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Ein „Bib Gourmand“ ziert auch in diesem Jahr die von Herrn Knefler und seiner Frau Eva-Maria seit nunmehr über 12 Jahren geführte Feinschmeckerstube, bei der das Wort „Reservierungspflicht“ genauso dazu gehört wie die originellen Gerichte von der Schiefertafel. „Die Chancen, am gleichen Tag des Anrufs einen der begehrten Plätze zu erhaschen, sind dennoch eher gering“ schrieb ich damals und sollte mich an einem Donnerstagabend im Januar diesbezüglich irren, da meiner abendlicher Anfrage nach einem Platz für zwei hungrige Personen überraschenderweise stattgegeben wurde.
Natürlich hatte ich noch den Bericht vom Kollegen Daueresser im Hinterkopf. Der hatte dort im Sommer sowohl am Service wie an der Küchenleistung einiges auszusetzen gehabt. Wahrscheinlich hatte er bzw. das Küchenteam einfach einen „schwarzen Tag“ erwischt. Ich war also schon gespannt, was mich nach längerer Abstinenz dort erwarten würde.
Wir parkten ums Eck an der Hauptstraße und kamen etwas durchnässt vom Regen in der heimeligen Weinstube an. Zu meiner Überraschung waren nur zwei Tische besetzt. Die junge Servicekraft bot uns einen Platz am Ende des rustikal wirkenden, aus Sandsteinen errichteten Gastraumes an. Hier, direkt an der Heizung, saß es sich kuschelig warm. Ein ganz hervorragender Platz, um das Geschehen und die Szenerie gut im Blick zu haben.
Das unprätentiöse Ambiente gefiel auch meiner Begleitung sehr gut. Ich ging davon aus, dass das Gros der Gäste erst noch kommen würde und stellte mich insgeheim auf das hier typische „Zusammenrücken“ zur Tischteilung ein. Das war an diesem Abend jedoch nicht der Fall. Lediglich ein Vierertisch kam noch dazu und sorgte für die insgesamt recht überschaubare Auslastung des Lokals.
Die bereits erwähnte Empfehlungstafel wurde von der freundlichen Bedienung in Sichtweite platziert. Zeitgleich wurden uns die holzverkleideten Speisenkarten gereicht. In diesen hat sich seit meinem letzten Besuch vor zwei Jahren inhaltlich recht wenig geändert. Erfreulicherweise fand auch bei den Preisen nahezu keine Erhöhung statt, was ich für sehr bemerkenswert erachte.
Alte kulinarische Bekannte wie die doppelte Kraftbrühe mit Blut- und Leberwurstravioli (5,60 Euro), das Schaumsüppchen der Saison (5,90 Euro), das Pfälzer Rumpsteak (18,90 Euro) oder der Blut- und Leberwurststrudel mit Kartoffelmeerrettichpüree (11,90 Euro) sind aus der Knefler‘schen Küche auch nicht wegzudenken. Diese Klassiker gehen eigentlich immer und gehören zu den satt und glücklich machenden Konstanten in der Weinstube Brand.
Eine weitere Konstante lehnte am Nachbartisch und gab Auskunft über das eher außergewöhnliche kulinarische Saisonangebot. Island Kabeljau auf Rote-Beete-Graupenrisotto und Schwarzwurzeln (23,90 Euro), Jacobsmuscheln mit Safran-Limonen-Fenchel und rotem Reis (22,90 Euro), Kalbsfilet und Bäckchen mit Rahmwirsing und Kartoffelpüree (25,90 Euro) sowie die knapp 4 Stunden im Ofen geschmorte Ochsenschulter auf Cassisrotkraut und Serviettenknödeln (20,90 Euro) stehen hier in Kreideschrift auf schwarzer Schieferplatte. Nicht zu vergessen, die Barbarie-Entenbrust auf Asia-Gemüse und Couscous (19,90 Euro), der ich an diesem Abend nicht widerstehen konnte.
Auch an der Karte mit den offenen Weinen hat sich wenig geändert. Hier fällt die nach wie vor sehr kundenfreundliche Preisgestaltung positiv auf. Seit meinem letzten Besuch sind auch die Weinpreise stabil geblieben. Die trockene Scheurebe vom VDP-Winzer Theo Minges aus Flemlingen (Viertel für 4,50 Euro) sollte es für meine Begleitung sein. Mir war dagegen eher nach einem gehaltvollen roten Spanier zumute. Der von mir gewählte „Bobal y Tempranillo“ (Viertel für 6,50 Euro) stammte dennoch von einem Pfälzer. Es ist sozusagen der „Einstiegswein“ von Heiner Sauer aus Böchingen bei Landau, der mit der „Bodegas Palmera“ seit Jahren ein sehr erfolgreiches Nebenprojekt in Utiel-Requeña (nahe Valencia) betreibt und dort biologisch angebaute Weine vinifiziert.
Ich fragte nach dem Schaumsüppchen der Saison und war gespannt auf die Knefler-Variante der Kürbissuppe (5,90 Euro). Zusätzlich sollte es noch ein Beilagensalat (4,50 Euro) sein, denn der Hunger war groß. Diesem Vorspeisenvorhaben schloss sich auch meine Begleitung an. Beim Hauptgang entschied sie sich für das Pfälzer Rumpsteak mit Kräuterbutter und Bratkartoffeln (18,90 Euro) von der Standardkarte, während meine Wahl schon längst feststand: die „Frankweiler Peking-Ente“ mit Couscous sollte es sein.
