbrust
erhielt ich ein scharfes Messer
Fleisch wie Werkzeug um Längen besser als im Elements. Die (überwiegend) zarte Haut ließ sich problemlos schneiden, das Fleisch der zwei klassisch geschnittenen Tranchen war saftig und von angenehmer Textur. Couscous mit ganzen Kichererbsen, Lakritzsauce und Spitzkohl in verschiedenen Varianten schafften höchst interessante geschmackliche Kombinationen, auf die mit Granatapfel fruchtig-säuerliche Highlights gesetzt wurden. Die etwas klebrige Platte überzeugte am wenigsten, die kleine Kohlroulade mit Taubenfleischtatar am meisten.
Kümmel und eine rote Gewürzmischung, die eher an Curry als an Ras-el-hanout erinnerte, vervollständigten den gelungenen Ausflug in den Orient.
Als zweiter Teller ein süffiger Sud von der Taube
Ein Raviolo war mit Herz und Leber gefüllt.
Dazu Spitzkohl nach Art eines Sauerkrauts mit kleinen Fleischstückchen. Der Winter wurde standesgemäß verabschiedet!
Die Küche wartete dann noch mit einem ungewohnten Anblick auf, als ein Taubenbein im Ganzen
also von Schenkel bis Kralle auf den Teller kam. Wohl gebacken und lakritzig-süß lackiert jedenfalls ein Genuss für den Gaumen. Dazu ein Klecks Hummus.
Auch die Prisecco Kirsche-Paprika-Rote Bete von Geiger hat sehr gut gepasst.
Das war ein Fleischgang, der mir großen Spaß gemacht hat!
Zum Abschluss standen Rohmilchkäse aus Sachsen zur Auswahl. Regionalität ist löblich und sollte - mit Augenmaß - unterstützt werden. Daher nur die Feststellung, dass die Franzosen in Sachen Käse noch lange unerreicht bleiben werden (in der Breite, Ausnahmen bestätigen die Regel). Ich wählte fünf Sorten
drei von der Ziege, die übrigen aus Kuhmilch. Die kräftigen Exemplare gefielen, die milden drifteten in Belanglosigkeit ab.
Was auch deshalb auffiel, weil sowohl das Früchtebrot eine gute Qualität zeigte, als auch die Fruchtzubereitungen Brombeere/Whiskey/Birne und Rosmarin/Feige/Pekannuss.
Das war's denn. Auf süße Rausschmeißer musste ich verzichten.
Es war ein schwieriger Abend in Dresdens Nobelviertel.
Die Küche im bean&beluga kann was. Wirklich was, das war an einigen Gängen deutlich zu erkennen. Aber sicher auch mehr, als sie an diesem Abend auf anderen Tellern zeigte.
Obwohl lange letzter Gast, hielt mich wenig am Ort des Geschehens. Das Personal hatte mit sich selbst zu tun. Das Angebot, ein Taxi zu rufen, nahm ich gerne an. Auf Begleitung aus dem Obergeschoss zur Türe verzichtete ich. So konnte ich nochmals durch die gleichsam im Dornröschenschlaf liegenden Räume wandeln.
Hoffen wir, dass die Dornenhecke wirtschaftlicher Probleme durchschlagen wird und viele gut gelaunte Gäste die Villa wieder in ein Schloss rauschender Gourmetfeste verwandeln.
Bis zu einem 3-Sterne-Restaurant wäre es in Dresden noch ein weiter Weg. Aber für drei Gastronomien gilt nach der begehrten Auszeichnung des Guide Michelin immerhin, dass sie "einen Stopp wert" sind. Da traf es sich doch, dass ich in einigem zeitlichen Abstand drei morgendliche Termine im Elbflorenz hatte, die nicht ohne eine Anreise am Vorabend zu bewältigen waren.
Hier der Bericht vom Endspiel an der Elbe.
Und zugleich eine Premiere: Denn eine Kritik über ein Restaurant, das nach meinem Besuch Insolvenz anmelden... mehr lesen
3.5 stars -
"Drei Sterne über Dresden: Schwanengesang?" DerBorgfelderBis zu einem 3-Sterne-Restaurant wäre es in Dresden noch ein weiter Weg. Aber für drei Gastronomien gilt nach der begehrten Auszeichnung des Guide Michelin immerhin, dass sie "einen Stopp wert" sind. Da traf es sich doch, dass ich in einigem zeitlichen Abstand drei morgendliche Termine im Elbflorenz hatte, die nicht ohne eine Anreise am Vorabend zu bewältigen waren.
Hier der Bericht vom Endspiel an der Elbe.
Und zugleich eine Premiere: Denn eine Kritik über ein Restaurant, das nach meinem Besuch Insolvenz anmelden
Geschrieben am 06.07.2017 2017-07-06| Aktualisiert am
07.07.2017
Besucht am 14.03.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 121 EUR
Es läuft in der Fichtestraße. Bei den Auszeichnungen zum Berliner Meisterkoch 2016 wurde Max Strohe mit seinem tulus lotrek bereits als Aufsteiger des Jahres gekürt. Gastgeberin des Jahres wurde völlig nachvollziehbar Vicky Kniely vom benachbarten und befreundeten Herz&Niere. In letztgenannter Kategorie steht in diesem Jahr nun auch Strohes Partnerin Ilona Scholl auf der Nominierungsliste. Und das ist wahrlich keine Überraschung. Selten erlebt man eine solch fröhliche, herzliche, nette Gastgeberin (kurz: einen Schatz), die zur erfrischenden Musik - erst old-school-Rock'n'Roll, später Swing - summend, trällernd oder leise pfeifend durch ihr Lokal federt, dabei fachlich-inhaltlich alles kompetent im Griff hat: Das macht schon gute Laune, jemandem zuzuschauen, dem oder der die Arbeit Freude bereitet.
Dabei wollte ich an diesem Dienstagabend eigentlich bei den Innereien-Spezialisten in der Nachbarschaft vorbei schauen, fand deren Tür aber verschlossen vor. Ein Platz im tulus lotrek ergab sich aber auch ohne Reservierung problemlos. Von den gut 20 Stühlen im vorderen Raum des Altbaus wurden nach und nach vielleicht die Hälfte besetzt. Das hintere Zimmer war gar nicht belegt. Dazwischen befindet sich die deckenhohe, großzügig verspiegelte Bar aus dunklem Holz und ein kleinerer Wartebereich, bei dem mir Schaffelle auf dem Sessel auffielen. Eines davon konnte ich zu späterer Stunde sehr gut brauchen, denn das Mobiliar steht in auffallendem Kontrast zum schönen Stuck an der hohen Decke: Auf den groben Dielen stehen einfache Holz-Tische und -Stühle
Letztere ohne jedes Kissen. Und da ein solches oder eine Decke auch auf Nachfrage nicht zu erhalten war, wurde eben aus dem Schaf- ein Sitzfell gemacht.
Auf den Tischen
keine Decken, den Platten sieht man die jahrzehntelange Nutzung deutlich an. Einmal Besteck, Wasser- und Weinglas und eine ordentliche Serviette, that's it. Später wurde eine einfache Kerze entzündet, was für die Fotos nicht schlecht war, denn ansonsten viel indirektes Licht. Die Tische sind eng gestellt, bei größerem Andrang wird man schnell ins Gespräch kommen und ich denke, das ist auch gewollt. Hier soll unkompliziert genossen werden. An zwei Wänden große Goldrahmen, die statt Gemälden Schallschutznoppen "zeigen" - witzig oder ein (allerdings weitgehend fehlgeschlagener) Versuch, den erheblichen Lärmpegel zu zu dämpfen.
Das ganze Ambiente würde recht aufgeräumt, fast steril wirken, wenn nicht die Tapete an der Rückwand mit einem gemalten Wald, nein, einem heimischen Urwald aufwartet, sattes dunkles Grün, Braun und Schwarz und erst nach und nach erkennt man, was dass da zwischen dem Tannengrün Würste und Schwarz(!)wälder Schinken hervor lugen, eine rote Garnele blitzt auf und ein Oktopus-Arm schlängelt sich verführerisch um die Tannenzapfen. Das und vieles mehr macht Appetit auf all diese Köstlichkeiten und wurde von einer befreundeten Künstlerin exklusiv für's tulus gestaltet. Erzählte mir Frau Scholl netterweise, nachdem ich begeistert entdeckt hatte, dass auch ihr Kleid dasselbe Muster hatte. Vor der Wand stehend entdeckte man sie kaum mehr...
Von soviel Kreativität und Freundlichkeit "besoffen" fiel nicht mehr ins Gewicht, dass mein Besuch in die Zeit der Alkohol- und Dessertabstinenz fiel. Nur das Motto "Wir sorgen heute schon für den Kater von morgen!" war schwer umzusetzen.
Umso erfreulicher, dass der alkoholfreie Cocktail mit dem hübschen Namen "Last life in the Universe" (so sah er auch aus...)
für 9€ mit Gurke, Calpis und Aprikosenkefir eine wirklich säuerlich-frische Überraschung war und mit etwas Meerrettich ganz spät noch angenehm auf der Zunge prickelte. Die Flasche Bad Liebenwerder Mineralwasser für 6,2€ hätte ich günstiger erwartet.
Im Verlauf des Menüs gab es noch selbst gemachte Basilikum-Limetten-Limonade, Säfte von Rieslingtrauben und von Apfel mit Hibiskus und schließlich einen Spritz von Dornfeldertrauben, alle aus dem Hause von Nahmen. Freundlicherweise fanden nur zwei davon für je 4,2€ den Weg auf die Rechnung, zwei gingen auf's Haus!
Das gewählte menü beinhaltete wohl gemäß berliner rechtschreibung (ach, ach, ach...)
forelle
jakobsmuschel & seegras
avocado
auster
63 tage trocken gereiftes aubrac
uckermarker lamm.
Für den ausgefallenen nachtisch ergänzte ich kohlrabi aus dem vegetarischen angebot.
Schlussendlich 7 Gänge für schmale 98€. Respekt!
Der Abend ging fantastisch los, als ein idealtypisches Sauerteigbrot aufgetischt wurde: Schön aufgegangene Krume, feste, aber krosse Kruste und ein angenehm säuerlicher Duft. Dazu aufgeschlagene Rohmilchbutter und ein mildes Zwiebelchutney
So einfach, so lecker.
