Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren Schweinehund, der zu bequem zum Kritiken schreiben war, überwunden.
Nach etwa 100 Bewertungen hat mich der Verkauf an Yelp ausgebremst, da ich aussagekräftige Kritiken schreiben möchte, für Menschen, die gutes Essen schätzen. In einem Portal, bei dem man auch seine Wertschätzung für die Heiße Hexe an der Tankstelle veröffentlicht, fühle ich mich nicht mehr wohl und suche eine neue Kritikerheimat.
Nachdem mittlerweile (fast) alle geschätzten Kritikerinnen und Kritiker aus dem Verschwundenen Portal hierher gewechselt und ein paar mehr dazu gekommen sind, fühle ich mich wieder wohl. Ein bißchen wie im Stammlokal, man kennt/schätzt/neckt sich, tauscht Neuigkeiten aus... Eben lesen, schlemmen, schreiben.
Leider auch Gourmand gehe ich mittags regelmäßig allein oder mit Kollegen essen. Abendessen zu zweit waren in der Vergangenheit rar gesät, das wird jetzt nachgeholt! Auf Dienstreisen vertreibe ich mir die Zeit stets mit abendlichen Restaurantbesuchen, möglichst in den Highlights. So war ich auf Restaurantkritik gekommen und hatte den inneren... mehr lesen
Bewertungs-Statistik
Insgesamt 275 Bewertungen 333101x gelesen 9841x "Hilfreich" 8832x "Gut geschrieben"
Geschrieben am 07.04.2017 2017-04-07| Aktualisiert am
07.04.2017
Besucht am 15.01.2017Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 71 EUR
Urgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen Eichen-Ständerwerk sind auf den Fensterbänken, auf Vorsprüngen und in einer Vitrine reichhaltig Kissen, Vasen, Kunst verteilt. Zwar ohne Kitsch, aber der Eindruck eines prall gefüllten Puppenhauses kommt schon auf. Die Lichterketten mögen noch von Weihnachten hängen, Mitte Januar kein Beinbruch. Kontakt mit den anderen Gästen bleibt so nicht aus, mit wenig Mühe konnte man wirklich jedes Gespräch im Raum mithören. Aber der Rheinländer gilt ja ohnehin als gesellig... Auf der Suche nach den Toiletten stand vermutlich schon jeder Erstbesucher plötzlich im winzigen Büro neben der auch nicht üppig dimensionierten Küche. Um dann freundlich-resolut nach draußen und ums Haus herum gebeten zu werden, wo sich in einem Anbau einfache, aber sehr saubere Örtlichkeiten befinden, die bei meinem Januarbesuch erfreulich beheizt waren. Das hat schon etwas von Gartenwirtschaft. Und in der Tat dürfte die Terrasse am Rhein hinter der weinumrankten Pergola inzwischen schon wieder Anziehungspunkt für das gemischte Publikum sein. Seit einigen Jahren befindet sich im Garten zudem ein recht ansehnlicher Wintergarten-Zeltbau, der nicht nur für größere Gesellschaften zur Verfügung steht. Auch im Januar zwangen einige Gäste, die im Restaurant keinen Platz mehr gefunden hatten, den Service zu recht weiten Wegen. Dem Vernehmen nach soll das feste Zelt allerdings bei erhöhtem Gästeaufkommen plus Sonneneinstrahlung schnell in den Sauna-Modus schalten.
Für mich war noch ein Sitzplätzchen im Innenraum frei. Auf den schwarzen Holztischen, die mit wuchtigen Beinen auf den großen roten Kneipenfliesen stehen, liegen nur kleine weiße Stoffsets. Darauf einmal klassisch eingedeckt, auch eine kunstvoll gefaltete Stoffserviette findet sich. Dazu weiße Kerze im (Zinn?)Blechhalter und Salzstreuer. Alles durchaus hochwertig, aber man sieht dem Interieur die jahrelange intensive Nutzung doch inzwischen mehr als deutlich an. Das schwere Besteck ist arg zerkratzt, die einfachen, aber dünn gepolsterten Bistrostühle ebenso angeschlagen, wie die auf Wunsch gebrachte, aber nicht benötigte Peugeot-Pfeffermühle. Am auffälligsten ist die Abnutzung an manchen Tischplatten. Großflächig ist der Lack abgeplatzt. Recht große Wachsrückstände, zugegeben hinter einem Ständer, fielen mir negativ ins Auge. Zudem haben sich ein paar Spinnweben in der Vielzahl der Accessoires halten können. Eine Grundrenovierung sollte nicht mehr allzu lange aufgeschoben werden.
Sehr angenehm der ruhige, höfliche und aufmerksame Service, den Frau Zozin mit einer Kollegin versieht. Freundlich, aber nicht anbiedernd. Kompetent, aber nicht bevormundend. Flott, aber nicht hektisch. Ich bekomme auch hier eine Ausgabe des Feinschmeckers zum Zeitvertreib, wobei die Wartezeiten angenehm waren. Alle Wünsche wurden wenn möglich erfüllt, ansonsten Alternativen vorgeschlagen. Die Nachfragen erfolgen aufmerksam. Man wird als Gast behandelt, weder als sofortiger Freund des Hauses, noch als gefühlter Störenfried.
In diesem Punkt ist das: "Alles wie immer!" ein Kompliment, nämlich für eine erneut tadellose Leistung.
Was genauso für die Küche gilt.
Da ich am Vorabend geschlemmt hatte, wählte ich aus der zwar recht hübschen, aber auch schon ramponierten, geöffnet gereichten Pappkarte bei einem mustergültig gekühlten White Port von Dows (4€) nur einen gewohnt einfachen Lunch:
Carpaccio vom warmen Tafelspitz mit Rapunzeln in Kartoffelvinaigrette (13,5€)
Rieslingsuppe mit Fischen und Kräutern (9,5€)
Gebratene Kalbsnierennüsschen in Thymiansauce mit Fettucine (16,5€)
Während ich den internationalen Evergreens der 50-er bis 70-er Jahre gern und den Unterhaltungen an den Nebentischen eher gezwungen lauschte, wurden Butter und reichlich krosses Baguette gereicht. Dann kam auch schon der formidable badische Grauburgunder von Dr. Heger, Ihringer Winklerberg 1. Lage, der perfekt für mich in der halben Flasche (18,5€) angeboten wurde. Selbst das nach dem ersten Einschenken in der Flasche verbleibende Schlückchen wurde mustergültig im Kühler deponiert und aufmerksam nachgeschenkt.
Die Flasche Aqua panna mit 4,9€ freundlich bepreist.
Der erste Gang war eine Wucht:
Der in der Tat noch warme Tafelspitz war wunderbar mürbe und von kräftigem Rindfleischgeschmack.
Darüber eine Tomaten-Schalotten-Vinaigrette mit fruchtiger Säure und Kräutern. Der Feldsalat hatte ein nur dezent säuerlich-pikantes Dressing mit Senf, dem zerdrückte Kartoffel eine sehr angenehme Sämigkeit verliehen.
Die Rieslingrahmsuppe
mit viel Sahne, der Wein schmeckte dagegen nur dezent durch. Dafür gefiel die mutige Würze und erneut eine schöne Kräuterbouquet-Note. Die kleinen Würfel von Lachs, Barsch und Dorade(!) waren reichlich und saftig. Auch sehr gut.
Beim Hauptgericht
hat als erstes die exzellente Thymiansauce überzeugt, die die Nierchen wirklich perfekt begleitete. Die etwas rustikal geschnittenen Nierenteilchen waren angebraten und schmeckten auch dadurch kräftig. Einige Stücke waren durch, das bekam ihnen nicht. Der überwiegende Teil noch rosa, was eine (für Innereien-Freunde und -Freundinnen) herrliche Konsistenz sicherte. Die Nudeln waren mir zu weich. Vielleicht ein Zugeständnis an den Geschmack der Stammgäste, wer weiß? Auf die vorgesehene Petersilien-Knoblauch-Butter musste ich im Interesse meiner künftigen Gesprächspartner verzichten.
Leider war der von mir statt Dessert erkorene P.X. Nectar von Gonzales Byass ausgetrunken. Deshalb nur ein verlängerter Espresso (2,9€) aus der Heimatstadt. Dazu gab es ein paar zugekaufte Kekse nebst Schokotäfelchen aufs Haus.
Ein rundum gelungener und sehr angenehmer Sonntagmittag im Bellevuechen, dem (etwas in die Jahre gekommenen) "Kleinod am Rhein". Beim nächsten Aufenthalt unter'm Rolandsbogen komme ich gerne wieder!
Urgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen... mehr lesen
Bellevuechen
Bellevuechen€-€€€Restaurant022287909Bonner Straße 68, 53424 Remagen
4.0 stars -
"Verlässliches Urgestein!" DerBorgfelderUrgestein? Nein, nicht das Sternerestaurant in der Pfalz, das hatten wir doch vor kurzem.
Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen
Geschrieben am 21.04.2017 2017-04-21| Aktualisiert am
21.04.2017
Besucht am 14.01.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 92 EUR
Bei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte allerdings den Sonn-Abend für einen ausgedehnten Test der Küche nutzen. Zumal im Januar die schöne große Loggia des Kulturbahnhofs natürlich nicht geöffnet ist.
Über das Gebäude selbst könnte seitenlang berichtet werden, hier nur soviel: 1856 auf dem Höhepunkt der Rheinromantik nahe von Rolandsbogen und des rechtsrheinisch aufragenden Drachenfels in (sehr spätem) Spätklassizismus errichtet, ist es heute ein Teil des Arp-Museums des Landes Rheinland-Pfalz. Auch wer mit Dada im Speziellen und abstrakter Kunst im Allgemeinen wenig anfangen kann, sollte einen Besuch schon wegen des beeindruckenden Neubaus in den Felsen über dem Altbau und der teilweise spektakulären Übergänge und Ausblicke wagen.
In dem heute vom Restaurant genutzten zweiten Obergeschoss befanden sich die Warteräume der 1. und der 2. Klasse sowie dazwischen der schon damals für Feierlichkeiten vorgesehene langgezogene Festsaal. Durch die schiere Länge des Mittelteils mit den Fenstern zum Rhein war sofort klar, dass die noch mittags vorgenommene Reservierung überflüssig gewesen war. So konnte ich allerdings schon die eigenwilligen Glaskunstwerke im minimalistischen Treppenhaus ebenso bewundern, wie die beeindruckenden Kronleuchter im Saal und im hinteren Raum, der für Gesellschaften genutzt wird. An der Decke sind teilweise noch die ursprüngliche Fresken auf der ungewöhnlich unverputzten Decke erhalten. Sehr schönes Ambiente, mit etwas Fantasie sieht man sich in die Bälle der Sisi-Zeit zurück versetzt. (Die besten Fotos: http://arpmuseum.org/besuch/erlebnis/gastronomie.html)
Ganz anders dagegen der erste Raum: Bunt und voller Kunst, mal an und auf den Wänden, viele Stile werden zitiert u.a. klassische Moderne, Realismus, Romantik, mal in den Wänden mit bunten Glasfenstern und auch aus den Wänden mit farbigen Lichtkuben unterschiedlicher Größe. Auch die Theke ist offensichtlich ebenso Teil der kreativen Gestaltung, wie die Tische und beleuchteten Sitzbänke. Eine Nachfrage später beim Service klärt auf. Man befindet sich im begehbaren, namensgebenden Kunstwerk "Interieur No. 253" des Berliner Künstlers Anton Henning. Hier tafelt man in, um und von Kunst, das gefällt mir. (Viel Interessantes: http://arpmuseum.org/ausstellungen/dauerausstellungen/in-situ/anton-henning-bistro-interieur-no-253.html)
Den Sanitärbereich habe ich nicht besucht. Die Homepage verspricht auch hier augenzwinkernde Kunst. Im Restaurant alles gepflegt.
Dann mal sehen, was die Künstler in weiß und schwarz so drauf haben.
Der Vollbart des Inhabers und Gastgebers Nic Herbst ist schon mal ein Hingucker. (Beim ersten Link in Foto 1 auf dem roten Teppich und in Foto 5 in der Mitte erkennbar.) Sakko über dem offenen Hemd aus Oxford-Baumwolle, die gekürzte Chino lässt die knalligen Socken sehen, ein eigenes Œuvre d'hip. Und dementsprechend bei der Reservierung noch etwas sophisticated. Am Abend erkannte er aber schnell, worauf es ankam und sorgte dafür, dass seine junge Servicecrew meine Wünsche sehr ordentlich erfüllte. Am Ende des Abends ergab sich noch Gelegenheit für ein interessantes Gespräch. Ein Chef, der seinen Laden im Griff hat, ein Schwätzchen mit den Stammgästen führt, dabei stets die ganz in schwarz gekleidete Mannschaft im Blick, die trotzdem guter Laune zu sein scheint. Sehr angenehm.
Meistenteils wurde ich von einer jüngeren, aber absolut professionell agierenden Bedienung betreut, nichts zu tadeln. Allein, eine Herzlichkeit kommt nicht auf, eher ein etwas angespannter Tonfall. Wie so manches Mal weiß ich nicht, ob Natalja genervt ist oder ob es nur an dem etwas härteren osteuropäischen Akzent liegt.
Trotzdem eine gute Service-Leistung.
Ich erhielt einen guten Tisch im vorderen Teil des Festsaals an der Wand. Der Blick wird durch einige Installationen in mehrfachem Sinne interessant abgelenkt. Eingedeckt waren offensichtlich nur die reservierten Tische. Später stellte sich heraus, dass neben mir zwei Lokalpolitiker nebst Gattinnen Platz nehmen. Politiker, gleich welcher Hierarchiestufe, neigen nicht zu übermäßiger Schweigsamkeit. Man erfuhr einiges über die Charakterschwäche der Konkurrenz, wie der Parteifreunde. Ich hätte gern etwas weiter entfernt gesessen, genügend freie Tische waren ja vorhanden. Zugegeben sei aber, dass der Abstand bei normaler Lautstärke eigentlich ausreichend war. Der Service muss hier sowieso schon erhebliche Laufarbeit verrichten, denn die Küche befindet sich in einem neuen Trakt und ist mit dem Altbau über eine gläserne Brücke verbunden. Auch dort ein Werk von Anton Henning "HaaH", das mit seinen und Hans Arps Initialen spielt.
Das Holzmobiliar steht auf einem schönen Fischgrätparkett. Die Stühle haben leider keinerlei Auflage, auf die Dauer ganz schön hart. Interessant die Tische mit einer großen Einlage aus grünem Leder. Darüber ein weißer Papierläufer mit Hepp Exclusiv Besteck, Wein- und grünem Wasserglas, Stoffserviette, dazu eine einzelne Tulpe und Peugeot-Mühlen. Mal eine Abwechslung die Schwimmkerze im Glas.
Trotz des recht lauten, der hohen Decke geschuldeten Hintergrund-Geräuschpegels war der entspannte Smooth Jazz gut zu vernehmen.
Die Räumlichkeiten versetzten mich in eine festliche Stimmung, so dass eigentlich ein Gläschen Champagner die vorzunehmende Speisenauswahl hätte begleiten müssen. Alternativ war auch für Freunde und Freundinnen der gepflegten Flaschengärung ein Franciacorta Monte Rossa im Angebot, erwartungsgemäß aus dem Hause del Bosco.
