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GastroGuide-User: DerBorgfelder
DerBorgfelder hat Brasserie an der Oker im Steigenberger Parkhotel in 38100 Braunschweig bewertet.
vor 23 Stunden
"Sonne und Schatten auf der Terrasse"

Geschrieben am 17.08.2025 | Aktualisiert am 17.08.2025
Besucht am 24.07.2025 Besuchszeit: Abendessen 1 Personen Rechnungsbetrag: 46 EUR
Nach einer überraschend pünktlichen Bahnfahrt von Frankfurt und einem entspannenden Spaziergang war mir noch nach einem leichten Abendessen. Die Brasseriekarte versprach ebensolches. Angesichts der warmen Temperaturen wechselte ich das austauschbare Steigenberger-Ambiente im Inneren gegen den Außenbereich der Bar und Lounge 1777, die in Braunschweig einen Blick in den Bürgerpark bietet. 

Obwohl schon einige Gäste dieselbe Idee gehabt hatten, blieben die teilweise befleckten Plastikkorbstühle ohne Polster und die nicht eingedeckten Tische ebenso ungewischt. Man hatte aufgrund des zuvor unbeständigen Wetters offenbar nicht mit Gästen gerechnet. Die Tische sind mit weitem Abstand gestellt, aber vermutlich durch die Lage der Terrasse zwischen einem Hotelflügel und dem denkmalgeschützten Turm des ehemaligen Wasserwerks war es überraschend laut.

Den Service erledigte eine junge Crew, die überfordert war. Da wurden die Karten unvollständig gebracht, musste nach der Bestellung zur Sicherheit gefragt werden (Ob man die bestellten drei Gänge gleichzeitig haben wolle oder nacheinander!), trotzdem eine Umbestellung vergessen, eingeschenkt wurde sowieso nicht. Viele Wege erfolgten mit „leeren“ Händen. Zwischen dem „Besteller“ und dem „Runner“ keine Absprache, letzterer irrte mit den Tellern zwischen den Tischen umher. An vorheriges Ausheben des abgegessenen Geschirrs war nicht gedacht worden. Der Vorwurf geht dabei weniger an die etwas hilflosen Serviceherren, aber umso mehr an die Führung, die ihre Aufgabe nicht erledigte. Wobei es in der persönlichen Ansprache schon freundlicher hätte sein dürfen. Mit etwas Charme kann so manche Holprigkeit ausgeglichen werden. Aber das kann ja noch kommen.

Ausgegeben wird nichts. Ein Amuse oder zumindest Brot mit Crême o.a. wäre nicht schlecht gewesen, da sich die Wartezeiten doch recht lang zogen. Das Fläschchen einheimischen Wolters Pilsener (alkoholfrei) für stramme 4,5€ überbrückte.

Der Abend startete mit Carpaccio vom Fjordlachs, das noch leicht angefroren und dadurch recht wässrig wirkte. Erst mit Temperatur kam ein wenig Geschmack durch, der aber keine Chance gegen den sehr süß eingelegten Chinakohl hatte, zu dem Seehasenrogen (tatsächlich noch als Deutscher Kaviar ausgezeichnet) eine salzige Note beisteuerte. Einen Fermentationsprozess konnte ich nicht ausmachen, ebensowenig Schärfe. Warum das Ganze trotzdem als Norddeutscher Kimchi angekündigt wurde, erschloss sich mir nicht. Ebensowenig die großen Salzkristalle auf dem Teller, die man mit sehr viel gutem Willen als eine Erinnerung an Eisberge deuten konnte. Optisches Highlight eine Rosenblüte, die sehr hübsch aussah, von deren Essbarkeit ich mich aber erst im Netz überzeugen musste.


Bei dieser recht ungewöhnlichen Komponente hätte der Service doch ein paar Worte verlieren können, zumal mit Stielansatz und Blättern auch ungenießbare Teile vorhanden waren. Geschmacklich sehr bitter, passte für mich wie alles andere nicht. Schade, nicht jede kreative Idee besteht den Praxistest.
Wenn es mir besser geschmeckt hätte, wären die 13,50€ ein guter Preis gewesen.

Viel besser dann die weiße Tomaten“consomme“. Ob hier wirklich im klassischen Sinne geklärt wurde, lasse ich mal offen - die sehr helle Farbe spricht sogar dafür. Mindestens aber sorgfältig durchs Tuch passiert und wohl noch reduziert. So oder so, die am Tisch angegossene, heiße Tomatenessenz sprach eine deutliche Paradeiser-Sprache. Was noch durch die Einlage einer intensiven, getrockneten Tomate verstärkt wurde, die anfangs in einem Gelee von Tomatenwasser eingeschlossen war. Das löste sich in der Hitze auf und reduzierte gleichzeitig die Temperatur. Auch hier ließ man Blumen sprechen und tatsächlich bereicherten die Hornveilchen-Blüten mit ihrer kräuterigen Note das Gericht. 


Einfache, leckere Produkte, durchdacht, gut ausgeführt. Ansprechender Zwischengang für sehr faire 9,5€.

Die Hauptgänge überwiegend aus der gutbürgerlichen Ecke klangen vielversprechend. Ich schwankte zwischen Boeuf Bourguignon und Holsteiner Schnitzel, erinnerte mich aber gerade noch rechtzeitig, dass es leichter zugehen sollte: Da kam mir die hausgemachte Scweinskopfsülze mit Gurkensalat, Dipauswahl und Bratkartoffeln gerade recht. Letztere tauschte ich kaloriensparend gegen Kartoffelspalten; der verpeilte Service wollte es anders.

Die Anrichteweise zeigte, dass auch in der Küche junge Menschen Kreativität übten: Und warum auch nicht? Besser etwas ausprobieren, das auch mal weniger überzeugt, als ewig den gleichen Stiefel!


Die drei reelle Scheiben Sülze waren jetzt nicht zum Niederknien, mussten sich aber auch vor keiner üblichen Fleischer-/Metzger-/Schlachter-Ware verstecken. Der Aspik recht fest geraten, mit für meinen Geschmack angenehm zurückhaltender Säure. Das schiere Fleisch nicht zu klein gewürfelt, nur ein, zwei Knorpel hatten sich eingeschlichen. Im Sulz Senfkörner und obenauf eine kräftige Schicht Kräuter. Hat mir gut geschmeckt. Genauso wie der frisch-knackige Gurkensalat mit Schalotten und ebenfalls ausgewogener säuerlicher Vinaigrette. Die eigentlich abgewählte kleine Portion Bratkartoffeln war mäßig gebräunt und nur leicht knusprig. Ohne Speck und mit homöopathischen Dosen von Zwiebeln höchstens Mittelmaß. Dafür schmeckten mir die beiden Dips sehr gut. Eine höchstwahrscheinlich hausgemachte, überhaupt nicht pappige Majonäse einmal naturelle und noch besser fruchtig-pikant mit Johannisbeeren aromatisiert. Auch hier gilt: Angesichts des gut gemachten Handwerks kann ich die aufgerufenen 22,5€ nachvollziehen.

Fazit: Eine bessere Hotelküche, die ihren eigenen Anspruch an diesem Tag nicht vollständig einlösen konnte. Aber wenn keine Lust oder keine Zeit für Alternativen besteht, würde ich wieder einkehren. 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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