Scarpati Restaurant
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Scheffelstr. 41, 42327 Wuppertal
Restaurant Hotel Sternerestaurant Trattoria
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GastroGuide-User: Carlo Attraversando
Carlo Attraversando hat Scarpati Restaurant in 42327 Wuppertal bewertet.
vor 10 Jahren
"Als erstes der Schmeichler!"

Geschrieben am 07.02.2015
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Besucht am 20.09.2014
Als erstes, der Schmeichler, dieser Gruß, der seine Faszination sprachlich am besten bewahrt, wenn man ihm seinen französischen Namen lässt, das „Amuse gueule oder     Amuse bouche“, dessen Konnotationen sich auf der Zunge mitentfalten müssen. Wie soll er sein, dieser Schmeichler? Heftig, tempramentvoll oder gar feurig? Ich freue mich, wenn er sich präsentiert wie die erste Seite eines guten Buches, die Interesse weckt ohne den Bogen zu überspannen.
Als „Amuse gueule“ wird eine Mus von der Schwarzwurzel in einer kleinen Glasschale gereicht. Darauf ruht in Gelee gebunden ein Pilztatar, in das sich als Abschluss eine feine Rispe vom Koriander fügt. Zunächst freut sich das Auge über die gelungene Komposition. Erwartungen sind geweckt. Mus von der Schwarzwurzel!? Der fragende Blick wandert von mir zu Zerberuz, von Zerberuz zu Gusto Amaro und von ihm zu seiner Frau. Keiner von uns hat eine solche Kreation bisher schon einmal gegessen.

Und dann, der erste Kontakt, vorsichtig sanft mit den Lippen, mhm. Die Zunge ist geweckt und verlangt mehr. Ganz fein nussig herbstlich begegnet mir die Geschmacksnote. Sie ist präsent, lässt aber dem „Val de Brun Spumante Brut Chardonnay, Vino Spumante“ viel Raum sich daneben zu entfalten. Ein „pas de deux“, der auf einen köstlichen Abend vorausweist.

Dann die Vorspeise: „Grillierte Jakobsmuscheln an Belugalinsen mit Wasabi-Kaviar, Zitronen-Crème fraîche und Kräutersalat“, sie setzt eine neue Note. Keineswegs manifestiert sich in ihr  eine stillschweigende Abgrenzung vom „Amuse gueule“, denn die leicht nussig, herbstliche Komponente taucht wieder auf in den Belugalinsen und in den hervorragend gegrillten Jakobsmuscheln. Das Geschmackspanorama erweitert sich aber durch das Wasabi-Kaviar und das Zironen-Crème fraîche, die beide  in Verbindung mit dem Kräutersalat Frische und Temperament in das Menü bringen.
Dass hier alles in bester Kochkunst zubereitet ist, versteht sich von selbst. Aber auch die Zusammenstellung ist hervorragend. Zum einen werden vor allem die dunklen Geschmackstöne der Belugalinsen von dem Zitronen-Crème fraîche aufgefangen und eine vorzügliche Verbindung  zum Kräutersalat und dem Wasabi-Kaviar hergestellt, in der die Jakobsmuscheln durch Temperatur und Aroma richtig brillieren können. Zum anderen bereichern die beiden Weine, „2013 Feudo Arancio Grillo  Sicilia DOC, 2013 Moncaro le Vele Verdicchio de Castelli  di Jesi Classico DOC“ auf sehr unterschiedliche Weise das Geschmackserlebnis.
Gusto Amaro, seine Frau und Zerberuz räumen ein, dass der „Freudo Arancio Grillo“ in Verbindung mit dieser Vorspeise deutlich an Körper gewinnt. Letztlich favorisieren sie aber den „Moncaro le Velle Verdicchio“. Ich selbst erfreue mich an den bacchantischen Geschmacksdisputen, bleibe jedoch bei meiner Passion und genieße Rotwein, in diesem Fall den „Farina le Bocce il Paladino Rosso Toscano IGT 2009“. Aufgrund seiner Säure passt er, wenn auch ganz anders als die Weißweine.

Nun der Zwischengang, ein Ravioli! Aber welch ein Ravioli! Von der Optik, über die Temperatur  bis zu den Geschmacksnuancen stimmt alles! Ein kleines Kunstwerk! Ganz oben auf, der Hummerschaum, darunter die Zucchinispaghetti und dann die Hummer-Füllung in einem Teig, der fast vergessen lässt, dass man Pasta isst. Man muss versuchen, alle Komponenten dieses Ganges gleichzeitig aufzunehmen. Ein köstliches Erlebnis, ein Genuss, den die dazu servierten Weißweine „2013 Pradio le Rose di Ornella Friuli Grave DOC und 2013 Casa Rossa Vernaccia, Vernaccia di San Gimignano DOC“ gekonnt vervollständigen. An unserem Tisch gilt der „Vernaccia“ als beste Wahl. 

Auch der nächste Gang hat eine Affinität zum Wasser. Begleitet von einem 2013er „Pra Soave DOC“ und einem 2013er „Tiare Sauvignon Collio DOC“ präsentiert sich „Gebratener Wildfang-Steinbutt auf Minz-Blattspinat, Weißwein-Fond und Speckschaum.“ Gusto Amaro ist begeistert von der vorzüglichen Anordnung der Speise auf dem Teller und noch begeisterter von dem, was dann seinen Gaumen erfreut. Mir ergeht es nicht anders. Auf einem wohl drapierten Meer von weißem Schaum bildet gleichsam der Blattspinat mit dem  Kartoffelpüree und dem Wildfang-Steinbutt eine Insel. Die gebräunte Seite des Fisches umspielt ein Teil des Schaumes wie die Gischt des zurückeilenden Wassers einer Brandung. Der Wildfang-Steinbutt hat eine hervorragende Konsistenz, fest im Biss, aber dennoch schmeichelnd. Er ist zurückhaltend gewürzt und schenkt dadurch insbesondere in der Verbindung mit dem Minz-Blattspinat und dem Speckschaum dem Gaumen ein abwechslungsreiches Geschmackserlebnis, das noch durch eine Raffinesse gesteigert wird, durch den „Tiare Sauvignon Collio“, ein Weißwein von ganz außergewöhnlichem Bouquet, da mischen sich Sehnsucht, Herbst und die Intensität eines unwiederbringlichen Augenblicks. Und wie von allem Glück, darf man von ihm nur ganz maßvoll genießen. Da wurde selbst der Rotweinliebhaber schwach.