Indes: Der Vorabend im Kreise der erweiterten Kollegenschaft war in angenehmster Art, Weise und Gesellschaft aus dem Ruder gelaufen, also wollte ich nichts übertreiben und bat um einen alkoholfreien fruchtbetonten Cocktail. Gelegentlich sollen Vitamine ja nicht das Schlechteste sein. Diese Aufgabe hat der Barkeeper hervorragend gelöst und kredenzte eine Mischung von Mandarine, Orange, Melone und Minze in flüssiger Form. Aufgefüllt mit Soda und auf Eis serviert. Der Clou eine Kugel Mandarinensorbet. Erfrischend, fruchtig und nicht zu süß.
Ein kleines Fläschchen Gerolsteiner leistete dazu mit 3€ einen hübschen Deckungsbeitrag für Herrn Herbst.
Die geöffnet gereichte Karte wich in Nuancen von der Internetversion ab und enthielt zu meinem Erstaunen kein Menü. (Dafür sind jetzt deren drei auf der Homepage zu finden, einschließlich des Januar/Februar-Angebots...). Die Tagesempfehlung hatte ich schon einer handgeschriebenen Tafel im Treppenhaus entnommen und für mich ausgeschlossen. In der Karte bittet man die Gäste zum einen um Verständnis, dass nur EC- oder Maestro-Karten akzeptiert werden; die Marge scheint hier eng zu sein. Zum anderen, dass man nur eine Rechnung pro Tisch erstellen KÖNNE. Die Beherrschung der Grundrechenart Addition nimmt inzwischen in bedenklichem Ausmaße ab.
Das Rennen machten schließlich:
Gratinierte Austern
Hummervelouté mit Fenchelstrudel
Marinierte Räucherforelle
Bäckchen vom Ibericoschwein
Brie de Meaux
Zunächst wurde ein Schälchen schon gewürztes Olivenöl und ein paar an der Service-Insel im Raum frisch aufgeschnittene Scheiben Stangenweißbrot gebracht. Ich grübelte etwas, ob es sich hierbei wohl um die in der Karte mit 3€ vermerkte Leistung handelte, die mir ungefragt gebracht worden war. Oder um eine Karo-einfach-Version für lau. In der Rechnung fand sich die Position immerhin nicht.
Die Küche grüßte dann mit einem dunklen Kalbsbratling unter getrüffeltem Kartoffelschaum, etwas Crunchiges zierte den gar nicht mal kleinen Appetithappen
Kräftig und passend für die Jahreszeit, lediglich ein kleines Stück Sehne störte.
Die folgenden vollfleischigen Austern wurden hübsch in der Schale auf verschiedenen Algen serviert
und waren mit einem leichten Hollandaise-Schaum überzogen und kräftig gratiniert. Ein feiner Gang, bei dem die Zitronennote recht gelungen den jodigen Geschmack der Edelmuschel einband (14€).
Inzwischen wieder hinreichend gefestigt war die Begleitung durch ein Gläschen vom Maison Jean Velut für 10€ ein Muss.
Weiter ging's mit der Hummersuppe
für 11€, die aufgeschäumt am Tisch angegossen wurde und ein gutes Krustentieraroma lieferte. Für meinen Geschmack etwas zu salzig, aber mit einer feinen Anisnote. Sehr gelungen der im Ofen knusprig und dunkelbraun gebackene dünne Strudelteig, der auf den Punkt gegarte Fenchelstreifen enthielt. Sehr stimmig.
Als Fischgang (10€) Räucherforelle
als Mousse und mariniertes Filet, das mit einer recht süßen Apfelcreme, Apfelspalten und Salat von Frisée, Feldsalat und Rucola mit (harten) Croutons angerichtet war. Als Verbinder fand ich das Gewürzbrot schlau, es passte zu den fruchtig-süßen, wie auch zu den rauchigen Fisch-Aromen.
Vor dem Fleischgang erfolgte eine kleine Erfrischung des Gaumens mit einem Apfelsorbet
das mit Prosecco aufgegossen wurde. Das Gefrorene mit kleinen Stückchen Fruchtfleisch wohl von der australischen Omi Schmidt, die Apfelspalten der Deko sicher nicht.
Nämliche Scheiben fanden sich auch zum dritten Mal als Deko (das geht kreativer) bei den Schweinebäckchen
die zart, doch noch nicht zerfallend waren. Als passende Begleiter in der Pfanne glasierte Apfelstückchen, bissfeste Schalotten, die Süße vermissen ließen, weiter eine sahnige Topinamburcreme und eine reduzierte Jus. Frisée sollte vermutlich Frische und Farbe bringen und eine Menge von kleinen Chips den Crunch, ebenfalls von der hellen Knolle. Leider waren sie teilweise etwas weich geworden. Das war alles nicht schlecht. Aber weder für sich, noch als Gesamtheit wirklich begeisternd. Mir war der Teller auch etwas zu voll geknallt. Preislich mit 23€ dagegen fair.
Der Abschluss war nach meinem Geschmack. Statt Dessert ein gutes Stück Brie de Meaux
begleitet von einer hausgemachten Brioche mit Feigenstücken, teils noch knusprig, teils schon in Richtung Zwieback. Geschmacklich aber eine schöne Abwechslung zu den üblichen schweren dunklen Früchtebroten. Auch die rote Zwiebelmarmelade und die karamellisierten Walnüsse waren nicht zu verachten. Mit 8€ eher preiswert.
Als Rausschmeißer zu 6€ dann nur noch einen P.X. von Real Tesoro, der in der Nase sprittig war und am Gaumen zu wenig Frucht hatte, die den Schokoladenton sonst schön ergänzt.
Fazit: Das Ambiente hat mir noch besser gefallen, als die Küche. Diese ist aber durchaus niveauvoll und in Maßen kreativ. Die Produkte überzeugen, das Handwerk ist solide. Gemessen am Anspruch nichts wirklich zum Niederknieen, aber auch überhaupt keine Ausfälle. Insofern absolut zu empfehlen. Ich werde im nächsten Jahr gern wieder einkehren.
Bei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte... mehr lesen
Restaurant Interieur No. 253 im Arp-Museum
Restaurant Interieur No. 253 im Arp-Museum€-€€€Restaurant02228911111Hans-Arp-Allee 1, 53424 Remagen
4.0 stars -
"Speisen im Kunstwerk - tolles Ambiente und ambitioniertes Essen" DerBorgfelderBei meinen zwar weit auseinander liegenden, aber regelmäßigen Besuchen in Remagen-Rolandseck war mir schon länger das Interieur No. 253 aufgefallen, das der Karte nach gehobene, etwas französisch inspirierte Küche anbietet.
Beim diesjährigen Aufenthalt am Rhein konnte ich zwei Veranstaltungen kombinieren und so das Wochenende zur Erholung und für kulinarische Entdeckungen nutzen.
Das Restaurant befindet sich im Kulturbahnhof Rolandseck, auf Hochwasser sicherer Höhe
so dass schon von außen klar ist, welch zauberhaften Blick auf Strom und Siebengebirge es bei Tageslicht gibt. Ich wollte
Geschrieben am 21.01.2017 2017-01-21| Aktualisiert am
21.01.2017
Besucht am 10.01.2017Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 43 EUR
Schwachhausen war gefühlte Ewigkeiten der Bremer Stadtteil mit den höchsten Immobilienpreisen. Altes Geld, halt. Umso erstaunlicher, dass ein hochklassiger Italiener hier fehlte. Das in denselben Räumen vor einigen Jahren verblichene Amarcord von Urgestein Gianni Buccini war eher der cucina povera (bevorzugt des Lazio) verpflichtet und mehrere Lokalitäten an der Heerstraße wie in der Wachmannstraße scheinen mir eher (gehobene) Pizza/Pastaläden zu sein, bei denen etwas zu viel Schein regiert. Italiener stehen zudem nur selten an den Töpfen und Pfannen.
Nun ist - solange zwischen Alster und Elbe keine Zitronen blühen - auch Stefan Schröder keiner. Aber der äußerst meinungsstarke Koch und Gastronom ist nicht an einen Stil gebunden. Mit dem Allegria hat er vor Ort schon ein sehr gehobenes Steakhaus etablieren können und seitdem er für den Kleinen Ratskeller im Zentrum verantwortlich zeichnet, wird dort wieder bremisch-norddeutsche Regionalküche von bemerkenswertem Niveau angeboten (Empfehlung!). Und das soll wohl nicht das Ende seiner Ambitionen sein, wenn man den örtlichen Gerüchten glaubt, die ihn als möglichen Betreiber einer weiteren, sehr exponierten Innenstadtgastronomie nennen.
Durchaus gespannt machte ich mich daher für einen kleinen Check mit der Straßenbahn die ca. 15 Minuten vom Zentrum auf den Weg. Die Haltestelle liegt genau vor der Tür. Parkplätze an der Haupt- wie in den Nebenstraßen sind auch möglich, aber Glückssache. Wer nicht in den großen Convenience-Mexikaner (Schüttel!) auf der anderen Straßenseite verschwindet, geht an der noch im Winterschlaf befindlichen hübschen, oberhalb des Straßenniveaus liegenden Terrasse vorbei zum seitlich gelegenen Eingang hinauf. Heizpilze und Strandkörbe sollen laut Mr. Selbstbewusstsein hier demnächst fast ganzjähriges open-air-Genießen ermöglichen. Die derzeitigen Temperaturen verlangen, dass nach der Eingangstür zunächst noch ein schwerer runder Vorhang zu durchschreiten ist, denn danach steht man auch schon mitten im Gastraum.
Die Renovierung hat dem Lokal gut getan. Cremetöne, Wandleuchter im klassischen Kerzenhalter-Design und eine große abgehängte Lichtinsel mit LEDs und indirekter Beleuchtung schaffen eine elegante Atmosphäre. Dazu passen einige, auf zweimal weißer Wäsche mit Wein- und Wasserglas, Butterteller und aufwändig gefalteter gestärkter Stoffserviette eingedeckte Tische (Reservierungen?). Bei anderen sieht man dagegen die derzeit sehr beliebten dicken Holz(?)Platten im Design alter Weinkisten ohne Tischdecken, im Übrigen aber identisch bestückt. Der vorgetäuschte Branddruck wirbt - in einem "Italiener" etwas überraschend - für katalanische Weingüter und französische Châteaus. Das ist eben vom Gasto-Inneneinrichter. Immerhin zeigt das sogleich entzündete nette Grablicht durchscheinend die Skyline von Venedig. Die bequemen Stühle und Bänke sind mit wertigem, braunem shabby Wildleder bezogen, was mir sehr gut gefallen hat. Nur noch die roten Bodenfliesen mit einigen mittelbraunen Holzbalken erinnern an rustikalere Zeiten im von außen recht schmucken Altbau. Insgesamt eine stimmig gehobene, aber nicht steife Atmosphäre.
Beim Eintreten wurde ich von einem jungen Mann mit wohl österreichischem Akzent bemerkt und begrüßt, der mich aufmerksam und freundlich auch im folgenden bediente.
Ich hatte allerdings gleich den Chef gesehen, wurde begrüßt und wir wechselten ein paar Freundlichkeiten. Dabei erfuhr ich, dass seit Dezember erst soft-opening gefahren wird, um dem Team die Einarbeitung ohne den Rummel nach einer kräftig beworbenen Eröffnung zu ermöglichen. Die soll dann im nächsten Monat erfolgen. Mag vielleicht im Dezember auch noch Personal gefehlt haben, so oder so eine schlaue Entscheidung.
Mir wurde ein Zweier-Tisch am Fenster angeboten, leider hinter dem offenbar nicht zu entfernenden, tragenden Pfeiler, der den Gastraum etwas ungünstig teilt. Die Tische sind recht eng gestellt, die Gänge aber ausreichend. Vertrauliche Gespräche sind allerdings unmöglich, was aber ja scheinbar niemanden mehr stört... Am Abend war von der Lebenserfahrung und der Zusammensetzung her ein gemischtes Publikum anwesend, das aber ganz sicherlich aus dem Stadtteil stammte. Der letzte Urlaub in Kambodscha und die Affäre der Nachbarin mit ihrem personal trainer sind nicht in allen Gegenden übliches Thema am Restauranttisch. Ich flüchtete, als der Twist eines mir noch unbekannten Kinothrillers zu besprechen werden drohte, in den Keller. Dort, am Fuß der neuen, wenngleich weiterhin steilen Treppe erhielten auch die Toiletten eine Renovierung. Modern, freundlich, Stoffhandtücher und Papierspender, flüssige Seife vom Drogeriemarkt. Keine Mängel, wie erwartungsgemäß überhaupt bei der Sauberkeit.
Aus der geöffnet gereichten, zu meiner Überraschung mit laminierten Seiten versehenen Speisekarte hätte ich gern vieles bestellt. Allerdings machte sich mein bisheriger kulinarischer Tagesablauf bemerkbar. Nach zwei Gängen am Mittag im Alto hatte ein aus beruflichen Gründen überraschend einzulegendes Pre-Diner in der Weinbar Spitz selbst meine Kapazität eingeschränkt.
Ich orderte also nur
Bruschette miste und
Antipasti terra
für je 11,5€ und
eine Minestrone di Verdura für 7,9€.
Von der auch noch ins Visier genommenen Pasta riet der Chef ab, da die Suppe "dick" und daher sättigend sei. Er plädierte für die Nudeln, ich blieb trotzdem bei der Minestrone.
Dazu eine Flasche Vilsa still für erträgliche 5,5€, in der Weinbar hatten wir nicht nur gegessen... Aber ein Aperitif sollte es dann doch schon sein. Auf der Karte wird tatsächlich glasweise Moet weiß (13,9€) und rosé (+2) angeboten. Mein Wunsch nach letzterem ließ den Kellner doch beim Chef nachfragen. Welcher Gastwirt öffnet schon gerne eine Flasche Champagner um 21.00 Uhr unter der Woche für einen einzelnen Trinker? Herr Schröder löste das auf typische Art: Vom Schampus ist keine Rede mehr, als er mit einem Glas Prickelnden "aus meinen Privatbeständen!" an den Tisch kam. Ein Franciacorte Rosé, fruchtiges Bukett, sehr vollmundig, genau mein Schaumwein-Geschmack. Er soll vermutlich mit 8,5€ auf die Karte, bei meiner Rechnung findet er sich nicht, danke. Leider vergaß ich, für die Aficinados hier nach der Kellerei zu fragen.
Die Küche schickte zunächst leicht knusprige Pizzateigbrötchen, etwas lasch. Salz und Pfeffermühlen auf Wunsch. Dazu große, weiche, milde grüne Oliven. Und ein sehr intensives selbst gemachtes Pesto-Öl auf der Basis der eigenen Ernte aus Apulien. Basilikum, Petersilie, nur leicht Knoblauch, damit wurde das Brot schon ein Genuss Pizzabrötchen mit Kräuteröl
Was erst recht für die folgende Bruschette galt, je eines mit Tomaten, mit Auberginen und mit Steinpilzen Bruschetta
Meilenweit von der Standardware entfernt, jedes für sich eine Aromabombe. Mich hat schon das wohl pfannengeröstete Weißbrot sehr beeindruckt. Knusprig, ohne hart zu sein, schöne Röstnote und innen weich. Wie ein perfekter Toast. Darauf wunderbar aromatische, von Parmigianosplittern gekrönte Datterinos, die ich zu dieser Jahreszeit für unmöglich hielt. Als ich hinterher davon schwärmte, durfte ich gleich noch einige der verwildert wachsenden sizilianischen Exemplare mit dem Olivenöl und etwas feuchtem Meersalz probieren Datterinos
Der Kerl weiß, wie er mich kriegt! Dazu immer eine Story, die ganz sicher wahr ist. Und wenn nicht, verteufelt gut ausgedacht! Die in Öl eingelegten Steinpilze brachten das volle Herbstaroma zurück, die schlotzigen Auberginen waren mit Peperoni aufgemotzt. Dazu Oliven und reichlich Kräuter und Gewürze, ein barocker Teller südlicher Lebensfreude!
