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GastroGuide-User: Hanseat1957
Hanseat1957 hat Der Maffenbeier | Gaststätte zur Jägerlust in 67063 Ludwigshafen am Rhein bewertet.
vor 7 Jahren
"Maffenbeier mag mal eine Instanz gewesen sein – wir erlebten das Haus leicht überfordert und abgewirtschaftet!"

Geschrieben am 25.10.2018
Besucht am 13.10.2018 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 56 EUR
Vorspann

Der goldene Oktober 2018 sollte für einen verlängerten Wochenendtrip genutzt werden. Heraus kam eine Bereisung früherer beruflicher Wirkungsstätten von mir auf der Städteachse Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg. Quartier bezogen wir im sehr schön gestalteten Hotel Kleiner Rosengarten (mit leichten Servicedefiziten) am Rande der Mannheimer Quadrate, also der eigentlichen Innenstadt. Kulinarisch hatte ich mich auf deftige Pfälzer Küche gefreut. Zwei Versuche mit Saumagen wurden dann aber bei der Restaurantauswahl für ausreichend angesehen. Da sich kein iberisches Restaurant aufdrängte, folgten ein Jugo und ein Grieche zur Abwechslung. Ich berichte also über Maffenbeier Weinrestaurant in Mannheim, die Restauration zur Krone (Jugo) in Mannheim, Maffenbeier in Ludwigshafen und Malvasia (Grieche) in Mannheim. Am Ende kann ich sagen, dass es sehr abwechslungsreich war! Aber lest selbst.

Allgemein:

Saumagen assoziiere ich mit Helmut Kohl – Oggersheim – Ludwigshafen. Also suchte ich nach einer traditionellen Wirtschaft in Ludwigshafen, um authentisch Saumagen zu essen. Ich hatte sogar den Samstagabend dafür vorgesehen und fand nach kurzer Recherche den Maffenbeier, der sich auf seiner Homepage selbst einen Kultstatus zuschreibt (http://www.maffenbeier.de/).

Es stimmte nach der Papierform eigentlich alles: Ein uriges kleines Haus mit einem Biergarten unter einer Platane davor und eine Speisekarte mit deftiger Pfälzer Kost. Als wir aus der Straßenbahn an der Haltestelle Hemshofstraße ausgestiegen waren, standen wir erst einmal vor einer baulichen Scheußlichkeit, dem Hemshofcenter. Ein 23-Stockwerke-Koloss mit Einkaufszentrum. Wie ich nach unserem Besuch im Stadtteil Hemshof recherchierte, beträgt der Migrantenanteil im Hemshofkiez über 70 % und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auf dem halben Kilometer zwischen Haltestelle und dem Maffenbeier keinem Deutschen begegneten. Neben Dönerbuden waren es Schlichtcafés mit dem Charme Deutsch-türkischer-Kulturvereine, die die Straßenszenerie beherrschten. Steht man dann vor dem Maffenbeier, so scheint der Maffenbeier aus einer anderen Zeit und Welt zu stammen. Das gilt denn auch für das Publikum, zumindest die „Welt“ betreffend. Jung und Alt, Paare und Gruppen bevölkerten den Biergarten und den eher kleinen Gastraum an dem sommerlich warmen Oktoberabend. Und wie so häufig in solchen Stadtteilen bildet die À-la-Carte-Gastronomie das Refugium der Ureinwohner.

Angesichts der Wetterprognose musste man im Maffenbeier mit einem solchen Ansturm ja rechnen und eigentlich alles im Griff haben; so erwartet man es in einem Traditionshaus mit dem Ruf, den schönsten Biergarten Ludwigshafens zu betreiben. Nicht, dass wir verdurstet oder verhungert wären, aber die Atmosphäre war selten hektisch und die Stimmung im Service geprägt von Kollegenschelte. Wenn dann noch hinzukommt, dass das Geschirr einen unappetitlichen Eindruck macht und das Essen über ein Mittelmaß nicht hinauskommt, dann ist auch meine Toleranz über Maßen strapaziert. Zuviel was nicht stimmte und nur auf einen schlechten Tag geschoben werden könnte. Also einmal und kein zweites Mal!

