Zurück zu Dolden Mädel Braugasthaus
GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Dolden Mädel Braugasthaus in 18439 Stralsund bewertet.
vor 10 Jahren
"Angebote aus artgerechter Haltung, Biozertifikat, -oder: Nachhaltig is besser!"
Verifiziert

Geschrieben am 14.06.2015 | Aktualisiert am 15.06.2015
Besucht am 26.05.2015
Eigentlich sollte es zunächst ein anderes Restaurant werden, dort gab es aber keinen Platz. Also sichteten wir nochmals das Angebot in der ersten Reihe der Hafeninsel. Außer beim Speicher8 und da waren wir ja schon, sagte uns keine Karte so richtig zu. Im Netz war ich öfter über den Auftritt von Braugasthaus gestolpert, dass sich in den historischen Räumlichkeiten der Kron-Lastadie (Eine alte, renovierte Bastion aus der Schwedenzeit der Stadt, für Interessierte: http://www.kron-lastadie.de/gestern.html ) befinden soll, warum nicht…

 
Die Kron-Lastadie ist ein ziemlich großer Komplex direkt vor den Hafeninseln, von der Dachterrasse hat man wohl direkten Blick auf die Kanäle und die Fischimbisse in Gestalt diverser Kutter. Beim Betreten steht man zunächst vor der Aufgabe eine Treppe zu überwinden, Aufzüge haben wir nicht bemerkt, aber eventuell kommt man über ein anderes Etablissement und dann über die Terrasse barrierefrei ins Restaurant. Oben angekommen steht man direkt vor dem weitläufigen Tresenlabyrinth. Eine Begrüßung fand nicht wirklich statt, aber das scheint auch nicht zum Konzept zugehören. Offensichtlich sucht sich der geneigte Gast einen freien Platz seiner Wahl und wird dann früher oder später vom umherwuselnden Personal bemerkt. Im Übergang zwischen Gastraum und Terrasse, ich würde es mal Wintergartenäquivalent nennen, waren sämtliche Plätze besetzt. Also ein Tisch innerhalb einer der durch brusthohe Sichtblenden, teilweise rustikal mit Backsteinen, Holz und lackiertem Metall verkleideten, abgetrennten Nischen. Zusammen mit dem offenen Balkenwerk und der sichtbaren Technik ein stimmiges, rustikales Ambiente. Irgendwie wirkt der Laden auf großen Durchsatz ausgerichtet. Im scheinbaren Gegensatz dazu, wirbt man mit einer Karte auf der Biosiegel, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und ökologischer Freilandhaltung zu finden sind. Sollte dies den Tatsachen entsprechen (LandWert, als regionaler Anbieter ist schon mal top) und konsequent umgesetzt werden, wäre das ein toller Ansatz.
 
Bald wurden wir von einem leicht verwirrten Servicemenschen ( 4,4) entdeck und nach unseren Wünschen befragt, kurz danach erneut von einer Servicedame (4,1) und in direkter Folge von einer weiteren (4,5). Okay, das Konzept für den Service heißt anscheinend ‘happy chaos‘. Da die Kernkompetenz hier wohl das Bier bildet, sollte es dann auch möglichst ein Querschnitt durch das selbstgebraute Angebot sein. Hier bietet sich zur Präferenzfindung “Der Fritz-Fünfer zum Probieren“ (4,50 Euronen) an. Fünf ‘Reagenzgläser‘, jedes gut über den Eichstrich eingeschenkt, auf rustikalem Holzbrett und mit dem Hinweis in welcher Sequenz zu trinken sei, serviert. In aufsteigender Würze und mit wechselnder Süße ein schöner Auftakt. Für Madame war bereits ein Treffer (Das Ratsherren Weißbier, 0,5 L à 3,90 Euronen) dabei. Wegen meiner pathologischen Passion für immer neue Geschmacksnuancen sollte es selbstredend ein weiteres Bier sein. Das zunächst angepeilte Ayinger Celebrator, Bockbier 6,7 Vol.-%, 0,33 L à 3,50 Euronen war leider aus, was der Service natürlich nicht wusste und getreu des Konzepts, nach anscheinend längerer Suche, zerknirscht bat ein anderes Bier zu wählen. Interessant schien auch die Beschreibung zur ‘Meine Hopfenweisse, Tap5‘ 8,2% Vol.-%(!), 0,5 L à 4,90 Euronen aus dem Hause G. Schneider & Sohn, die war dann auch verfügbar. Vergleichsweise schnell kamen
 
| Die Vorspeisen |
Madame frönte wie üblich ihrer Suppensucht und wählte FRITZ KARTOFFELSUPPE mit Karotten und Sauerrahm à 6,90 Euronen, als vegetarisches Angebot ausgewiesen. Sehr schön sämig, mit durch den Karottenanteil dunklerer Färbung und deutlicher Süße, feiner Kräuternote sowie einem Klecks erfrischenden Sauerrahms eine gut abgeschmeckte Variation, Madame schien glücklich. Die beiden Scheiben dunklen Bauernbrots, auf dem Rand des Untertellers platziert, hätte es nicht wirklich gebraucht aber auch das war schmackhaft.
 
Meine Wenigkeit testete den ‘all-time-favourite‘ CAESAR SALAT, Romanasalat, Kirschtomaten und Parmesan mit Caesar-Dressing à 7,50 Euronen, mit Streifen vom BIO-Landhähnchensteak + 3,00 Euronen. Wenn es kein außergewöhnliches Angebot gibt, ist dieser Salat wegen der guten Vergleichbarkeit ein prima Indikator. Als zusätzliche Hürde trennen die Hähnchenstreifen die Spreu vom Weizen. Auch hier wurde unsere Erwartung übertroffen. Das Dressing sehr nah am Original, vielleicht für meinen Geschmack etwas wenig Knobi und leider keine Crôutons, dafür die Hähnchenbruststreifen auf den Punkt zartrosa gegart und gut gewürzt. Selbst der Parmesananteil war ausreichend, auch wenn hier größere Späne netter wären, eine sehr gute Umsetzung.
 