Als ersten Gruß ein sehr krosser Macaron, der mit Kalbsblut gefärbt und aromatisiert war. Darauf eine Buttercreme mit Apfelsenf, getoppt von eingelegter Senfsaat, die leider viel zu viel Salz bekommen hatte und damit die mutige Kombination etwas ins Rutschen brachte. Schade, denn schon dieses kleine Kunstwerk in japanisch-puristischer Aufführung
zeigte, mit welchem Anspruch hier gekocht wird.
Auch der folgende Gaumenkitzler war mehr als ambitioniert. Chalons-Entenbrust aus dem Wacholderrauch sehr rosa und mit Lavendellack bestrichen und etwas fleur de sel bestreut. Auf der einen Seite schmackige Möhrencreme, auf der anderen Seite eine Emulsion von erdiger roter Beete, die beide das Geflügelfett perfekt einbanden. Auch Lavendel und erst recht Wacholder waren präsent. Ein Gruß wie eine Fanfare, zudem eine Präsentation wie ein Paukenschlag
DAS musst du dich erstmal trauen!
Farbenfroh auch der Menü-Einstieg
Die gebeizte Eismeerforelle wurde von einem Feuerwerk kräftiger Aromen begleitet: Fruchtige Hibiskusbaisers, Haselnusspuder und -Mayo, süße Nashibirne, bittrige Shitakecreme, Vogelmiere, Wasabi-Öl. Das schmeckte mir nicht alles, hatte aber seine Berechtigung. Nur der scharfe Meerrettich war sehr ungleich verteilt, was erneut zu einer gewissen Unausgewogenheit führte, die aber anscheinend von der Küche zugunsten eines leichten young-turk-Irrsinns hingenommen wird.
Als Begleitung eine selbstgemachte Basilikum-Limetten-Limonade sehr stimmig.
Der Chef schob nun den zusätzlichen Veggie-Gang ein, den ich erst nach der Jakobsmuschel erwartet hatte.
Der Kohlrabi nach Art eines Tartuffo
gefüllt mit seinen Würfeln, schwarzen Walnüssen und gerösteter Rapssaat
Überstäubt mit Asche, vielleicht von Wacholder?
Angegossen eine Rieslingreduktion und Rapsöl. Und dann wieder Banzai!, es wurde massiv abgeflämmt, Stengel und Blätter schwarz und bitter.
Für mich der schwächste Gang. Der Kohlrabi selbst und auch die Füllung mit recht wenig Geschmack, die Riesling-Säure hatte keine Beziehung zum Rest. Vielleicht im vegetarischen Menü gut, hier im "fleischigen" Menü etwas überfordert und allenfalls passabel.
Konsequent der Rieslingtraubensaft.
Von ganz anderem Kaliber die mit Zitrone "kalt gekochte" Jakobsmuschel, die von Souschef Simon Dienemann an den Tisch gebracht wurde.
Serviert auf einer leicht süßlichen Crême von Topinambur und einer Dashi aus Muschelbärten, Kombu und Seegras. Als Topping Algen und Himbeersirup und als besonderer Kick wurde der getrocknete Corail der Muschel im Stil einer Bottarga darüber gerieben. Wow!
Die ausreichende Portion des Hauptparts aus Norwegen sorgte dafür, dass der nussige Geschmack der Muschel nicht in der Komposition unterging.
Weiter ging es auf kleinem Raum mit einem geschmacklich ungemein breiten Potpurri
Knuspriges Sandwich, vollreife Avocado, eingelegte Zucchini, Crême fraiche, milde grüne Chili, Limetten, Minze, Basilikum, Rosenblätter- und Puder. Dazu wurde separat ein Sud von und mit Butternusskürbis und angerösteten Kürbiskernen gereicht, der zu diesen ganzen vollmundigen Aromen ein angenehm kontrastierende Schärfe durch Jalapeños mitbrachte.
Das war - ich zitiere da tischnotizen (auch in berlin zur schule gegangen;-))) - ein durch und durch "molliger" Teller!
Ich schwelgte! Und wurde sogleich zur Ordnung gerufen: Die Gillardeau-Auster war zwar makellos. Und auch nicht wirklich puristisch mit Kräutermayo, lecker Austernkraut und Fichtensprossenschaum (wie Porno: Kennste einen...). Aber doch deutlich zurück genommener und vor allem für meine da etwas empfindlichen Geschmacksknospen zu sauer. Und was dem Borgfelder nicht schmeckt, wird auch nicht abgelichtet (oder vergessen zu fotografieren).
In einer angegossenen Miso mit viel Ingwer kam das dry-aged-Aubrac-Rind als kurzgebratenes feines "Rücken"stück, Knochenmark und Tatar in einer Rolle von gerösteter Nori-Alge. Das war angenehm knusprig und auch durch Schwarznessel frisch. Eine würzige Mayo und ein halbes Wachtelei sorgten wieder für "soul" in dieser Kreation mit vielen Anleihen aus Asien. Ein guter, stimmiger Gang, was leider vom Foto nicht behauptet werden kann
Den Abschluss bildete das zarte und saftige Schulterstück vom Uckermärker Lämmchen
Eine sehr untypische Konsistenz erinnerte mich an Gepökeltes, was aber nicht der Fall gewesen sein soll. Die extrem reduzierte Jus sorgte für Kraft und der Koriander daran wieder für einen flüchtigen Gedanken an Fernost. Ungewohnt als Beilage geschmorte Parisienne aus Charentais-Melone, gewälzt in Kaffeemalz. Schöne neue Variante der Kombi Lamm und Frucht. Gut gefallen hat mir auch das Topping mit viel geriebenem Mimolette. Das war noch einmal so richtiges Wohlfühlessen!
Auch deshalb vermisste ich weder das Dessert, noch sonst irgend etwas, nachdem ich natürlich wieder sehr nett in die Nacht entlassen worden war. Zutiefst zufrieden dachte ich auf meinem Heimweg: SO sollte das Gefühl nach jedem Restaurant-Besuch sein!
P.S. Die Angaben zum Bewirtungsaufwand sind auch recht nett formuliert...
Es läuft in der Fichtestraße. Bei den Auszeichnungen zum Berliner Meisterkoch 2016 wurde Max Strohe mit seinem tulus lotrek bereits als Aufsteiger des Jahres gekürt. Gastgeberin des Jahres wurde völlig nachvollziehbar Vicky Kniely vom benachbarten und befreundeten Herz&Niere. In letztgenannter Kategorie steht in diesem Jahr nun auch Strohes Partnerin Ilona Scholl auf der Nominierungsliste. Und das ist wahrlich keine Überraschung. Selten erlebt man eine solch fröhliche, herzliche, nette Gastgeberin (kurz: einen Schatz), die zur erfrischenden Musik - erst old-school-Rock'n'Roll, später... mehr lesen
Restaurant Tulus Lotrek
Restaurant Tulus Lotrek€-€€€Restaurant, Sternerestaurant03041956687Fichtestraße 24, 10967 Berlin
4.5 stars -
"Fröhliches Pfeifen im Schlemmer-Wald" DerBorgfelderEs läuft in der Fichtestraße. Bei den Auszeichnungen zum Berliner Meisterkoch 2016 wurde Max Strohe mit seinem tulus lotrek bereits als Aufsteiger des Jahres gekürt. Gastgeberin des Jahres wurde völlig nachvollziehbar Vicky Kniely vom benachbarten und befreundeten Herz&Niere. In letztgenannter Kategorie steht in diesem Jahr nun auch Strohes Partnerin Ilona Scholl auf der Nominierungsliste. Und das ist wahrlich keine Überraschung. Selten erlebt man eine solch fröhliche, herzliche, nette Gastgeberin (kurz: einen Schatz), die zur erfrischenden Musik - erst old-school-Rock'n'Roll, später
Geschrieben am 16.03.2017 2017-03-16| Aktualisiert am
16.03.2017
Besucht am 03.03.2017Besuchszeit: Abendessen 4 Personen
Rechnungsbetrag: 224 EUR
...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere Gruppen) an diesem Freitagabend keine Unzufriedenheit aufkommen ließ. Wie auch, denn Domme, im Service von seinem Vater unterstützt, hält heftig schwitzend alle bei Laune. Aber auch fachlich versiert wurde zu den Speisen Auskunft und zu den heimischen Weinen Beratung gegeben. Staunend und nur teilweise der Mundart folgen könnend, lauschte ich jedenfalls seinem Fachgespräch mit dem Grandseigneur der Pfälzer Rebensaftbeurteilung und - vernichtung, Gastrofreund MarcO74. Denn endlich hatten wir den lange geplanten Gegenbesuch in der Südpfalz verwirklicht und freuten uns auf die landestypischen Genüsse. Also dem Plateau de Fruits de Mer.
Gut, zugegeben, dass in der PGF französcher Spezial-Abend sein würde, wussten wir schon vorher. Und als die große Platte von uns vier ratzekahl geleert war, gab es keine Beschwerden hinsichtlich der fehlenden Regionalität. Im Gegenteil, die Stimmung war zusehend fröhlicher geworden, zumal alle von einer Platte aßen, mit allerlei Hilfsmitteln, aber meistens doch mit den (eigenen) Fingern. (Die Ihr hier eintretet, lasst alle Etikette fahren! Und genießt einen ungezwungenen Abend!)
An der angenehmen Atmosphäre sicherlich auch nicht völlig schuldlos die Getränke.
War der Start mit einem Chardonnay-Winzersekt (5€/0,1l) vom ortsansässigen Weingut Ralf Hundemer lediglich "ordentlich", konnte zu den Krustentieren schon der frische, aber harmonische, florale, mit einem Wort "lagenhafte" 2015er Weißburgunder überzeugen, eine trocken ausgebaute Spätlese von Mathias Kleinmann aus der Lage Birkweiler Mandelberg (27€). Pures Glück floss dann aber aus der Flasche 2013er Riesling GG aus der Lage Pechstein von Acham Magin aus Forst (45€). Schon klar, wer sich was gewünscht hatte... Verbeugung, lieber Marco!
Bevor das leckere Meeresgetier mit frischem französischen Baguette
und drei sauguden selbstgemachte Begleitern (Aioli, Cocktailsauce, Himbeeressig-Vinaigrette mit Schalotten) serviert wurde, hielten wir doch noch nach den üblichen Verdächtigen der Pfälzer Karte Ausschau und bekamen zumindest den hauseigenen, recht lockeren und mit reichlich Kräutern gepimpten Quark serviert. Dazu durchaus passend schöne frische Radieschenviertel (6€)
Ländlicher Genuss!
