Hausbrauerei Wirtschaft Richard Becker
(1)

Ehringhausen 65, 42859 Remscheid
Restaurant Wirtshaus Gaststätte Brauhaus
Zurück zu Hausbrauerei Wirtschaft Richard Becker
GastroGuide-User: dark_jedi1109
dark_jedi1109 hat Hausbrauerei Wirtschaft Richard Becker in 42859 Remscheid bewertet.
vor 9 Jahren
"Überraschung auf ganzer Linie"
Verifiziert

Geschrieben am 11.05.2015
Besucht am 11.05.2015
Muttertag – immer wieder eine schöne Gelegenheit um mit seiner Familie essen zu gehen. Diesmal fiel die Wahl auf die „Hausbrauerei und Wirtschaft Richard Becker“.

Die Brauerei Becker ist eine alteingesessene Institution in Remscheid – und doch vielen nicht bekannt. Seit vielen Jahren ist diese Gaststätte vor Allem für ihr selbstgebrautes Bier bekannt.

Mein letzter Besuch lag über zehn Jahre zurück und war mir nur noch vage in Erinnerung. Also rasch im Internet geschaut – leider keine Bewertung hier, also weiter auf die Homepage – juhu es gibt eine (wenn auch die Preise nicht mehr ganz stimmen).
Nach einem Blick auf die Speisekarte erwuchsen in mir die schlimmsten Befürchtungen – eine riesen Speisekarten mit unzähligen Fleischsorten, Saucen, Beilagen etc.. Meistens bedeutet dies, dass man nichts Gutes erwarten darf – hier trifft dies wohl nicht zu.

Glücklicherweise hatten wir reserviert und trafen um kurz nach 18.00 Uhr am Restaurant ein. Ein kleines, typisch bergisches Schieferhäuschen erwartete uns. Schön gelegen, schöne Sicht aus den Fenstern, gepflegtes Äußeres. Außerhalb gibt es einen kleinen Raucherbereich und einen schönen Biergarten, der leider noch nicht bestückt war (Hr. Becker teilte uns später im Gespräch mit, dass er seit zwei Wochen auf die neuen Tische und Stühle warten würde). Parkplätze sind nur an der Straße und in den Nebenstraßen vorhanden – wenn es richtig voll ist muss man wohl ein bisschen suchen.
Nach dem Betreten des Restaurants kommt man zunächst in einen typischen „Kneipenbereich“ mit Tresen. Sehr rustikal und dunkel gehalten und ziemlich eng – typisch altbergisch. Nach der freundlichen Begrüßung nahmen wir direkt am ersten Tisch vor der Tür Platz –Zugluft, dunkel, eng und die Tischdecke hatte leichte Flecken und ein Loch. Prost Mahlzeit. Meine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Getäuscht!
Wie heisst es so schön in einem Songtext der Ärzte „Dann kam die Wende, das Leid war zu Ende“. Eine der freundlichen Servicekräfte wies uns darauf hin, dass im hinteren Saalbereich schon neu eingedeckt würde und wir gleich gerne umziehen könnten. Es hatte sich wohl eine größere Veranstaltung etwas mehr Zeit gelassen als eingeplant (zu dieser Jahreszeit würde ich auf eine Konfirmation tippen). Diese kurze Wartezeit nutzten wir für die Bestellung der ersten Getränke – Bier Hell & Kupfer (0,2l 1,70€), Wasser (0,75l 5,00€) – und zum Studieren der umfangreichen Speisekarte.

Die Speisekarte ist riesig ca. 60 Positionen + Saisonkarte (Spargel). Hier ist garantiert für jeden etwas zu finden – Schwein, Rind, Huhn, Kalb, Klassiker der Brauhausküche (Heringstipp, Grillhaxe etc.), hausgeräuchterte Forellen, Seeteufel, frische Forellen (aus dem Eschbachtal), Garnelen, Rotbarsch, Seeteufel, eine Karte mit vegetarischen Gerichten, eine Saisonkarte (ca. 10 Positionen) – ich spare mir den Rest. Sträflicher Weise habe ich dabei überhaupt nicht darauf geachtet, ob es auch Desserts gibt – online findet man die nämlich nicht. Preislich liegt die Hausbrauerei im gutbürgerlichen Segment – Hauptspeisen von 13,80€ (Schweinerückensteak) bis 26,80€ (300g Black Angus Rumpsteak). Wir wählten unsere Gerichte und wagten uns an das erste Bier – für uns ist das leicht dunkle „Kupfer“ der Gewinner und wurd am Abend auch regelmäßig nachgeordert (0,3l 2,55€ - würzig, sehr lecker). Anschließend wechselten wir den Raum.

