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GastroGuide-User: Ehemalige User
Ehemalige User hat Calma & Gusto in 28205 Bremen bewertet.
vor 7 Jahren
"In der Ruhe liegt ja bekanntlich der Geschmack oder: warum es im ehemals sardischen Ristorante nun sizilianisch zugeht"
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Geschrieben am 09.02.2018
Besucht am 27.12.2017 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 43 EUR
Das Leben ist Veränderung. In der Gastronomie sowieso. Keine neuartige Erkenntnis, schon gar nicht für Angelo Centamore, dem neuen Inhaber des früheren „La Calma“, das sich seit Juli 2017 „Calma & Gusto“ nennt. Sein sardischer Vorgänger mit dem wohlklingenden Nachnamen Murgia, bei dem ich im März 2016 noch zu Gast war, zählt bereits zur Bremer Gastro-Geschichte. Dieser arbeitet wieder als Maurer in seinem alten Beruf, wohnt in der Nähe und kommt noch regelmäßig zum Essen in seinem ehemaligen Ristorante vorbei. So jedenfalls berichtete uns das der neue Calma-Wirt.
 
Angelo ist gebürtiger Mannheimer mit deutlich vernehmbaren Kurpfälzer Zungenschlag. Klar, dass auch er sofort den Pfälzer am Tisch witterte. Der ehemalige Maschinenschlosser, der früher im Mannheimer Omnibuswerk mit dem großen Stern tätig war, wechselte schon vor Jahren in die Gastronomie und ist dabei viel herumgekommen. Über München, Bad Schwartau, Lübeck, Nürnberg und Köln landete der Kurpfälzer mit sizilianischen Wurzeln in Bremen, wo er drei Jahre lang Restaurantleiter in der mittlerweile geschlossenen Pizzeria „La Dolce Vita“ am Bahnhofsplatz war. In eben jenen Räumlichkeiten, in denen nun der frühere Werder-Spieler Nelson Valdez zusammen mit seinen Schwiegereltern die „Südtiroler Hütte“ betreibt.
 
Zusammen mit Sana, die ihn beim Service den Rücken frei hält und einer kleinen Küchencrew schmeißt er den Laden im Hulsberg-Viertel. Seinem Konzept einer mediterranen Frischeküche mit sizilianischem Akzent huldigt er in Form einer recht übersichtlichen Speisenauswahl. Genau wie bei seinem Vorgänger erhält der Gast eine Speisenkarte im DIN-A4-Format, die auf einem Klemmbrett heftet. Darauf befanden sich etwa fünf Antipastigerichte, viermal Pasta, ein wenig Fleisch und Fisch (Kalbsmedaillons, Scampi und Lachsfilet) sowie ca. zehn verschiedene Pizzen. Ergänzt wurde das Programm durch ein paar Empfehlungen, die in weißer Kreide geschrieben auf diversen Schiefertafeln an den Wänden hingen. Darunter mediterrane Leckereien wie gegrillte Dorade (18 Euro) und Kabeljau sizilianischer Art (18,50 Euro).
 
Schon beim Eintreten fiel uns auf, dass am Innenleben nicht viel verändert wurde. Ein paar neue Bilder zierten die Wände. Die Tische waren etwas anders angeordnet, was wohl zu mehr Plätzen geführt hat. Dennoch sitzt man hier nicht beengt, sondern äußerst komfortabel auf bequem gepolsterten Plastikschalenstühlen. Die Textilien, die ehemals von der Decke baumelten, hat Angelo entsorgt. Die klobigen Hängeleuchten hingen dagegen schon beim Vorgänger. Sie werden von ein paar Strahlern unterstützt und sorgen weiterhin für angenehme Lichtverhältnisse. Das Einrichtungssammelsurium von damals wurde ein wenig reduziert. Weniger ist ja oft mehr. In den Regalen tummeln sich diverse sizilianische Flaschenweine, hochwertiger Espresso der Marke „S-caffe“ von der renommierten Kaffeerösterei Schreyögg aus Südtirol sowie etwas italienische Feinkost.
 