Mit der auf der Tafel offerierten Hummersuppe (5,5€) wollten wir kulinarisch schon auf den maritimen Hauptgang zusteuern. Doch das servierte Cremesüppchen erinnerte weder von der Farbe noch vom Duft an den König der Krustentiere. Auch die Einlage schien ungewöhnlich quadratisch. Die Probierlöffel später war uns klar, dass an die Küche versehentlich die Bestellung einer Käse-Lauch-Suppe weiter gegeben wurde. Nicht schlimm, hatten wir doch mit dem "Gemüsehummer" den running gag des Abends gefunden. Schade allerdings, dass die eilig nachgelieferte Hummersuppe kaum lauwarm und zudem auch nicht übermäßig geschmacksintensiv war. Vermutlich schon auf den Karkassen angesetzt, aber etwas Krebsbutter hätte doch noch geholfen. Das geht besser.
Die Stimmung stieg aber sofort wieder, als die übervolle Platte (aus 2 Portionen) mit den französischen Köstlichkeiten serviert wurde
Zwei (nicht zu) kleine Hummerhälften mit schon ausgelösten Scheren thronten in der Mitte, am Rande lockten sehr gute bretonische Austern aus Prat ar Coum auch die langjährigen Verweigerer (Am Ball bleiben! Der erste Schnaps schmeckt meist auch nicht...).
Von der Küste der Normandie Bouchot-Muscheln, an denen es außer der (fehlenden) Größe nichts auszusetzen gab.
Aus der Garnelenabteilung Langustinos, die mir leider zu weich waren. Dafür überraschten die Eismeercrevetten durch Knackigkeit und angenehmer Süße.
Am meisten Spaß hatten wir mit den Bulot-Meeresschnecken, die sich teilweise doch recht hartnäckig meinen ungelenken Versuchen verweigerten, sie mittels eines Zahnstochers aus den Gehäusen zu drehen. Immerhin passierte uns mit den "schlüpfrigen kleinen Scheißerchen" kein Missgeschick, obwohl wir doch zwei pretty women dabei hatten. Die sehr eigene Konsistenz gekochten Schneckenfleisches dämpfte bei einigen die Begeisterung für diese Spezialität recht deutlich. Ich fand es fein.
Der Hummer war von gutem kanadischen Durchschnitt, geschmacklich wie von der Saftigkeit, kannste nicht meckern. Was zu beweisen war. Denn, als gegen Ende des Abends Vater Theobald mit einer verräterisch dampfenden Stiege in die hinteren Räume verschwinden wollte, lüpfte MarcO mit Stammgastbonus einfach das Küchentuch. Die frisch dem heißen Bade entstiegenen Gesellen leuchteten so freundlich rot, dass mir spontan der Wechsel von einem Dessert zu einem weiteren Hummer nicht schwer fiel.
Für diesen kleinen Nachtisch gelangten ganze 20€ auf die Rechnung, da kannste ECHT nicht meckern.
Für das doppelte Plateau wurden insgesamt 90€ in Rechnung gestellt, ein sehr fairer Preis. Dafür haben wir weit entfernt von den Küsten der Grande Nation Meeres-Spezialitäten ordentlicher Qualität und in angemessener Menge geschmaust. Nicht mehr, aber allemal nicht weniger!
Natürlich wurde für die Pfälzer Genießer und die Fischköppe das eine oder andere zusätzlich auf die Platte geschmuggelt, wie uns der Domme verschwörerisch "verriet". Ein schlauer Wirt halt, durch und durch...
Für die Fans der süßen Fraktion noch eine Sauerrahm-Fruchtzubereitung nach Art eines Trifle (5,5€), eine Nocke cremiges, selbst gemachten Eis (rote Beere? Der gute Pfälzer Rebensaft ging scheinbar auf meine Konzentration...) für ganz kleine 2,5€ und NATÜRLICH mit großer Begeisterung der gute Herxheimer Schokokuss. Der Preis von 50 Cent lässt ebenso wenig Zweifel am PLV, wie die 3,5€ pro Flasche Wasser.
Zum rustikalen, aber modern aufgeräumten Interieur hat die spitze Zunge der Pfalz schon das Nötige geschrieben. Die Wandlampen und die Teelichter verbreiteten sehr warmes, fast goldenes Licht - pures Gift für die Fotos... Am oberen Ende der geschwungenen Holztreppe Raum für geschlossene Gesellschaften, halb Diele, halb Galerie. Das wäre mir zwar etwas zu offen, aber in der Gruppe ist das ja nicht so entscheidend. Eine Überraschung die Toiletten. Gar nicht im Stil des Landgasthofes, sondern viel edler dunkler Stein und hochwertige Armaturen. Schau an!
Ein denkwürdiger, wunderbar harmonischer Abend neigte sich dem Ende zu!
Wir bedauerten nur, dass wir die auf der üblichen Karte angebotene Elwetritsche nicht probieren konnten. Hier verbirgt sich dahinter eine mit Steinpilzen gefüllte Wachtel. Aber eigentlich (wer wüsste das nicht, nach eingehender Belehrung) ist das ja ein sehr autochthones Pfälzer Tierchen, ganz eng mit dem bairischen Wolpertinger verwandt, das sich besonders nach ausführlichen Weinproben zeigt. Schade, schade.
Und gebackenen Uhu gibt's auch erst wieder am 1. April...
...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere... mehr lesen
4.5 stars -
""Gebackener Uhu geht immer..." DerBorgfelder...besonders am 1. April!"
Als wir mit diesem letzten Scherz verabschiedet wurden, hatten wir Dominic Theobald, den weit über 2 Zentner schweren und kaum unter 2 Meter großen Wirt der Pfälzer Genussfraktion schon ausführlich kennen- und schätzen gelernt. Ein Gastwirt, wie er im Buche steht. Bedient, empfiehlt, schwätzt mit den Gästen, hat aber schon den halben Tag als gelernter Koch die Speisen vorbereitet, die seine Partnerin dann abends finisht und in einer Drehzahl heraus haut, die bei den zahlreichen Gästen (mehrere
Geschrieben am 06.03.2017 2017-03-06| Aktualisiert am
06.03.2017
Besucht am 01.03.2017Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Von einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben wir das an diesem Mittwoch auch.
Mein erster Eindruck war trotz des komplett in Braun- und wenigen Grüntönen gehaltenen Restaurants ein kühler. Was einerseits an den großen "nackten" Bodenfliesen lag und andererseits daran, dass in einem Teil des Raumes die Zwischendecke entfernt wurde und sich darüber nun durchgehende Dachfenster befinden. Am Tag oder im Sommer sorgt das sicher für wunderbar sonnige Plätze. Jetzt am Winterabend wird der Eindruck einer hohen, kühlen Diele verstärkt, sicher auch durch den gläsernen Windfang und den metallenen Raumteiler. Die beim teilweisen Durchbruch der Decke abgeflexten Träger und darunter eine große, unregelmäßig Fläche mit abgeschlagenem Putz bilden als künstlerisch bearbeitetes "Wandbild" einen sicher polarisierenden Hingucker.
Wir wählen lieber einen Tisch im hinteren, niedrigeren Teil des Raumes nahe der Bar.
Kein Problem für unseren heutigen Gastgeber Nico Spalding, der uns gemeinsam mit einer noch jüngeren Kollegin professionell versorgt. Bei einem jungen Team ist es nachvollziehbar, dass es an einer gewissen Lockerheit fehlt. Die Ansagen werden zu schnell abgespult, der leere Brotkorb erst auf Bitte aufgefüllt, manchmal ist man bei den Produkten nicht ganz sicher. Alles kein Beinbruch, man merkt, dass ein gut geschultes Team mit Freude an der Arbeit ist. Der Schritt zur Souveränität ist eine Frage der Zeit. Zudem wir uns am Tisch untereinander und auch gegenüber dem Service sehr offen über Licht und Schatten bei der Küchenleistung äußerten. Das kann dann schon mal etwas Druck aufbauen.
Lediglich ein petit four hätte ich mir auch ohne Kaffeebestellung bei zwei 6-Gang-Menüs und einer Weinbegleitung schon als "Rausschmeißerle" gewünscht. Aber das mag ja der Chef entschieden haben. Leider hat er sich bei unserem Besuch nicht zu den Tischen bemüht, so dass wir ihn nicht fragen konnten. Schade.
Nach der Platzwahl nahm ich mir die Zeit, den Raum genauer in Augenschein zu nehmen und erst jetzt fielen mir die vielen Äste und Baumwurzeln ins Auge, die als Deko-Element konsequent (z.B. auch in den tadellosen Waschräumen) eingesetzt werden und zusammen mit Geweihen der Diele plötzlich einen ganz anderen, "wärmeren" Charakter geben. Dazu passen die Vollholztische mit robusten Platzsets, ebenfalls im Holzdesign und die etwas zu schwach gepolsterten Holzstühle mit Ledersitzflächen. Viele kleine Strahler geben ein im Raum gedämpftes, auf den recht kleinen Tischen aber ausreichendes Licht. Hinzu kommen etliche kleine Kerzen. Auf dem Tisch ist zurückhaltend klassisch eingedeckt, die Serviettenringe aus geflochtenen Leder und die hölzernen Brotteller passen wieder in die rustikale Eleganz.
Während wir die Karten studierten (mit Leihbrille des Restaurants für die im Auto vergessene eigene), wurden uns auf Probierlöffeln je eine in Reis(?)-Perlen gewälzte Ziegenfrischkäse-Praline gereicht
Das war leider recht eindimensional. Der Frischkäse mit einem schweren Mundgefühl und der Crunch blieb nicht nur farblich blass.
Für den als Aperitif gewählten Riesling-Sekt von der Nahe galt das ganz und gar nicht. Er sollte später einen weiteren Einsatz haben.
Aus dem angenehm übersichtlichen Angebot wählten wir identisch (ohne, dass dies erbeten oder gar verlangt wurde):
- Schottischer Lachs, Tatar und geflämmt.
- Krustentier-Misosuppe mit Roter Wildgarnele.
- Verschiedenes vom - unvermeidlichen - Lofoten-Skrei (diese norwegischen Marketingteufel).
