Carls Brauhaus
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Stauffenbergstr. 1, 70173 Stuttgart
Biergarten Gaststätte Brauhaus Brasserie
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GastroGuide-User: Minitar
Minitar hat Carls Brauhaus in 70173 Stuttgart bewertet.
vor 9 Jahren
"Mainstream und gefällig!"
Verifiziert

Geschrieben am 07.01.2016
Besucht am 06.01.2016
Zugegeben: in den vergangenen Monaten habe ich ueberraschend oft Brauhäuser unterschiedlicher Regionen besucht – und das als eher ruheliebender Fast-nie-Biertrinker. Aber was tut man nicht alles für die Forschung?
 
Doch um es vorweg zu nehmen: gemessen an bayrischen und rheinischen Vorbildern ist diese schwäbische Variante  trotz beachtlicher räumlicher Ausmaße akustisch überraschend verträglich und räumlich gut gegliedert. Von Großgruppentischen bis zum kleinen Zweier-Katzentisch, von seniorenschonenden Bequembänken bis zu lässigen Barhockern, von verschwiegenen, separee-artigen Polsterabteilen bis zu großzügigen Sehen-und-Gesehen-werden-Arrangements ist alles geboten. Möglicherweise liegt der derzeitige Erfolg der Location auch darin, so viele unterschiedliche Kunden, Geschmäcker und Vorlieben zu bedienen. Bei meinem Besuch an einem Feiertag zur rechtschaffenen Mittagszeit wimmelte es auf jeden Fall nur so von Reserviert-Schildern. Und während der folgenden Stunde trafen breit gefächerte Gruppierungen ein: trinkstarke Jungmännerrunden, einsame Rentner, ausländische Touristen (und ewig lockt die hölzerne Wandvertäfelung und das lokale Bier), Familien über mindestens drei Generationen, befreundete Ehepaare mittleren Alters, zeitungslesende, frühschoppende Stammgäste. Alle fanden einen angemessenen Platz.
 
Ich selbst wurde nach zwei missratenen Versuchen, einen freien Platz zu finden, endlich vom Empfangskellner aufgetan (der Rezeptionstresen geht offenbar in diesen breiträumigen Hallen etwas unter) und zu einem noch freien Zweiertischchen geleitet. Dann ging alles rappzarapp. Der Service ist flink, jugendlich, freundlich, bemüht, aufgeweckt und kooperationsbereit, wenn es die Hierarchie zulässt.  Alle sind fesch und rustikal eingekleidet, die männlichen Servicekräfte brillieren schon mal durch stramme, durchtrainierte Waden unter den kurzen Lederhosen. Die Maderln dürfen im Winter gütigerweise Strumpfhosen drunter tragen. Aufgetragen wird wahnsinnig schnell – so rasch, dass man sich schon mal fragt, ob in der Küche Galeeren-Verhältnisse herrschen. Individuelle frische Küche würde wohl bedeutend längere Wartezeiten zur Folge haben, vermute ich…
 
Geschmacklich bedient Carls Brauhaus klar den Mainstream. Alle Speisen sind gefällig angerichtet, wie aus dem Kochbuch. Ausreißer darf es hier nicht geben. Von Oma bis Enkel müssen offenbar alle Geschmäcker abgedeckt werden, am besten durch den größten gemeinsamen Nenner. Mein bestelltes Essen (samt Extra-Beilage) ist in weniger als 10 Minuten auf dem Tisch. Die Kässpätzle (8,90 Euro) die auf der Karte mit international gut verständlichem Logo als vegetarische Speise ausgewiesen sind,  werden rustikal in einem Pfännchen, das auf einem formschönen hölzernen Tablett thront, serviert. Der würzige Käse zieht herzhafte Fäden, ganz comme il faut. Allerdings ist mir die Menge etwas zu dürftig und ohne zusätzlich dazu geordertem Beilagensalat (3,90 Euro) wäre ich wahrscheinlich hungrig wieder aufgestanden. Für den Gesamtpreis hätte ich mir auch etwas mehr Charakter und Eigenheiten gewünscht. Alles erschien mir etwas zu austariert und abgemessen. Beim Beilagensalat vermute ich einfach, dass er zu Dutzenden bereits vorbereitet dasteht – und jedes Exemplar sieht exakt gleich aus wie sein Nachbar.
 
Meine Fragen zu Inhalten und Zutaten trug der Service zwar artig in die Küche, allerdings unterlag manches offenbar gastronomischer Geheimhaltung. Mir drängt sich hier der Verdacht auf, dass man die mögliche Verwendung von Convenience Food nicht gern offen ausspricht. Dass Brauhausküche nicht zwangsläufig vorgefertigtes Allerweltsessen sein muss, habe ich erst kürzlich sehr freudig und horizonterweiternd in Köln erfahren dürfen.
 
Dennoch einige lobende Takte zum Drumherum:
 
1)      Es liegt genügend aktuelle Lektüre (Spiegel, Gala, Publikationen des nahen Staatstheaters, Hotelier- und Gastroblätter) aus, um sich fast wie in einem Wiener Kaffeehaus zu fühlen. Sehr sympathisch!


2)      Das, was sich international „Facilities“ oder „Amenities“ nennt, bestimmt oft über die Gesamtzufriedenheit. Obwohl sich die Toiletten nicht-barrierefrei im Untergeschoss befinden, kommt man durch eine bequeme, sichere Treppe mit beiderseitigen hölzernen Handläufen bequem dort hin. Und der Besuch ist höchst erfreulich. Gegen Mittag und bei vollem Hause ist der Ort erstaunlich sauber und durchgängig propper. Aus den Wasserhähnen kommt standardmässig warmes Wasser (meist gibt’s andernorts nur eiskaltes und nicht regulierbares). Und die Papiertuchspender funktionieren einwandfrei und wie am Schnürchen.


3)      Nicht verschweigen sollte man die 1a-Lage am Schlossplatz. Was ist von hier aus nicht alles fussläufig zu erreichen: der Bahnhof, einige S- und U-Bahnstationen, sämtliche große Museen der Stadt, das Staatstheater und die Oper – und nicht zuletzt die große Einkaufsmeile Königstrasse!
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Jens und 2 andere finden diese Bewertung hilfreich.

Carsten1972 und 2 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.