Elegant kamen dagegen die ländlichen Antipasti Antipasti terra
daher (im Angebot neben terra auch mare und vegetale). Gar nicht hoch genug zu loben ist das Carpaccio, das direkt aus Harry's Bar zu stammen schien. Handgeschnittene und daher etwas dickere Scheiben vom Rinderfilet, die nach Fleisch schmeckten, nach Rindfleisch, nach rohem Rindfleisch! Und wo wird in den italienischen Lokalitäten landauf, landab dazu die Sauce von Signor Cipriani gereicht? Auch der Kalbsbraten schmeckte, wie es sich gehörte und wurde nicht von Thunfischsauce ersäuft. Dazu frittierte Kapern, für mich immer noch up-to-date, da ich den Crunch so mag. Übrigens war die Missbilligung der diversen Kräuterschnipsel am Tellerrand etwas verfehlt, da auch hier Knusprigkeit ins Spiel kam. Einige Tropfen Olivenöl, wieder Parmesan und diesmal geschmorte Datteltomate. Ein nicht überragender, aber anständiger luftgetrockneter Schinken und getrüffelte Salami rundeten das sehr harmonische Bild ab. Bravo!
Das (bewusst gewählte) Kontrastprogramm dann die rustikale Gemüsesuppe mit dicken Bohnen Minestrone
Auf angerösteten Gemüsen gekocht, kräftig in Farbe und Konsistenz. Zwiebeln, Tomaten, Knoblauch, Pinienkerne waren noch zu entdecken, ein Zweig Rosmarin zum Durchziehen. Pikant gewürzt, sicher waren auch hier Peperoncini im Spiel. Für die Freunde der gehaltvollen Minestrone wahrlich ein Genuss.
Das PLV angesichts der Kreativität und der Qualität deutlich überdurchschnittlich.
Eigentlich war ich pappsatt und glücklich, als ich aus der Küche das unverkennbare Geräusch des Schneebesens hörte: Zabaglione! Der erste Versuch kam Minuten später in einem großen bauchigen Glas, war sehr heiß und sehr spritig und vielleicht aufgrund von zu viel Alkohol leider missglückt. Kaum Schaum, mehr Eierpunsch. Der musste leider zurück. Ich rechnete gar nicht mit Ersatz, der aber in Windeseile vor mir stand. Jetzt auch ein festerer Schaum, da gab es nichts zu meckern, aber der Alkohol stand hier weiterhin im Vordergrund, vermutlich nicht nur Marsala, sondern auch Stärkeres. Nicht so meins.
Ändert an der Klasse-Küchenleistung aber kaum etwas. Der Umgang mit dem Malheur war sowieso sehr professionell. Der Preis von 7€ o.k.
Eine sehr guter erster Aufschlag - das wird auch nach der offiziellen Eröffnung was!
Schwachhausen war gefühlte Ewigkeiten der Bremer Stadtteil mit den höchsten Immobilienpreisen. Altes Geld, halt. Umso erstaunlicher, dass ein hochklassiger Italiener hier fehlte. Das in denselben Räumen vor einigen Jahren verblichene Amarcord von Urgestein Gianni Buccini war eher der cucina povera (bevorzugt des Lazio) verpflichtet und mehrere Lokalitäten an der Heerstraße wie in der Wachmannstraße scheinen mir eher (gehobene) Pizza/Pastaläden zu sein, bei denen etwas zu viel Schein regiert. Italiener stehen zudem nur selten an den Töpfen und Pfannen.
Nun ist... mehr lesen
4.5 stars -
"Starke Worte - Starke Leistung!" DerBorgfelderSchwachhausen war gefühlte Ewigkeiten der Bremer Stadtteil mit den höchsten Immobilienpreisen. Altes Geld, halt. Umso erstaunlicher, dass ein hochklassiger Italiener hier fehlte. Das in denselben Räumen vor einigen Jahren verblichene Amarcord von Urgestein Gianni Buccini war eher der cucina povera (bevorzugt des Lazio) verpflichtet und mehrere Lokalitäten an der Heerstraße wie in der Wachmannstraße scheinen mir eher (gehobene) Pizza/Pastaläden zu sein, bei denen etwas zu viel Schein regiert. Italiener stehen zudem nur selten an den Töpfen und Pfannen.
Nun ist
Geschrieben am 15.12.2016 2016-12-15| Aktualisiert am
25.12.2016
Besucht am 02.12.2016Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 66 EUR
Mein mittäglicher Termin in Essen zog sich etwas länger hin, so dass der mir empfohlene Wiedergutmachungsbesuch im Il Grappino, dem "Familienrestaurant" des La Grappa an der dortigen Schließzeit scheiterte. Etwas missmutig, da hungrig trottete ich um die diversen Weihnachtsbuden auf der Kettwiger Straße und war schon fast im Pfefferkorn auf ein Steak gelandet, als mir das Il Mulino in einer Seitengasse in den Blick und wieder in den Sinn kam. Durchgehende Küche hatte ich mir gemerkt, aber auch das Risiko eines 3P-Ladens, also Pizza, Pasta, Putenbrust, das kulinarische Dreigestirn der deutschen Fußgängerzonen.
Nachdem ich die recht steilen Stufen zum im Souterrain gelegenen, aber immerhin mit bodentiefer Verglasung zumindest im vorderen Bereich noch recht hellen Restaurant ebenso würde-, wie unfallfrei hinter mich gebracht hatte, trat ich ein. Augenblicklich war es still, nur drei Männer am Tisch, die spielten Skat... Ach nein, aber so war es wohl mal, denn die großen dunkelroten Bodenfliesen und das viele rustikale, naturfarbene Eichenholz - einschließlich der groben Deckenbalken und -Bohlen lassen doch vermuten, dass die Räumlichkeit früher eher der rheinisch/westfälischen (bin mir da in Essen immer unsicher), denn der mediterranen Gastlichkeit gewidmet war.
Sauber war im Gastraum alles, die Sanitäranlagen wurden nicht besucht.
Auf den blanken Holztischen fielen immerhin Stoffservietten, Salzmühlen und Olivenöl-Flaschen mit Ausgießer auf. Auch etwas abstrakte Kunst an den geweißten Wänden und die große Tafel mit einigen Angeboten fiel aus der Reihe. Mein Vorurteil, hier so nah an der Einkaufsmeile eher einfache Kost zu erhalten, wurde jedoch durch ein Publikum genährt, das aus einigen Paaren nach dem Einkaufs-, aber mehr noch aus Gruppen junger Menschen vor dem Weihnachtsmarkt(sauf)bummel bestand.
Der Service wurde, wie sich später herausstellte, von den beiden Inhabern und einem weiteren Herrn verrichtet. Eindeutig "echte" Italiener, wie die Unterhaltung verriet, aber eigentlich schon die distanzierte Höflichkeit, fernab von der lärmenden Fröhlichkeit italisierten Bedienungspersonals aus den unendlichen Weiten zwischen Tanger und Täbriz. Knapp wurde mein Gruß erwidert, mein Wunsch nach warmer Speisung positiv beschieden und mir mit lässiger Geste ein so, aber wirklich so schlechter Tisch zwischen Raumteiler und einer wohl zwölfköpfigen lauten Gruppe angeboten, dass mit - obschon hartgesotten - ein "DEN ganz bestimmt nicht!" entfuhr. Glücklicherweise wurde gerade ein schöner Ecktisch frei, den ich dann auch nehmen "durfte". In der Tat durfte, denn später musste in diesem Bereich ein große Tafel zusammen gestellt und eingedeckt werden. Aber bitte, wenn man um 15:00 Uhr zu "Mittag" isst, muss man mit Vorbereitungen für das Abendgeschäft rechnen. Zumal die Räumerei nicht nur erklärt wurde, sondern man sich dafür auch höflich entschuldigte. Genauso, wie für einen etwas anders als angekündigt servierten Gang, den ich zwar monierte, der mir aber sehr gut schmeckte. Hierfür war ein Espresso aufs Haus keine Frage.
Lag es an an der rosigen Umsatzaussicht oder an meinem ehrlichen Interesse an Speisen und Wein? Jedenfalls wurden die Herren auch im Übrigen zugänglicher und erfüllten ihre Pflichten angesichts der vielen Aufgaben professionell und gut. Zufriedenheit und weitere Wünsche wurden passend erfragt, nichts vergessen, Extras erfüllt, zu den Weinen konnte Auskunft gegeben werden. Ich war zufrieden und beim Gehen wurde noch etwas geplaudert, mit einem kleinen Seitenhieb auf Rino Fratessi...
Aber der Reihe nach.
Um in Ruhe in der Karte stöbern zu können, wählte ich zunächst aus den mit "spizzico" überschriebenen Kleinigkeiten - noch vor den Antipasti - etwas Salami
zu 3,9€. Ein gut getrocknetes Exemplar, das eine gewisse Härte mitbrachte, wie ich es mag. Auch etwas Pfeffer, fein, fein. Dazu hatte ich um Parmiggiano
gebeten, der leicht knirschig kam, vielleicht 24 Monate gereift. Begleitet von etwas gut austariertem Balsamico, grünen Oliven, eingelegter Tomate und Peperoni ein größeres Coperto (6€). Sehr schön. Einziges Manko war die dem anfangs noch gut besuchten Lokal geschuldete Wartezeit. Wie gut, dass schon vorher ein überraschend knuspriges Ciabatta gereicht wurde. Das Olivenöl stach durch eine angenehme Bitternote und einen pikanten Abgang hervor. Und endlich mal kein Kräuterquark genanntes Mörtelsurrogat, sondern ein Joghurt mit Radieschen
frisch, würzig, säuerlich. Kompliment, hätte ich nicht erwartet.
Nach einiger Zeit kam auch der sehr ausgewogene, nicht zu fruchtige sardische Cannonau von Argiolas, einer der wenigen Roten, die ich mag. 7,9€ für 0,2l ist indes indiskutabel, aber: Hey, is Wochenende und, um nochmals Juliane Werding zu bemühen, "ich war zufrieden mit mir."
Nachdem ich die laminierte Mittagskarte zu Seite gelegt hatte, arbeitete ich mich ausführlichst durch die für meinen Geschmack etwas zu umfangreiche Karte. Schließlich entschied ich mich von der Tafel als Primo für Fusilloni mit Salsiccia und Bohnen, 12,5€. Darauf folgend aus der Karte ganz klassisch ein Saltimbocca für 20€, aber bitte ohne die begleitende Weißweinsauce, Fleischsaft reicht völlig. Zudem bat ich um Gemüse vom Grill.
Dazu habe ich aus Neugier sogar 8,6€ für ein Glas sizilianische Cuvée von Grillo und Inzolia ("Pietra di Luna") investiert und wurde von einem klaren, mineralischen Wein überrascht, der mit jedem Schluck neue Nuancen zeigte.
Die Nudeln wurden serviert, als ich gerade noch am letzten Käse mümmelte. Allerdings hatte ich mir wirklich viel Zeit gelassen, also kein Vorwurf an die Küche. Der Service hätte da vielleicht einen Tick aufmerksamer sein können.
Die Pasta war rundum gelungen. Fusilloni
Wie der Name auf -oni schon sagt, handelte es sich um eine große Ausführung von Fusilli, der beliebten Spiralnudel. Durch ihre Größe oder die Kunst des Kochs waren die Exemplare al dente, noch fast von cuore, auch nicht immer ein Selbstläufer bei dieser Nudelart. Die Spirale ist natürlich perfekt, um möglichst viel der fruchtigen, intensiven, pikant gewürzten Tomatensoße aufzunehmen, die mit dem nicht weiter heraus stechende Salsicciabrät, angeschwitzten Zwiebeln und Knoblauchscheiben, Kräutern und schwarzen Olivenstücken schön aufgepeppt war. Rundum lecker und super mit dem Cannonau. Allerdings hatte ich ein gänzlich anderes, klassisches Gericht erwartet, pasta e fagioli, also eher "trocken". Konsequent waren die auf der Tafel noch aufgeführten Bohnen im Gericht dann Fehlanzeige. Eine Nachfrage führte nur zu einem verdrucksten, wenig glaubwürdigen "Hat der Koch die vergessen?", aber dann auch zu Entschuldigungen und eben einem Kaffee aufs Haus. Das war gut, geht aber besser.
Das Hauptgericht hat mir ebenfalls geschmeckt. Saltimbocca
Flaches, saftiges Kalbfleisch, kräftiger, nicht zu salziger Schinken und ausreichend Salbei (die Menge ist ja Geschmackssache). Dazu wunschgemäß farbenfrohes Gemüse, mit Biss, aber nicht hart, sowie schön gebräunte, weiche Kartoffelhälften in der Schale. Tadellos.
Zum Abschluss erneut eine positive Überraschung. Aber der gewünschte Vin Santo war vorhanden und sogar gut gekühlt. Er hatte noch einen Rest Frische, wurde vorsichtig, um kein Depot ins Glas zu bringen, eingeschenkt und mit reichlich Cantuccini zum Stippen serviert. 7,5€ sind sicherlich kein Schnäppchen, was hier aber ganz grundsätzlich gilt.
Insgesamt eine ansprechende Leistung, so dass ich das Il Mulino nicht nur wegen der durchgehenden Küche und der zentralen Lage empfehle.
Mein mittäglicher Termin in Essen zog sich etwas länger hin, so dass der mir empfohlene Wiedergutmachungsbesuch im Il Grappino, dem "Familienrestaurant" des La Grappa an der dortigen Schließzeit scheiterte. Etwas missmutig, da hungrig trottete ich um die diversen Weihnachtsbuden auf der Kettwiger Straße und war schon fast im Pfefferkorn auf ein Steak gelandet, als mir das Il Mulino in einer Seitengasse in den Blick und wieder in den Sinn kam. Durchgehende Küche hatte ich mir gemerkt, aber auch das Risiko... mehr lesen
Il Mulino
Il Mulino€-€€€Restaurant, Pizzeria0201237472Rathenaustr. 2, 45127 Essen
4.0 stars -
"Besser als erwartet. Ordentliche Alternative, aber kräftige Preise." DerBorgfelderMein mittäglicher Termin in Essen zog sich etwas länger hin, so dass der mir empfohlene Wiedergutmachungsbesuch im Il Grappino, dem "Familienrestaurant" des La Grappa an der dortigen Schließzeit scheiterte. Etwas missmutig, da hungrig trottete ich um die diversen Weihnachtsbuden auf der Kettwiger Straße und war schon fast im Pfefferkorn auf ein Steak gelandet, als mir das Il Mulino in einer Seitengasse in den Blick und wieder in den Sinn kam. Durchgehende Küche hatte ich mir gemerkt, aber auch das Risiko
Geschrieben am 15.11.2016 2016-11-15| Aktualisiert am
15.11.2016
Besucht am 15.11.2016Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 30 EUR
Kurz vor einem ausführlichen "italienischen Doppelschlag" noch mal schnell ein kurzes Loblied auf die Küche von Sven Niederbremer und die Gastgeberqualitäten von Pierre Hartung.
Beide werden Anfang nächsten Jahres das "Netts" in Neustadt-Gimmeldingen renovieren lassen und dort ab März mit dem MORO ihr zweites Pfälzer Standbein eröffnen. Geführt wird das neue Lokal, dessen Namen "Glücklich sein" bedeutet, von einer eigenen Mannschaft, mit der die beiden schon in Scharffs Schlossweinstube in Heidelberg zusammen gearbeitet haben.