Eine Erfrischung war in der Karte angekündigt. Der Service wies ausdrücklich darauf hin, dass dieser "Gang" auf's Haus gehe. Davon waren wir zwar ausgegangen, aber nicht jeder ist mit diesen Sitten vertraut, daher ein Pluspunkt.
- Zweierlei vom Greater Omaha Beef.
- Als Dessert Zitrusfrüchte.
Nach dem Hauptgang orderten wir kurz entschlossen noch Fourme d'Ambert, worauf die Küche vorschlug, diesen erst nach dem Dessert zu nehmen. Sehr aufmerksam angesichts des kräftigen Blauschimmels, hinter dem es der Nachtisch doch sonst schwer gehabt hätte.
Auf die Weinbegleitung musste zumindest mein Gastgeber als Autofahrer verzichten, er beteiligte sich aber zurückhaltend bei einzelnen Tropfen. Da bei allem Genuss auch Geschäftliches auf dem Programm stand, wollte ich mir keine Notizen machen, was insbesondere zulasten der Weindetails gegangen ist. Seid nachsichtig...
Zunächst wurde zweierlei gutes Brot von Gaues serviert, aromatisiert mit Oliven und Tomaten
Begleitet von leicht gesalzener Butter, einer Currycreme und Gewürzsalz
Mit dem eigentliche Amuse wetzte die Küche zudem die Scharte vom Frischkäse mehr als aus.
Wunderbar zartes, aromatisches Wagyubeef aus Chile auf Udonnudeln mit Gemüsen und in einer asiatisch gewürzten beurre blanc aus der besonders Zitronengras kräftig heraus schmeckte. Sehr, sehr gut! Das Ganze in einer aparten Keramikschale, dem offenbar bevorzugten Geschirr des Hauses. Wir fanden diese häufig gewählte Präsentation schade, denn manches Mal kam "aus der der Tiefe des Raumes" optisch wenig. Was für Netzer ewigen Ruhm bedeutet, zwingt hier zu geschichteten Kreationen, wo man sich etwas Übersichtlichkeit für Auge und auch Gaumen gewünscht hätte.
Konsequent die schönen roten Stäbchen anstatt europäischen Bestecks - nur zu diesem Appetithappen, allerdings.
Als Begleitung wurde (nach meiner Erinnerung) ein Pfalz-Riesling eingeschenkt, ich meine von Winning, der sehr gut mithalten konnte.
Der folgende badische Wein, wohl auch ein Riesling, war solo erst etwas enttäuschend, gewann aber mit dem Lachs des ersten Menügangs.
Auf dem Deckel der Keramikschale war eine hübsche orange-grüne Kombination versammelt:
Das geschmacklich nicht überragende, aber gefallende und vor allem nicht zu kalte geschnittene Fleisch. Daneben Rogen auf einer Mousse von Queller-Algen. Die Passe-Pierre auch als Deko, zusammen mit einer schön knusprig gebackenen, intensiven Scheibe Fenchel. Dazu ein paar Tupfer Dillöl, die ich getrost ignorierte. Machte alles Lust auf mehr.
Und siehe, unter dem Deckel eine große Freude.
Das kleine Filet noch etwas glasig, kräftig geflämmt, schon pur ein Genuss. Es ist ein wahrer Segen, dass wieder so gute Lachsqualitäten verfügbar sind. Hier ein schottischer von Loch Duart, begleitet von Austernschaum und weiteren Salicornes. Ein feiner, durch den geflämmten Fisch ebenfalls ganz leicht in den fernen Osten weisender Auftakt des Menüs.
Auf die Suppe wollte ich ursprünglich verzichten, aber mein Begleiter war auf die Rote Wildgarnele gespannt. Gut, dass er mich überzeugen konnte!
Das Exemplar, mal der Länge nach auf einen Holzspieß gefädelt, war vorzüglich. Argentinische Ware von kräftiger Farbe, festem Fleisch und leicht nussigem Geschmack. Die Suppe konnte etwas weniger gefallen. Wieder war auf asiatische Kräuter gesetzt worden, Zitronengras und Lotuswurzel, vielleicht auch Koriander. Das war schon sehr parfümiert, für mein Gegenüber deutlich zu viel. Zudem auch recht salzig, zumindest für mich. Die als Einlage verwendeten Buchenpilze gingen dadurch leider etwas unter.
Beim Wein muss ich leider passen.
Auch der dritte Teller bescherte uns mit dem Lofoten-Kabeljau einen sehr guten Fisch.
Eine nicht zu kleines Rückenstück, vermutlich auch geflämmt, dazu gedämpfte Bäckchen und sogar frittierte Zunge. Bis auf die nichtssagenden Panade bei letzterer alles sehr gut zubereitet und ein Hochgenuss. Allein etwas kürzer hätte die Garzeit für mich sein dürfen, wirklich glasig war der Fisch nicht mehr. Das kann bei Gadus morhua ins Auge gehen. Ging es hier aber nicht. Auch das gebackene Stück Haut war recht knusprig. Eine sehr gelungene beurre blanc umschmeichelte den Fisch und ließ, anders noch als beim vorherigen Gang, auch dem wilden Brokkoli als Beilage Raum zur Entfaltung.
Zu diesem gelungenen Teller mit dem Viognier von Oliver Zeter auch ein starker Wein.
Vor dem Wechsel zum Fleisch kam die versprochene Erfrischung und konnte uns ebenfalls überzeugen, wenn auch nicht optisch.
Eine ungewöhnlich große Portion eines vorzüglichen, selten kredenzten Bergamottegranités, darunter Charentaismelone (die etwas unterging) auf einem Kokosschaum (der zunächst wie eine schwere Sahne aussah) und schließlich völlig zugedeckt Mandarineneis. Leider machte es der schichtweise Aufbau auch hier schwer, den verschiedenen Geschmacksnuancen nachzuspüren. Aber auch im Zusammenklang ansprechend und eine Erfrischung, die ihren Namen verdiente.
Zum Fleischgang wurde ein apulischer Primitivo eingeschenkt. Durchaus zu meiner Freude, da ich ja tanninarmen Roten mehr abgewinnen kann. Etwas Verwunderung kam aber doch auf. Die sich schnell legte, da das U.S. Beef in zwei Gängen serviert wurde, deren erster ein Ragout nach Art eines Sauerbratens war.
Also viel Frucht und (sehr) viel Säure, so dass der Süditaliener recht gut harmonierte.
Das kleine Gericht war mit Rosinen, roh mariniertem Rotkohl und einem kleinen, weichen, nur leicht elastischen Knödel grundsätzlich sehr stimmig kombiniert. Leider aber nicht ausgewogen. Die wenigen kleinen Fleischwürfel waren zwar schön zart geschmort, aber neben den kräftigen Begleitern kaum bemerkbar. Das gute Rindfleisch wurde hier vom Haupt- zum Nebendarsteller abgewertet. Besonders schade beim Fleischgang und angesichts der geschmacklichen Qualitäten des Fleischs, die im zweiten Teller (!) umso deutlicher zur Geltung kam.
Das saftige Filet (Welchen Marmorierungsgrad erkennen die Fachleute hier?) war auf der Tellerseite etwas weit gegart, überwiegend aber medium.
Abgefragt wurde der Gargrad nicht. Das zurückhaltend gebräunte Fleisch hatte einen leicht würzigen Eigengeschmack. Die Prärie ruft...
Begleiter waren wohl nochmals Buchenpilze, Crème vom schwarzen Knoblauch und Topinambur in Variationen, von denen mir die hauchdünn gehobelten, sauer eingelegten Scheiben mit ihrer Knackigkeit am besten gefielen. Eine Überraschung enthielt die gebackene Praline. Statt einer weiteren "Sättigungsbeilage" war hier ein überzeugendes Confit enthalten, das mir in seinem intensiven Fleischgeschmack mindestens ebenso behagte, wie das edlere Rückenteil.
Das folgende Zitrusfrüchtedessert war in einer ungewöhnlichen schweren, weißen Schale angerichtet, die bis auf die Farbe am ehesten an eine halbierte Bergamotte erinnerte.
Yuzu, Bergamotte als Chip und Buddhas Hand in Scheiben setzen eigenständige Akzente, durch Limonen und Zitronen als Sorbet und Puder kamen kräftige Säuren ins Spiel, die von Perlen weißer Schokolade schön eingebunden wurden.
An sich ein gelungenes Dessert, dem gleichwohl durch die ebenfalls Zitrusfrüchte enthaltende gerade genossene Erfrischung etwas Wirkung genommen wurde. Bei aller Effizienz wäre vor dem Fleisch vielleicht ein Eis aus roten Früchten die bessere Wahl gewesen. Dass ich gern den einzelnen Nuancen der vielen fruchtigen Säuren solo nachgeschmeckt hätte, dürfte wenig überraschend sein.
Dazu erhielten wir einen wunderbaren Cocktail auf der Grundlage von Yuzu-Sake, der mit Zesten der Früchte angesetzt war. Dazu Sauvignon Blanc Sweetheart von Oliver Zeter und schließlich aufgefüllt mit dem Rieslingsekt von der Nahe. Ein perfekter Begleiter!
Und als Abschluss der Fourme d'Ambert, der uns sehr positiv überraschte, optisch wie sensorisch.
In einer übergroßen Petrischale auf einem Bett von Moos und Rinden diesmal eine hölzerne Schale in Form einer halben Walnuss. Der Käse grob zerpflückt, mit einem Tannenhonig-Schaum übergossen und mit Walnusspulver bestreut. Die fruchtige Komponente steuerte hier Quitte als Chips und teilweise leider etwas holzigen Würfeln bei. Dazu Scheiben von schwarzen Walnüssen und als Clou große, eingelegte Fichtensprossen. Sehr aromatisch, der herb-ätherische Geschmack exakt so, wie man den Geruch im Wald wahrnimmt.
Obwohl der Käse etwas in den Hintergrund trat, ein perfekter Teller. Hier war das Ganze mehr, als die Summe seiner Teile!
Bei der Begleitung waren wir mit einer Trockenbeerenauslese von Kracher auf der sicheren Seite.
Fazit:
Zu Recht Tabellenführer in der Braunschweiger Genießer-Liga. Gefällt mir persönlich auch das Gesamtpaket im unkomplizierten Zucker besser, bietet das Alte Haus dem Genießer doch die besten Produkte, verbunden mit erstklassigem Handwerk und kreativen Ideen.