Zwischendrin wurden wir vom Service weitestgehend in Ruhe gelassen. Das gab Gelegenheit die Abläufe und andere Gäste zu beobachten. Das Publikum ist bunt gemischt, jüngere Gruppen überwiegen allerdings und so liegt der Lärmpegel recht hoch, in den Nischen ist eine Unterhaltung aber problemlos möglich. Durch das breite Angebot, neben der auf den Tischsets aufgedruckten Speisekarte gibt es noch eine Bierkarte mit zehn Kleinigkeiten im Preisbereich von 1,50 (Laugenbrezel) bis 3,90 (Knusperschwein mit Humus) Euronen, sollte sich für jeden etwas finden. Mit etwas Glück lässt sich der ein oder andere Service-Gau hautnah miterleben (wir saßen recht dicht an der Rennstrecke zwischen Pass und Restaurant). Auch wenn wir ‘s nicht direkt gesehen haben, entsprechend der Geräuschkulisse, stand es in der epischen Schlacht ‘heimtückische Schwerkraft gegen Servicedarsteller‘ gefühlt etwa Neun zu Null. Nach wiederum recht kurzer Wartezeit servierte man
 
| Die Hauptspeisen |
Ohne kleinen Fauxpas ging es hierbei natürlich wieder nicht, man hält sich wirklich eng an das Chaos-Konzept. Madames RUMPSTEAK VOM WEIDERIND, 250 g, vom LandWert Weiderind aus dem Rinderrücken mit kleinem Fettrand für die Saftigkeit dazu frisches Marktgemüse und Pommes Fritz à 25,90 Euronen wurde zunächst mit einer falschen Beilage geliefert. Nach kurzer Irritation, entschwand der Service jedoch zur unmittelbaren Nachbesserung. Diese gelang zeitnah und so konnte ein perfekt wie gewünscht medium gebratenes Steak, ohne jedes chichi auf knackig geröstetem Pfannengemüse angerichtet, genossen werden. Die dazu gereichten, etwas breiter geschnittenen Fritzen waren schön kross, angenehm kartoffelig und im Gegensatz zu vergleichbaren Mitbewerbern genau richtig gesalzen. Auch die Würze des schön hochgeschnittenen Steaks lieferte keinen Anlass nach Pfeffer- oder Salzmühle zu greifen. Zusammen mit der eindeutig selbst hergestellten Kräuterbutter und angesichts der hervorragenden Fleischqualität ein klassisch gutes Gericht.
 
Das von mir medium rare georderte RIB-EYE-STEAK VOM WEIDERIND, 300 g, vom LandWert Weiderind aus der zart gereiften Hochrippe mit dem typischen Fettauge, grünen Bohnen und Bratkartoffeln für 26,90 Euronen dem Rumpsteak in nichts nach. Der Gargrad war perfekt getroffen, die Anrichteweise auf den bissfest gegarten, gut abgeschmeckten Bohnen angenehm puristisch. Dazu gereichte Bratkartoffeln wiesen küstentypisch reichlich Speckeinlage auf, waren noch leicht knusprig und die Zwiebeln nicht verbrannt, bisher die besten Vertreter ihrer Zunft. Vielleicht ist es Autosuggestion, aber beim Fleisch meinte ich ein besseres Aroma zu schmecken als sonst für Entrecôte üblich. Da die mitgelieferte Kräuterbutter sich aufgrund der kurzen Wartezeit auf die Nachbesserung weitgehendst verflüchtigt hatte, bat ich um eine weitere Portion. Diese wurde ebenfalls umgehend geliefert und fand sich später noch nicht Mal auf der Rechnung wieder. Schwer zu sagen ob das Absicht war, wir nehmen ‘s einfach dankend an.
Zugegebener Maßen bin ich kein Biertrinker oder gar Kenner, deshalb hat mich wohl auch das bestellte Tap5 äußerst positiv überrascht. Es schmeckte tatsächlich vielschichtig fruchtig-spritzig, der recht hohe Alkoholgehalt kam entgegen meiner Befürchtung nicht durch. Mal abgesehen vom Kohlensäuregehalt durchaus mit einem Weißwein zu vergleichen, chapeau.
 
Beim Ausheben der geleerten Teller fragte der Service vorsichtig nach unserer Zufriedenheit, die wir dankend bestätigten. Wegen des sättigenden Bierkonsums mussten wir leider das Angebot von Dessert oder Digestif ablehnen, nix ging mehr. Zusammenfassend muss ich zugeben, dass meine Erwartungshaltung weit übertroffen wurde. In dieser Kategorie haben wir noch nie so gut und mit so wenig schlechtem Gewissen gegessen wie hier. Selbst das Preis-Leistungsverhältnis (die Gesamtrechnung belief sich auf 83,50 Euronen) scheint angesichts der gebotenen Qualität absolut fair. Wenn der Betreiber es jetzt noch schafft den Service etwas besser zu schulen und zumindest die Sauberkeit der wirklich gruseligen WC-Anlage auf ein akzeptables Niveau zu bringen, hätte das Braugasthaus in der Kron-Lastadie durchaus Referenzcharakter.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Jens und 24 andere finden diese Bewertung hilfreich.

Ehemalige User und 23 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.