Restaurant Villa Lina
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Weg zur Schanz 1, 76332 Bad Herrenalb
Restaurant Biergarten Eventlocation
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GastroGuide-User: Oparazzo
Oparazzo hat Restaurant Villa Lina in 76332 Bad Herrenalb bewertet.
vor 4 Jahren
"Spareribs? Ribs to spare!"
Verifiziert

Geschrieben am 06.03.2021
Es existiert eine neue Bewertung von diesem User zu Restaurant Villa Lina
Besucht am 04.03.2021 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 53 EUR
Corona-Prolog
 
Wie jedes Ding hat auch eine Pandemie zwei Seiten. Zu der üblen wurde schon vieles, wenn nicht alles gesagt, auch und gerade im Hinblick auf die gebeutelte Gastronomie und ihre darbende Kundschaft. Wer allerdings will, kann dem Elend auch das eine oder andere Gute zuschreiben. So haben viele, wir Ruheständler zum Beispiel, auf einmal mehr Geld in der Tasche, Geld, das wir sonst verspeist und verreist hätten und mit dem wir nun Anschaffungen tätigen, über die wir normalerweise länger nachgedacht hätten. Oder einige entdecken bei sich Fähigkeiten, von denen sie nichts ahnten, allen voran der Partnerin oder dem Partner die Haare zu schneiden (was in der Regel eine der eben erwähnten Anschaffungen voraussetzt). Und das Gegenüber stellt fest, dass es wider Erwarten den Mut aufbringt, sich hierfür als Versuchsperson zur Verfügung zu stellen.
 
Stimme aus dem Off: Zur Sache, Oparäzzchen!
 
Oder die beste Ehefrau von allen, die schon vorher eine ebenso begabte wie begeisterte Köchin war, feilt noch einmal mächtig an ihren Künsten, mit der Konsequenz, dass wir im vergangenen Jahr unterm Strich besser gegessen haben als je zuvor, obwohl nur ein einziges Mal auswärts. Das war auch der Grund, dass es so lange gedauert hat, bis wir eines der zahlreichen, aber insgesamt doch ein wenig hausbackenen Take-out-Angebote unserer beschaulichen Schwarzwaldgemeinde wahrgenommen hatten, zugegebenermaßen nicht ohne sanften Pressure seitens schreibender Peers. 


Endlich zur Sache
 
Die Wahl fiel auf die Villa Lina, wo wir eines der letzten vorpandemischen Essen genossen hatten, und zwar außerordentlich. Einmal die Woche barbecuet (?) man dort Spareribs (16,50 Euro), und Rippen zählen nun mal neben Bauch und Nacken zu unseren Lieblingsstücken dieses – ich bediene mich ausnahmsweise beim überbordenden Wortschatz unseres Pfälzer Gastroshakespeares – schmackigen Tieres. So fiel uns die Entscheidung nicht schwer. Geliefert wird innerhalb des Ortes und unabhängig vom Bestellwert zu moderaten 3 Euro, und zwar von 12 bis 20 Uhr.
 
Während die Take-out-Karte allerlei Hauptgerichte auflistete, war es um Vor- und Nachspeisen eher mager bestellt. Einzig einen gemischten Beilagensalat fand man dort. Der reizte uns jetzt nicht so, stattdessen orderten wir noch einen orientalischen Salat aus allerlei feinen Zutaten wie Kichererbsen, Couscous, roten Linsen, Datteln, Rosinen und Pecannüssen (10,50 Euro). Zum Nachtisch gab es auf Nachfrage dann doch einen Apfelstrudel mit Vanillesauce (6,50 Euro), den wir gerne mit auf die Bestellliste setzten. Meine Frage, ob das reichen würde, wurde bejaht; ich bilde mir nachträglich ein, einen amüsierten Unterton herausgehört zu haben.
 
Pünktlich um 12 Uhr – wir essen nur morgens und mittags, abends fast nie – klingelte ein freundlicher, vorbildlich maskierter junger Mann, lud die uns zustehenden, in sehr reichlich Styropor und Alufolie verpackten Portionen aus seiner Thermobox, kassierte, und zog weiter zum Abnehmer der übrigen Päckchen. 


Wir bestaunten, was wir uns da alles bestellt hatten – dass wir satt werden würden, stand außer jedem Zweifel. Für jeden gab es die ganze Rippenseite eines nicht gerade schmächtig gebauten Schweins, schön eingekleistert mit dunkler BBQ-Sauce, die sich allerdings nur schlecht aus der etwas unterteilten Styroporschachtel kratzen ließ. Dazu Cole Slaw, Wedges und Sour Cream. Auch die Salatportion war nicht von schlechten Eltern, kein Wunder, schließlich war sie ja eigentlich ein vegetarisches Hauptgericht.