Zudem eine klare, jedenfalls an diesem Abend ganz deutlich asiatische/japanische Fokussierung und eine eigene Handschrift von Enrico Dunkel. Im Gegensatz zu den asiatischen Produkten und Aromen wird kein Teller-Ikebana aufgeführt, sondern stringent auf den harmonischen Zusammenklang gesetzt. Für mich war es nicht immer der perfekte Weg, was aber einem in jeder Beziehung höchst unterhaltsamen Abend nicht entgegen stand.
Von einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben... mehr lesen
Das Alte Haus
Das Alte Haus€-€€€Restaurant, Bar531.61 80 10 0Alte Knochenhauerstr. 11, 38100 Braunschweig
4.0 stars -
"Kreative Genüsse - eigenwillige Präsentation" DerBorgfelderVon einem großzügigen Geschäftspartner erhielt ich die Einladung, mal wieder in Braunschweig zu schlemmen. Nach dem Zucker (das wir beide sehr schätzen) und dem Da Piero ging es diesmal zum vermutlichen Klassenprimus Enrico Dunkel, der nun schon im neunten Jahr im - nun ja - alten Haus in der Altstadt residiert.
Beim verfrühten Eintreffen kurz nach 18.00 Uhr waren wir die ersten Gäste und bis auf eine Vierergruppe, die nach uns kam und (natürlich) auch schon wieder vor uns ging, bleiben
Geschrieben am 06.06.2017 2017-06-06| Aktualisiert am
06.06.2017
Besucht am 09.02.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 93 EUR
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen. Hier mein erster Bericht:
Schwerin, die nach Einwohnern kleinste deutsche Landeshauptstadt, ist trotz aller architektonischen Reize kulinarisch von blühenden Landschaften weit entfernt. Sternerestaurants sucht man vergebens (was im Norden leider so selten nicht ist) und auch sonst ist die Empfehlungs-Liste der Gastroführer auffallend kurz. Das Restaurant im Hotel Niederländischer Hof, nur wenige Schritte vom Hauptbahnhof am Pfaffenteich sehr schön gelegen, hat es immerhin in den Guide Michelin gebracht, wenn auch eher der Wintergarten gelobt, als die Küche besungen wird. Und auch der Feinschmecker zählt die ambitionierte regionale Küche mit einem "F" schon zu den "Besten für alle Tage".
Das mag hinkommen, wenn die Betonung auf dem zweiten Teil des Prädikats liegt.
Bei meinem Besuch mühten sich Service und Küche redlich, mit zum Teil auch anständigen Ergebnissen, aber doch unter dem eigenen Anspruch und erst recht unter dem einer Michelin-Empfehlung. Was zunächst einmal daran lag, dass ein Menüwechsel bevorstand und gleich mehrere Gerichte aus der an sich erfreulich übersichtlichen Karte nicht angeboten werden konnten. Zudem waren einige Weine ausgetrunken. Leider erfuhr ich das jedesmal erst nach getroffener (Ersatz-)Auswahl, etwas nervig. Das war allerdings auch die einzige Schwäche der weiblichen Fachkraft, die die insgesamt 7 Gäste an diesem Abend alleine gut betreuen konnte. Keine Besonderheiten, sie war präsent und freundlich und versuchte, trotz der Lücken der Karte meine Wünsche zu erfüllen. Solide.
Auch der Gastraum gefiel mir mit seiner gelungenen Mischung aus Altem (Eichenbüffet) und Neuen (Lichtkonzept). Nur die silberne Deko erinnerte noch stark an Weihnachten. Ich hatte einen schönen Tisch am Fenster. Das "Reserviert"-Herz aus Schiefer war ein hübsches Detail. Die künstlichen Schneeglöckchen sind nicht so meins. Die silbernen Salz- und Pfefferstreuer schon eher. Auf den Tischen zwei weiße Decken, die Hochlehner davor sogar mit weißen Hussen überzogen. Ein vollständiges Gedeck und gefaltete, gestärkte Servietten vervollständigten den leicht festlichen Eindruck, die altrosa gestrichenen Wände wirkten dagegen freundlich. Einladende leise Musik, Swing und Couplets der 20er bis 40er. Ja, hier kann man sich wohlfühlen; lediglich das in der Ecke stehende Frühstücks-Equipment erinnerte an die morgendliche Verwendung des Raums.
Bei einem gekühlten, zu spritigen weißen Port für sehr preiswerte 3,5€ vertiefte ich mich in die zwischen zwei orangenen Holzdeckeln gebundene Karte, die ebenso vom Logo des Hauses geziert wird, wie die Weingläser. Die corporate identity ist auch im übrigen Haus konsequent freundlich und für mich gelungen umgesetzt. Es bleibt aber ein Altbau, da knarrt und klemmt es eben (In meinem Fall übrigens die ganze Nacht die schlagende Fahnenleine vor dem Fenster.). Das ist Geschmacksache.
Nach dem angedeuteten Hin und Her stand schließlich die Bestellung:
Crême brulée von der Entenleber und Entenbrust mit Zwetschgen
Wild-Kraftbouillon mit Waldpilzen
Gebackenes Kassler auf Beeten
Welsfilet in Sesam gebraten
Rehrücken mit Quittenkompott
Käseauswahl
Die dafür in Rechnung gestellten 68€ ergeben ein sehr gutes PLV.
Aus der Küche kamen zunächst ein paar Scheiben Stangenbrot mit Körnern. Frisch zwar, aber völlig belanglose (Industrie?)Ware. Das war nach den vielen Fehlanzeigen gleich der nächste Hinweis, dass der Abend nicht zu den glücklichsten gehören würde. Die begleitende Oliven-Gemüse-Tapenade war mild, aber gefällig.
Als weiterer Appetithappen wurde ein Stück Galiamelone mit Serranoschinken serviert. Das war schon eher gelungen, weil beide Teile kräftig schmeckten und harmonierten; der hier eigentlich passende Balsamico verschlechterte das Ganze allerdings wieder durch zu aggressive Säure. Schade, ein Qualitätsproblem. Und die (blasse) Kirschtomate wurde mal wieder als geschmacklich sinnfreie Ergänzung missbraucht (@Peter3: Wenn du mit liest, herzlichen Gruß und: Du hattest ja so Recht!).
Der erste Gang mit Licht und Schatten. Die Entenbrust reichlich, rosa gebraten, nicht zu fett. Ihre Begleiter fein: Angeschmorte Zwetschgen mit deutlicher Note nach Nelke, das unter dem Fleisch versteckte Apfel-Birnen-Chutney brachte schöne säuerliche Frucht mit und Orangensenf angenehme Schärfe. Krasses Gegenteil die überflämmte Leberterrine, die kaum an Ente erinnerte, aber vor allem furchtbar mehlig bis sandig daher kam. Die kalte, harte, zu dicke Zuckerkruste konnte nichts retten, es sei denn die platte Süße sollte alles zudecken.
Fehlte was? Nein! Die Kirschtomate lag im ordentlichen, kleinen Beilagensalat...
Weiter ging's mit einer sehr heißen Wildbouillon, die mich mit dem ersten Löffel durstig machte. Ob es an dem reichlichen Salz lag oder vielleicht doch an einer Verwendung von Geschmacksverstärker? Auch die Pilze rissen nichts, Konsistenz wie Gummi und kein Geschmack. Wie gut, dass neben den Julienne als Einlage wenigstens die Kirschtomaten (!!!) für Wiedersehensfreude sorgten... Über den kulinarischen Sinn der Kombi Wild/Pilze mit Tomate grübelte ich gar nicht mehr, sondern hoffte nur noch, dass die Küche nicht auf diesem desaströsen Niveau verweilen möge, das überdies à la carte mit 12,9€ auch wahnwitzig überteuert gewesen wäre.
Ich nehm's vorweg, der nächste Teller war der Beste des Abends und auch die weiteren Gänge waren dann passabel.
Als Zwischengericht schmeckten mir die gut parierten Kasslerwürfel, die in einem leichten, Tempura ähnlichem Teig knusprig ausgebacken waren. Das war handwerklich gut gemacht und passte mit der Rustikalität gut zu den gehobelten gelben und roten Beten. Mozzarella, Rauke, Frisée und ja sicher, auch hier die unvermeidlichen kleinen roten Racker bildeten ein angenehm säuerliches Potpourri. Nur: Wie gern hätte ich statt Rauke und Tomate mal regionalen Löwenzahn und Sauerampfer... Sehr gut das Kräuter-Meerrettich-Dressing, ein schlau ausgedachter, pikanter Begleiter zum Kassler, wie zum Gemüse.
Nachdem Seeteufel und Flussbarsch ja "aus" waren, schwenkte ich beim Fischgang notgedrungen auf Welsfilet um. Das weiche Fleisch ist mir meist zu fade und bei den Bildern aus vietnamesischen Zuchttümpeln dreht sich mir der Magen um. Aber die Bedienung schwor Eide auf die regionale Herkunft und die Kruste von schwarzem und weißem Sesam sorgte für nussige Aromen. Das Kartoffel-Kohlrabi-Ragout war geschmacklich wahrnehmbar und vom Garpunkt angenehm. Die Chips von Pastinake und roter Bete hatten Crunch und mit etwas Kerbelpesto hielt auch dieser Gang eine positive kulinarische Überraschung bereit.
Erfreulich auch die unangekündigten Erfrischung in Form eines Cassis-Sorbets mit knusprigem Segel. Mit dem angegossenen Prosecco wurde hier das Thema Kir Royal gut umgesetzt.
Der Fleischgang war überzeugend. Rosa gegarter, zarter Rehrücken mit einem Topping von überwiegend Walnüssen und einer leichten Sauce. Dazu als winterliche Beilagen Pastinake, gebutterter Rosenkohl und flowery sprouts, die Gemüse-Senkrechtstarter der letzten Saison. Das Quittenkompott schmeckte mir etwas zu stark nach Nelke, war aber nicht alltäglich. Nur die ansonsten gute Kartoffelnocke hatte beim Ausbacken zu viel Fett gezogen.
Der Chef (?) kam an den Tisch und erläuterte für Mecklenburg regelrecht gesprächig den Teller. Das war sympathisch.
Zum Käse gab's leider nur das Industriebrot vom Anfang. Comté, Reblochon, Munster, Ziegenfrischkäse und Camembert waren nicht weltbewegend, aber mehr, als ich erwartet hatte und recht ansprechend präsentiert.