Die Preise sind moderat und wenn man nur beurteilt, was man für sein Geld auf den Teller und ins Glas bekommt, dann ist das nackte PLV bei vier Sternen zu taxieren.

Service:

Am Eingang konnte ich bei einer jüngeren Kellnerin unsere Reservierung anbringen und wir wurden dann von ihr in den hinteren Teil des Gastraums an einen langen Tisch begleitet. Es gab dann ein kleines Hin und Her über die Verfügbarkeit des Tisches für uns (nur 18 – 19:00 Uhr?) und am Ende kam dann die Schlussansage, dass um 19:00 Uhr zwei weitere Gäste an dem Tisch Platz nehmen werden. Nicht schlimm, denn an den Tisch passten locker sechs Personen. Die Schlussansage kam von einer wohl Deutsch-Russin, die im Service das Sagen hatte. Hinter dem Tresen ein mittelalter blonder Deutscher, den ich meine in einem SWR-Video (Link auf der Homepage) wiedererkannt zu haben. Es ist der Wirt Schulte-Hobein, der sich mit dem Verwalter der Maffenbeier-Erbengemeinschaft vor Gericht streitet und in den Jahren seine Wirtdaseins im Maffenbeier schon drei Brände nach Bandstiftung erlebt hat.

Eine mittelalte Kellnerin führte ansonsten das Wort und es bestand aus ständiger Kritik an jungen Kräften, möglicherweise unerfahrenen Aushilfen. Das ganze wohlgemerkt laut vernehmbar für alle Gäste im Umfeld. Sie machte auch am Tisch einen gehetzten und allenfalls mäßig freundlichen Eindruck.
Der Biergarten war nach unserer Einkehr um 18:00 Uhr bereits sehr gut besetzt und weiteres Publikum strömte durch die Eingangspforte. Die Servicecrew war mit der Situation überfordert.

Rosé und Festbier kamen aber in akzeptabler Zeit. Auch die Vorspeisen und wie in der Krone in Mannheim wurden uns umgehend nach dem letzten Bissen die Hauptspeisen serviert. Wir waren davon ausgegangen, dass es so sein würde und wir die 19-Uhr-Gäste nicht mehr zu Gesicht bekämen. Eine Pause zu erbitten schien uns aber angesichts der Gesamtsituation aussichtslos.

Für den Service mag ich nur 2,5 Sterne geben.

Gezapft werden Biere der Oggersheimer Brauerei Mayer für 2,70 € für 0,3 l. Mineralwasser 0,7 l kommt auf 4,50 €. Die offenen Pfälzer Weine werden ab sehr günstigen 3,30 € für das Viertel offeriert. Selbst Äppelwoi steht mit wohlfeilen 3,50 € für den halben Liter auf der Karte! Der Rosé vom Weingut Zelt für schon gehobene 5,20 € das Viertel passte, auch von der Temperatur her.

Essen:

Die Karte bietet eine reiche Auswahl an deftigen Gerichten, meist in zwei Portionsgrößen angeboten. Sie ist auf der Homepage mit Preisen nachzulesen.

Da uns nicht nach Suppen war, wählte wir eine kleine Portion Nürnberger Bratwürste mit Sauerkraut (6,90 €) und den Wurstsalat mit Brot (6,50 €). Das Brot war ein ordentliches Graubrot mit Roggenanteil und frisch.
Mein Wurstsalat ein „Berg“ aus dünnen Wurststreifen mit wenig Gewürzgurke. Er war nicht zu sauer angemacht und schmeckte erfrischend; etwas mehr Gurke und Zwiebeln hätten ihm gutgetan. Lieblos die Garnitur aus Eischeiben, Salatblatt und Raspelmöhre. Die vier Nürnberger waren auf schlonziges Sauerkraut gelegt worden und mit der wohl in der Pfalz unvermeidbaren braunen Soße begossen worden. Ich hatte ja schon in der Krone die Soße als unpassend angesprochen, hier noch kritikwürdiger angesichts der Sauerkrautflüssigkeit auf dem Teller.

