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GastroGuide-User: Hanseat1957
Hanseat1957 hat Ristorante Il Gattopardo in 28205 Bremen bewertet.
vor 3 Jahren
"Italienische Gastfreundschaft auf kleinstem Raum"

Geschrieben am 01.08.2021
Besucht am 31.07.2021 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 80 EUR
Allgemein

Nach dem ewigen Lockdown und der (positiv ausgefallenen) Kontrolle, ob alle Stammrestaurants überlebt haben, wird es Zeit, die Liste rauszuholen und unbekannte Restaurants aufzusuchen.

Meine Liste für Bremen ist entstanden aus der regelmäßigen Lektüre der wöchentlichen Gastrokritik im hiesigen Weser-Kurier. Etwas länger zurück liegt die des Il Gattopardo, überschrieben mit „Absolut empfehlenswert“. Also auf in den Bremer Osten mit der Bahn über den Hauptbahnhof und durch das Steintor, die ganze „Vielfalt“ eines beginnenden Samstagabends im wachsamen Blick.

Das im WK aufgesuchte Restaurant Il Gattopardo hat nach dem Lockdown nicht wieder eröffnet. Die Homepage (ilgattopardo-bremen.de) gibt einen historischen Stand wieder. Einem Gespräch zwischen dem Wirt Giuseppe Scarpinata und Stammgästen am Nachbartisch konnten wir entnehmen, dass er mit seiner Frau Elena nur noch die kleine Trattoria gemeinsam nach der Wiedereröffnung bespiele und das deutlich größere Restaurant aufgegeben habe, in dem gerade umgebaut wird. Wir hatten uns bei der Einkehr und einem ersten Eindruck, der wie im weiteren Verlauf durch den Wirt Giuseppe bestimmt wurde, auf ein Stück aus der Erlebnisgastronomie eingestellt. Wir wurden nicht enttäuscht, wenngleich die Speisen über ordentliche Standards nicht hinausreichten. Aber wer lebendige Atmosphäre auf engem Raum schätzt, der sollte im Il Gattopardo vorbeischauen.

An drei Tischen ältere Paare mit Stammgaststatus. Die übrigen Gäste vielleicht auch Neugierige Erstbesucher wie wir, auch schon in mittleren Jahren.

Das Preis-Leistungsverhältnis geht mit knappen vier Sternen in Ordnung.

Service

Als wir eintrafen, hatten sich einige Gäste auf der kleinen Terrasse niedergelassen. Der Wirt, dem wir unsere Reservierung mitteilten, bot uns mehrere Tische zur Auswahl an. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er die Reservierungen für den Abend im Kopf hatte; er vertraute wohl darauf, dass es schon irgendwie aufgeht. Reservieren sollte man aber schon, denn das Restaurant ist sehr klein und die weibliche Stimme am Telefon hat sich vielleicht eine Notiz gemacht, auf die man sich erforderlichenfalls berufen kann.

Wirt Giuseppe dominiert das Geschehen, ja die Trattoria ist seine Bühne. Immer einen humorigen Spruch auf den Lippen und mit einem selbstverständlichen „Du“ in der Anrede trägt er zur Kurzweil bei. Mit den Stammgästen hält er einen Schwatz.

Erst einmal betet er die Tagesgerichte runter. Dann fragte ich nach der Karte, habe er doch gerade vorgetragen! Mehr gibt es nicht und noch einmal von vorne. Aber man kann sich dann Zeit nehmen und erst einmal den guten, kalten Prosecco trinken, der nicht gebont wurde. Ebenso der georderte Marsala als Aperitif. Ob Giuseppe nun so großzügig ist oder es ihm durchgegangen ist, bleibt unaufgeklärt. Ab und an darf seine Frau Elena die Küche verlassen und sie ist auch nicht auf den Mund gefallen. Geradezu schüchtern die jüngere weibliche Servicekraft, die ab halb sieben zur Unterstützung der Wirtsleute ihren Dienst antrat.

Alle Abstände zwischen den Speisen angenehm.

Also eine ordentliche Pflicht und der Wirt als Kür, da lasse ich gerne 4,5 Sterne springen!

Zu den Getränkepreisen kann ich nur beauskunften, was auf dem Bon steht, denn es gibt auch keine Getränkekarte. Man muss aber kein mulmiges Gefühl haben, wenn man eine Flasche Wein ordert. Der gute sizilianische Rosato Luna steht mit sehr moderaten 14,80 € auf dem Bon, die Flasche Wasser mit strammeren 5,90 €. Der beim Bringen gut gekühlte Wein wurde leider nur in einem Pseudokühler auf den Tisch gestellt.