In den Tiefen der Bar wurde als Begleitung ein Likörwein der Württemberger Genossenschaft Dürrenzimmern gefunden, der mit viel dunkler Frucht und soviel Süße aufwartete, dass ich mit einem zweiten Gläschen den Abend beschloss. Was ich wohl nicht getan hätte, wenn ich den Preis von 10,9€ gewusst hätte. Das ist überzogen und passt so gar nicht in das sonstige Preisgefüge.
Fazit:
Vielleicht war es wirklich nur ein schlechter Tag. Wogegen die teilweise alltägliche Produktqualität spricht. Bei Fisch und Fleisch konnte man ahnen, was der Küche die am Beginn genannten Empfehlungen eingebracht hatte, ohne, dass selbst diese Teller die Erwähnung aktuell erzwungen hätten. Da scheint mir eher das relative Niveau vor Ort bewertet worden zu sein. Bislang konnte man sich im Niederländischen Hof wohl getrost auf den Lorbeeren des "1. Haus am Platze" ausruhen. Aber wehe, es erhebt sich ein Konkurrent mit wirklichem kulinarischen Anspruch! (Bericht folgt...)
Leider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen. Hier mein erster Bericht:
Schwerin, die nach Einwohnern kleinste deutsche Landeshauptstadt, ist trotz aller architektonischen Reize kulinarisch von blühenden Landschaften weit entfernt. Sternerestaurants sucht man vergebens (was im Norden leider so selten nicht ist) und auch sonst ist die Empfehlungs-Liste der Gastroführer auffallend kurz. Das Restaurant im Hotel Niederländischer Hof,... mehr lesen
3.5 stars -
"Schweriner Erzählungen I: Etwas enttäuschend." DerBorgfelderLeider nur berufliche Gründe führten mich mehrfach in den schönen Nordosten des Landes mit satten Rapsfeldern, grünen Alleen und pittoresk renovierten Innenstädten.
Die Reize der Küche liegen manchmal noch im Verborgenen. Hier mein erster Bericht:
Schwerin, die nach Einwohnern kleinste deutsche Landeshauptstadt, ist trotz aller architektonischen Reize kulinarisch von blühenden Landschaften weit entfernt. Sternerestaurants sucht man vergebens (was im Norden leider so selten nicht ist) und auch sonst ist die Empfehlungs-Liste der Gastroführer auffallend kurz. Das Restaurant im Hotel Niederländischer Hof,
Geschrieben am 05.02.2017 2017-02-05| Aktualisiert am
05.02.2017
Besucht am 04.02.20172 Personen
Rechnungsbetrag: 50 EUR
Von mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte der junge Parmesan ganz gut dazu. Den einfachen Plastikmühlen Pfeffer und insbesondere Salz zu entlocken, war allerdings mühsam, die Mahlwerke hatten sich weitgehend verabschiedet.
Der Hauptgang hatte Licht und Schatten. Toll das große Stück vom Winterkabeljau, sehr saftig, an der Gabel zerfallend, typischer Dorschgeschmack.
Leider nicht auf der Haut gebraten, die sehr labberig am Fisch hing und entfernt werden musste. Sonst bin ich für knusprige Haut sehr zu haben, sofern keine zu große Transchicht zu erwarten ist. Hier ja ausgeschlossen.
Der als Winterkohl angekündigte Grünkohl war klassisch norddeutsch zubereitet, kräftig gewürzt, recht fett, mit Hafergrütze und wohl auch durchgemengter Kartoffel. Ich hätte mir da zum Fisch eine modernere Version gewünscht, z.B. gedämpft und angebraten. Aber geschmacklich sehr gut.
Die Bratkartoffeln eine Frechheit.
Sehr dünn, eigentlich schön gebräunt. Aber so weich, das sie um die Gabel gewickelt oder in Falten gelegt werden konnten. Also alles, was man bei angebratenen Kartoffeln nicht möchte.
Konsequenterweise wurde auch nicht gefragt, warum die Schüssel voll zurück ging.
Das Kartoffeldesaster und die weiche Haut könnten sich dadurch erklären (aber keinesfalls entschuldigen!), dass man 45 Minuten vor Küchenschluss nicht mehr mit Gästen rechnete und die Platte schon kalt und gereinigt war. Aber eine Pfanne hätts doch auch getan! Bei den Garnelen meiner Frau ging's ja auch.
Ein Wort zum Ambiente. Im Gegensatz zu meinem verstorbenen Erzeuger konnte ich der Untergeschoß-Gastronomie in den Karstadthäusern nie viel abgewinnen. Aber da gehen ja auch hier die Meinungen auseinander.
Das Grätenfish bemüht sich, aus der Lage das Beste zu machen. Es gibt einen kleinen Bistrobereich mit Hochstühlen und Bank mit schönem Blick darauf, wer so Einkaufen kommt. Ein bißchen Laufstegatmosphäre, besonders nach dem zweiten Glas Wein, wobei die Auswahl da sehr eingeschränkt ist, auch qualitativ. Die Farbgestaltung ist freundlich und eine Vitrine zeigt gelegentlich ein paar selbstgemachte kalte Vorspeisen oder Austern. Die Plätze an der Theke um die offene Küche und die wenigen Tische sind eigentlich auch ganz angenehm gestaltet. Schöne große Fotografien einer mediterranen Landschaft, vielleicht Toskana. Das passt zu den Decken in rot und grün, die als Kissenersatz auf den schwarzen Holzstühlen dienen. Problem: Der Abschluss des Restaurants wird von der Rückseite der Gemüsekühlung gebildet. Also ein permanentes Brummen und richtig warm wird es an den Plätzen auch nicht. Zudem laufen regelmäßig Karstadtkunden durch den Laden, vermutlich zu den hinter der häßlichen weißen Stahltür befindlichen Toiletten. Kann der Wirt nicht ändern, aber mögen muss ich es ja deswegen trotzdem nicht.
Zum Essen würde ich es schon nochmal in Betracht ziehen. Aber nur mit einer anderen Person im Service.
Von mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte... mehr lesen
Der Grätenfish
Der Grätenfish€-€€€Restaurant042164919393Obernstraße 5 im Hause Karstadt, 28195 Bremen
3.0 stars -
"Schon mal besser" DerBorgfelderVon mir eine gewohnt kurze Ergänzung zum schon beschriebenen Schuhkauf-Belohnungs-Essen.
Der Chef, der kurz an die Tische kam, als die eigentliche Bedienung (ich vermute mal, seine Partnerin) kurz vor 18:00 Uhr Einkäufe erledigen musste, ist etwas brummig, aber durchaus freundlich. Gemessen an den sonstigen "Leistungen"...
Entscheidend ist, dass er ein guter Koch ist. Deswegen war ich heute etwas enttäuscht.
Das Carpaccio von Lachs und Heilbutt
war nicht zu kalt, aber trotzdem hat mir etwas Geschmack gefehlt, jedenfalls beim Lachs. Immerhin passte
Geschrieben am 04.02.2017 2017-02-04| Aktualisiert am
06.02.2017
Besucht am 25.01.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 112 EUR
Warnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan nach einem Tisch gefragt und problemlos erhalten. Nicht selbstverständlich in einiger Bahnhofsnähe, auf die ich wg. des drohenden 14.00-Uhr-Termins beschränkt war. Hat doch z. B. die nahe Zirbelstube im Januar ihr Mittagsangebot eingestellt. Das Délice öffnet sowieso nur abends. Und im 5 scheint man dem Netz nach mittags doch einige Abstriche machen zu müssen. Allerdings ist das schon nachvollziehbar, denn den "wunderbaren" Blick auf die bundesweit bekannte Baustelle
wollte auch hier bis kurz vor 14:00 Uhr außer mir nur noch eine einzige andere Genießerin auf sich nehmen.
Das Olivo hält die Werbung für das Abendangebot dagegen aufrecht und reagiert nicht mit einer einfacheren Küche, sondern mit einem sehr beschränkten Auszug aus der Karte: Aus je zwei Vor- und Hauptspeisen, Käse und einem Dessert kann ein Menue von 3 Gängen zu 82€ oder vieren zu 94€ kombiniert werden. Ob die Weinbegleitung auch mittags gilt, konnte ich wegen der nachfolgenden beruflichen Aufgaben nicht testen; es scheint mir wahrscheinlich.
Die Beschränkung auf das Menue-Angebot ist in sich konsequent und ermöglicht, auch mittags das "volle Programm" der Sterneküche zu fahren. Das ist perfekt gelungen. Bei gleichzeitiger Bespielung des à-la-carte-Restaurants hat es die Küche geschafft, mich nach exakt 105 Minuten glücklich und satt, doch nicht übervoll und schon ein bißchen beeindruckt zur Arbeit zu entlassen.
Ich wählte die "große Version" und entschied mich für angebratene Jakobsmuschel, confierte Wachtelbrust, Atlantik-Seeteufel und zum Abschluss Rohmilchkäse von Affineur Waltmannus Erlangen.
Der junge Maître, der nach seiner letzten Station im Sylter Hotel Fährhaus seit einem Jahr in Stuttgart empfängt, erleichterte mir die Antwort auf die Aperitiffrage zumindest mit einigen Vorschlägen aus unterschiedlichen Kategorien. Ich entschied mich für einen weißen Port von Ramos Pinto, der für 9€ angenehm kühl serviert wurde. Über den Wasserpreis genannten Subventionsbeitrag schweige ich, "immerhin" noch nicht zweistellig...
Nach Bestellung des Aperitifs gestaltete die Küche schon das Studium der Speisenkarte mit einigen Petitessen genussvoll. Auf der Höhe des Zeitgeists wurden halbkreisförmig vor mir bereit gestellt:
Büsumer Krabbensalat mit Rauchchip (auf Mini-Holzpaddel)
Gazpacho (aus dem Reagenzglas)
Olivenöl-Gelpraline (auf seinem Holz-Löffel und Blättern)
Thunfischtatar (auf - hoffentlich falscher - Koralle)
Wildschweinschinken mit Variationen von Rot- und Rosenkohl (auf Geweih)
Es wurde, wie auch bei den folgenden Gängen, genau angesagt.
Alles durchdacht und perfekt ausgeführt.
Gefallen haben mir u. a.: Bei den Nordseegarnelen der Rauchgeschmack. Die geeiste Suppe hatte am Ende den pikanten Kick. Für das Öl hätte ich mir zwei oder drei Salzflocken gewünscht, der Geschmack war aber sehr intensiv. Das knusprige Teigröllchen war an einer Spitze in schwarzen und weißen Sesam gestippt, so dass der optische Eindruck der "Zigarette" verstärkt wurden. Solche Spielereien finde ich nett, wenn sie denn mit erstklassiger Qualität des Produkts einher gehen. So wie hier.
