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GastroGuide-User: carpe.diem
carpe.diem hat Restaurant Grüner Baum in 73207 Plochingen bewertet.
vor 9 Jahren
"Eine "Weiberwirtschaft vom Allerfeinsten - ein Muß für jeden Schwaben"

Geschrieben am 12.01.2015 | Aktualisiert am 12.01.2015
Besucht am 03.02.2014
Kurzresümee vorab:
Der Grüne Baum, eine Perle frischer, schwäbischer Hausmannskost muss man einfach mal probiert haben. Günstige Mittags- und Abendgerichte erfreuen eines jeden Schwaben Herz. Für Schleckermäuler gibt’s eine überzeugende Karte mit hausgemachten Desserts.
Hatte heute mal wieder richtig Lust auf solide Hausmannskost. Was lag da näher als das "Dreimädelhaus" - der Grüne Baum - in Plochingen, eine meiner ersten Kritiken, die noch ein bisschen dürftig ausgefallen sind und dringend der Überarbeitung bedürfen.
Das Lokal ist mit dem PKW gut zu erreichen. Parkplätze sind in der Tiefgarage am Markt genügend vorhanden (ab 19:00 frei). Das Lokal war früher mal eine Bäckerei. Der eingemauerte alte Holz-Backofen und die abgehängte Zwischendecke, die dem Gärprozess diente schaffen eine heimelige Atmosphäre im Nebenzimmer. Eine sehr ausgefallene, nicht alltägliche Deko.
Im Lokal geben die Frauen den Ton an, sowohl in der Küche wie auch im Service und das sorgt für einen gewissen Reiz. Das Lokal ist sehr beliebt in Plochingen. Da es nur über 40 (25 + 15) Sitzplätze verfügt, rate ich dringend frühzeitige Reservierung - besonders für das Nebenzimmer - an.
Bedienung
Die Bedienung empfing mich sehr freundlich. Sie ließ mit der Speisekarte nicht lange auf sich warten und erkundigte sich mit liebevollem sächsischem Akzent nach meinem Getränkewunsch. Da ich hier immer ein Geislinger Kellerpils vom Fass trinke bestellte ich entgegen meiner Gewohnheit sofort. Herrlich gezapft brachte sie es nach angenehmer Wartezeit (ich kann einfach schnell geschenkte Biere nicht ab). Auch das bestellte Essen und das Dessert kamen nach angemessener Zeit. Die gewünschte Beilagenänderung wurde anstandslos akzeptiert. Zwischendurch erkundigte sie sich immer wieder unaufdringlich danach ob alles in Ordnung sei  bzw. ob ich noch Wünsche hätte. Der Versuchung dem angebotenen Kirschwassereisguglhupf zu widerstehen konnte ich auch deshalb nicht widerstehen.
Das Essen
Ich liebe handgeschriebene Speisekarten, auch wenn die Schnörkel manchmal schwer zu entziffern sind. Mit Hilfe der Bedienung war das ausgesuchte Gericht als Chilischnitzel vom Schweinerücken zu definieren. Ich entschied mich dafür, weil mir einerseits der Preis (11,50 €) gut gefiel und ich die Kombination bis dato nicht kannte. Den Spätzle - obwohl handgeschabt - zog ich die Bratkartoffeln vor, die ich von früher kannte und die noch genauso köstlich aussahen, wie ein Blick zum Nebentisch verriet. Das Schnitzel (natur) butterweich und saftig angebraten, dekoriert mit Scheibchen von grünen Chilies, schwamm in einer - für mich - angenehm scharfen, hausgemachten roten Chilisoße (muss allerdings sagen, dass ich auch sehr scharfe Gerichte kenne und liebe, also Vorsicht bei Abneigung gegen Schärfe). Die Bratkartoffeln waren goldbraun gebraten - comme il faut - und schmeckten vorzüglich. Positiv, sie wurden in einem separaten Schälchen serviert und konnten so dosiert eingedippt werden.
Dazu ein herrlich frisches Geislinger Kellerpils mit Kaiserkrone (2,80 €) - Herz was begehrst du mehr.
