Reckos Restaurant im Mauritzhof
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Eisenbahnstr. 17, 48143 Münster
Restaurant Bistro Bar Hotel Loungebar
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GastroGuide-User: Carsten1972
Carsten1972 hat Reckos Restaurant im Mauritzhof in 48143 Münster bewertet.
vor 4 Stunden
"Fine dining, oder was?"

Geschrieben am 28.12.2025 | Aktualisiert am 28.12.2025
Besucht am 20.12.2025 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
In Münsters relativ informativem Stadtmagazin "Münster geht aus" hatte ich unter der Rubrik "fine dining" neben den üblichen besternten und un-besternten Vertretern einen für mich neuen Eintrag erblickt. Das Restaurant RECKOS im Mauritzhof-Hotel in Nähe des HBF am Rand der City, genau außerhalb des Innenstadtumschließenden Promenadenrings, für Unkundige, die Verkehrsreichste Fahrradstraße der BRD. Straßenangewandt blickt man vom Hotel auf diesen Grün-Ring, in dem besagte Promenade verläuft. Ich kannte das Hotel, aber das Restaurant war bisher nicht auf mein Radar geraten, weil ich es bisher eher als Beköstigungsmöglichkeit für Hotelgäste wahrgenommen hatte ohne großen Drang, auch externe Gäste zu verköstigen. Aber nun schaute ich mal auf der HP nach dem Restaurant. Und was ich dort fand, ließ mich für Samstag, den 20.12.25 spontan einen Tisch für meine Frau und mich buchen. Erstaunlicherweise war es auch kein Problem einen Tisch zu reservieren am letzten Adventswochenende in Münster, obwohl wieder mal mehr als eine Million Gäste über die W-Märkte in der City herfielen (anders kann man es nicht nennen, beschaulich geht anders!).