Das Stammhaus an der Bergstraße wird unverändert weiter geführt. Was sehr zu begrüßen ist, denn auch 45 Minuten in der Zwockelsbrück können glücklich machen. Mehr Zeit hatte ich vor meinem Mittagstermin leider nicht zur Verfügung, aber für das "Mittagsmahl" reichte das locker, sogar ein Kaffee war noch drin. Geboten wird ein schnelles Dreigang-Menue für 16 (in Worten sechzehn) Euro. Nach dem Auftakt mit reichlich knusprigem Weißbrot und dem guten Bremer Körnerknäckebrot sowie der Kräutercreme á la Frankfurter Soße, war das zum Auftakt heute eine legierte Artischockensuppe mit etwas Piment d'Espelette, die den feinen Geschmack mit ganz leicht bittrig-säuerlichen Noten verband; eine gelungene Anleihe an die klassische Zubereitung des gekochten Gemüses mit Vinaigrette. Gefolgt von einem Rotbarbenfilet und einem Stück Kabeljau, beide auf der Haut knusprig gebraten und unglaublich saftig, wobei der Nordländer dem Mediterranen noch um eine Kiemenlänge voraus war. Knaller die auf den Punkt "bissigen" (also endlich mal nicht bis zur schleimigen Unkenntlichkeit verkochten) Perlgraupen mit frischem Spinat und wunderbar aromatisiert mit Zitronenabrieb. Der bestellte südafrikanische Sauvignon von Slowine war zum Niederknien, Bombe schon in der Nase und erst recht im Mund, selten so ausgewogen. Da waren die 7€ für das Viertel aber sowas von goldrichtig angelegt! Tafelwasser for free dazu.
Als Dessert war frischer Mandelkuchen angekündigt, ich erbat aber etwas Erfrischendes und wurde mit einem sehr cremigen Cassis-Eis belohnt.
Der Espresso ist für 2,6€ ebenfalls ein Schnäppchen, wird er doch nicht nur mit kandierten Früchten und Schokolade serviert, sondern Karamell- und Malzzucker gereicht, nach denen ich SÜCHTIG bin.
Auch sonst alles beim Besten. Der Service umsichtig, entspannt, umfassend.
Die verschiedenen Bereiche von Wohnzimmer bis Landhaus zum Wohlfühlen. Allein manche Stühle für Schwergewichte etwas wackelig; ich probierte mich durch.
Was für eine "Mittagspause"!
Kurz vor einem ausführlichen "italienischen Doppelschlag" noch mal schnell ein kurzes Loblied auf die Küche von Sven Niederbremer und die Gastgeberqualitäten von Pierre Hartung.
Beide werden Anfang nächsten Jahres das "Netts" in Neustadt-Gimmeldingen renovieren lassen und dort ab März mit dem MORO ihr zweites Pfälzer Standbein eröffnen. Geführt wird das neue Lokal, dessen Namen "Glücklich sein" bedeutet, von einer eigenen Mannschaft, mit der die beiden schon in Scharffs Schlossweinstube in Heidelberg zusammen gearbeitet haben.
Das Stammhaus an der Bergstraße wird unverändert weiter... mehr lesen
Zwockelsbrück
Zwockelsbrück€-€€€Restaurant, Weinstube063218791707Bergstr. 1, 67434 Neustadt an der Weinstraße
5.0 stars -
"Super-schneller Boxenstopp - Bestes PLV ever" DerBorgfelderKurz vor einem ausführlichen "italienischen Doppelschlag" noch mal schnell ein kurzes Loblied auf die Küche von Sven Niederbremer und die Gastgeberqualitäten von Pierre Hartung.
Beide werden Anfang nächsten Jahres das "Netts" in Neustadt-Gimmeldingen renovieren lassen und dort ab März mit dem MORO ihr zweites Pfälzer Standbein eröffnen. Geführt wird das neue Lokal, dessen Namen "Glücklich sein" bedeutet, von einer eigenen Mannschaft, mit der die beiden schon in Scharffs Schlossweinstube in Heidelberg zusammen gearbeitet haben.
Das Stammhaus an der Bergstraße wird unverändert weiter
Geschrieben am 25.01.2017 2017-01-25| Aktualisiert am
25.01.2017
Besucht am 04.11.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 77 EUR
Im traurigen Monat November war's, ... da reist ich nach Kölle hinüber. Und zwar wie jedes Jahr für zwei Nächte. Hatte ich am ersten Abend im Taku (wunderbar umsorgt von der ganzen Crew im Allgemeinen und einer außergewöhnlich reizenden Dame im Besonderen!) asiatisch beeinflusste Sterneküche genossen, stand mir nun der Sinn nach "einfacherer" Küche. Ich ließ also das Ox & Klee links (eigentlich ja rechts) liegen und schlenderte vom Schokoladenmuseum kommend im schon recht kalten Wind den Rhein aufwärts. Die Kranhäuser an der hippen Vorzeigepromenade durchschritt ich noch im Hellen, doch nach und nach gingen die Lichter an und ließen mich einen Blick in die vielerorts offenen Küchen werfen, in denen die letzten Vorbereitungen für das Abendgeschäft liefen. Nach langem Abwägen vor den erfreulicherweise überall auch außen angebrachten Speisekarten (und ständig größer werdendem Appetit) entschied ich mich, kulinarisch mal wieder nach Hellas zu reisen. Besonders die kreativ klingenden Meze hatten hier den Ausschlag gegeben.
Um einen hier mitunter verwendeten Begriff zu bemühen: Nein, das Limani ist sicher kein Blau-Weiß-Grieche.
Im Gegenteil. Im langgezogenen Gastraum geben die bodentiefen Fenster den Weg zur Terrasse und die Sicht auf den Schicksalsstrom frei. Der Raum scheint auf den ersten Blick in Brauntönen zu ertrinken
Aber mit dem zweiten sieht man das stimmige Konzept besser. Auf dem warmen Parkett stehen am Fenster dunkles Holzstühle. Auf der Raumseite Eames-Sessel, die mit ungewöhnlichem, hochwertigem Stoff bezogen sind. Zudem nicht nur stilvoll, sondern auch bequem. Über der langen Lederbank mit einzelnen Kissen eine große Wand aus Naturstein-Riemchen, die an mehreren Stellen im Raum zitiert wird. Weiter oben ein Flaschenregal mit indirekter Beleuchtung und kleinen LED. Kleinere Lichtkuben schaffen ein warmes, loungiges Licht. Dazu genau die passende Musik. Die gegenüber liegende Wand nur hell getüncht. Die Stirnseite komplett mit einem bronzenen Prägedruck bedeckt - für mich der Hingucker. Einzelne Fotografien, natürlich in Sepiabraun. Hier wird nicht gekleckert, sondern ein optisches Statement abgegeben. Auf der Höhe des Jahrzehnts, ohne die gelegentliche Kühle moderner Konzepte.
Auf den Holztischen keine Decken, aber hübsch drapierte weiße Stoffservietten. Ein Wein- und ein hohes Wasserglas. Nur einmal Besteck, Teelicht im dicken Glas"Aschenbecher" eine niedrige Topfrose, Brotteller, Pfeffermühle und ein griechisches P.D.O.-Olivenöl
Ganz schön was los auf den nicht sonderlich großen Möbeln, die an der Wand sehr eng stehen. Im Raum ist es nur etwas besser, aber die hier sicherlich augentränend hohe Pacht will verdient sein.
Ich darf mir als einer der ersten Gäste des Abends einen der wenigen nicht reservierten Tische aussuchen und wähle bewusst einen Platz in der Nähe der Küche. Zum einen, weil man dort immer Zugriff auf das vorbei eilende Personal hat. Und zum anderen, weil es meist das eine oder andere zu hören oder zu sehen gibt. Die wohl situierten Pärchen oder Freundinnengruppen schienen mir da weniger unterhaltsam.
Die beiden vollbärtigen Herrn im Service waren viel freundlicher, professioneller und bemühter, meine Wünsche zu erfüllen, als ihr etwas hipstereskes Äußeres nach meinem Vorurteil hätte erwarten lassen. Mehrere griechische Weine wurden mir sowohl passend empfohlen, als auch zum Probieren angeboten, überzeugt hat mich aber schließlich keiner. Aufmerksam serviert und zur rechten Zeit nach der Zufriedenheit gefragt. Meine Fragen wurden offenbar als anspornend, nicht als nervig empfunden. Es wurde bedauert, dass der Chef nicht anwesend sei (um mich hinaus zu werfen?), um besser Auskunft zu geben. Notfalls auch das Internet bemüht. Und zum unbekannten Käse wurde der Koch an den Tisch gebeten, der mir ebenfalls bereitwillig antwortete.
Ein junger, engagierter, fachlich nicht zu beanstandender Service, dessen Lockerheit hier gut passt und niemals kumpelhaft wurde. Sehr angenehm.
Für den ersten Hunger wurde knuspriges Weißbrot gereicht, das mit dem Olivenöl und einigen Salzflocken krachend mundete. Dazu nicht der aus Hannover stets empfohlene Rote, sondern ein Port rosé (4,9€) aus der Quinta do Tedo, der einen Tick kühler hätte sein dürfen. Die Flasche Selters schlug mit 6,5€ zu Buche.
Aus der abwechslungsreichen Meze-Karte wählte ich Wintergemüse mit gerösteten Pinienkernen (6,8€) sowie Stifado mit Kaninchen für einen Euro mehr. Den gefüllten, frittierten Schafskäse von der Tageskarte verschmähte ich als zu mächtig.
Nicht vorübergehen lassen konnte ich dagegen das Angebot Filet vom Txogitxu mit Kartoffelgratin (32€).
Bis auf das Wasser erwiesen sich Preise als angemessen bis günstig.
Beide Vorspeisen überzeugten.
Stielkohl und Rübchen waren bissfest und angenehm saftig, kräftig mit Zitrone und (grenzwertig) viel Olivenöl abgeschmeckt Wintergemüse
und mit einer vernehmlichen, aber nicht unangenehmen Knoblauchnote versehen. Das kontrastierte gut zu den leichten Bittertönen des Gemüses. An den angerösteten Pinienkerne war nicht gespart worden. Guter vegetarischer Auftakt.
Das Kaninchenfleisch der zweiten Vorspeise konnte voll mithalten, zart, weich, saftig, kein bißchen trocken
Die typischen Perlzwiebeln hatten noch Biss. Endlich mal nicht zu ängstlich verwendete Gewürze - Pfeffer, Lorbeer, Zimt - sorgten für eine gleichzeitig pikante wie süße Geschmackswelt, die Fleisch und Zwiebel noch genug Platz ließ. Auch wenn ich nicht häufig beim Griechen einkehre, meine ich doch: Ein hervorragendes kleines Stifado-Gericht!
Auch das Hauptgericht war fast perfekt. Das schon mit Pfeffer und Salzflocken servierte Fleisch war sehr dunkel, mürbe und schmeckte typisch nach Fett
Der gewünschte Gargrad war genau eingehalten. Ein Genuss für Fleischliebhaber, wobei der Streit um das "beste" Fleisch müßig ist. Entscheidend ist doch, ob das gerade vor einem stehende Gericht glücklich macht!
Das Gratin war angenehm weich und schön gebräunt. Mir war es etwas zu "kartoffelig", will heißen, etwas Sahne oder gar Béchamel-Sauce hätten es nicht schlechter gemacht. Gegen die Bohnen war nichts zu sagen und über die Kräuterschnipsel schaute ich milde gestimmt hinweg.
Eigentlich wäre jetzt Schluss gewesen. Aber etwas Käse mit (dem unvermeidlichen) Feigensenf zum Abschluss geht ja immer (10,5€). Zumal mich das frittierte Angebot schließlich doch reizte. Ich bekam eine zusätzliche Probierportion für gastfreundliche 2€.
Die Präsentation war etwas phantasievoller als der übliche Geometriegrundkurs
auch die Nüsse machten zerstoßen machten gleich mehr her. (Vermutlich gehöre ich zu den von Vincent Klink Geschmähten, die mit den Augen essen...) Der mir bislang unbekannt gewesene Graviera war eine mit Rauke gefüllte und dann eingerollte flache Platte ohne besonders viel Eigengeschmack zumindest für Schafsmilch
Vermutlich in der Pfanne ausgebacken und dadurch außen leicht knusprig, innen weich. Durch das Grünzeug und mit Honig nicht schlecht. Kann man mal machen. Allerdings nichts zum Abnehmen...
Dazu einen Vin Santo (6,5€), der schon stark oxydiert war, da fehlte Frische. Trotzdem, wenn schon mal die Gelegenheit besteht, ein "Original" zu trinken... (Aus der Abteilung Besserwisser: Die Bezeichnung dürfte ursprünglich eher auf die Herkunft von der Insel Santorin verweisen, als auf etwas Heiliges.)
Ich wurde herzlich verabschiedet und schritt frohen Sinnes wieder Richtung Heumarkt. Die Lichter an Vater Rheins Gestaden leuchteten mir den Weg und ich dachte zufrieden:
Das war ein angenehmer Abend, bei dem alles stimmte. Gerne wieder!
Im traurigen Monat November war's, ... da reist ich nach Kölle hinüber. Und zwar wie jedes Jahr für zwei Nächte. Hatte ich am ersten Abend im Taku (wunderbar umsorgt von der ganzen Crew im Allgemeinen und einer außergewöhnlich reizenden Dame im Besonderen!) asiatisch beeinflusste Sterneküche genossen, stand mir nun der Sinn nach "einfacherer" Küche. Ich ließ also das Ox & Klee links (eigentlich ja rechts) liegen und schlenderte vom Schokoladenmuseum kommend im schon recht kalten Wind den Rhein aufwärts. Die... mehr lesen
4.0 stars -
"Gehobene (nicht nur) griechische Küche in stimmigem Ambiente. Klare Empfehlung!" DerBorgfelderIm traurigen Monat November war's, ... da reist ich nach Kölle hinüber. Und zwar wie jedes Jahr für zwei Nächte. Hatte ich am ersten Abend im Taku (wunderbar umsorgt von der ganzen Crew im Allgemeinen und einer außergewöhnlich reizenden Dame im Besonderen!) asiatisch beeinflusste Sterneküche genossen, stand mir nun der Sinn nach "einfacherer" Küche. Ich ließ also das Ox & Klee links (eigentlich ja rechts) liegen und schlenderte vom Schokoladenmuseum kommend im schon recht kalten Wind den Rhein aufwärts. Die
Geschrieben am 02.01.2017 2017-01-02| Aktualisiert am
05.01.2017
Besucht am 30.10.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 198 EUR
Zwischen dem "Kontrollbesuch" in der Heidelberger Studentenbude meines Sohnes und dem beruflichen Termin am Montagmorgen in Karlsruhe blieb dort noch Zeit für ein ausgedehntes Abendessen. Nun verwöhnt auch die badische Fächerstadt an einem Sonntag den Feinschmecker nicht mit vielen geöffneten Restaurants der gehobenen Klasse, auch das kürzlich wieder besternte Le Salon im Kesselhaus war geschlossen.
Also trat ich die überraschend lange Taxifahrt in das erst kurz vor dem Krieg eingemeindete, einstige Residenzstädtchen Durlach an. Beim nächsten Mal wäre wohl die Anreise mit dem Zug vom Karlsruher Hauptbahnhof die schnellere und preisgünstigere Alternative. Oder man probiert gleich die im Internet geschmackvoll aussehenden Gästezimmer des Ochsen aus, um sich nach dem Genuss der französischen Küche und der Gewächse aus dem profunden Weinkeller vor Ort wieder zu regenerieren.
