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GastroGuide-User: Minitar
Minitar hat Restaurant Alte Wache in 73760 Ostfildern bewertet.
vor 9 Jahren
"Kreative Küche im Scharnhauser Park"
Verifiziert

Geschrieben am 09.01.2016
Besucht am 08.01.2016
Erinnern wir uns: 2002 residierte hier die Landesgartenschau Baden-Württemberg und der Scharnhauser Park wurde richtig bekannt.  Wer lange nicht vor Ort war (so wie ich), wird bei einem erneuten Besuch nicht schlecht staunen: die ehemalige großzügige Freifläche ist nun weiträumig bebaut, gilt sogar als ökologische Modellsiedlung.  Der Scharnhauser Park gilt seit 2006 als Stadtteil von Ostfildern.
 
Am unteren Ende der lang gezogenen Landschaftsterrasse liegt die „Alte Wache“ in einem historisch anmutenden Gebäude mit auffallendem Walmdach. Vermutlich gehörte das Areal mal zu den hiesigen Kasernen (zuletzt: Nellingen Baracks). Kürzlich war ich im Rahmen eines Geschäftsessens über die Mittagszeit zu Gast. Man kann sehr angenehm mit der Stadtbahn U7 oder U8 bis zur Haltestelle Kreuzbrunnen anreisen und dann kurz über die Straße gehen. Und das einzigartige Areal mit Ausblick auf die landenden Flugzeuge des Echterdinger Flughafens lädt nach dem Essen durchaus zu einem Verdauungsspaziergang ein.
 
Das Gebäude der Alten Wache macht einen einladenden, geborgenen Eindruck mit hübschen silbergrauen Fensterläden. Sommers kann man sicherlich sehr schön draußen sitzen, davon zeugen noch jetzt im Winter die große Terrasse und die ansprechende Außenmöblierung. Leider hatten wir nicht reserviert und stießen gleich beim Eintreten auf einen wahren Wall von Reserviert-Schilder an den Tischen (dieser überraschende Eindruck löste sich später erklärend auf: am frühen Nachmittag traf eine umfangreiche Trauergesellschaft ein, für die etwa drei Viertel der gesamten Restaurantfläche vorbestellt war). Wir wurden sofort beim Betreten von einer Servicekraft begrüßt und gleich an einem kleinen Tisch im Eingangsbereich „geparkt“.  Dort erschien es mir laut und zugig und etwas ungemütlich. Erst durch beharrliches Nachfragen meines Kollegen konnten wir uns umsetzen in eine ruhigere Ecke. Die Aussage der Servicedame, sie hätte uns zuerst den „beliebtesten Platz“ angeboten, erschien mir schon etwas gewagt. 
 
Das Lokal ist prinzipiell hell und freundlich eingerichtet, mit dunklen Holzakzenten und sehr angenehmer Beleuchtung. Etwas halsbrecherisch ist allerdings der steile Abgang zu den Toiletten. Auch die Lage der Garderobe ist etwas ungünstig, da direkt in der Einflugschneise zur Küche gelegen – hier kann man schon mal mit einer stürmischen Servicekraft kollidieren. Die Bedienung ist ausserordentlich aufgeweckt, steht irgendwie unter Strom und überschlägt sich vor verbalem Zuspruch. Man hatte auch das Gefühl, dass sich das Publikum fast nur aus Stammgästen rekrutierte, so viele persönliche Ansprachen gab es.
 
Sowohl Speise- als auch Getränkekarte zeigen eine gehobene Auswahl modern interpretierter Klassiker mit durchaus mediterranem Einschlag oder gar italienischer Interpretation. Sehr beliebt ist das jeweilige Mittagsangebot, das man entweder solo als Tellergericht ordern kann oder als Menü mit Tagessuppe oder kleinem Salat (dann komplett für 9,80 Euro). Mein Kollege wählte das Schweinerückensteak mit Rosmarinkartoffeln. Die vorneweg gereichte Broccolicremesuppe war softig-sahnig und rezent gewürzt. Als Gruß aus der Küche wurde ein Brotkorb mit luftigem italienischem Weißbrot und schlichte Butter serviert. Mein Kollege war sowohl von den aromatischen Kartoffelachteln begeistert, als auch vom Schweinesteak, das mit dunkel eingekochten, würzigen Paprikastreifen verfeinert war (fast schon Balkaneinschlag!). Meine Käsespätzle hoben erstaunlich von der sonst im Schwabenländle präsentierten sämigen und schlonzigen Variante ab. Sie waren sehr scharf in der Pfanne angebraten und hatten geradezu das Aussehen und den Geschmack eines Omelettes. Die Portion für 9,50 Euro war sehr großzügig und ausserordentlich gut sättigend. Bei meinem nächsten Besuch würde ich sehr gerne mal so wundervolle Kreationen wie den Filderkraut-Hackfleisch-Strudel für 7,80 Euro oder den Burrato auf sizilianischem Ofengemüse für 10,80 Euro probieren. Oder das Carpaccio von bunter Beete und Blattspinat. Dem Koch gebührt auf jeden Fall ein ganz besonderes Lob für seine originellen, modernen, nährstoffreichen und optisch einfallsreichen Gerichte.
 
Die Weinkarte beeindruckt durch eine Auswahl von gepflegten charaktervollen Weinen, auch aus der Region. Die Flasche Riesling vom Weingut Jürgen Ellwanger für 17,50 Euro ist zudem überaus günstig. Zum Essen wählten wir allerdings erst mal eine frische Cola, die freundlicherweise in zwei verschiedenen Größen angeboten wurde (0,3 und 0,5 Liter – leider beide Male für meinen Geschmack etwas zu kalt serviert). Beim Verdauungskaffee griff man wie selbstverständlich meinen Wunsch nach einer größeren Tasse auf.
 
Wünsche und Rückfragen sollte man hier ganz offen und direkt kommunizieren, dann begegnet man ihnen serviceseitig mit Aufgeschlossenheit und Selbstbewusstsein. Als später die riesige Trauergemeinde eintraf, bewiesen die beiden Servicekräfte große Nervenstärke und Souveränität. Wir wurden trotzdem sehr schnell und zuvorkommend bedient. Etwas bedauerlich ist der Umstand, dass für größere Gruppen kein abtrennbarer Nebenraum existiert. Die Geräuschkulisse ist dann für etwas sensiblere Gemüter leider nicht mehr gut erträglich.
 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
keine Wertung
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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