Am spannendsten war der Rosenkohl, der mit seiner leichten Bitternote Wildschwein und Rotkohl zu einem Wintergeschmack en miniature veredelte. Allein die Gewichtung ging etwas zu Lasten des Schwarzkittels aus.
Keinerlei Kritik, die den Bereich der persönlichen Vorlieben verlassen hätte. Im Gegenteil der klare Hinweis, dass hier die Küche genau weiß, was sie tut.
Das bestätigte sich in der nächsten Runde
Viererlei selbst gebackenes Weißbrot (Natur, Tomate, Röstzwiebel, Kümmel), Grissini und als erstes wirkliches Highlight Gougere au fromage
ein frisch gebackener Windbeutel mit geschmolzenem, kräftigem Bergkäse, von außen knusprig, von innen fluffig und noch leicht warm
In Windeseile beim Ober das Menü abbestellt und dafür noch drei von diesen luftig-duftigen Verführern geordert. Er musste auch lachen...
Als Begleiter eine aufgeschlagene Crème fraîche, Échiré-Butter und ein festes Olivenöl mit schwarzem Olivensand
Ich kam kaum dazu, in die Tageszeitung zu schauen, die mir von einer charmanten Dame von der Rezeption herauf gebracht worden war, nachdem ich beim Gastgeber "geklagt" hatte, dass ich ja keinen Gesprächspartner habe. (Eigentlich ging es darum, dass ich keine Pause brauchte.) Auch mein Mantel, den ich in der Lobby vergessen hatte, wurde mir nachgetragen. Das Alter... Immerhin lehnte ich am Ende meines Besuches sportlich die selbstverständlich angebotene Hilfestellung bei der Garderobe ab.
Nun konnte es also los gehen - und wie es ging!
Als Amuses wurde faktisch ein Surf'n'Turf in zwei Akten gereicht.
Als Gruß aus dem Meer Variationen von der argentinischen Wildgarnele
Im türkisen Teller schwamm gleichsam der wunderbar zarte Schwanz auf einer Woge von Petersilienwurzelschaum daher. Chips der Knolle blähten sich gleich Segeln auf Gischttropfen und eine Julienne von grünem Spargel diente als Ruder. Welcher Kurs lag an? Immer in Richtung Fixstern, der über dem muschelgeschmückten Strand strahlte Frittierte Garnelenpraline (in der Fotogalerie auch Vollständig...)
Ein intensivstes Tartar von der Garnele in Tempurateigfäden crunchy ausgebacken
Ein weiterer früher Höhepunkt!
Das zweite Amuse, quasi (Achtung Wortspiel!) der Land-Gang, war sehr fein komponiert, konnte mich aber nicht gleichermaßen begeistern. Angekündigt als Das Goldne vom Ei
verbargen sich unter dem von Kaviar gekrönten Brotchip im passend goldfarben lackierte Ei drei Schichten. Zuoberst knusprige Krümel vom Eigelb, vielleicht gefriergetrocknet. Dann als Verbindung ein Trüffelschaum und schließlich cremige schwarze Linsen zum recht rustikalen Abschluss
Angenehmes Mundgefühl, aber etwas zu wenig akzentuiert.
Aber es ging ja mit der angebratenen Jakobsmuschel weiter, die in zwei Tranchen angerichtet war, angenehme Röstnoten hatte und ansonsten mit typisch süß-nussigem Aroma punktete
Der Gargrad perfekt plus-minus ein paar Sekunden je nach persönlichen Vorlieben. So weit, so gut, so erwartbar. Überraschend und überzeugend die Variationen von Butternut-Kürbis und Schafsjogurt, die von Passepierre-Algen und rotem Ingwer ergänzt wurden
Letzterer hatte ein Aroma von frischem Gras, ungewöhnlich. Das brachte unterschiedliche Geschmacksrichtungen ebenso wunderbar zusammen, wie die verschiedenen Konsistenzen u.a. von Gel über Schwamm bis zu knusprigen Kürbiskernen. Kann man da meckern, dass die Muschel nur in einzigen Ausführung angeboten wurde? Nö. Und zwar schon deshalb nicht, weil gesondert in einem Cannellono ein rohes Tatar
gereicht wurde, das ebenfalls von zwei Kürbiszubereitungen begleitet war. Da heißt es, den Hut gezogen und einmal ganz tief verbeugt! Für den Gaumen und ebenso für's Auge ein Fest!
Beruhigend anzuschauen dann der nächste Teller, dessen Farbtöne sich von Crème zu dunklem Braun harmonisch entwickelten
Aber hier wurde auch die Nase "begeistert", denn der ungemein aromatische Duft des gehobelten Perigord-Trüffels kündigte den Teller formidabel an und hielt mit seiner Frische auch im Mund, was er versprochen hatte. Meilen entfernt von der aufdringlichen Modrigkeit der Trüffel, die bei so manchem Edel-Italiener serviert werden. Die Gemüsefraktion wurde hier vom häufig unterschätzen Blumenkohl gestellt. Mir gefielen besonders die knusprig gebackenen Scheiben. Die noch ganz leicht wahrnehmbare Bitterkeit wurde von der am Tisch angegossenen Trüffelvinaigrette toll eingebunden und für die Schlotzigkeit des Ganzen sorgte das auf Karfiolpüree servierte Eigelb. Tupfer von Brunnenkresse sorgten für etwas Frische. In jeder Hinsicht die Krönung waren jedoch die Tranchen der confierten Wachtelbrust
Ich habe leider viel zu lange viel zu schlechtes Geflügelfleisch gegessen. Umso mehr schätze ich nun die Zartheit und absolute Saftigkeit, wie ich sie bei diesen Stücken genießen durfte. Einfach nur köstlich.
Vor dem Hauptgang folgte eine kleine Pause, die ich für einen Abstecher in die Waschräume nutzte. Diese liegen außerhalb der Restaurants und stehen sicher auch für den Bankett- und Tagungsbereich zur Verfügung. Daher gibt es leichte Abnutzungserscheinungen. Indes sind Sauberkeit und Frische absolut gegeben.
Gerade nach Rückkehr an den Tisch fiel der Unterschied seit dem letzten Relaunch eben auf. Im Restaurant erinnert eben nur noch das (sehr schöne) Stäbchenparkett an etwas verspieltere, holzlastige Zeiten. Ansonsten ein klares, edles Ambiente in weiß und braun. Gerbera bilden den einen farblichen Stopper, der das Auge erfreut. Nicht überladen, auch nicht auf den Tischen, aber eben keine Spur von nordischer Kühle
Die lange Fensterfront lässt viel Licht herein. An den Säulen etwas Literatur zum Nachdenken. Im hinteren Bereich einige Nahaufnahmen von Oliven, naja. Der Lehnstuhl bequem, zumindest bei meinem in zeitlicher Hinsicht Power-Lunch.
Ich fand eine frische Serviette vor und mir wurde ganz klassisch erneut der Stuhl heran geschoben. Eingesetzt wurde mit weißen Handschuhen. Ich denke, man erkennt es schon an den eingestreuten Hinweisen: Dieser Service des durchweg jungen Teams war zum einen fachlich perfekt. Aber dabei eben auch von natürlicher Freundlichkeit und echter Aufmerksamkeit. Ich hatte deutlich das Gefühl: Es geht darum, dass ich mich als Gast rundherum wohl fühle. Und sie wissen auch genau, wie man das anstellt. Bravo!
Und auch kulinarisch wurde das Niveau gehalten.
Der Seeteufel fleischig-fest (wie ich es liebe), mit etwas Piment d'Espelette gepimpt
Die Variationen von Fenchel, einem Gemüse, das ich erst nach und nach zu schätzen lerne, haben mich sehr positiv überrascht. Der krachende Krautsalat, ein knusprig gebackener Schnitt von kaum mehr als mikroskopischer "Dicke" und die mit schönen Röstaromen versehene saftige Scheibe passten auch wunderbar zum ebenfalls am Tisch angegossenen Bouillabaisse-Sud. Die Zubereitungen der Tomate brachten erfreulicherweise eher fruchtig-süße Aromen, als starke säuerliche Nuancen ein. Hier war die getrocknete dünne Schnitte der Kirschtomate mein Favorit. Zwar wurde der Kiemenatmer aus dem Atlantik gezogen, doch die leicht mediterrane Zubereitung hat ihn sehr schön ergänzt, nicht überdeckt.
Abschluss statt Dessert mal wieder Käse von Waldmann aus Erlangen (ich spekulierte allerdings schon auf ein paar petits fours und schäme mich ein wenig). Die Auswahl im Käsewagen war beeindruckend und endlich einmal sehr ansprechend präsentiert
Ich wählte gegen meine sonstige Gewohnheit kräftige bis sehr kräftige Sorten
Zu allem konnte Herr van Berkel inhaltliche Auskunft geben, sowohl zu Geschmack wie auch der Zubereitung. Mir schmeckte diesmal der korsische Brin d'Amour aus Schafsmilch mit seinen kräftigen Kräutern besonders gut. Dazu wurde hauseigenes Früchte-Nuss-Brot in angenehm dünnen Scheiben
sowie erneut Baguette gereicht. Fruchtzubereitungen aller Art wurden von mir nicht vermisst.
Die Zeit drängte zwar nicht zu sehr, aber auf einen Kaffee verzichtete ich. Meine unverschämten Hoffnungen nicht enttäuschend, wurden mir trotzdem noch einige süße Leckereien angeboten
Zumindest den fruchtigen Verführern - Brombeermacaron, gezuckertes Holundergelee, Himbeer-Marshmallow - konnte ich auf Anhieb nicht widerstehen. Zum Verschwinden von Karamell- und Kakaopraliné kann ich keine sachdienlichen Hinweise mehr machen. Aber Brownie und Mandeltarte blieben unberührt. Bestimmt. Glaube ich...
Fazit:
Hier wird traditionell gekocht.
Wieviel Kritik kann in diesem einfachen Satz stecken oder - in diesem Fall - wieviel Bewunderung.
Zweierlei gilt es klar zu stellen.