Nach gleichtägiger, unproblematischer Reservierung per Telefon, umfing mich sofort beim Ankommen die warme, wohltuende Atmosphäre eines dichten lindgrünen Teppichbodens und honigfarbener Hölzer an drei Wänden hoch bis zur Decke. Der Spiegel darunter gibt dem hinteren Raum im Souterrain etwas Höhe. Neben Grünpflanzen und Porzellan in Eckschränkchen zeigen moderne Acrylgemälde Verfremdungen bekannter italienischer Szenenerien. Etwas gegen den Strich und auch nicht mein Geschmack, aber ebenfalls farbenfroh
Die Tische mit weißer Decke, drei Gläsern, schnörkellosen Stoffservietten, einer exotischen Topfpflanze und überraschend viel Silber. In den Hochlehnern mit Korbgeflecht saß es sich zunächst sehr bequem. Mit der Zeit machte sich jedoch bemerkbar, dass die Polster schon deutlich durchgesessen waren.
Wer moderne Kühle liebt, wird sich vielleicht etwas erdrückt fühlen.
Seit 1981 betreibt Ehepaar Jollit den Ochsen und so manches an der Einrichtung scheint noch aus dieser Zeit zu stammen, ohne unzeitgemäß zu sein. Wie auch die ruhige Höflichkeit, mit der mich der Inhaber und ebenso der langjährige Sommelier Serge Schwentzel versorgten. Ein dritter Herr im Bunde kam mit dem hier herrschenden, zurückgenommenen Ton nicht ganz zurecht. Die Begrüßung des einzelnen Borgfelders als "die Herrschaften" verbuchte ich noch als Versprecher. Der versuchten Entführung meines Brotes schon nach dem Amuse widersprach ich dagegen entschieden. Im Übrigen kann ich es nicht leiden, wenn phrasenhaft nach der Zufriedenheit gefragt wird, ich die Antwort aber schon in den Rücken des davoneilenden Kellners rufen muss. Ganz anders dagegen der elsässische Bonvivant Schwentzel. Meinungsstark ("Es gibt eh nur zwei gute Banyuls."), aber auf Nachfrage gesprächig, sehr sympathisch und auf einen offenen Dialog mit dem Gast setzend. Der Patron war etwas reservierter, drängte auch etwas zu den Alba-Trüffeln, aber insgesamt nicht unangenehm. Ich habe mich gut umsorgt gefühlt. Anfangs erhielt ich allerdings den Tisch im oberen, dem Eingang anschließenden Raum und gleich neben der Servicestation. Nachdem ich genug von dem Geklapper hatte, bat ich um einen Tisch im unteren Bereich, der mir auch anstandslos eingedeckt wurde. Warum, warum nur nicht gleich so? Am Andrang kann es nicht gelegen haben. Außer mir besuchten noch zwei Paare und eine vierköpfige Familie am Sonntag den Ochsen. Befürchten die Wirte bei meiner Figur tatsächlich, dass ich nur das ikonische Radieschen des misanthropischen Kritikers Duchemin bestelle? Vermutlich entwickle ich eine leichte Psychose, aber mag das unproblematische Tisch-Upgrade mit meiner inzwischen getätigten, gewohnt unkargen Bestellung zusammenhängen?
Fern der Heimat wählte ich aus der übergroßen, dunkelroten Menuekarte gar nicht brutal-regional zunächst Salat mit kanadischem Hummer, danach Rotbarbe, gefolgt von Seehecht. Zum Abschluss dann aber doch Rohmilchkäse aus einer Auswahl von mindestens 12 Sorten. Diese vier Gänge wurden mit 88€ als Menue saisonal abgerechnet, was ich angesichts von Qualität der Zutaten, dem Handwerk und auch der Mengen als angemessen ansehe. Als eine kleine, ebenso einheimische wie saisonal-herbstliche Ergänzung orderte ich vor dem Käse überbackene Steinpilze für 19€. Auf hohem Niveau der "schwächste" Gang, wie sich heraus stellen sollte.
Meine Entscheidung für drei Fischgänge war unter anderem dem angebotenen Wein des Monats geschuldet. Die ligurisch-piemontesische Cuvée Sambruno aus Roero Arneis und Viognier sowie Sauvignon Blanc und Timorasso vom Weingut Il Vagabondo traf meinen Geschmack nach bukettreichen, ausgewogenen Weißweinen perfekt. Der Restaurant-Preis von 48€ war noch fair.
Zusammen mit einem weißen Port als Aperitif, zwei P.X. Sherry und einem wunderbaren Sauternes (kein Wunder: Château Rieussec 2002, also ein Premier Grand Cru) blieb die Gesamtrechnung ganz knapp unter 200€.
Zunächst wurde ein ganz klassisches, erfreulich knuspriges Baguette
gereicht, dazu streichfähige Butter aus einem Silberschälchen
Fleur de sel und grob gestoßener Pfeffer wurden ebenfalls stilvoll offeriert
Als erstes Amuse eine wunderbar duftende, krachend-fleischige Garnele auf etwas belanglosen schwarzen Linsen. Dazu eine angegrillte halbe Kirschtomate mit etwas puristischer Balsamicokunst
Gefolgt von einem nicht zu dicken Kürbiscappucino mit aufgeschlagenem Milchschaum
Das war hübsch anzuschauen, aber leider nicht sonderlich ausdrucksstark, hier ist beim Verlängern etwas verloren gegangen. Zudem war die Suppe so brutal heiß, dass ich den ersten Schluck nicht im Mund behalten, geschweige denn schlucken konnte. Kann man ja so servieren, dann aber bitte mit einem deutlichen Hinweis an den Gast! Die Reaktion, dass sonst die Gäste eher zu kalte Suppe bemängeln, war wenig hilfreich.
Der erste Gang war eine Augenweide
Drei große Stücke Hummerfleisch von Schere und Schwanz von schönem Rot. Dazu die leuchtenden Orangenfilets. Und die leicht bitteren Salatarten in grün und gelb waren ebenfalls mit einer fruchtigen Orangenbutter angemacht und mit frischem Kerbel verfeinert. Einer der schönsten Teller 2016!
Einziges Manko: Das Hummerfleisch hielt am Gaumen nicht ganz, was es auf dem Teller versprochen hatte. Geschmacklich ok, aber leider von etwas gummiartiger Beschaffenheit. Nicht wie bei tiefgefrorener Ware, aber eben auch nicht 1a-Qualität.
Als zweiter Gang eine Rhapsody in red
Ein exzellentes Rotbarbenfilet, mal nicht aus dem Mittelmeer, sondern vor der Bretagne gefangen. Knusprig auf der Haut gebraten und angesichts der gar nicht so großen Dicke überraschend saftig und ganz fein im Geschmack. Das Bett von Artischockenwürfel hat mich zwar weder optisch noch geschmacklich besonders begeistert, ganz im Gegenteil jedoch das würzig-fruchtige Tomatenconfit, dem die Zugabe von Safran Würze und ein tolles Orangerot verlieh.
Der Hauptgang versetzte mich erneut in Entzücken
Schon die Farbenpracht des Wintergemüses, aber auch die kreative Präsentation des Colin mit Scheiben vom schwarzen Rettich als neuem Schuppenkleid - wow!
Eigentlich gehört der Seehecht nicht zu meinen Favoriten, aber das Rückenstück dieses, in der Biskaya (oder für stolze Franzosen: Golfe de Gascogne) geangelten und dann wohl pochierten Exemplars war ausnehmend saftig und aromatisch, wirklich erstklassig! Dazu hat mich der leicht scharfe typische Radi-Geschmack im positiven Sinne überrascht.
Mehr als nur Beilage waren die á point gegarten Scheiben und Würfel von Pastinake und Petersilienwurzel, von Chioggia-Beete und Artischocke, von Kürbis und Schalotten, deren Aromen durch Kräuter, u.a. erneut mit Kerbel verfeinert wurden. Alle Geschmäcker intensiv und zusammen ein wahres Geschmacksfestival. Kohlenhydrate wurden schließlich durch einen Klecks Kürbispüree und einen mit Sepiatinte gefärbten Reis-Chip beigesteuert.
Das zum Gang eingedeckte Laguiole-Messer beruhte wohl auf einen Irrtum der Servicecrew.
Dagegen ließ der für die Steinpilze vorgesehene Gourmetlöffel auf einen würzigen Sud hoffen.
Die leckeren Schwammerl kamen als übersichtliche Portion mit Spalten von Abatebirne und Pinienkerne und waren mit Parmesan gratiniert. Das sah sehr lecker aus
und der Geschmack war auch o.k. Aber die Erwartungen an erdig-würzig-süßen Genuss konnten nicht ganz erfüllt werden.
Eigentlich stand mir der Sinn nach Maury oder Banyuls, aber natürlich konnte ich dem stattdessen angebotenen Sauternes zum Käse nicht widerstehen. Bei der Käseauswahl
verließ ich mich dann weitgehend auf die fachkundige Beratung von Herrn Schwentzel, nur Vacharin sollte dabei sein. Sehr gefallen hat mir, dass die Auswahl gut begründet wurde. Notizen habe ich mir dazu nicht gemacht, nur Roquefort ist mir namentlich im Gedächtnis geblieben - und, dass mir die Auswahl von mild zu etwas kräftiger phantastisch gemundet hat!
Noch war der genussvolle Abend aber nicht beendet. Wie so häufig, bestellte ich mir einen P.X. Sherry und bat dazu um etwas Schokolade. Mit peruanischer Ware (65% und 80% Kakaoanteil) von Valrhona wurde mein Wunsch erfüllt. Aber der Chef hatte noch eine ganz andere Preziose am Start: Lakritz-Schokolade von Balaguer, einem der weltbesten Chocolatiers aus Barcelona
Das Zusammenspiel des edlen Gran Orden von Garvey, der Süße und leichten Bitterkeit der Schokolade und schließlich der deutlichen Lakritznote war himmlisch! Der flüssige Süße aus Jerez ging auf meine Rechnung, die festen Glücklich- und Dickmacher sämtlichst aufs Haus. Und auch ohne Kaffee wurde die Wartezeit aufs Taxi schließlich mit einigen petits fours
versüßt.
Was für ein Feuerwerk! Was für ein Genuss! Was für ein Abend!
Zwischen dem "Kontrollbesuch" in der Heidelberger Studentenbude meines Sohnes und dem beruflichen Termin am Montagmorgen in Karlsruhe blieb dort noch Zeit für ein ausgedehntes Abendessen. Nun verwöhnt auch die badische Fächerstadt an einem Sonntag den Feinschmecker nicht mit vielen geöffneten Restaurants der gehobenen Klasse, auch das kürzlich wieder besternte Le Salon im Kesselhaus war geschlossen.
Also trat ich die überraschend lange Taxifahrt in das erst kurz vor dem Krieg eingemeindete, einstige Residenzstädtchen Durlach an. Beim nächsten Mal wäre wohl die Anreise... mehr lesen
Restaurant Zum Ochsen
Restaurant Zum Ochsen€-€€€Restaurant, Sternerestaurant0721943860An der Stadtmauer 29, 76227 Karlsruhe
4.5 stars -
"Farbenfrohes französisches Festival - Famos!" DerBorgfelderZwischen dem "Kontrollbesuch" in der Heidelberger Studentenbude meines Sohnes und dem beruflichen Termin am Montagmorgen in Karlsruhe blieb dort noch Zeit für ein ausgedehntes Abendessen. Nun verwöhnt auch die badische Fächerstadt an einem Sonntag den Feinschmecker nicht mit vielen geöffneten Restaurants der gehobenen Klasse, auch das kürzlich wieder besternte Le Salon im Kesselhaus war geschlossen.
Also trat ich die überraschend lange Taxifahrt in das erst kurz vor dem Krieg eingemeindete, einstige Residenzstädtchen Durlach an. Beim nächsten Mal wäre wohl die Anreise
Geschrieben am 29.03.2017 2017-03-29| Aktualisiert am
20.09.2017
Besucht am 12.10.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 151 EUR
Wechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz. Bei meinem Besuch im letzten Herbst war (mir) das noch nicht so klar.
Nicht nur die scheinbar überforderte Elektroanlage des Hauses verursachte einige Male irritierendes Flackern. Und nicht nur die sehr kleinen Lichtkegel der stylische Hängelampen führten zu einem deutlichen Wechsel von sehr hellen mit eher schattigen Bereichen auf dem Tisch. Fotografisch, aber auch sensorisch hat mich das etwas gefordert.
Wie übrigens auch der herbe Unterschied zwischen Sterne-Restaurant und angeschlossenem Hotel oder besser dem Gasthof. Ist dieser zwar sauber und vollständig eingerichtet, so doch arg in die Jahre gekommen. Das Angebot eher einfach (auch preislich, das schon), was leider auch für das Frühstück galt. Eine Abfuhr beim Wunsch nach einem Spiegelei hatte ich mir länger nicht mehr eingehandelt. Die beiden offensichtlich auf Montage befindlichen Herren im Gastraum waren allerdings zufrieden. Eine Übernachtung auf gutem Pensions-Niveau ist wahrlich kein Beinbruch, aber wissen muss man es halt, dass sich das Angebot nicht unbedingt an den Gästekreis der Sterne-Schlemmer richtet. Jedenfalls noch nicht, eine Modernisierung ist aber wohl geplant.
Die haben die Waschräume gerade hinter sich und zwar sehr gelungen. Sandsteinelemente, hochglanzpolierten Steinplatten, Tapeten und spiegelndes Glas in edlem Schwarz. Alles perfekt und hochwertig bis zu den ebenfalls schwarzen, flauschigen Handtücher. Selten so stylish ... öhm.
Auch das Restaurant gefiel mir durch eine gelungene Kombination aus alt und neu.
Für mich war eine halbrunde Ecknische reserviert, von der ich einen guten Blick durch das beeindruckende gemauerte Kreuzgewölbe mit den Sandsteinsäulen hatte, das bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht.
Die medusenhaften modernen Lampen mit LED schaffen dazu ebenso einen modernen Gegensatz, wie die teilweise ausgeleuchteten Nischen mit zeitgenössischer Kunst. Insgesamt dominieren mit Bronze und Braun die aktuellen Wohlfühlfarben. Die Backsteine der Decke kontrastieren dazu angenehm rau. Der Raum wird durch eine große Barinsel unterteilt und eine kleine Bühne seitwärts weist auf die regelmäßigen musikalischen und gesellschaftlichen Events hin. Viel aus dem Gewölbe gemacht!
Vor den mit großzügigem Abstand gestellten Tischen warten hinreichend bequeme, lederbezogene Stühle und Bänke auf Besetzung. Auf den doppelten weißen Tischtüchern ist eher zurückhaltend mit einem Satz Besteck, Wasser- und Weinglas sowie Brotteller und -messer vorbereitet. Eine einfach gefaltete Leinenserviette komplettiert das Gedeck. Erfreulich wenig Schnickschnack auf dem wohl für vier Gäste vorgesehenen Tisch. Neben zwei undefinierbaren plumpen Kieseln im Glitzer-Look nur das obligatorische Grablicht. Die einzelne schmale Hängelampe schafft in der Tischmitte einen scharfen Lichtkreis. Am Rand, wo der halbwegs kultivierte Mensch gemeinhin sein Geschirr platziert, herrscht allenfalls trübes Halbdunkel (und schon ist man sogar für ein Teelicht dankbar). Selbst ohne Fotoambitionen hätte ich die Teller nach dem Servieren zunächst ins Licht geschoben, damit überhaupt erkennbar wird, was die Küche anbieten will. Später wurde vom Service gleich in die Tischmitte platziert. Nett, aber es zeigt das Dilemma des zweifelsohne so gewollten, höhlenartiges Lichtkonzepts
Die Musik war stimmig, Swing, smooth Jazz und sogar ein wenig Funk.