Getreu der Devise „camera eats first” wurde schnell noch ein wenig Tischkultur zelebriert. Das Foto zeigt eine halbe Portion, mehr war ohnehin nicht zu schaffen. Die andere Hälfte wurde vertagt.
 
Während quantitativ also alles zum Besten stand, sind qualitativ ein paar Anmerkungen zu machen. Die Hauptdarsteller waren schön zart, auch wenn sie natürlich keine 72 Stunden im Smoker vor sich hin geslowcooked hatten. Die BBQ-Sauce schien hausgemacht, sehr kräftig eingedickt, vielleicht etwas ketchuplastig. Wir haben allerdings kaum Erfahrung mit käuflichen BBQ-Saucen, es gilt in dubio pro gastro.
 
Der Cole Slaw war frisch und knackig, etwas Sahne und Mayo wären ihm allerdings gut bekommen. Die Wedges hatten trotz der kurzen Reise das getan, was Wedges immer tun, wenn sie in Styropor eingesperrt werden, nämlich schlapp gemacht. Sie konnten von der reichlichen beigegebenen Sour Cream auch nicht mehr gerettet werden, wobei man schon den Finger dahinterhalten musste, um sie überhaupt durchzuziehen. Mit Ofenkartoffeln wäre man wahrscheinlich besser gefahren.


Der orientalische Salat war entsetzlich mutlos angemacht. Außer einem Hauch Kreuzkümmel war Morgenländisches nicht zu erschmecken. Das erlebt man hier in Bad Herrenalb leider immer wieder, wo Gerichte auf der Karte aufregender klingen als sie nachher sind. Nach Auskunft Verantwortlicher liegt das sowohl an der Demographie als auch an der Sorte Touristen, die der Ort anzieht. Ich glaube eher, hier handelt es sich um vorauseilende Unterwerfung unter einen vermeintlichen Einheitsgeschmack – so blutleer muss es für die meisten wohl doch nicht sein.
 
Wie dem auch sei, in unserem Fall kein richtig großes Problem, denn satt waren wir sowieso schon, und um das Mittagessen des Folgetags brauchten wir uns nun wirklich keine Gedanken mehr zu machen, das Fundament war gelegt.


Ein schöner Abschluss war dann aber doch der Apfelstrudel, den wir, Tischkultur hin oder her, einfach aus der Styroporschachtel löffelten, in der er adrett untergebracht war. Ein bisschen durchgeweicht war er zwar auch schon, aber mit Liebe gestrudelt, mit säuerlichen Äpfeln und einer feinen, nicht zu süßen Vanillesauce. Die Orangenscheiben und das Himbeermus setzten weitere fruchtige Akzente, das war richtig gut.


Die Bewertung
 
Für den Service vier Sterne. Alles hat wunderbar geklappt, aber über die Verpackung sollte man sich Gedanken machen. Die Lieferung erfolgt ja in einer Thermobox, da müssen die warmen Gerichte nicht noch mal in Styroporschachteln, jedenfalls dann nicht, wenn man die kalten Gerichte draußen lässt. Die Menge an Müll, die insgesamt anfiel, war schon bemerkenswert. 
 
Auch das Essen war ambivalent: Den würzigen Ribs und dem leckeren Apfelstrudel standen die traurigen Wedges und Salat gegenüber, da bin ich bei drei. Beim PLV ist zu berücksichtigen, dass wir zwei Mahlzeiten zum Preis von einer bekommen hatten, wobei ich allerdings Leute kenne, die das mühelos in einem Durchgang geschafft hätten. Dreieinhalb Punkte scheinen mir hier angemessen. Und damit spiegelt das PLV auch den Gesamteindruck wider, was eigentlich in der Natur der Sache liegt. 


Epilog
 
Am nächsten Tag gab es Spareribs Part 2 mit einem diesmal orientalischen Salat, dem mit kurz gedünsteten Zwiebeln und Knoblauch, Ras el-Hanout, schwarzem Knoblauch, Saft und Zeste von Limette und Zitrone, Akazienhonig, Olivenöl und Salz ordentlich Leben eingehaucht worden war. Ging doch.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
Essen
Ambiente
keine Wertung
Preis/Leistung


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