Es war an jenem Abend recht ruhig im Lokal und wir entschieden uns für einen Platz vor der Fensterfront. Mit Blick nach draußen orderten wir ein Glas Lambrusco (0,2l für 3,50 Euro) und eine kleine Apfelsaftschorle (naturtrüb, 2,20 Euro). Die Flasche Mineralwasser von Surgiva, einem hierzulande eher selten anzutreffenden, natriumarmen Gletscherwasser aus dem Trentino, war eine willkommene Abwechslung für uns San Pellegrino Geschädigten. Erst beim Schreiben dieser Zeilen und der genaueren Durchsicht der Rechnung fiel mir ihr Fehlen auf eben jener auf. Danke Angelo für die sicherlich unbeabsichtigte „Wasserspende“, die ich erst im Nachhinein bemerkte.
 
Zur Einstimmung wurde ein Schälchen Pesto mit frischem Weißbrot gereicht. Eine kleine, aromatische Aufmerksamkeit der Küche, die wir dankend annahmen. Danach machte uns eine tadellos zubereitete Bruschetta (5,50 Euro) so richtig Laune. Auf leicht geröstetem Brot lagen klein gewürfelte Cherrytomaten, die zusammen mit roten Zwiebeln, Basilikum und gutem Olivenöl eine wohlschmeckende Allianz eingingen.
 
Bei unserem letzten Besuch hatten wir eine vorzügliche Feinkostplatte aus der Toskana genossen. Nun firmiert unter dem Namen „Antipasti misto a modo nostro“ (9 Euro) ein üppig belegter Antipasti-Teller, mit dem mir der Patrone im Vorübergehen den Mund wässrig machte. Hätten wir nicht schon unsere Pizzen bestellt gehabt, wären wir um diese verlockend aussehende Vorspeisensammlung wohl nicht herum gekommen.
 
Die mit Büffelmozzarella aus Kampanien belegten Rundbackwaren aus dem Steinofen waren von beträchtlichem Umfang. Auch ohne das Lineal zu bemühen waren das sicherlich gute 30 cm Durchmesser, die meine pikante „Diablo“ (11 Euro) auf den Teller brachte. Ihr fehlte trotz würziger Salami calabrese und Feta etwas die versprochene Schärfe. Angelos selbst angerührtes Chili-Öl machte diesen Umstand jedoch schnell vergessen und mir brannte alsbald die „Gosch“ wie der Kurpfälzer zu sagen pflegt. Der dünne Pizzaboden war schön knusprig gebacken. Einziger kleiner Kritikpunkt: sie hätte etwas saftiger ausfallen können. Mir persönlich schmeckt sie am besten, wenn es auf der Oberfläche richtig tomatig zugeht. Aber da gehen die Meinungen ja bekanntlich auseinander.
 
Aus der bestellten Pizza Parma (12 Euro) meiner Begleitung wurde am Tisch eine Pizza Bresaola (13 Euro). Anscheinend hatte die Küche den Parmaschinken gegen luftgetrockneten Rinderschinken eingetauscht. Egal, auch diese mit Rucola und frisch geriebenem Parmesan belegte Variante zeugte vom tadellosen Handwerk des Pizzabäckers.
 
Zum Abschluss karamellisierte uns Angelo die Crème brulée (4,50 Euro) mit dem Bunsenbrenner direkt am Tisch. Das genoss der ehemalige Maschinenschlosser sichtlich. Genau wie wir die nach Vanille schmeckende Süßspeise im Tonschälchen. Für unsere Lieben daheim nahmen wir noch ein „Tiramisu to go“ (5 Euro) mit auf den Heimweg. Nicht ohne vorher zu versprechen, die leere Glasschale am nächsten Tag wieder vorbei zu bringen. Das köstliche Schichtdessert aus Venetien sollte den Abend nicht lange überdauern.
 
Und so war es auch unter dem neuen Betreiber ein beschaulicher Abend bei delikater Italo-Kost und amüsanten Geschichten, die der sympathische Patrone in lockerer Art zum Besten gab. Seine sizilianischen Gaumenfreuden werde ich dann beim nächsten Besuch so richtig austesten. Direkt nach den opulenten Weihnachtstagen…scusa, era troppo per me.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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