Essen

In einer Vitrine kann man die Antipasti betrachten, die langweilig gemüselastig sind. Aufgesagt wurden ergänzend als Vorspeisen die Klassiker Rindercarpaccio, Vitello tonnato und Caprese. Ich hatte mir aus der alten Karte die Fischsuppe vorgemerkt und fragte nach Suppen, was Herr Scarpinata mit der Bemerkung quittierte, dass Italiener nur Suppe äßen, wenn sie krank seien!

Klassisch auch die annoncierten Hauptspeisen: Saltimbocca à la Romana, Ravioli in Buttersalbei, zur Pasta Doradenfilet oder Lachs oder Kalbsrücken oder Gambas. Diese auch auf Salat oder mit Cognacsoße. Sehr überschaubar, aber Frau Elena ist in der Küche Einzelkämpferin. Wie an den Tischen zu hören war, ist man aber flexibel, was Kombinationen zwischen den Zutaten angeht oder wie dick der Kalbsrücken geschnitten werden soll.

Erst einmal gab es eine gute Portion Kräuterbutter mit Sardellennote und vier Scheiben eines frischen, flachen Ciabattas. Ich mag Sardellenbutter, die zudem genau die richtige Temperatur hatte und streichzart war. Meine Begleiterin mag Sardelle nur, wenn man sie nicht rausschmeckt, also quasi Umamifunktion hat.

Gegenüber dann das Carpaccio (12,50 €) und vor mir das Vitello tonnato (12,50 €). Gut auf beiden Tellern die Fleischgrundlage. Das Carpaccio mit rustikalen Scheiben vom frischen Champignon, Parmesanhobel, Rucola und Olivenöl. Eine immer wieder stimmige Komposition, zumal Elena sich beim Rucola zurückhielt.
Beim VT hätte ich mir mehr von der guten Tonnosoße und ein paar mehr Kapern gewünscht. Ungewöhnlich der geriebene Parmesan, der die Tonnosoße gebunden hat. Geschmacklich beides vier Sterne wert.

Zu den Hauptspeisen Gambas (15,50 €) und Kalbsrücken (19,50 €) wurden als Pasta Bavette mit Tomatensoße serviert; kein Beilagensalat, kein Gemüse. Die Tomatensoße war mir zu dünnflüssig und keine Aromaoffenbarung. Die fünf Gambas gegenüber bissfest und mit nussigem Geschmack. Meine dicke Scheibe Kalbsrücken bekam ich wunschgemäß medium serviert. Das Fleisch bis auf wenig Sehnigkeit am Rand gut und mit schwarzem Pfeffer aus der Mühle und Salz aus dem Streuer der Mühle und der vom Amuse gueule übrig gebliebenen Kräuterbutter dann auch gut gewürzt.

Die Portionsgrößen nach den Vorspeisen ausreichend. In der Bewertung der Hauptspeisen möchte ich es bei 3,5 Sternen belassen, so dass die Speisen in toto mit knappen vier Sternen zu Buche schlagen.

Ambiente

Der Wirt Giuseppe sagte am Nachbartisch, dass man in der Trattoria maximal 60 Plätze hätte. Ich habe im Inneraum zehn Tische gezählt. Auf der Terrasse mögen sieben dazu kommen. Es müssten also an fast jedem Tisch vier Gäste Platz nehmen – eine Horrorvorstellung für mich, denn für zwei waren die Tische gut ausreichend, für vier schlicht zu klein, ganz davon zu schweigen, Corona mal weggedacht, dass die Leute dann dicht an dicht in der sehr kleinen Trattoria sitzen müssten.
Diese hat links die Vitrine, dahinter die Getränkeversorgung und die Küche. Von einem kleinen Durchgang gehen die beiden Toiletten ab und eine Garderobenstange mit Bügeln, stark bedrängt durch Getränkekisten, soll wohl die Garderobe darstellen. Gar nicht auszumalen, wenn sich die Gäste des Winters ihrer dicken Jacken entledigen wollen! Auf uns wirkt diese Enge abschreckend.

Ansonsten ist das Ambiente mit dem Stäbchenparkett, den dunklen Tischen und Stühlen, klassischen rot-weiß-karierten Tischdecken und der charmant zusammengewürfelten Wanddeko durchaus gemütlich.

Sauberkeit

Hier fiel nichts negativ auf. Überraschend die Toiletten. Zwar immer nur für eine Person, aber geräumig, modern und frisch.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Jens und 15 andere finden diese Bewertung hilfreich.

simba47533 und 15 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.