Landhaus Spatzenhof
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Süppelbach 11, 42929 Wermelskirchen
Restaurant Hotel Ausflugsziel
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GastroGuide-User: Obacht!
Obacht! hat Landhaus Spatzenhof in 42929 Wermelskirchen bewertet.
vor 9 Jahren
"Den Spatz in der Hand, anstelle der Taube auf dem Dach"
Verifiziert

Geschrieben am 19.04.2016 | Aktualisiert am 19.04.2016
Besucht am 16.04.2016
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Anläßlich des bevorstehenden Genießertreffens glühte der WhatsApp-Kanal. Welches Restaurant kam in Frage? Welche Küchen-Ausrichtung soll es sein und überhaupt in welchem Ort? Mit leichtem Schmunzeln verfolgte ich die Entscheidungsfindung zwischen First und Shaneymac. Immer wenn ich dachte, einer hätte das perfekte Lokal gefunden, überbot der jeweils andere die Wahl mit einem weiteren Vorschlag. So kam es, daß dann auch der Spatzenhof aus dem Ärmel geschüttelt wurde, nicht zuletzt aufgrund der GG-Beiträge von Kritikerkollege kgsbus. Ein Blick auf die HP – die ich im übrigen als sehr gelungen bezeichnen möchte – und was sehe ich da? P-f-a-n-n-k-u-c-h-e-n-s-u-p-p-e !! Mein Favorit stand somit fest – und oh Wunder, auch aus Solingen und Wuppertal kam kein Protest. Als dann zu unserer Freude kgsbus seine Teilnahme zusagte (wußte er wirklich, auf was er sich da einließ?), übernahm Shaneymac dankenswerterweise die Reservierung.

Auch nicht wissend, auf was er sich da einließ, setzte sich Shaneymac zu uns ins Auto, und es spricht für seine gute Erziehung, daß er ohne ein Wort des Klagens den abenteuerlichen Fahrstil von Schatzl überstand. Wobei die anschließende Zigarette sicherlich dazu diente, die Nerven zu beruhigen :-)) Fast zeitgleich mit Ehepaar First trafen wir auf dem Parkplatz des Restaurants ein, und nach einer freudigen Begrüßung schritten wir in Richtung Eingang. Wo wir bereits von kgsbus erwartet wurden.

Während mir das Haus mit seinen grünen Fensterläden gleich gut gefiel, ging es mir mit dem hypermodernen Eingangsquadrat ähnlich wie Frau First. Der wirkt wie ein Fremdkörper und stört erst einmal die Harmonie des Gebäudes. Auch im Inneren setzte sich mein Zwiespalt fort, Die unterschiedlich aufgeteilten Räume empfinde ich als angenehm, erlauben sie doch jeweils eine gewisse Intimität, und die Toilettenräume gehören zu den stilvollsten, die ich je in einem Restaurant gesehen habe, aber Authentizität hin oder her, in unserer „Büßerecke“ herrschte das Thema „Max und Moritz“, und ich als einem der Kindertage längst entwachsener Gast mag nicht während einem anspruchsvollen Essen auf ein Max-und-Moritz-Kissen oder auf mit ebensolchen Motiven ausgestattete Rückenpolster der Sitzecke schauen. Andererseits fand ich unseren Tisch ideal, weil er so geartet war, daß sich jeder mit jedem unterhalten konnte. Schön eingedeckt war er auch, allerdings mit sehr bescheidenem Besteck, das ich eher in einer Mensa vermutet hätte. Den Ausschlag für meine vier Sterne für das Ambiente gibt schlußendlich die hohe Raumtemperatur (wie mag das im Sommer sein?) Meine Bewunderung gilt First, der mit stoischer Gelassenheit sein Jackett anließ. Umso schmerzlicher, daß er so lange auf sein Bier warten mußte.

Wobei wir beim Service wären. Die drei Mädels, die uns zu Anfang betreuten, waren es sichtlich nicht gewöhnt und demzufolge auch nicht darin geschult, mit Nachfragen von Seiten der Gäste umzugehen. Und gerade in Hinblick darauf, daß ein Restaurant mit einer interessanten Aperitif- bzw. Digestif-Auswahl gutes Geld verdienen kann, verstehe ich nicht, warum es hierzu keine Karte gibt. So entschied ich mich für den vorgeschlagenen Haus-Aperitif, der aus Schlehe, aufgefüllt mit Prosecco, besteht. Er fand sich mit € 7,20 auf der Rechnung, durchaus angemessen für die fruchtig und doch leicht herbe Erfrischung. Nach dem Preis habe ich nicht explizit gefragt, sah ich doch die Service-Reaktion auf Preisfragen von Shaneymac.

Darf ich ein Amuse gueule erwarten? Darf ich, nützt aber nichts. Stattdessen zu wenig Brot mit minimalistischer Butter – eine Hommage an unsere Büßerecke? Den Hinweis von Seiten des Service auf die neue Ausrichtung des Spatzenhofs lasse ich nicht gelten, denn es sollte doch für eine kreative Küche ein leichtes sein, etwas passendes zu finden, ohne den wirtschaftlichen Aspekt aus dem Auge zu verlieren.