Das selbstgebackene Brot mit dem citrus-frischen Aufstrich (eine Art Limetten-Creme) rettete mich vor dem drohenden Hungertod. Das entspannte die Wartezeit auf das Essen und beruhigte den inneren Wolf. Der Beilagensalat meiner Begleitung und meine Suppe kamen gleichzeitig. Knefler’s schaumig geschlagener „Orient-Express“ rauschte in seiner dekorativen ovalen Schale bis an seinen vorherbestimmten Endbahnhof, der sich direkt unter meiner Nase befand. Allein der Geruch nach Kreuzkümmel und Koriander versetzte mich kulinarisch in den Nahen Osten. Das war keine sämige Kürbismousse, sondern von der Konsistenz her eher eine Brühe. Aber der Geschmack zählt ja bekanntlich und der war einfach himmlisch orientalisch. Geröstete Kürbiskerne erinnerten die Geschmackspapillen an den Namensgeber dieser feinen Schaumsuppe, die u.a. vom aromatischen Galgant ihre pikante Würze erhielt und wunderbar abgeschmeckt war. Ein saisonaler Gruß aus dem Morgenland, den ich in vollen Zügen genoss.
Auch meine Begleitung war mit ihrer Vorspeise sehr zufrieden. Der aus verschiedenen Komponenten bestehende gemischte Salat (Karottenrohkost, Kraut- und Grüner Salat) war appetitlich angerichtet und mit einem köstlichen Dressing versehen. Genauso soll ein Beilagensalat schmecken: frisch, angenehm sauer, leicht und belebend. Und vor allem soll er noch genug Platz lassen für den Hauptakt. Der ließ dann auch nicht lange auf sich warten.
Mein Beilagensalat machte quasi die kulinarische „Vorhut“ und dann lag die in Tranchen geschnittene Barbarie-Entenbrust in perfektem Rosa auf pikant gewoktem Asia-Gemüse. Daueressers Devise „lieber zu viel Würze, als überhaupt keine" kam mir in den Sinn und der gaumenschonende Fad-Esser würde angesichts des Knefler’schen Hanges zum herzhaften Würzen wohl eher semi-begeistert seine irritierten Geschmacksnerven vor solch temperamentvoller Aromatik bewahren wollen. Aber meine Freude am intensiven Geschmacksakkord hat dieses Gericht nur bestärkt. Der frische Ingwer gab dem Ganzen noch einen Extra-Schärfekick, der vom orientalisch angehauchten Couscous zusammen mit der schmackhaften Teriyaki-Sauce gut aufgefangen wurde. Mir brannte etwas der Mund, da das Gemüse mit Chili gewürzt war. Aber alles halb so schlimm. Der trockene Spanier bügelte das mit seiner vollen Tannin-Breitseite im Mundraum wieder glatt.
Das Rumpsteak meiner Begleitung war perfekt medium gebraten und mit mehreren Scheibchen Kräuterbutter bestückt. Es hatte geschätzte 180 bis 200 Gramm und lag auf einem braunen Saucen-Spiegel, der eine ordentliche Tunk-Masse darstellte. Einziger Kritikpunkt: die Bratkartoffeln hatten etwas zu viel Salz abbekommen. Ansonsten war auch dieser Teller vom Geschmacksbild her absolut stimmig und ausgewogen.
Auch diesmal leitete die „Warm-Kalt-Kombi“ von der Valrhona-Schokolade (halbflüssiger Schokokuchen und Schokoparfait für 9,90 Euro), die hier traditionell mit gepfefferter Ananas und cremigem Safraneis aufgetischt wird, das süße Finale ein. Nach den vorherigen Genüssen reichte uns hier eine Portion zum Teilen. Die herbe Süße der Schokolade, die fruchtige Würze der Pfeffer-Ananas und die süßlich-bittere Note des „Königs der Gewürze“ gingen eine bemerkenswerte Aromenverbindung ein. Ein intensiver und äußerst delikater Schlusspunkt unseres erlesenen Mahls.
Wieder ist meine Rezension der Weinstube Brand durchweg positiv ausgefallen. Außer den Bratkartoffeln gab es an diesem Abend keinerlei Kritikpunkte. Eine kleine Anregung sei jedoch abschließend erlaubt. Das Festhalten an Traditionen geht leider auf Kosten der Innovation. Und genau die täte der Küche von Christian Knefler mal wieder gut. Das, was er kocht, ist geschmacklich tadellos, kreativ angerichtet und mit erkennbarem Gespür für Aromenharmonie zusammengestellt. Aber die verschiedenen Komponenten wiederholen sich leider zu sehr. Etwas mehr Abwechslung und etwas weniger Baukastenprinzip würden da nicht schaden. Genau wie bei der Weinkarte. Es gibt so viele aufstrebende junge Winzer in der Pfalz, die aufregende Weine zu fairen Preisen keltern. Da muss man nicht immer die üblichen VDP-Verdächtigen bemühen bzw. entkorken. Den gleichen Mut wie beim Würzen seiner Gerichte würde ich mir bei der Zusammenstellung der Weinkarte (vor allem beim offenen Angebot) wünschen. Mal gespannt, wie sich diese Weinstube weiterentwickelt. Denn auch in der Gastronomie ist Stillstand manchmal Rückschritt.