Immerhin, der Service war nahezu perfekt. Als Gastgeber fungierte Tanel Idil, der mich stets aufmerksam, freundlich, engagiert und fachkundig betreute. Höflich, aber nicht zu distanziert. Man kommt sofort ins interessante Gespräch. Auch zu den ausgeschenkten Weinen und deren Winzern hatte der nach eigenen Angaben Pälzer Bu (völlig unglaubwürdig, angesichts des guten Hochdeutsch...;-)) stets eine ausführliche Geschichte parat. Einer, der brennt - das überzeugt! Der Auszubildende des Hauses agierte ebenfalls schon gekonnt und höflich wie auch Chef Braumüller, der sich mit den Petits fours an den Tisch bemühte. Kritik wurde allerdings weitgehend schweigend aufgenommen, aber das kann ja auch ein Zeichen von Nachdenken sein.
Der Service hatte viel Zeit für mich, war am Abend doch nur noch ein lebenserfahrenes Paar anwesend, das mit dem Team gut bekannt oder verwandt schien und häufig direkt aus der Küche bedient wurde. Herr Idil führte den mauen Besuch auf das tags zuvor zu Ende gegangene örtliche Weinlesefestival zurück, von dem sich die Einwohnerschaft erst erholen müsse.
Nach diesen wenigen einleitenden Worten zurück zum eigentlich Grund meines Besuchs:
Bei einer Sektcuvée "Louis" (9€) aus Auxerrois, Schwarzriesling und Chardonnay, Lage Ruppertsberg von Andres&Mugler aus Maikammer
wählte ich das nur "tischweise erbetene" 5-Gang-Menü "Meilenstein" (aktuelle Gerichte, 120€) bestehend aus:
Gebeizte Forelle
Meeräsche
Bretonischer Hummer
Knusprige Blutwurst
(zusätzlich aus dem Klassiker-Menü "Grundstein", 15€)
Rehrücken
Weiße Schokolade
Ungewöhnlicherweise wurden auch die Küchengrüße schriftlich angekündigt:
Überzeugt hat unter den Amuses am meisten die Komposition aus zurückhaltendem Kalbstartar und deutlicher Crème vom Räucheraal.
Der Reis-Chip gefiel mit sehr feinem Crunch und die grünliche Lauchasche steuerte ungewohnt herbe Noten bei.
Das geräucherte Rindermark mit Pilzwürfeln war ebenfalls so recht nach meinem Geschmack.
Auch das heiß servierte Brot Sauerteigbrot aus Urgetreide
aus Urgetreide - u.a. Dinkel, Quinoa und Kümmel - konnte zusammen mit der gebrannten Nussbutter
gefallen.
Dagegen war der Sauerkrautmacaron in Form eines Bachkiesels aus mit Sepiatinte gefärbtem Tempurateig
- eigentlich eine schöne, kreative Hommage an die Forelle - adstringierend bis knapp vor die Ungenießbarkeit und vergällte so auch den Genuss des guten Fischs. Nicht mal die Kartoffelscheibe konnte die Säure einbinden.
Das feinstückige Garnelentartar am Lollistick
war geschmacklich präsent und von sehr angenehmer Knusprigkeit. Bei der begleitenden Tomatenessenz - mit dickem Trinkhalm aus dem Glasfläschchen - zog es sich wieder unangenehm zusammen. Wenigstens lenkte das etwas von den Schmerzen ab, die die viel zu heiße Suppe punktgenau am Gaumen verursacht hatte. Da mir ebendieses auch in Karlsruhe passierte, nehme ich mal an, dass es sich um eine Südwestspezialität, das sog "Verbrüherle" handelt...
Dazu ein ausgewogener Riesling von Bergdolt aus Neustadt-Duttweiler. Ich nehme mal an, vom Klostergut. Wer weiß schon als Außenstehender die familiären Verzweigungen der Winzerdynastien zu durchschauen.
Wegen des beruflichen Termins am nächsten Morgen setzte ich dann mit der Weinbegleitung bis zum Dessert aus.
Der erste Gang griff optisch die Erwartungshaltung an eine langjährige, nicht avantgardistische Sterneküche auf. Forelle, Schafsjoghurt, Gurke, Buchweizen
Kein Kessel, aber ein Teller Buntes in diversen Aggregatzuständen sollte Auge und Gaumen erfreuen. Die Präsentation ist erwähnenswert, weil es der einzige Teller blieb, der noch mit "Sternechichi" (aka Aufwand beim Anrichten) aufwartete. Hernach war doch vieles zeitgeistig geschichtet oder eher lieblos nebeneinander platziert.
Es versammelten sich also - erneut, hm - die wunderbar zarte, durch die Beize würzige Forelle mit ihrem Kaviar und als Begleiter Schafsmilchjoghurt und Gurke von Gel über Granité bis hin zu recht großen Stücken. Für den Crunch sorgte Buchweizen, der als gepoppt angekündigt war, mir aber nur geröstet schien. Leider war auch hier einiges schiefgegangen. Zum einen der Buchweizen, der so hart blieb, dass ich einzelne Körner aus Sorge um die Unversehrtheit des Kauapparates gar nicht zu zerkleinern wagte. Unangenehmer noch die wiederum viel zu starke Säure, hier in den Gurkenstücken. Irgendwann hatte ich dann heraus, welche zarte Scheibe abgeschnitten für ein harmonisches Gesamtbild sorgte. Da war der Teller aber auch schon durch die vorherigen, missglückten Experimente weitgehend geleert. Außerdem bin ich doch nicht das Versuchskaninchen der Küche.
Zu diesem Zeitpunkt befürchtete ich bereits einen kulinarisch eher unerfreulichen Abend.
Zum Glück konnte sich die Küche steigern, zum Teil deutlich.
Die rohe Meeräsche erfreute mich mit schon gleich mit ihrem Anklang an japanische Küche. Verstärkt wurde das durch die Verwendung ihres Rogens, diesmal in der Bottarga-Variante, als karasumi ist das ebenfalls eine japanische Delikatesse.
Dem kräftigen Fisch standen Tatar von Stangen- sowie gehobelte Scheiben und Crème von Knollensellerie gegenüber. Als "Verbinder" wurde à part ein confiertes Eidotter gereicht (ohne Foto).
Ich sach getz mal: Schmackiger Babybrei für Feinschmecker...
Gegen übliche Gewohnheiten kam nun (im Menü genauso vorgesehen) der dritte Meeresbewohner auf den Tisch (eine Suppe dagegen in beiden Vorschlägen Fehlanzeige).
Der bretonische Hummerschwanz in Nussbutter erschien in "Haufenoptik" Bretonischer Hummer an Grieben und Knödelrolle
und war etwas trocken. Nicht die erhoffte 1a-Qualität. Viel Spaß bereitete der mit Limone und Zitronengras endlich einmal elegant, weil fruchtig-säuerlich aromatisierte Spitzkohl. Aus der Heimat des Chefs grüßte eine Knödelrolle und die Grieben waren knusprig und vor allem nicht zu salzig. Ob allein daraus die über drei Tage eingekochte dickflüssige Jus entstand, kann ich nicht sagen. Umami - ick liebe dir! Überraschenderweise funktionierte diese Kombi von Surf'n'Turf ausgezeichnet.
die leider nur schwach zu schmecken war. Insofern war das Bett aus roh mariniertem Fenchel und insbesondere die klasse Apfel-Fenchel-Sauce mit Cayenne und Zimt viel interessanter. Und das, wo doch Fenchel und Zimt einst zu meinen kulinarischen no-gos gehör(t)en. Insgesamt respektabel, aber ich hatte mir besonders von der boudin noir wesentlich mehr versprochen.
Ein kleines Meisterwerk: Falscher Marshmallow von der Calamansi mit einem Camparigelee-Topping. Wow! Säure - Frucht - Bitterkeit. Wow!
So aufgeweckt, wandte ich mit dem Laguiolemesser dem Hauptgang zu, zweierlei vom Rehrücken Zweierlei vom Rehrücken mit Pfifferlingen und Ofenkartoffel
Kurz gebraten perfekt rosa, ein zarter feiner Wildtraum. Die geschmorten Teile leicht trocken, halt ein sehr mageres Stück. Die Sauce riss hier aber wirklich einiges raus, über 4 Tage reduziert (das mit dem Tage-Gedöns geht mir zwar etwas auf den Wecker. Jeder kann noch länger, so à la Mein Auto, mein Haus, meine Pferdepflegerin! Aber das Ergebnis ist immer zum Reinlegen. Hier mit Zimt, Anis und Schokolade noch auf ein höheres Level gebracht. Also Saucen kann er, der Herr Braumüller!). Auch die Beilagen waren wohlfeil und veredelt: Gerupfte Petersilie blanchiert und frittiert. Püree aus der Inneren der ausgekratzten Ofenkartoffel, Pulver aus ihrer Schale. Beides mit wuchtigem Rauchgeschmack. Und sehr kleine, sehr feine, doch leider sandige Pfifferlinge. Das sollte auf diesem Niveau vermeidbar sein, musste die Küche doch wohl kaum bei diesem Gästeansturm auf Overload gehen. Trotzdem ein sehr guter Gang und die Sauce extraordinär. Optisch auch ganz ok.
Mal eine der seltenen Gelegenheiten, bei der ich ein Dessert wählte, Käse war aber auch nicht im Angebot.
Vom weißen Pfirsich ein Sorbet und Geleeplättchen, die eine Rolle von weißer Schokolade ummantelten, eher fester Pudding, als Mousse. Chips von der weißen Verführerin und vom kräftigsten Mitspieler Cassis, der auch getupfte Creme beisteuerte. Schließlich noch Crumble von schwarzer Schokolade als leicht bittere Komponente. Wilder Prirsich, weiße Schokolade, Cassis
Alles in allem gut, aber für mich auch nicht mehr. Da ist noch Luft bei der Patisserie, was auch für die nach meiner Meinung recht simple Präsentation gilt. Gerade beim Dessert bin ich da eigentlich schon mal zu begeistern.
Am ehesten in diese Kategorie fiel hier die perfekt begleitende 2011 Weißburgunder Beerenauslese (7€) von Winzer Seeber, der laut Herrn Idil in der Region eher unter Wert gehandelt wird.
Der Abend schloss bei den Speisen mit einer Limonenmousse auf Mürbeteig und einer extra gereichten Caipicreme Limonenplätzchen und Caipi-Crême
die der sympathische Chef persönlich an die Tische brachte. Nicht ganz so toll, wie die Calamansi-Campari-Bombe, aber trotzdem ein netter Rausschmeißer.
Mein Wunsch nach etwas Süßem auch in flüssiger Form wurde mit einem T-R-O-P von Winning erfüllt, Pinot Noir auf 17,5% gespritzt, sehr freundlich auf Kosten des Hauses! Hat geschmeckt, aber die Leute, die den P-O-R-T machen, haben eben doch 300 Jahre Vorsprung...
Zwar voll, aber nicht vollends zufrieden, stieg ich die knarrende Treppe zu meinem großen und recht hellhörigen Zimmer hinauf. Der zurückliegenden Abend hatte für mich zu viel Wechsel zwischen Auf und Ab gehabt. Vielleicht waren das auch Startschwierigkeiten. Denn auch für erfahrene Köche ist aller Anfang auf unbekanntem Terrain schwer.
Und der Stern hat die Flackerphase ja schlussendlich gut überstanden.
Wechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz.... mehr lesen
Restaurant - Urgestein
Restaurant - Urgestein€-€€€Restaurant06321489060Rathausstraße 6a, 67433 Neustadt an der Weinstraße
4.0 stars -
"Von Sternenlicht und Schattenspielen" DerBorgfelderWechselt ein erfolgreicher Küchenchef ist das für das Restaurant natürlich Chance, aber doch auch ein erhebliches Risiko - der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Gast ein scheues Reh. Bei besternten und anders ausgezeichneten Häusern sowieso, denn mit der nächsten Auflage wird ja öffentlich, was zumindest die Profi-Tester vom Wechsel halten.
Das Urgestein hat den Wechsel vom Pfälzer Tausendsassa Benjamin Peiffer zum Österreicher Fritz Braumüller insoweit gut überstanden, auch der Stern strahlt weiterhin über dem Steinhäuser Hof nahe dem Neustädter Marktplatz.
Geschrieben am 24.11.2016 2016-11-24| Aktualisiert am
25.12.2016
Besucht am 13.09.2016Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 90 EUR
Wieder mal eine späte Anreise nach Berlin. Die Promiläden wollte ich aus hier berichteten Gründen erst einmal meiden. Borchardt, Rutz, Pauly Saal und die anderen, selbst Grill Royal, obschon gegenüber meinem Hotel gelegen, schieden also aus. Aber auf billige Touriabzocke hatte ich auch keine Lust. Missmutig stapfte ich in Richtung Friedrichstraße, als ich an einer Weinwirtschaft in einem der S-Bahn-Bögen vorbeikam, in der viele Menschen lautstark Musik und Tanz brauchten und einen, der sie liebt. Später stellte sich die Gesellschaft als eine Station der Charité heraus. Um die Ecke dann das dazu gehörige Restaurant, in einem modernisierten hohen Altbausaal, u. a. die Decke (!) großzügig verspiegelt, die Tische ohne Wäsche aus dunklem Holz, wie auch der Fußoden in Bohlenoptik, cremefarbenes Leder, glänzendes Metall, stylisch, aber nicht ungemütlich und trotz der vorgerückten Zeit noch proppenvoll und daher ebenfalls recht laut. Ein Glück, dass der ein wenig geschniegelte jüngere Herr vom Service, der sich später als Sommelier (hier Mundschenk geheißen - Kopfschüttel) vorstellte, mir einen Tisch in einem eher loungig gestalteten Zwischenbereich anbieten konnte. Aufgrund der späteren Stunde durfte ich an einem schönen Ecktisch Platz nehmen und daher etwas abseits der anderen Gästen an den recht eng stehenden Zweiern. Gleichwohl nichts für vertrauliche Gespräche, aber das stört ja die wenigsten, wie wir wissen... Gleich zu Beginn fiel mir die ungewöhnliche Musikauswahl auf, relativ aktuelles, ausschließlich deutsches Material von Mainstream bis Indie, stilistisch vielleicht von Rosenstolz über Liga bis Schnipo Schranke. Mir gefiel es, ebenso wie die behaglichen hellen Braun- und Cremetöne, nur die großen Acrylformate an den Wänden - leicht surreale Riesenvögel in markanten Berliner Szenerien - waren nach meinem Gusto nicht. Zu gewollt, "Gebrauchskunst" fürs zahlungskräftige Publikum, schon in Kitsch abgleitend. Aber Geschmäcker sind verschieden, wie mir der Abend wieder zeigen sollte.
Auf dem Weg zu den im Untergeschoß (auch Weinkeller!) gelegenen, sehr geschmackvollen, gut ausgestatteten und sauberen Toiletten zogen die Mediziner und -zinerinnen vorbei, doch mein Tisch lag weit genug zurück gesetzt, so dass es mir fast wie ein Laufsteg vorkam.