Es ist nicht das Überkommene der Regionalküche, die derzeit eine ungeahnte Renaissance, mancherorts einen Hype erlebt. Sondern die Tradition der grande cuisine. Exzellente Produkte: Garnele, Jakobsmuschel, Wachtel, Seeteufel. Ein festes Rahmenprogramm: Amuses, Brot (dem Aschenputtel der Gastronomie, in dem eine Prinzessin steckt), Käse, petits fours. Dazu eine beeindruckende Weinkarte. Und ein Service, der den Gast in jeder Hinsicht umsorgt, unauffällig, aber jederzeit zur Stelle und die Bedürfnisse voraus ahnend, bevor der Gast sie äußert.
Dieses über wohl 150 Jahre entwickelte Wissen, welche Produkte von Natur aus gut sind und durch welches Handwerk sie noch besser werden, ist ein überaus solides Fundament.
Eine Basis, dies als zweite Bemerkung, auf der die große Küche ihre weitere Tradition aufbaut, nämlich seit jeher kreativ zu sein. Das Vorgefundene (der regionalen bäuerlichen oder gutbürgerlichen Küche), das sich dort eben nicht ändert, aufzunehmen, zu verfeinern und weiter zu entwickeln. Auf eben jenem festen Stand kann Neues wie roter Ingwer hinzu treten und Spannung erzeugen. Oder es kann zurückhaltend mit verschiedenen Aggregatzuständen gearbeitet werden, ohne dass es disharmonisch oder gar effekthaschend wirkt.
Das gleiche gilt für den Service. Wer es schafft, die Mittagsöffnung für einen einzigen Gast völlig selbstverständlich wirken zu lassen, hat auch das Standing, über no-shows, ihre Wirkung in dieser Preisklasse und mögliche Reaktionen darauf in völlig angemessener Weise zu diskutieren.
Weniger als zwei Stunden, die mir verdeutlichten, warum ich bestimmte Restaurants überhaupt aufsuche und warum Geld für gutes Essen (fremd oder selbst zubereitet) auszugeben, eine der sinnvollsten Investitionen des Tages ist.
Warnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan... mehr lesen
OLIVO im Steigenberger Graf Zeppelin
OLIVO im Steigenberger Graf Zeppelin€-€€€Restaurant, Sternerestaurant07112048277Arnulf-Klett-Platz 7, 70173 Stuttgart
5.0 stars -
"Perfekter Lunch!" DerBorgfelderWarnung 1: Überlänge
Warnung 2: Gastrosophische Überlegungen
Als ich ging, kam Chef Nico Burkhardt aus der Küche und verabschiedete mich persönlich. So schloss sich der Kreis beim Mittagessen im Olivo, dem erneut (völlig nachvollziehbar) besternten Gourmetrestaurant im Steigenberger Hotel vis-a-vis des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Denn schon bei meiner Ankunft um 12:00 Uhr begrüßte mich Gastgeber Christiaan van Berkel persönlich. Zuvor hatte ich nach etwas geistiger Arbeit in der Lobby (zwar mit Kaffee aus dem Vollautomaten, aber exzellenter Patisserie - Schokolade ist Menschenrecht!) spontan
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Nach dem etwas durchwachsenen winterlichen Besuch im Gourmetrestaurant des Hauses, stand mir im Mai der Sinn nach etwas rustikaleren Genüssen. Also auf ins Bistro.
Sehr freundlich empfangen ging es noch bei herrlichem Sonnenschein hinaus auf die Terrasse in der barocken Königsstraße. Unter großen Schirmen und mächtigen Kastanien ließ es sich hier wunderbar aushalten, abgeschirmt vom wenigen Straßenverkehr auf dem Kopfsteinpflaster. Dass eine Lieferantin vor den Außenplätzen hielt, statt sich einen Parkplatz zu suchen, war nicht nett, aber noch nachvollziehbar; der minutenlang laufende Motor ganz sicher nicht.
Die Ausstattung entspricht dem hohen Anspruch des Bülowpalais.
Die u. a. durch große Blumenkästen im Rostlook abgegrenzte Fläche mit Kunststoffboden ist aufgebockt. Das vermittelt „Überblick“. Eine Rampe für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen habe ich nicht wahrgenommen; sie mag angelegt werden können. Das Mobiliar aus Metallguss und groben Kunststoffflechtwerk vermittelt einen soliden Eindruck. Im positiven Sinne überraschend bei einer Außengastronomie sind die komplett eingedeckten Tische.
Sauberkeit trotz Außenplätzen mustergültig.
Der Service wird weitgehend von drei jungen Menschen in oder gerade nach der Ausbildung gewuppt. Alle fielen durch Engagement und Freundlichkeit, gepaart mit einem schon guten Wissensstand auf. Kleinere Vergesslichkeiten werden hoffentlich mit zunehmender Routine überwunden. Bezeichnend, dass der einzige Misston von einer Fachkraft oder gar Restaurantleitung (Bistro) kam, die auf eine (allerdings ungerechtfertigte) Kritik zickig antwortete.
Als Durstlöscher war mir der angebotene, gut gekühlte Traubensecco (4€) gerade recht. Zum erbetenen Leitungswasser wurden Eiswürfel offeriert.
Die Gerichte aus dem Spargelmenü und aus der regulären Abendkarte konnten ohne weiteres kombiniert werden. Lob für diese Flexibilität der Küche.
Ich entschied mich für
- Salat von konfierter Kaninchenkeule und Spargel mit Macadamianuss (10,5€)
- Ceviche von der Gelbflossenmakrele mit Avocado und Limette (12,5€)
- Spargel mit Sc. Hollandaise, Butterkartoffeln und zweierlei Schinken (26€)
- Rhabarber, Quark und Sauerampfer (9€)
Dreierlei Brote wurden aufgetischt, waren frisch und geschmacklich unterscheidbar. Dazu eine vorbildlich streichfähige Butter und eine angenehm gekühlte Olivencreme mit starkem Aroma. Gut!
Ich bin kein großer Freund von Salaten, allzuoft ergänzen sich die Komponenten nicht, sondern gleiten in ein undefiniertes Einerlei ab. Nicht so hier! Das zarte und durch das Konfieren saftige Fleisch des possierlichen Hopplers verband sich ideal mit dem knackigen Spargel und den gehobelten Edelnüssen in einem leicht süßen Grundgeschmack.
Gleichzeitig waren die Zutaten gut erkennbar. Etwas Zwiebelgrün und Radieschen sorgten zudem für Frische und Biss. Ein perfekter Frühlingssalat. Irritierend nur die Kirschtomaten. Meine provokante Vermutung, dass hier etwas Farbe ins helle Einerlei kommen sollte, wies Chef Biedlingmaier, der sich wieder die Zeit für ein Gespräch nahm, gewohnt sympathisch zurück. Um die fruchtige Säure sei es gegangen. Okaaaay... Dann waren die Tomaten aber zu grob geschnitten. Das deckte die milden Aromen völlig zu und es ist ja nicht Aufgabe des Gastes, erst ein ausgewogenes Verhältnis der Zutaten herzustellen - allemal in einem Salat. Und böten sich Mitte Mai nicht schon elegante Scheiben einer Erdbeere an? Egal, ich ließ die roten Halbkugeln einfach auf dem Teller zurück und freute mich auf den nächsten Gang.
Der peruanische Klassiker Ceviche vom Hamachi war diese Saison schwer angesagt und auch für mich zur Erfrischung häufiger auf dem Teller.
In Dresden kam ein Referenzprodukt auf den Tisch!
Das Makrelenfleisch in dünne Streifen geschnitten und daher durch die Beize recht weich; das ist bei rohem Fisch Geschmackssache. Jedenfalls war das Säurespiel perfekt. Immer wenn ich dachte, jetzt beißt es zu, setzte sich die Frucht der Limone durch. Mit Chili und roten Zwiebeln kam etwas Schärfe ins Spiel, die von der süffigen, glatten Avocadocreme gut eingebunden wurde. Für Crunch sorgte das frittierte Stroh von der Süßkartoffel. Was ich sehr intelligent fand, denn so verwies selbst das Topping in die Heimat des Gerichts nach Südamerika! Und für das Auge gab es kräftige Farben. Bravo, Herr Biedlingmaier!
Eigentlicher Grund für den Verzicht auf Sterneküche war jedoch mein unbezähmbarer Appetit auf frischen deutschen Spargel! Nach drei Wochen Ami-Küche verständlich, aber eigentlich geht mir das jedes Jahr so...
Umso ärgerlicher, dass sich die Wartezeit im Bistro immer länger hinzog. Keine Ahnung warum, wurde auch nicht erklärt. Schien aber nicht nur Schuld der Küche gewesen zu sein, denn als endlich serviert wurde, war die Ware aus dem Spreewald nur lauwarm. Nee, wenn schon, denn schon! Der Teller ging zurück und nach erneuter, für sich genommen nachvollziehbarer Wartezeit kamen auf heißem Porzellan exakt gegarte Stangen mit frisch aufgeschlagener Hollandaise und Butterkartoffeln
Einfach. Köstlich. Einfach köstlich. Dazu zweierlei Schinken
Der geräucherte nussig-mild. Die gekochte Variante irritierte mit, wie sollte es hier anders sein, säuerlicher Note. Auf Nachfrage wurde auf den speziellen Thymian-Rub des Metzgers verwiesen.
Zur Garnitur von mir übrigens kein weiteres Wort!
Mangels Silvaner im Angebot stimmte ich mal wieder einem empfohlenen Grünen Veltliner (6,5€) zu. Schmeckte mir immer noch nicht. Muss mehr auf HB aus H hören...
Die Spargel-Portion war klein (und dafür zu teuer; vielleicht versehentlich der à-la-carte-Preis?), passte aber im Menü ganz gut, denn ausnahmsweise hatte ein Dessert mein Interesse geweckt. Der Schwabe am Herd blieb seiner Linie mit einem mit Quark geschichtetem Rhabarber-Granité treu
Dessen Säure aber sowohl vom süßen Crumble aufgefangen, als auch von einem Wildkräuterpesto herb-würzig-scharf ergänzt wurde. Eine spannende Komposition, die einen erfrischenden Abschluss des in mancherlei Hinsicht sonnigen Abends bildete.
Auch für Bülows Bistro gilt: Benjamin Biedlingmaier ist ein Chef mit spannenden Einfällen, die trotzdem ganz weit weg von verkopften Ideen bleiben. Hier macht sauer in der Tat lustig.