Sehr angenehm und ein Zeichen großer Professionalität  – wir durften alle querbeet durch die Karte bestellen, auch die drei Menüs nach Wunsch mixen.  Die Entscheidung fällt schwer, aber schlußendlich bestellte ich Dreierlei vom Hummer – Hummerschaumsuppe auf gebratenem Spargel, Hummerschwanz au Four mit Trüffel Hollandaise (€ 21,--) (die dritte Komponente wurde nicht genannt), als Hauptgang Kross gebratenes Filet vom Zander mit karamellisierten Trauben auf grünem und weißem Spargel mit Kartoffelpüree und Nussbutter (€ 26,--) und obwohl ich aus den Bergen komme und dort Knödel förmlich an den Bäumen wachsen, sollten es zum Nachtisch unbedingt Mit Nougat gefüllte Topfenknödel auf Rhabarber mit Tonkabohne und Vanillesauce (€ 12,--) sein. Aus der umfangreichen Weinkarte wählten Schatzl und ich einen fair kalkulierten Sancerre Rosé (€ 39,--).

Unsere fröhliche Tischrunde hatte sich viel zu erzählen, und kgsbus ist genauso liebenswürdig und gesellig, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Und falls sich andere GG-Mitglieder fragen, wo der ungewöhnliche Nickname herkommt, die Lösung ist SEHR interessant, wird aber nicht verraten :-))


Der Service war mittlerweile von Herrn Kabai übernommen worden, der sich wirklich mächtig ins Zeug legte und zum Schluß des Abends dermaßen großzügig mit dem Ein- und Nachschenken agierte, daß dies keinesfalls mehr wirtschaftlich, aber aus Gastsichtweise höchst erfreulich war. Ich habe mit Schatzl diskutiert, denn man möchte ja niemanden etwas unterstellen (es werden Fotos gemacht, schreibt am Ende etwa jemand über den Abend? Besonders Shaneymac wurde ausgiebig betütelt), aber andererseits ist es auch legitim, daß Herr K. alles dafür tat,  unsere kleine Genießerschar vom Spatzenhof zu überzeugen.

Zur Vorspeise: Top präsentiert in einem Gestell mit drei kleinen Kokotten. Die auch gleichzeitig den Vorteil hatten, daß die Speisen heiß blieben. Die Suppe war ein Traum, wenn auch vom angekündigten Schaum keine Rede sein kann. Aber geschmacklich war wirklich alles drin, allergrößtes Lob an die Küche.  Auch die Trüffel Hollandaise im zweiten Töpfchen war von meisterlicher Konsistenz, allerdings ließ sie dem Hummerschwanz keinen Raum, um sich zu entfalten, und die Linsen geben dem Gericht auch keinen wirklichen Kick. Herrlich die kleine knusprige Frühlingsrolle mit Hummer in der dritten Kokotte, darunter eine Mischung aus Wan-Tan und Ravioli mit Hummerfüllung.  Hierzu hätte mir die Hollandaise besser gefallen als zum Hummerschwanz. Alles zusammen vier Sterne.

Der Hauptgang: Frau First und ich waren begeistert von dem perfekt gebratenem Zander. Kross die Haut, saftig das Filet, dennoch habe ich etwas zu meckern. Geschmacklich habe ich mehr erwartet als reinen Fischgeschmack; es gäbe doch eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten, die man mit in die Pfanne hätte geben können, um dem Gaumen etwas zu bieten. Noch dazu hat der Küchenchef ja auch kein Sößelchen dazu gegeben, sondern Nußbutter, die nun auch nicht gerade den Frühling in sich trägt. Spargel schön bißfest und makellos, der Kartoffelbrei enttäuschend, weil kleistermäßig :-( Herrlich gelungen die karamellisierten Trauben.  Vier Sterne.

Das Dessert: vorzüglich die Knödelchen, sowohl von der Konsistenz als auch vom Geschmack her, von der Nougatfüllung hätte es gerne etwas mehr sein dürfen, angenehm dazu der Kontrast aus Rhabarber und Erdbeer-Eis, blaß die Vanillesoße …… auch vier Sterne.

Kläglich die Digestif-Auswahl. Aus den von Herrn Kabai herbeigebrachten Flaschen wählte ich eine Williamsbirne, Selektion Altersheim ( na, wenn das keine Anspielung ist :-) …………) zu € 7,60. Schatzl preferierte einen Espresso (€ 2,60), dem ein Allerweltskeks beigelegt war.

Vorbildlich das Auseinanderklabüstern der Rechnung, tadellos die Kartenzahlung am Tisch!

Zu den Eingangs erwähnten Toiletten, die sich sofort als Titelbild für die Zeitschrift „schöner wohnen“ eignen würden, geht es eine Etage tiefer, Aufzug ist vorhanden.

Fazit: Fällt mir schwer. Die vielzitierte Neuausrichtung weil Verzicht auf Sternenglanz bedeutet ja nicht, daß die Küche das Kochen verlernt hat. Ich will als Gast hier und jetzt überzeugt werden, denn dafür habe ich ja auch eine etwas längere Anfahrt in Kauf genommen.
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PLV:  liegt am oberen Limit, für die Qualität der Produkte sicherlich vertretbar, aber in der Liga, in dem der Spatzenhof mitspielt, sollte ein Gruß aus der Küche und ein paar Nettigkeiten aus der Pâtisserie hinterher drin sein, ohne daß das Lokal am finanziellen Hungertuch nagt. Drei Sterne
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P.S. in eigener Sache: Ich danke den lieben Menschen, die sich so rührend um Schatzl und mich gekümmert haben. First, der sich am Freitagabend noch spät aus seinem Feierabendsessel gequält hat, um mit uns den Staub der langen Anfahrt wegzuspülen, Shaneymac, der fast seinen ganzen Samstag für uns geopfert hat und geduldig unserer Shopping-Tour beiwohnte und nicht zuletzt Uteester und Siebecko, die uns vor unserer Rückfahrt am Sonntag Ecken von Dortmund gezeigt haben, die wir ohne sie nie gefunden hätten. Danke Euch allen und hoffentlich bis bald!!
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DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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