Zufrieden, doch noch apart versorgt zu werden, war ich auf die Karte gespannt, denn ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet. Bei der Reise ins Ungewisse sollte mich wenigstens ein guter Kamerad begleiten: Garçon, Champagner! Habe man nicht, aber Flaschengärung von Schloß Vaux, der schmecke wie Champagner! Wie Champagner schmeckt nur Champagner... vor mich hinbrummelnd, ließ ich mich aber doch erweichen und von einem Rheingau Riesling Brut dieses ursprünglich in Berlin gegründeten Maison in heitere Stimmung bringen. Auch der Preis von 6€ nicht unangemessen. Zur Sicherung der guten Laune noch ein anderes Berliner Erzeugnis, den Belsazar Dry Vermouth ebenfalls für 6€, schön würzig und leicht bitter, ein eleganter Aperitif.
Zum Essen bestellte ich später eine Flasche 2013er Rheingauriesling Spätlese aus Erbach von Lamm Jung, QbA, aber von alten Reben, durchaus zufrieden stellend. Erst recht, nachdem ich später am Nebentisch einen anderen Riesling probieren durfte. Aber ich greife vor...
Für Ehepaar Beermann hält der Keller übrigens zwei weiße und eine ganze Reihe roter Tropfen aus der Türkei bereit!
Die Betreuung durch die Servicekräfte war gut und aufmerksam einschließlich einer fachkundigen Weinberatung. Auch die nicht für mich zuständigen jungen Menschen in Barber-Outfit erkundigten sich gelegentlich nach meinem Wohlergehen und erkannten leere Teller und mit etwas Ermutigung auch solche Gläser. Es wurde eine gute Atmosphäre vermittelt, ohne die professionelle Dienstleistung zu vernachlässigen. Angesagt wurde allerdings nicht. Eine abgebrannte Kerze wurde bemerkt und ausgetauscht. Unter Einbeziehung der großen Gesellschaft und der übrigen Auslastung gut gemeinte 4 Sterne.
Die Küche bietet deutsche und Berliner Küche in moderner Ausführung. Tagesempfehlungen gab es nicht, Spezialität des Hauses ist die Weißweinkrem Berliner Luft, die ich nicht probierte.
Stattdessen wurde wie folgt geordert:
Spinatrahmsuppe mit gebackenem Ei (5,5€)
Rinderhäckerle mit Apfel-Rote Bete-Salat und Röstbrot 11,5€)
Kalbsleber mit grünem Kartoffelbrei und Zwiebelmarmelade (19€). Zusätzlich bat ich um Pfifferlinge aus einem anderen Gericht, die ohne Berechnung blieben. Der Gargrad wurde erfragt, bei Leber nach meiner Erfahrung nicht selbstverständlich. Ich mag es noch rosa.
Statt Dessert wählte ich 5erlei Käse für stolze 14,5€.
Das PLV sehe ich in der Gesamtschau bei leicht überdurchschnittlichen 3,5 Sternen, wobei die Präsentation durchaus ansprechend war.
Zum schweren, wenig überzeugendem Kräuterquark wurde helles und dunkles Stangenbrot gereicht und auf Nachfrage auch nachgelegt.
Bereits der erste Gang traf meinen Geschmack. Spinatrahmsuppe mit gebackenem Ei
Die Suppe in einem frischen Grün, der Spinat nicht gänzlich püriert, sondern etwas "fetzig", der richtige Schuss Sahne für eine elegante Textur und genug Würze für eine kräftige Struktur. Reichlich violette Kresse für einen leicht pikanten Kick. Dazu das in Semmelbrösel gewendete, schön knusprig ausgebackene Ei, das nur etwas weicher hätte sein dürfen
Fast perfekte 4,5 Sterne.
Auch der Zwischengang sehr gut. Handgeschnittenes (-gehacktes?) einheimisches Rindfleisch Rinderhäckerle mit Apfel-Beete-Salat
zart, aber mit genügend Bissfestigkeit. Schon angemacht mit deutlicher Senf- und Estragon(!)note. Von der Mischung auch einige Kleckse auf der Schieferplatte. Äpfel- und Beetebrunoises in einem guten Mischungsverhältnis steuerten fruchtig-frische wie erdige Nuancen bei. Das Tatar auf einer runden, angerösteten Scheibe Vollkornbrot. Eine herzhafte Wucht mit 5 Sternen.
Der Hauptgang konnte dieses Niveau leider nicht halten. Berliner Kalbsleber auf grünem Kartoffelbrei
Die zwei leicht mehlierten, kräftig angebratenen Lebertranchen entgegen der Bestellung nicht mehr rosa, allerdings noch saftig genug. Angerichtet auf dem gekräuterten, recht festen und salzigen Kartoffelstampf. Auf die Zwiebelmarmelade war ich gespannt. Stattdessen gab es ordinäre frittierte Zwiebeln, die schon weitgehend kalt und damit überwiegend hart geworden waren. Mitgeteilt wurde die Änderung nicht. Ich finde das unhöflich. Eine Zutat kann ja mal ausgehen, aber mit einem Hinweis (möglichst vor der Zubereitung) und vielleicht einer kleinen Entschuldigung weiß der Gast, woran er ist und kann entscheiden. Schön die frischen Birnenspalten, die nicht zu weich und nicht zu süß waren. Überzeugend die mittelgroßen, mit Biss und Geschmack versehenen Pfifferlinge Pfifferlinge á la Crême
die gesondert in einem Schälchen, sehr heiß und in einer leichten hellen Sauce serviert wurden.
Zieht man die leichte Verärgerung ab, in der Summe eine 3,5 - 3,75.
sein. Leider schien die Küche schon im Feierabendmodus gewesen zu sein, denn die Warterei zog sich zu lange hin. Gerade als Einzelgast und am Ende des Mahls lässt die Geduld ja nach. Der Service fragte zweimal nach und konnte schließlich auf der hier noch nicht im Rückzug befindlichen Schieferplatte Ziegenkäse mit und ohne Blauschimmel, jungen und zweijährigen Schafskäse sowie 10%igen Kuhmilchkäse kredenzen. Bis auf den letzteren alle recht lecker und ein breites Geschmacksspektrum abdeckend. Dazu wurde die wohl wieder aufgefundene Zwiebelmarmelade serviert, die ich als (gelungene) Rot- und/oder Portweinzwiebeln bezeichnen möchte. Dafür fehlte dann der angekündigte Feigensenf. Die Küche gibt, die Küche nimmt...
Mein Gastgeber bedauerte die Holprigkeiten in der Küche und bot mir einen Kaffee an. Mir war der Sinn indes nach einem Likör, um die "Sorgen" im Busch'sen Sinne aufzuarbeiten. Die umfangreiche Wein- und Spirituosenkarte setzt auch hier u. a. auf Nostalgie aus Berlin (Futschi!). Ich schwankte noch zwischen Mampe halb und halb oder Persico, als mein Blick auf Omas Eierlikör fiel. Mann, war der gut! Zufrieden leckte ich mir die Lippen und beglich gerne die Rechnung.
Ja, und damit hätte der recht gelungene Abend eigentlich enden können. Doch vom Nebentisch der beiden jungen Berliner Geschäftsleute (die zuvor intensiv über ihr Internet-Startup diskutierten und somit - da es sich nicht um eine Gastroseite handelte - völlig meine Aufmerksamkeit verloren hatten) kam ob des sichtlich schmeckenden Eierlikörs Ironisches : Den gab's früher bei meiner Oma, da hab ich die Gläser ausgeleckt, höhö! Stimmt, entgegnete ich nachsichtig, und so lecker schmeckt er für kleine Jungs immer noch! Großes Gelächter und die Einladung, sich doch herüber zu setzen. Oh nein, wie das ausgeht, wissen wir doch seit Essen! Ging es aber nicht. Vielmehr entwickelte sich ein zunehmend lustiger Abend, bei dem mein restlicher Riesling, ihr restlicher Riesling, eine Psychologin von der Charité und dann weitere Flasche Riesling, weitere Käseplatte, weitere Runde Likör vom Haus, weitere Psychologin, hoch ernsthafte Diskussionen um die Funktion von Perspektive in der bildenden Kunst und des wingman im nächtlichen Berlin Thema waren. Und als die Gin Tonics schon bestellt waren, gelang es mir gerade noch, durch den Hinterausgang zu entschlüpfen. Beseelt von (Wein-)Geist und unerwarteter Berliner Freundlichkeit ließ ich mich durch die nächtliche Friedrichstraße treiben.
Und mit dem Sommer endeten (bis jetzt...) auch die denk- oder merkwürdigen Restauranterlebnisse, im Herbst standen wieder allein die mehr oder weniger großen kulinarischen Genüsse im Mittelpunkt.
Wieder mal eine späte Anreise nach Berlin. Die Promiläden wollte ich aus hier berichteten Gründen erst einmal meiden. Borchardt, Rutz, Pauly Saal und die anderen, selbst Grill Royal, obschon gegenüber meinem Hotel gelegen, schieden also aus. Aber auf billige Touriabzocke hatte ich auch keine Lust. Missmutig stapfte ich in Richtung Friedrichstraße, als ich an einer Weinwirtschaft in einem der S-Bahn-Bögen vorbeikam, in der viele Menschen lautstark Musik und Tanz brauchten und einen, der sie liebt. Später stellte sich die Gesellschaft... mehr lesen
HABEL am Reichstag - Restaurant & Weinkultur
HABEL am Reichstag - Restaurant & Weinkultur€-€€€Restaurant, Weinkeller030 28098484Luisenstraße 19, 10117 Berlin
4.5 stars -
"Interessante deutsche Küche. Empfehlung!" DerBorgfelderWieder mal eine späte Anreise nach Berlin. Die Promiläden wollte ich aus hier berichteten Gründen erst einmal meiden. Borchardt, Rutz, Pauly Saal und die anderen, selbst Grill Royal, obschon gegenüber meinem Hotel gelegen, schieden also aus. Aber auf billige Touriabzocke hatte ich auch keine Lust. Missmutig stapfte ich in Richtung Friedrichstraße, als ich an einer Weinwirtschaft in einem der S-Bahn-Bögen vorbeikam, in der viele Menschen lautstark Musik und Tanz brauchten und einen, der sie liebt. Später stellte sich die Gesellschaft
Geschrieben am 25.12.2016 2016-12-25| Aktualisiert am
27.12.2016
Besucht am 03.09.2016Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 150 EUR
Die Verbindung von Dienstreise und romantischem Kurzurlaub scheitert meist daran, dass die Dauer meiner beruflichen Termine weitgehend unbestimmbar ist. Das führt dann schon mal zu Frust. Umso erfreulicher, dass ein zeitlich eingrenzbares Gespräch in einer der ältesten und schönsten Städte Deutschlands auf den Freitagvormittag gelegt werden konnte. (Lange) Anreise am Vortag, etwas Arbeit, drei Abendessen, etwas Shopping und viel Sightseeing zwischen Walhalla und "der Fürstin" im Elektrowägelchen.
Ein kurzes Wort zum Hotel Elements: Am Alten Kornmarkt in unmittelbarer Nähe zum Dom gelegen, wird es wohl eine der kleinsten Herbergen der Stadt sein. Auf fünf Etagen vier Zimmer (eine Maisonette) mit steuerbarem, buntem Lichtkonzept und themenbezogen eingerichteten Zimmern. Bei uns das Element Erde, also in vielen Brauntönen. Der Vorraum mit zusätzlicher Schlafmöglichkeit im Kolonialstil, der eigentliche, ausreichend dimensionierte Wohn- und Schlafraum als Westernranch. Dusche und Bad auf diesem Stockwerk sehr klein, wohl dem Vorratsraum im Treppenhaus geschuldet, aus dem der kostenfreie Wassernachschub erfolgt. Sonstige Versorgung ist nicht möglich, auch kein "eigenes" Frühstück, aber das italienische (albanische?) Café des Hauseigentümers im Erdgeschoss war fast so gut, wie dessen Lobpreisung durch unseren Gastgeber per Telefon und E-Mail. Dort werden auch alle Formalitäten (Schlüssel, Rechnung) erledigt. Preislich für die Lage sehr günstig. Eine individuelle Unterbringung, genau das Richtige für den Pärchen-Städtetrip.
Der erste Abend war zwar kein echter Reinfall, doch die Kneitinger Gaststätte Goldener Ochse serviert leider nicht die erhofften oberpfälzer, nieder- oder sonstig bayerischen Spezialitäten, sondern ist ein von Küche wie Einrichtung in den 80er Jahren verbliebener Jugoslawe. Das Prinzip "Nur viel Fleisch ist gutes Fleisch!" gefiel der überschaubaren einheimischen Gästeschar besser als uns. Allein der Djuvec-Reis war gut. Wir trösteten uns am nächsten Mittag im Auerbräu an der Regenbrücke, eine sichere Bank in touristenfreier (WIR sind ja "Freunde des Landes"!), authentisch einheimischer Küche.
Am letzten Abend stießen wir dagegen mehr zufällig auf die empfehlenswerte Osteria Luna Rossa. Italienische Küche mit Tagesangeboten jenseits des Mainstreams und einer Chefin am Herd, die durch kreative Leistungen ebenso auffällt, wie durch eine recht rustikale Ansprache. Viva la Donna!
Den mittleren Abend konnten wir schon mangels freier Plätze nicht im gerade erneut besternten Storstad verbringen. Was zu verschmerzen war, da zum einem meine Göttergattin mit Nordic cuisine sowieso eher fremdelt und zum anderen der Abend in der Silbernen Gans sehr angenehm verging. Die Empfehlung des Guide Michelin (ohne Auszeichnung) war nachvollziehbar.
Auf der Flussinsel Wöhrd am Fuß der Eisernen Brücke im Erdgeschoss eines (Ur)Altbaus situiert, umfing uns schon beim Eintreten einerseits "Gemütlichkeit" durch niedrige Decken mit mächtigen naturbelassenen Holzbalken und großen cremefarbenen Bodenfliesen. Andererseits eine festliche Atmosphäre mit schön eingedeckten Tischen, bequemen, grau bezogenen Stühlen, vielen Silberaccessoires und großen Lilienarrangements. Ein zweiter Raum etwas rustikaler mit Holzdielen und einfacherem (harten?) Gestühl.
Auch die Sanitärräume stylisch, sehr gepflegt und mit frischen Blumen.
Den Eindruck des Besonderen komplettiert die ausschließlich männliche Crew, die in schwarzen Hosen und weißen Oberhemden mit schwarzer Fliege gekleidet ist und am Tisch weiße Handschuhe trägt. Die (etwas distanzierte) Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und Fachwissen sorgen für eine tadellose Leistung.
Eine Weinberatung konnten wir leider nicht in Anspruch nehmen, da mich anfangs noch recht heftige Kopfschmerzen quälten. Erst zum Abschluss konnte ich einen Niepoort Vintage 2005 vom Haus nicht abschlagen. Meine liebe Frau solidarisierte sich und nippte nur eine Weißwein-Cuvée White Moon vom Pfälzer Weingut Stachel. Der 0,1-Fingerhut für 5€, was wahrscheinlich mehr ist, als der Einkaufspreis für die ganze Flasche... Das San Pellegrino kostete vermutlich 8€, der Bon bleibt bei mehreren Positionen im Ungefähren. Trotzdem ergab sich aufgrund des hohen Menüpreises hier mal ein MWI von über 2.
Die Küche grüßte reichhaltig.
Viererlei Brot, alles zugekauft und einen Tick trocken, darunter auch das leicht pappige Pan carasau
nach sardischer Art. Dem frisch gebackenen bei meinem ersten Besuch in der saarländischen Villa Almarin werde ich vermutlich auf ewig nachtrauern...
