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Es passiert mir selten, daß ich nicht mal mehr eine Kritik schreiben möchte, sondern im Grunde genommen nur noch vergessen will. Aber der Besuch im La Fenice war eine so legendäre Bauchlandung, wie sie bei uns Gott sei Dank nur selten vorkommt.
Wer die Details lesen möchte, hier sind sie: Wir hatten auf halb acht reserviert und betraten das zu diesem Zeitpunkt mäßig besuchte Lokal. Das Ambiente ist ansprechend und elegant, die Tische sind weiß eingedeckt und stehen nicht zu eng, die Beleuchtung ist wirklich außergewöhnlich angenehm, hell und trotzdem dezent-dezentral. Die Wände alternieren in mattem Schlammbraun und poliert-gewischtem Dunkelrot, dazwischen weiß, die Fenster mit Vorhängen aus in festen Schlangenlinien dekoriertem weißen Stoff. Gläser von Stölzle, Besteck von WMF, außerdem gibt es schöne farbige Wassergläser unterschiedlicher Provenienz.
Wir werden zu unserem Tisch geführt und die Jacken uns abgenommen. Recht zügig kommt die Frage nach Aperitif/Getränkewunsch. Wir bestellen zweimal Spumante von Ca’ del Bosco (jeweils € 11) und eine Flasche San Pellegrino (€ 6) bei der weiblichen Bedienung, die sich an diesem Abend den Service mit dem Padrone teilt.
Auf den Tischen stehen Pfeffermühle und ein Salzschälchen, es kommen dann auch bald ein paar sehr gute Oliven und Blätterteigsticks mit dem Sekt. Alles wirklich gut. Es folgt die Karte. Die offeriert eine sehr übersichtliche Auswahl und diverse Positionen bei den Primi und den Secondi sind nur für zwei oder mehr Personen zu haben, was die Auswahl reduziert, aber nicht unbedingt schlecht sein muß.
Da ich mich beim Mittagessen übernommen habe, möchte ich nur zwei Vorspeisen, den Formaggio Langherino (€ 14) und den gegrillten Polipo (€ 16), mein Mann hindessen hat sich zurückgehalten und würde gerne Vitello tonnato, (€ 14) Paccheri mit Guanciale, Tomaten und Pilzen (€ 13) und dann das Ossobuco bestellen. Allein, wir kommen eine ganze Weile nicht zum Zuge, weil man offenbar anderweitig beschäftigt ist und uns geflissentlich ignoriert.
Es dauert also. Aber auch wir kommen dran und können die Bestellung aufgeben, daß ich zwei Vorspeisen möchte, ist kein Problem und wird italienisch-freundlich problemlos akzeptiert. Auf Nachfrage kommt auch die Weinkarte. Die ist gutsortiert und ausgesprochen teuer, hier wird mit mehr als drei multipliziert und wir ziehen eine Auktion unserer Kellerbestände ebenso in Erwägung wie die Eröffnung einer Besenwirtschaft im fünften Stock. Wir ordern einen Nebbiolo (€ 11) und einen Greco di Tufo (€ 9).
Aber wir sind noch guter Dinge, ich auf jeden Fall mehr als mein Mann, denn der hat im Gegensatz zu mir ernsthaft Hunger. Nach der Bestellung gibt es ein Körbchen Brot (Durchschnitt) und ein paar Grissini mit Kräutern (gut), dazu eine Scheibe Butter.
Endlich die Vorspeisen: Mir hatte man dazu geraten, den Käse zuerst zu nehmen, ich hatte es eigentlich anders gedacht, mich aber der Empfehlung angeschlossen. Der Käse ist ein leicht angeschmolzenes Talerchen, obendrauf ein bißchen sehr ölig, serviert mit etwas Feldsalat und zwei Scheiben roter Bete. Den Teller dekorieren ein paar Balsamicospritzer, die aber geschmacklich nicht wirklich in Erscheinung treten, außerdem gibt es noch eine hauchdünne Scheibe geröstetes Brot. Die Kombi ist gut, nur ist das Verhältnis Käse zu Salat – und damit insbesondere zu ein bißchen Säure – unausgewogen, so daß der Eindruck eher schwer und fettig ist. Warum mir dieses Gericht vorneweg empfohlen wurde, erschließt sich mir nicht, im Gegenteil. Bei meinem Mann ist das Kalb wunderbar rosa und zirkelt um einen Thunfischmayonnaiseklecks in der Mitte des Tellers – das Kalb ist gut, die Sauce zu salzig. Optisch finde ich eine Scheibe von einer maschinell entkernten schwarzen Olive ein bißchen schwach, weil ich genau diese Scheiben normalerweise als geschmacklich suboptimal erlebe, aber ich habe es nicht probiert.