Wir fuhren also mit einem merklich mehr als gut ausgelasteten Zug von Rheine nach Münster und standen nach einem zehnminütigen Spaziergang in der Lobby des Mauritzhof Hotels. Der Trubel blieb draußen, in der Bar ein paar Gäste, der Service nahm uns in Empfang und brachte unsere Wintergarderobe erstmal unter. Danach ging es zum ( vom Eingang aus gesehen ) hinter der Lobby-Bar liegenden Restaurantbereich. Von dem blickt man in die offene Küche, in der schon geschäftig gewerkelt wurde von zwei Köchen. Auch hier war es schön ruhig, wir waren sehr erfreut, dass es in Münster auch in diesem trubeligen Tagen einen ruhigen Ort zur Einkehr zu geben scheint. 
Unser Tisch mit Blick auf die Promenade
Die Karten wurden gereicht, einsehbar auf der HP, eine Flasche Wasser bestellt und wir widmeten uns den kulinarischen Ideen der Küche unter Leitung von Küchenchef René Sygusch. Die Karte besteht aus 12 Gerichten, in der vegetarischen Version aus 7 Gerichten, unter dem Motto "ENJOY-SHARE-GRAZE". Die Gerichte lassen sich auch ganz klassisch a la carte bestellen, aber es wird klar, dass die Idee dahinter ein Degustationsmenü in 4, 6 oder 12 Gängen ist. Bei dem man dann auch mal am Teller des Gegenüber naschen kann, wenn er denn anders bestellt als man selber. Sowas gefällt uns ja immer, wir sind beide offen für Ideen von kreativen Köchen und haben keine großen roten Linien bei Produkten oder Verarbeitungen, überlassen uns also der Kreativität der Küche. Schnell stand fest, dass wir uns auf jeweils 6 Gänge einlassen und auch aus der gut sortierten Weinkarte wurde eine Flasche bestellt. 
Muschelkalk Chardonnay von Klumpp
Mit der Flasche kam ein Gruß der Küche, hausgebackenes Brot mit verschiedenen Aromen, dazu ein Hüttenkäse und eine gesalzene und aufgeschlagene Butter mit einem kleinen Klecks eines Kräuteröls. 
Küchengruß
Es hatte etwas gedauert, eine Auswahl aus dem Angebot zu treffen, aber letztendlich fanden sich für uns beide die richtigen 6 Gänge, manches bestellten wir gleich, aber nicht am gleichen Platz der Menüfolge, manches orderte nur einer, eine, probieren konnten es aber jeweils beide. Somit ohne Rücksicht auf unsere Menüfolge hier die verkosteten Gänge.
Gelbe Beete
GELBE BEETE mit Staudensellerie, Passionsfrucht, Rettich konnte man aus der Karte zu diesem Gang entnehmen. Und schon in diesem Gang ließ die Küche uns erschmecken, dass sie Gerichte mit mutiger, lebendiger Säure mag. Vegetarisch Gang wie er sein muss. Die Passionsfrucht brachte vernehmliche Säure ins Gericht, die Süße aus den Beeten hielt dagegen. Sellerie und Rettich brachten eine gewisse Herzhaftigkeit ins Gericht, das war ein feiner Start. 
Tartar Stulle
TATAR STULLE mit Eigelb, Zitrone, Crème Fraîche war dagegen ein völlig anderer Gang, tiefes Umami ergänzt durch die Fettigkeit der Creme und des Eigelbs, eingefangen durch wiederum Säure aus Zitrone. Drunter der Crunch des gerösteten Brotes. Eines der besten Rindertartar Gerichte, die ich bisher in meinem Leben gegessen habe. 
Rindersülze
RINDERSÜLZE mit eingelegten Gemüsen, Kräuter, Kopfsalat wurde bestellt, weil es in einer Degustations-Menü-Folge wirklich ein Exot ist als Zutat. Auch hier wieder, wie in quasi allen Gerichten, war die Sauce ein Hauptdarsteller im Gericht. Sülze ist ein eher frisches, essigsauer betontes Gericht, eher leicht in den Aromen, Die Küche schaffte es, dem eine Sauce beizustellen, die es trotz merklich kräutiger Aromen und wieder etwas Säure Schaffte, die Sülze als Hauptzutat zu betonen. Der Brot-Chip war wohl dosierter Crunch, wieder ein toller Teller der kalten Küche. 
Lachs gebeizt
LACHS GEBEIZT mit Süßkartoffel, Koriander, Orange, Sumach war der letzte kalt angerichtete Teller aus dem "Vorspeisenteil" der Karte (wobei die Einteilung in diesem Konzept gar keine so große Rolle spielt). Kühl, frische, ätherisch-zitrische Noten bestimmten dieses Gericht. Die Süßkartoffel brachte ein bisschen Fundament in den Teller. Sumach sorgte für arabische Noten im Gericht, Favorit meiner Frau!
Sellerie aus der vegetarischen Karte
SELLERIE mit Karotte, Fenchel, Blaubeere war ein Gericht aus der vegetarischen Karte, es lässt sich aber erkennen, das die Basis der vegetarischen Karte aus der Hauptkarte abgeleitet wird. Aber gerade bei vegetarischen Gerichten muss die Küche zeigen was sie kann. Sie stellen höhere Anforderungen an Zutaten, Aromen-Kombinationen und Gar-Methoden. Hier zeigt sich meiner Meinung nach, wie gut die Küche wirklich ist. Und schon optisch konnte dieses Gericht mit den anderen gut mithalten. Auch hier wieder ein gelungene Balance aus Cremigkeit, Fettigkeit, Umami, Säure, Süße, alles dran, was es braucht, damit es nicht langweilig ist. 
Heilbutt
HEILBUTT mit Kohlrabi, Miso war ein warm servierter Fischgang. und sowohl das Genießerherz meiner Frau als auch meines jauchzten bei der Sauce, Beurre blanc in sehr gut mit Yuzu! Und wenn diese Beurre blanc dann zu gutem Fisch serviert kann das Gericht gar nicht mehr anders als gut werden! Spätestens hier war ein Band geknüpft zwischen unserem Tisch, dem Service und der immer neugieriger werdenden Küche! Neugier auf die Gäste, die ständig Freude äußern und nach Details der Gerichte fragten! Bester warmer Teller des Abends! 
Schweinsbacke
SCHWEINEBACKE mit Wirsing, Bergkäse, Dashi, Dunkelbier war der Abschluss der herzhaften Gerichte an diesem Abend für uns. Tadellos geschmortes, aber irgendwie danach noch mit einer knusprigen Kruste versehenes Bäckchen. Das in einer sehr guten Jus badete, das letzte Brot half, keine Sauce an die Küche zurück gehen zu lassen. Kohliges Aroma pur im Püree, sehr gut passend zum Fleisch. Ein kleines bisschen Frische durch die gerollte Kohl-Roulade mit exotischen, japanischen Aromen. 
Ziegenkäseschaum
ZIEGENKÄSESCHAUM mit Paprika, Himbeere, Feige war der erste süße Gang. Die Küche traut sich vermeintlich herzhafte Zutaten in einem Dessert zu verarbeiten. Ganz unten frische Feige, darüber ein Schaum, der die nötige Fettigkeit in den Teller brachte, Paprika eher süß mariniert oder eingelegt darüber und eine Nocke Sorbet. Ebenso kreativ und für mich noch einen Ticken interessanter das zweite Dessert.
Süße Tomate
SÜSSE TOMATE mit Mandel, Oliven, Honig, Minze machte die Tomate zum Hauptdarsteller eines Desserts. In zwei Variationen fand sich die Tomate auf dem Teller, einmal recht Natur, eher süßlich schmeckend und einmal als säurebetontes Chutney. Das Ganze wieder eingefangen durch sahniges Eis und den Honig. Toller Abschluss. 

Der Service in Form einer Dame und zwei männlichen Kollegen machte große Freude vom Betreten bis zum Verlassen des Mauritzhof Hotels. Engagiert widmete man sich allen unseren Fragen und Wünschen, bis hin zu detailliertem nachhaken bei bestimmten Aspekten die Zutaten betreffend. 

Was das Küchenteam abgeliefert hat ist oben eingehend beschrieben. Meine Frau und ich waren sehr beeindruckt! Das Konzept und dessen Umsetzung hat uns beeindruckend gut gefallen. Um auf meine Frage im Titel zurück zu kommen. Ist das jetzt fine dining? Vielleicht nicht bei den Zutaten, ganz sicher nicht (und zur Freude der Kunden) bei den aufgerufenen Menüpreisen, aber in Sachen Kreativität war das für mich fine dining! Relativ banale Zutaten in einer Art und Weise zu verarbeiten und zu servieren, dass die Staunen und Freude beim Kunden verursachen ist fine dining (für mich)!

Wir kommen wieder, ganz sicher! 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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