Dazu Minzquark und karamellisierte Kirschtomaten
deren süß-saure Note ich genossen habe. Nur waren mir die Stücke zu hartschalig. Auf den Tischen stand toskanisches Olivenöl und Meersalz aus Eivissa.
Schließlich ein heißes Kokosmangosüppchen
mit schwarzer Sesamsaat. Angenehm zur Fruchtigkeit der pikante Abgang. In einem kleinen Glas serviert, war der Löffel dazu sinnlos; es sei denn, man sollte die Suppe auf denselben gießen.
Wir starteten mit dem Croustillon von Gambas auf alten Beten (18€), meine Frau hatte danach Appetit auf die ungewöhnliche Suppe von Feldsalat mit Schwarzbrot und Kümmel (9€). Da letzterer zu meinen geschmacklichen No-gos gehört, sollte es auf meiner Tischseite mit Rehpflanzerl auf Essiglinsen und Steinpilzen weitergehen. Leider mussten ersatzweise Shitake verwendet werden. Als Hauptgericht wählten wir beide die ausgelöste Kaninchenkeule begleitet von weißem Zwiebelmus sowie Karotten und Ingwer (28€). Den Abschluss bildete wortwörtlich ein wenig Käse (vermutlich 6,5€).
Die genannten Beträge sind á-la-carte-Preise. Im Rahmen des 4-Gang-Menüs wurden 69€ berechnet, dabei führte der Wechsel vom vorgesehenen Rinderfilet zum preiswertesten Hauptgang Kaninchen nicht zu einer Reduzierung. Die Weinbegleitung hätte mit 30€ ("pro Gang 1 Glas Wein" - keine Mengenangabe, ich vermute je 0,1l) zu Buche geschlagen.
Das Menü begann mit Gambacroustillon auf alten Beten
Die Garnelenstücke waren in etwas eingebacken, das ich erst für Kartoffelstroh gehalten habe. Es soll allerdings Tempurateig gewesen sein. Entscheidend war aber ja, dass das Krustentier kräftig schmeckte und sehr knusprig war. Schönes Mundgefühl. Auch die Begleiter haben überzeugt. Die rote Bete gewürfelt brachte erdige, die noch warme, gehobelte gelbe säuerliche Nuancen ein, was zum Croustillon unerwartet, aber nicht störend war. Etwas Blattsalate mit einem mildem Honig-Senf-Dressing.
Meiner Frau schmeckte die sahnige Suppe sehr. Suppe von Feldsalat mit Kümmel und Schwarzbrot
Insbesondere der kräftige Kümmelgeschmack gefiel, brrr. Das Schwarzbrot war als Croutons in die Suppe gebrockt.
Ich war ebenfalls zufrieden. Schon optisch eine schöne Kombi von orangenen Linsen, die die fruchtige Säure des Essig mitbrachten und den sehr dunkel gebratenen, aromatischen Pilzen. Die kleine Frikadelle hatte den typischen Rehgeschmack und war recht fest, aber für das magere Fleisch noch hinreichend saftig. Auch hier deutliche Röstnoten.Rehpflanzerl auf Essiglinsen mit Shitake
Auf Wunsch erhielt ich ein Sorbet von der Sauerkirsche
(vermutlich 6,5€). Etwas angetaut durch die Spritztüte angerichtet und mit Minze garniert nicht nur geschmacklich eine hübsche Unterbrechung.
Beim Hauptgericht war meine Frau etwas begeisterter als ich. Das ausgelöste Keulenfleisch entpuppte sich als ausgesprochen zart in einer geschmacklich gefälligen Reduktion des abgelöschten Bratensatzes. Hier wäre allerdings Luft nach oben für eine veritable Sauce gewesen. Das Zwiebel(kartoffel)püree war angenehm cremig und die leichte Süße harmonierte gut mit dem Fleisch. Die Wurzeln erwiesen sich als noch recht bissfest und eine säuerliche Note fand ich hier als störend. Vom Ingwer konnte ich leider gar nichts wahrnehmen, er sollte wohl in der zweiten Sauce stecken.
Die Präsentation war verbesserungswürdig. Ausgelöste Kaninchenkeule, Püree von weißer Zwiebel, Möhre und Ingwer
Die beiden reichlichen Flüssigkeiten vermengten sich unschön. Das Fleisch war wenig sorgsam angerichtet und bildete mit dem Püree einen unansehnlichen Haufen. Auch die etwas ungeschickt drapierten Batonnets könnten auf die Arbeit des Azubis hindeuten.
Die abschließende Käseauswahl bestach dagegen durch ihren Purismus.
Noch eine hohe Säule zeugt von der Deko Pracht - in diesem Fall ein einsames Zweiglein Rosmarin. Auf der Porzellanplatte versammelten sich überschaubare Portiönchen von Cheddar, Camembert, Alpenkäse und - man mühte beiderseits die rudimentären Französischkenntnisse, bis die Küche aufklärte - ein exzellent schmeckender Pont l'Eveque, ein Weichkäse von Kuhmilch aus der Normandie. Mit erneutem Stangenbrot wurden Butter, schwarze Oliven und ein geschmacklich sehr überzeugend komponiertes
Auf Kaffee haben wir verzichtet. Trotzdem durften wir reichlich von den vermutlich im Haus hergestellten schwarzen, braunen und weißen Schokocrossies
naschen.
Fazit: Gehobene, moderne Küche mit deutschen Wurzeln und französischen Anleihen. Die Silberne Gans ist weit entfernt von Sterneküche und will es wohl auch nicht werden. Tolles Ambiente - im Sommer auf der Terrasse mit Blick auf die Altstadt, nur durch einen schmalen Fahrweg vom Fluss getrennt. Professionelles Team.
Ein kritisches Wort indes zum PLV. Auf einem anderen Portal wird von Abzocke geschrieben. Das möchte ich dann doch nicht bestätigen. Indes: Der Menüpreis ist überhöht, erst recht nach dem Austausch von Rinderfilet durch Kaninchen und Steinpilzen durch Shitake. Die (von mir am Abend nicht monierte) Rechnung ist unübersichtlich. Es scheint, als ob die Einzelgerichte deutlich günstiger waren, selbst unter Berücksichtigung der Suppe anstelle des Rehpflanzerl. Dafür war mein Hauptgericht auch deutlich weniger, was beim Menü sehr sinnvoll ist. Sich aber eben auch im Preis niederschlagen sollte. Bei einem weiteren Besuch, den ich durchaus ins Auge fasse, würde ich die Rechnung sorgfältiger prüfen.
Die Verbindung von Dienstreise und romantischem Kurzurlaub scheitert meist daran, dass die Dauer meiner beruflichen Termine weitgehend unbestimmbar ist. Das führt dann schon mal zu Frust. Umso erfreulicher, dass ein zeitlich eingrenzbares Gespräch in einer der ältesten und schönsten Städte Deutschlands auf den Freitagvormittag gelegt werden konnte. (Lange) Anreise am Vortag, etwas Arbeit, drei Abendessen, etwas Shopping und viel Sightseeing zwischen Walhalla und "der Fürstin" im Elektrowägelchen.
Ein kurzes Wort zum Hotel Elements: Am Alten Kornmarkt in unmittelbarer Nähe zum Dom... mehr lesen
4.0 stars -
"Schönes Ambiente und kreative Heimatküche, aber teuer." DerBorgfelderDie Verbindung von Dienstreise und romantischem Kurzurlaub scheitert meist daran, dass die Dauer meiner beruflichen Termine weitgehend unbestimmbar ist. Das führt dann schon mal zu Frust. Umso erfreulicher, dass ein zeitlich eingrenzbares Gespräch in einer der ältesten und schönsten Städte Deutschlands auf den Freitagvormittag gelegt werden konnte. (Lange) Anreise am Vortag, etwas Arbeit, drei Abendessen, etwas Shopping und viel Sightseeing zwischen Walhalla und "der Fürstin" im Elektrowägelchen.
Ein kurzes Wort zum Hotel Elements: Am Alten Kornmarkt in unmittelbarer Nähe zum Dom
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Hier sind Manfred und Uschi Zozin gemeint, die im kleinen Fachwerkhäuschen direkt am Fähranleger Rolandseck - Bad Honnef seit vielen Jahren erfolgreich im Grunde eine behutsam modernisierte deutsche Küche für die vielen (mit den Betreibern älter gewordenen) Stammgäste sowie gelegentlichen Touristen anbieten.
Im kleinen Innenraum des niedrigen, ehemaligen Fähr- oder Zollhauses ist etwas die Zeit stehen geblieben. Um die extrem eng gestellten 25 Plätze zwischen dem schwarz gestrichenen Eichen-Ständerwerk sind auf den Fensterbänken, auf Vorsprüngen und in einer Vitrine reichhaltig Kissen, Vasen, Kunst verteilt. Zwar ohne Kitsch, aber der Eindruck eines prall gefüllten Puppenhauses kommt schon auf. Die Lichterketten mögen noch von Weihnachten hängen, Mitte Januar kein Beinbruch. Kontakt mit den anderen Gästen bleibt so nicht aus, mit wenig Mühe konnte man wirklich jedes Gespräch im Raum mithören. Aber der Rheinländer gilt ja ohnehin als gesellig... Auf der Suche nach den Toiletten stand vermutlich schon jeder Erstbesucher plötzlich im winzigen Büro neben der auch nicht üppig dimensionierten Küche. Um dann freundlich-resolut nach draußen und ums Haus herum gebeten zu werden, wo sich in einem Anbau einfache, aber sehr saubere Örtlichkeiten befinden, die bei meinem Januarbesuch erfreulich beheizt waren. Das hat schon etwas von Gartenwirtschaft. Und in der Tat dürfte die Terrasse am Rhein hinter der weinumrankten Pergola inzwischen schon wieder Anziehungspunkt für das gemischte Publikum sein. Seit einigen Jahren befindet sich im Garten zudem ein recht ansehnlicher Wintergarten-Zeltbau, der nicht nur für größere Gesellschaften zur Verfügung steht. Auch im Januar zwangen einige Gäste, die im Restaurant keinen Platz mehr gefunden hatten, den Service zu recht weiten Wegen. Dem Vernehmen nach soll das feste Zelt allerdings bei erhöhtem Gästeaufkommen plus Sonneneinstrahlung schnell in den Sauna-Modus schalten.
Für mich war noch ein Sitzplätzchen im Innenraum frei. Auf den schwarzen Holztischen, die mit wuchtigen Beinen auf den großen roten Kneipenfliesen stehen, liegen nur kleine weiße Stoffsets. Darauf einmal klassisch eingedeckt, auch eine kunstvoll gefaltete Stoffserviette findet sich. Dazu weiße Kerze im (Zinn?)Blechhalter und Salzstreuer. Alles durchaus hochwertig, aber man sieht dem Interieur die jahrelange intensive Nutzung doch inzwischen mehr als deutlich an. Das schwere Besteck ist arg zerkratzt, die einfachen, aber dünn gepolsterten Bistrostühle ebenso angeschlagen, wie die auf Wunsch gebrachte, aber nicht benötigte Peugeot-Pfeffermühle. Am auffälligsten ist die Abnutzung an manchen Tischplatten. Großflächig ist der Lack abgeplatzt. Recht große Wachsrückstände, zugegeben hinter einem Ständer, fielen mir negativ ins Auge. Zudem haben sich ein paar Spinnweben in der Vielzahl der Accessoires halten können. Eine Grundrenovierung sollte nicht mehr allzu lange aufgeschoben werden.
Sehr angenehm der ruhige, höfliche und aufmerksame Service, den Frau Zozin mit einer Kollegin versieht. Freundlich, aber nicht anbiedernd. Kompetent, aber nicht bevormundend. Flott, aber nicht hektisch. Ich bekomme auch hier eine Ausgabe des Feinschmeckers zum Zeitvertreib, wobei die Wartezeiten angenehm waren. Alle Wünsche wurden wenn möglich erfüllt, ansonsten Alternativen vorgeschlagen. Die Nachfragen erfolgen aufmerksam. Man wird als Gast behandelt, weder als sofortiger Freund des Hauses, noch als gefühlter Störenfried.
In diesem Punkt ist das: "Alles wie immer!" ein Kompliment, nämlich für eine erneut tadellose Leistung.
Was genauso für die Küche gilt.
Da ich am Vorabend geschlemmt hatte, wählte ich aus der zwar recht hübschen, aber auch schon ramponierten, geöffnet gereichten Pappkarte bei einem mustergültig gekühlten White Port von Dows (4€) nur einen gewohnt einfachen Lunch:
Carpaccio vom warmen Tafelspitz mit Rapunzeln in Kartoffelvinaigrette (13,5€)
Rieslingsuppe mit Fischen und Kräutern (9,5€)
Gebratene Kalbsnierennüsschen in Thymiansauce mit Fettucine (16,5€)
Während ich den internationalen Evergreens der 50-er bis 70-er Jahre gern und den Unterhaltungen an den Nebentischen eher gezwungen lauschte, wurden Butter und reichlich krosses Baguette gereicht. Dann kam auch schon der formidable badische Grauburgunder von Dr. Heger, Ihringer Winklerberg 1. Lage, der perfekt für mich in der halben Flasche (18,5€) angeboten wurde. Selbst das nach dem ersten Einschenken in der Flasche verbleibende Schlückchen wurde mustergültig im Kühler deponiert und aufmerksam nachgeschenkt.
Die Flasche Aqua panna mit 4,9€ freundlich bepreist.
Der erste Gang war eine Wucht:
Der in der Tat noch warme Tafelspitz war wunderbar mürbe und von kräftigem Rindfleischgeschmack.
Darüber eine Tomaten-Schalotten-Vinaigrette mit fruchtiger Säure und Kräutern. Der Feldsalat hatte ein nur dezent säuerlich-pikantes Dressing mit Senf, dem zerdrückte Kartoffel eine sehr angenehme Sämigkeit verliehen.
Die Rieslingrahmsuppe
mit viel Sahne, der Wein schmeckte dagegen nur dezent durch. Dafür gefiel die mutige Würze und erneut eine schöne Kräuterbouquet-Note. Die kleinen Würfel von Lachs, Barsch und Dorade(!) waren reichlich und saftig. Auch sehr gut.
Beim Hauptgericht
hat als erstes die exzellente Thymiansauce überzeugt, die die Nierchen wirklich perfekt begleitete. Die etwas rustikal geschnittenen Nierenteilchen waren angebraten und schmeckten auch dadurch kräftig. Einige Stücke waren durch, das bekam ihnen nicht. Der überwiegende Teil noch rosa, was eine (für Innereien-Freunde und -Freundinnen) herrliche Konsistenz sicherte. Die Nudeln waren mir zu weich. Vielleicht ein Zugeständnis an den Geschmack der Stammgäste, wer weiß? Auf die vorgesehene Petersilien-Knoblauch-Butter musste ich im Interesse meiner künftigen Gesprächspartner verzichten.
Leider war der von mir statt Dessert erkorene P.X. Nectar von Gonzales Byass ausgetrunken. Deshalb nur ein verlängerter Espresso (2,9€) aus der Heimatstadt. Dazu gab es ein paar zugekaufte Kekse nebst Schokotäfelchen aufs Haus.
Ein rundum gelungener und sehr angenehmer Sonntagmittag im Bellevuechen, dem (etwas in die Jahre gekommenen) "Kleinod am Rhein". Beim nächsten Aufenthalt unter'm Rolandsbogen komme ich gerne wieder!