Vor dem Dessert, ein Landgang: „Rücken vom US-Beef an getrüffeltem Bohnengemüse, Kartoffelknusper & Madeirajus“. Breite und schlanke Bohnen tummeln sich mit Kartoffelknusper und besiedeln den Teller mit einer Konzentration auf die Mitte, wo dann auch fast punktgenau eine kleine gebackene Tomate angeordnet ist. Rechts auf dem Teller, vielleicht einer Sekante nachempfunden, liegt das Fleisch, ein schmales, aber etwas höheres Stück. Durch Länge und Kompaktheit bildet es ein Gegengewicht zu Bohnen, Knusper und Tomate. Diese scheinbar strenge Ordnung wird deutlich aufgelockert durch das legere Gesamtbild. Bohnen und Knusper verbreiten eine Feierabendstimmung. Die Tomate gedenkt ihr Mäntelchen abzulegen und das Fleisch prangt in voller Lust. Reinbeißen!. Dazu die Düfte, die vom Teller entgegenströmen und auf der Zunge Wohlbehagen auslösen, das seinen Höhepunkt und Abschluss in dem zarten Fleisch findet. Und in den Gläsern leuchten nun für alle die Rotweine, „Farina le Bocce il Paladino“ von 2009 und der „Terre da Vino La Luna e i Faló Barbera d‘Asti DOC“ von 2011.
Lauscht man in den Raum des Restaurants, ist es offensichtlich, dass alle des Geheimraths Rat befolgt und sich bei Wasser und Wein, von der Menge her vielleicht eher, bei Wein und Wasser vergnügt haben, denn keiner ist stumm und schon gar nicht das andere. Die Gespräche summen und schwirren durch den Raum, der Rotwein beglückt vereint mit dem köstlichen Mahl die Sinne. Es ist ein Fest! Und der Barbera ist unser König bei Tisch!

Das Dessert! „Variationen von der Valrhona Schokolade 55% - 70%“ Klassisch, stilvoll, vorwiegend Brauntöne, geschmückt mit dem Grün der Minze und dem Gelb der Fruchtgeleetropfen. Doch hinter dem ausgefransten Zuckersegel verbirgt sich als Gegenstück eine weiße Mousse au chokolat. Gleichsam Yin und Yan? Und dann vor der braunen Mus, in der das Segel steckt, dieses freche pinkfarbene Gebilde, das mich irgendwie an einen Lollie erinnert. Ich entferne es als erstes aus dem Arrangement und beiße mit Todesverachtung zu. Was hat sich der Koch dabei nur gedacht? Mhm! Er hat Sinn für Ironie. Sein „Lollie“ schmeckt vorzüglich, mit einer ausgewogenen Süße und angenehmem Erdbeergeschmack. Ich ergänze mit dunkler und weißer Mousse au chokolat! „Oh Süße des Lebens!“ Das Zuckersegel muss fallen! Es bittet sich einen Teil der Minze als Begleitung aus. Wie schade, dass wir Geschmack nicht kongruent in Sprache wandeln können!! Ich schwelge, vergesse alle Gesundheitsgebote und gönne mir reichlich vom „Carpineto Farnito Cabernet Sauvignon Toscana IGP“ aus dem Jahre 2008. 
Wir stoßen an. Gusto Amaro, seine Frau, Zerberuz und ich, wir sind uns sicher, dieses Menü und die Weine waren Hochgenuss in allen Phasen. Und entgegen Faust, sage ich gern zum Augenblick: „Verweile doch, du bist so schön!“ Und deshalb, ganz zum Schluss ein Espresso und ein Grappa! Zum Wohl!.

Wo waren wir, was war das? Jacques Weindepot und das Restaurant Scarpati feierten gemeinsam im Scaparti am 20. September 2014 das 40. Jahr ihres Bestehens bzw. ihrer Gründung, wobei beide ihren Anfang im Schloss Lüntenbeck genommen haben, jedoch mit dem Unterschied, dass Jacques Weindepot dort geblieben ist, während Scarpati im Laufe der Jahre in der Scheffelstraße sein eigenes Domizil bezogen hat.
Jacques Weindepot sei herzlich gedankt für die vorzügliche Weinauswahl, dem Restaurant Scarpati für die ausgezeichnete Küche und den hervorragenden Service. Zu jedem Gang, angefangen vom „Amuse gueule“  bis einschließlich Dessert, wurden alle Weingläser neu eingedeckt. Bei ca. 45 Gästen waren das z.B bei vier Gängen ca. 90 Weingläser, die frisch eingedeckt und 90 Weingläser, die abgeräumt werden mussten, bei zwei Gängen die Hälfte. Trotzdem verbreitete der Service keine Hektik, man hatte Zeit für  kurze Gespräche und nette Bemerkungen. Dabei warteten außer uns weitere Gäste in der Trattoria und im oberen Gesellschaftsraum.

 Der Preis für das Menü,  die Weine, Wasser und  Kaffee betrug 79,00 pro  Person.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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