Inzwischen ist das Lokal fast voll, die Gäste wirken eher gutbetucht, die Herren haben immerhin die Krawatten abgenommen, die Damen sind tendenziell eher teuer dünn und / oder blondiert. Und offensichtlich ungemein begeistert. Ein Wolfsbarsch für zwei Personen (sieht gut aus) wird vorbeigetragen und präsentiert, bevor er filiert wird.
Die Querulanten sitzen an unserem Tisch und es mangelt ihnen an Einsicht, wieso eineinhalb Stunden nach Betreten des Lokals vom Primo noch keine Spur in Sicht ist, was mein Mann freundlich, aber deutlich reklamiert. Die Reaktion des Padrones lautet, er würde es koordinieren, daß das Primo zeitnah und zusammen mit dem Kraken kommt (und letzterer nicht mit dem Ossobuco). Mein Mann setzt an, gegen die Reihenfolge zu protestieren, ich winke ab, mir ist es zu dem Zeitpunkt schon egal.
Wir warten. Nach einer weiteren Viertelstunde beschließt meine bessere Hälfte, sein Ossobuco abzubestellen, weil ihm langsam der Appetit vergeht. Die Dame hört es sich an, wuselt dann weiter, um einen Tisch zu richten, kommt nach einer Weile zurück, um das Anliegen zu klären und sichtlich in Stress. Während sie noch unterwegs ist, kommen die Paccheri und der Krake, serviert vom Patron, und mein Mann erklärt sein Anliegen nochmals. Die Reakton ist eine Mischung aus einem finsteren „Ich bleibe jetzt höflich“ und „ich bringe meinen Unmut über die aus meiner Sicht ungerechtfertigte Kritik zum Ausdruck“ - uns wird erläutert, daß man bei der Qualität der Küche keine Kompromisse machen könne. Ich bestellte trotzdem noch einen Sauvignon (€ 8) – kein Alkohol ist manchmal auch keine Lösung.
Nach dieser Aussage steigt natürlich die Erwartungshaltung auf die kompromisslose Slow Food Zubereitung unserer Gericht. Allein, die wird leider nicht erfüllt. Die zwei Krakententakel sind mit Sicherheit nicht allein gegart worden, denn diese Speise wurde vorher schon am Nachbartisch serviert. Ich hätte die Argumentation noch verstanden, wenn sie zarter gewesen wären, nur war es an der Grenze zum Gummitier. Das Minz-Pesto dazu gab geschmacklich keine besonders stimmige Kombination, wieder eine Scheibe rote Bete auch nicht. Aufessen mochte ich nicht, denn es war mir zu salzig. Die Paccheri meines Mannes waren an einer Hand abzählbar, dazu ein paar Champignonscheiben und Guanciale-Würfel, nebst Tomaten mit einem unangenehm säuerlichen Unterton.
Während wir noch am Essen waren, wurde uns unmißverständlich die Rechnung hingeknallt, „weil Sie ja keine Zeit haben“. Was meinen Mann zu der Aussage veranlasste, „Sie haben wohl mit Kritik ein Problem“ und wieder in die Litanei zu „keine Kompromisse in meiner Küche“ mündete. Da mochte ich meinen Sauvignon auch nicht mehr austrinken, sondern nur noch nach Hause.
Nein, wir möchten auch keine Kompromisse in der Küche, aber die wären auch nicht nötig gewesen. Bei den Gerichten, die wir hatten, hätte es nur marginal mehr von der versprochenen Koordination gebraucht. Die Argumentation war für uns nicht nachvollziehbar, und die Qualität hat sie definitiv nicht gerechtfertig.
Das Verlassen des Lokals ähnelte einem Spießrutenlauf – uns wurde zwischen den Zähnen noch der Wunsch nach einem schönen Abend entgegengeknurrt, und das mit Sicherheit auch nur, damit den Stammgästen nichts auffiel.
Selten habe ich in einem Restaurant einen so unangenehmen Abend erlebt. Und meinen Mann so aufgebracht. Und mich wirklich geärgert, über das dagelassene Geld.
Im nachhinein erscheint uns im Vergleich die Reaktion im Goldenen Adler letztes Jahr als extrem souverän.
War der Koch verliebt? Mehrere Gerichte waren zu salzig, der Krake nicht besonders zart.
Sehr gediegen, angenehme Beleuchtung - optisch defintiv in der Oberklasse.
Sauberkeit
Alles tiptop.