Apropos Teller. Dass kleine Kinken im Rand waren, würden wir in dieser Art Gastronomie noch durchgehen lassen. Aber der Teller war alles andere als glänzend sauber. Der breite Rand war schlierig. Es muss lange her sein, dass die Teller einmal gründlich heiß gespült wurden. Auch die Teller der Hauptspeisen kamen ebenso auf den Tisch.
Geschmacklich waren die Nürnberger und das Sauerkraut gut essbar.

Dann die Schlachtplatte mit der Abwandlung zwei Leberklöße statt Bratwurst, Saumagen, Sauerkraut und Brot (11,90 €) und die Pfälzer Sülze mit Bratkartoffeln (8,90 €).

Auch meine Leberknödel auf dem schwimmenden Sauerkraut waren mit der braunen Soße nappiert worden. Das ist nicht nur unpassend, sondern für Leberknödeln, bei denen der Eigengeschmack zählt, auch ärgerlich. Unter Weglassung der Soße konnte ich gelungene Leberknödel schmecken. Der Saumagen wie in der Krone auch nur schlicht salzig. Das Sauerkraut, schon sehr flüssig auf den Teller gebracht, war in Ordnung.

Nicht so die Sülze bei der ständigen Sülzspezialistin an meiner Seite. Es war die Variante gekochtes mageres Schweinefleisch in Aspik. Und da leider auch das Aspik wenig gewürzt war, eine fade Angelegenheit. Nur die gelungene Remoulade und die aufgeschnittene Gewürzgurke brachten Geschmack ans trockene Fleisch.
Die Bratkartoffeln kann man wohlwollend als kräftig gebraten bezeichnen, kritisch beäugt hätten einige Scheiben nicht mehr auf den Teller gehört. Die zweite Hälfte des gekochten Eis von meinem Wurstsalat fand eine Heimstätte auf der Remoulade, auch grobmotorisch drapiert.

Alles in allem deftige Hausmannskost. Teils solide (Wurstsalat, Nürnberger, Leberknödel. Sauerkraut), teils nur mäßig (Saumagen, Sülze) und mit Kompositionsfehlern (Soße über alles). Das gibt 3,25 Sterne für die Küche.

Ambiente:

Das über hundert Jahre alte kleine Wirtshaus steht mit dem Giebel zur Straße. Eine Pforte führt in den Biergarten und zum Eingang. Gesäumt durch etliche Schiefertafeln mit den Tages- oder Saisongerichten. Eine Mauer fasst den Biergarten ein, über dem sich die Krone einer großen Platane ausgebreitet hat. Ein Biergartenteil am Haus ist zeltartig geschützt und soll laut Homepage auch im Winter beheizt und bewirtschaftet werden.
Der Gastraum teilt sich in einen rechten Hauptbereich und einen kleinen linken Bereich mit zwei Tischreihen. An der Längsseite gegenüber vom Eingang erstreckt sich eine lange Theke.

Auch wenn es mehrere Brandschäden gegeben hat, macht die Einrichtung einen zum Alter des Hauses passenden urigen Eindruck. Es sind vor allem die dunklen Deckenbalken und das dunkle Holz von Türrahmen, Theke, Wandtäfelung und Anrichten, das die Optik dominiert. Es kontrastiert mit hellen Wänden und Decken. Auf dem Boden braune Fliesen. Das Mobiliar nicht ganz einheitlich, was auf Ersatzbeschaffungen nach den Bränden zurückzuführen sein mag.Die zurückhaltende Wanddeko besteht aus gerahmten historischen Fotomotiven Ludwigshafens.

Im Biergarten sitzt man nach meiner Beobachtung auf Biergartengarnituren der komfortableren Art mit Rückenlehnen.

Insgesamt trotz Brandleiden macht das Maffenbeier einen gemütlichen Eindruck und hält, was es von außen verspricht.

Sauberkeit:

Die Teller habe ich angesprochen. Das geht nicht. Hier ist dringend eine neue Geschirrgeneration vonnöten, die dann gepflegt wird.

Das Herrenklo ein Witz angesichts der Kapazität (Biergarten 300, Gasthaus 70): Ein Klo und zwei Pissoirs auf engem Raum und schon gut in die Jahre gekommen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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