Ambiente - Wir durchquerten den ersten, wirklich schönen und voll besetzten, Speiseraum (Bergisch gehoben eingerichtet mit altbergischen Accessoires) und kamen in einen wirklich außerordentlich schönen Saal. Offen gestaltet, rote Wände, schwarzer Flügel, weiße Tischdecken, gefaltete Stoffservierten, opulente Kerzenständer, ein kleine separate Bar, schöne Sicht ins Grüne, stabile Stühle in weissen Hussen, Brotteller. Dem vorher so schockierten Kritiker gingen die Augen auf. Es war wirklich sehr schön und ließ meine leicht negative Einstellung sehr schnell weichen. Bestimmt auch super für Feiern geeignet – gerade durch die zusätzliche kleine Bar mit schöner Zapfsäule. Nach zwei Minuten kam auch ein Körbchen mit Brot & Dips an den Tisch. Ein selbstgebackenes „Treberbrot“ mit vielen Körnen, außen richtig kross, innen saftig weich – da habe ich in Sternerestaurants schon deutlich (!) schlechteres Brot bekommen. Die Dips einfach aber lecker – ein Joghurtdip im Tsatsiki-Style und eine Aioli mit etwas Paprika abgeschmeckt, die etwas mehr Knoblauch vertragen könnte. Hier wichen auch die meisten meiner Befürchtungen fürs Essen und ich war gespannt.


Der Service war den ganzen Abend über einwandfrei – freundlich, aufmerksam und bodenständig. Beim Verlassen des Restaurants sprachen wir noch ein paar Minuten mit Herrn Becker über Brautechnik etc.. Wirklich sehr freundlich und bodenständig – absolut passend zum Restaurant.

Die Wartezeit auf die Hauptgänge war in Ordnung (es war auch sehr voll) – vorab kamen die Salate.
Nun zum Essen:
-      Ehringhauser Filetteller
3erlei Medaillons (Rinderfilet, Schwein, Huhn) mit Sauce Bernaise, Pfeffersauce, Gemüse und Bratkartoffeln (18,80€)

Dieses Gericht ist wohl der Horror eines jeden Restaurantkritikers (und wurde von mir auch nicht bestellt ;-) ), bekommt man hier doch häufig TK-Gemüse mit Fertigsaucen (was bei dem Preis teilweise sogar verständlich ist). Vorab fragte ich meine Mutter, wie man ein Gericht bestellen könne, bei dem man in 90% der Fälle enttäuscht wird (besonders, wenn man selbst gerne kocht). Hier wurde ich jedoch absolut überrascht und eines Besseren belehrt: Die Bratkartoffeln wunderbar kross mit Zwiebeln und krossem Speck, Fleisch super gegart und dreierlei Saucen. Alle Saucen waren absolut hervorragend und selbst gemacht. Pfeffersauce – klassisch, schön scharf, handaufgeschlagene Hollandaise über dem Gemüse und eine toll abgeschmeckte, handaufgeschlagene Bearnaise mit frischen (!) Kräutern zum Rinderfilet. Ein Traum. Dazu Möhre, Zucchini, Blumenkohl, Brokkoli – allesamt richtig bissfest und frisch . Das hatte ich hier und zu dem Preis absolut nicht erwartet. Großes Lob an den Koch!
 
-          Rumpsteak (300g) mit großem Salat (Sonderwunsch) (26,80€)
Ich habe mich für diesen Abend für die „kohlenhydratarme“ Variante entschieden – die geplante Folienkartoffel weg und dafür einen größeren Salat. Der Salat erreichte mich vorab und war wirklich sehr schön – 4 verschiedene Salatsorten, Gurke Tomate, Mais, zweierlei Dressing (Joghurt und Essigzwiebeln), alles sehr frisch und gut abgeschmeckt. Das Steak kam dann als Hauptgang und war schön medium-rare gebraten (wie bestellt), gut gebräunt und gewürzt. Bei der Kräuterbutter hatte der Küchenchef entweder Glück, oder ist ein echter Fuchs. Die war nämlich etwas versalzen – das passte aber zum Steak perfekt, da man ein sehr dickes Steak von innen schlecht würzen kann und die Kräuterbutter zusammen mit dem Fleisch genau auf den Punkt war. Für unsere Steakfetischisten: Natürlich wurde das Rumpsteak mit (angeschnittener) Fettschicht gebraten und serviert – der Eigengeschmack des wohl recht jungen Rindes war voll da (wenn auch nicht vergleichbar mit einem Dry-Aged Premium).
 
-          Rumpsteak (200g) mit Folienkartoffel, Kräuterquark, Kräuterbutter und Beilagensalat (21,80€)
Der Beilagensalat war eine kleinere Version meines Salates und damit genauso gut. Das Fleisch auch gut gegart (hier war medium gewünscht) und die Folienkartoffel einfach aber lecker – der Kräuterquark gut abgeschmeckt.
 
Auf ein Dessert (wie schon vorher auf die Vorspeise) wurde verzichtet und wir verließen das Restaurant höchst zufrieden.
 
Und die Moral von der Geschicht‘: Auch wenn in 90% der Fälle eine so große Speisekarte zu schlechten Ergebnissen führt, heisst das nicht, dass man es nicht sehr gut treffen kann.
 
Fazit:
Die Speisekarte könnte man verkleinern – das würde auch die Auswahl für die Gäste erleichtern. Das Essen, das Ambiente, Sauberkeit und Service waren absolut hervorragend – und von der Qualität deutlich höher als man es bei gutbürgerlicher Küche erwartet. Die Küchenleistung muss hier noch einmal besonders hervorgehoben werden: Handaufgeschlagene Buttersaucen in mehrfachen Ausführungen bei einem Gericht unter 20€ finde ich absolut spitze - und das bei einem sehr vollem Laden.
Ich kann jedem empfehlen hier essen zu gehen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


kgsbus und 17 andere finden diese Bewertung hilfreich.

rr_blaubaer und 17 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.