Den krönenden Abschluss bildete ein hausgemachter Kirschwassereisguglhupf (Zimteisparfait mit Kirschwasser in Guglhupfform) hübsch dekoriert mit Sahneröschen und Physalis (4,50 €).
Beachtenswert der Hinweis in der Speisekarte: "Viele unserer Gerichte gibt es jetzt auch glutenfrei ..."
Noch ein ganz wichtiger Hinweis. Die Weinkarte enthält keine Flaschenweine, sondern nur eine beachtliche Auswahl an Schoppenweinen (¼ Liter, 6 Weißweine, 6 Roséweine, 11 Rotweine zwischen 3,30 - 4,50 €). Eine absolut alte schwäbische Tradition lebt hier wieder auf. Eine weitere nette Geste ist die beigefügte Anleitung zur Herstellung handgeschabter Spätzle und die dafür benötigten Utensilien (Spätzlebrett, Schaber. Wassertopf und die Schürze, besonders für Neulinge).
In Bezug auf das Preisleistungsverhältnis gebe ich unter Berücksichtigung der spärlichen Präsentation dafür  4 Sterne.
Das Ambiente
Bereits der Eingangsbereich mit dem traditionellen Windfang ist originell gestaltet. Anstelle üblicher Trennwände wurden alte Türblätter mit Strukturglaseinsätzen verwendet. Zugluft beim Eintreten neuer Gäste wird so weitestgehend vermieden.
Das Gastzimmer hat etwa 25 Plätze, das Nebenzimmer 15, klein aber sehr schnuckelig. Die feminine (sehr angenehme) Handschrift taucht überall auf. Das alte Fischgratparkett ist hell und top gewienert. An den Wänden hübsche Bilder (Kunstdrucke alter Meister und Kupferstiche (?). Ein bisschen Puppenstuberomatik (Puppen und Puppenwägelchen) auf den Regalen darf auch nicht fehlen, alles aber dezent in erträglichem Rahmen. Wuchtig der alte Gusseisenofen, der offensichtlich noch benutzt wird (dem Kaminanschluss nach zu urteilen). Die Tische polierte Buchenholzleimplatten mit Bistrotischfüssen (auch ein paar neuere Gestelle sind darunter). Von den Decken hängen antiquarische Pendelleuchten (bzw. gelungene Imitationen davon) mit Milchglasschirmchen, die ein sehr angenehmes Licht verbreiten (konnte ich leider wegen der anderen Gäste nicht fotografieren).
Das Nebenzimmer - die alte Backstube - ist der absolute Clou. Die Stirnwand nimmt komplett der alte, eingemauerte Holzbackofen in klassischem Blau-Weiß ein, der leider nicht mehr funktionsfähig ist, dennoch aber eine sehr heimelige Atmosphäre schafft. Eine abgehängte Decke, die früher vermutlich dem Gärprozess diente, stapelt jetzt alte Bäckereiutensilien.
Auch die Toiletten sind was Besonderes. Es beginnt schon mit der Einrichtung des Vorraums. Ein alter Spiegel mit einer polierten Kommode auf der ein Schälchen mit Bonbons auf die Abnehmer wartet. Auch in den Toilettenräumen (hier Herrentoilette) liebevolle Assesoires, ein Kunstdruck des Blumenstraußes von Chagall, weiß Stoffgästetücher, Handbalsam und Feuchttücher sind dort zu finden, eine Seltenheit in diesem Genre. Und alles peinlich sauber.
Das Publikum ist sehr gemischt. Angebotsbedingt aber eher gesetztere Jahrgänge (wohl wegen der Rentner-Viertele 3,30 €).
Toiletten 5 - Gasträume 3,5 macht 4,25  also 4
Sauberkeit
Das Lokal ist trotz den vielen Schmutzfängen sehr gepflegt, ebenso die Toiletten. Nicht mal auf den Lampenschirmen war ein Krümelchen Staub auszumachen. Gedecke, Gläser und Besteck auf Hochglanz poliert. Hier wird mehr getan, als nur die Spülmaschine ausgeräumt. Auch hier ist offensichtlich das feminine Zepter am Werk.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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