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GastroGuide-User: saarschmecker
saarschmecker hat Zur Traube in 55566 Meddersheim bewertet.
vor 10 Jahren
"Hervorragende gehobene, aber nicht abgehobene Landhausküche mit interessanten Interpretationen regionaler Gerichte. 100% Weiterempfehlung."

Geschrieben am 03.11.2014
Das kleine Restaurant kenne ich noch von einem lange zurückliegenden, aber in guter Erinnerung gebliebenen Besuch.
Ambiente
Das Restaurant befindet sich in einem schönen historischen Gebäude in der Ortsmitte von Meddersheim; das barocke Fachwerkhaus wurde mit viel Liebe zum Detail und Sachverstand von einer Dorfkneipe in einen kleinen Landgasthof verwandelt und empfängt seine Gäste in urig geschmackvoll eingerichteten Räumen. Die Wände sind halbhoch dunkel vertäfelt und darüber weiß gehalten, die Einrichtung ist ein gelungener Stil-Mix à la Historismus; durch die antiken dunklen Möbel, die Art-Deko Uhren, die Leuchten im Tiffany-Stil und andere Accessoires wirkt das Restaurant wie ein Wohnzimmer aus der Gründerzeit, einerseits etwas düster „steif“, andererseits wiederum gemütlich, warm und behaglich. Man fühlt sich wohl.
Service
Mit der Bewertung für die Serviceleistung tue ich mich ein wenig schwer, daher kommt sie in dieser Rezension am Schluss.
Essen
Die Küche bietet eine überschaubare Auswahl an Speisen aus der regionalen gehobenen Landhausküche, trotzdem fällt die Wahl nicht leicht, allzumal das Angebot noch durch eine saisonale Speisenkarte mit wechselnden Tagesangeboten, die originell auf kleinen Schiefertafeln angepriesen werden, ergänzt wird.
Unsere Wahl
Vorspeisen

- Bruschetta mit Hummerkrabben mit dreierlei Tomaten zu 14,50€
- Gebratene Blutwurstscheiben mit lauwarmem Kartoffelsalat und marinierten Pfifferlingen zu 11,50€
Hauptgänge

- Rinderfilet mit Pfifferlingen, Bratkartoffeln und Salat zu 30,50 €
- Wildentenbrust rosa gebraten mit „Rouennaiser“ Sauce, Wirsinggemüse und Kartoffelknödeln zu 18,50€
Nachspeise
- Caramelisierte Mini-Vanillecreme mit kleinem Eis zu 3,50€
Vorab kam ein leckerer (kommentarlos servierter) Gruß aus der Küche, Griebenschmalz, Kräuterquark und Olivenöl, aromatisiert durch ein Rosmarinblatt, und frisch aufgebackenes Brot.
Bewertung:

Es gibt absolut nichts auszusetzten. Herbert Langendorf ist ein Meister seines Faches. Qualität und Frische der Zutaten sind einwandfrei. Alle Speisen sind hausgemacht, ohne vorgefertigte Streuwürzen und Soßenpulver, handwerklich perfekt zubereitet und werden kreativ und professionell präsentiert.
5 Sterne gibt meine Frau für die phantastische Bruschetta mit Hummerkrabben, schönes festes Fleisch mit aromatischem leicht nussigem Geschmack. Hervorragend auch das scharf auf beiden Seiten angebratene ca. 4 cm dicke Rinderfilet, ein Prachtstück von Fleisch, fein gemasert und herrlich aromatisch, perfekt und punktgenau medium, mager, saftig und zart. Da gibt es nichts auszusetzten. Ebenso die perfekt geratenen, kleingewürfelten Bratkartoffeln und der gut abgeschmeckte, knackig frische Beilagensalat.
Ebenso 5 Sterne von mir für die gelungene Interpretation eines im Grunde einfachen regionalen Stammgerichts, ich habe noch keine bessere „gebratene Blutwurst mit lauwarmem Kartoffelsalat“ gegessen. Die Blutwurst, nicht zu fett, mutig pikant gewürzt, perfekt gebraten mit einer Krone aus marinierten Pfifferlingen und frischer Petersilie war ein Gaumenschmaus, dekorativ angerichtet mit dem lauwarmen und im Kontrast zu der fast scharfen Blutwurst eher ein dezent abgeschmeckter Salat aus feinen Kartoffelscheiben in der Mitte.
Die Wildentenbrust stammte offensichtlich von einem sportlichen Flieger mit wenig Flugstunden, denn das Brüstchen hatte kein Gramm sichtbares Fett; sie war meisterlich, wie angepriesen, auf den Punkt rosa gebraten, in dünnen Scheiben angerichtet, butterzart und mit unverkennbarem Wildaroma, überzogen mit der dunklen, kräftig würzigen und gehaltvollen „Rouennaiser Sauce“, mit einem Schuss Cognac (?) als letztem Pfiff. Auch hier haben die Beilagen, die selbstgemachten Klöße und das sparsam und nicht zu dominant gewürzte Wirsinggemüse, hervorragend zum Brüstchen und der kräftigen Sauce harmoniert.
Die caramelisierte Mini-Vanillecreme mit kleinem Eis zum Abschluss konnte auch überzeugen, eine perfekte Crème brûlée mit einem Minibällchen Amarenakirsch-Eis und einer Physalisbeere obenauf.
Begleiter zum Essen:
Die „Traube“ hat eine sehr gute Auswahl an Weinen aus der Nahe-Region, u.a. von den Weingütern Bamberger und Hexamer aus der unmittelbaren Nachbarschaft.
Wir hatten vom Weingut Bamberger einen Rosésekt (5,00€,) den Grauburgunder (5,80€) und den Blanc de noir (5,60€), tolle Tropfen, gut auf das Essen abgestimmt. Mineralwasser Taunusquelle 0,75l zu 5,50€, Espresso 2,30€
Service
Das Betreiberpaar setzt auf traditionelle Arbeitsteilung. Herbert Langendorf ist Chef de Cuisine, seine Frau Ingrid hat die Serviceleitung im Restaurant. Ob sie an diesem Abend da war, kann ich nicht sagen. Ich kenne sie nicht.
Von dem in anderen Kritiken eher positiv bewerteten Service konnten wir zumindest an diesem Abend recht wenig bemerken. Der Service am Tisch ließ den ganzen Abend über doch arg zu wünschen übrig. Es waren 2 weibliche Bedienungen im Einsatz, die jüngere freundlich und kompetent, wie sich bei der Weinbestellung herausstellte , auch zwischendurch mal nachfragend, wie es geschmeckt hat, die ältere mit Brille dagegen war absolut wortkarg, ohne ein Lächeln, zumindest für unseren Tisch, denn an den Nachbartischen, wo offensichtlich ihr bekannte (Stamm-) Gäste saßen, war sie offener und richtig gesprächig.
Was ich aber bei beiden Bedienungen vermisste, war ein „Mehr“ an Aufmerksamkeit. Fast eine Stunde stand eine leere Flasche Wasser auf dem Tisch, die weder beim Servieren der Speisen, noch beim Bestecknachlegen bemerkt wurde. Der Service am Tisch war so „knapp“ gehalten, dass wir gar nicht dazu kamen, eine Flasche nachzubestellen. Der Gruß aus der Küche wurde wortlos hingestellt, selbst ein Bitteschön war nicht zu vernehmen. Mit Getränken und Essen versorgt, ließ man uns in unserer Ecke sozusagen „in Ruhe“. Dass man uns dann doch noch eine Flasche Wasser brachte, war nur unserem beherzten Winken zu verdanken.
Das Restaurant war bis auf den letzten Platz besetzt, vielleicht waren die beiden Damen etwas überfordert, aber eine „Ecke“ (nämlich unsere) fast völlig aus dem Auge zu lassen, ist ,gelinde ausgedrückt, für ein Restaurant dieser Kategorie, in dem sonst ALLES stimmt, ungewohnt unprofessionell.
Positiv: Die Speisen kamen nach angenehmer Wartezeit und die einzelnen Gänge in optimaler Zeitfolge. Auf Sonderwunsch wurde ein Menü in „laktosefreier“ Variante zubereitet. Die Beratung hierzu und die kompetente Unterstützung bei der Weinauswahl waren vorbildlich. So reicht es dann zumindest noch für 3 Sterne.
Fazit: Hervorragende gehobene, aber nicht abgehobene Landhausküche mit interessanten Interpretationen regionaler Gerichte. 100% Weiterempfehlung.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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Nolux und eine andere Person finden diese Bewertung gut geschrieben.