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GastroGuide-User: Nolux
Nolux hat Steinheuers Landgasthof Poststuben in 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler bewertet.
vor 1 Jahr
"Waren die Erwartungen doch etwas höher... Zu Recht?"

Geschrieben am 30.06.2023 | Aktualisiert am 30.06.2023
Besucht am 09.06.2023 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen
Kurzurlaub an der Ahr. Wie wohnten für drei Nächte im Weingut Burggarten in Heppingen, einem Stadtteil von Bad Neuenahr. Das Weingut erzeugt exzellente Rotweine aus Spät- und Frühburgunder, aber auch für weiße Burgunder hat der Familienbetrieb ein Händchen. Das dazu gehörige Hotel bietet 14 Themenzimmer. Alles in Familienhand.
Wir buchten eine Übernachtungsa(h)rrangement mit Weinprobe und Vesper, Rucksackverpflegung für eine Wanderung und ein Drei-Gänge Menü in einem Lokal im Ort. Das konnte ja dann nur bei Steinheuers sein. Drei Minuten zu Fuß entfernt vom Weingut. Und so war es dann auch.
 
Steinheuers Heppingen / Ahr
 
Am frühen Abend trafen wir in den Landgasthof Poststuben ein. Am Eingang wies ein Schild dem „lieben Gast“ den Weg in den „Sommergarten hinter dem Haus geradeaus durch die Lounge“. So taten wir das. Vorbei an vielen Gastro und Merchandise Artikeln des Zwei-Sterne-Kochs Hans Stefan Steinheuer. Immer wieder verwunderlich, dass sich solch hoch dekorierten Köche für so etwas hergeben. Aber gut, der dicke Audi will ja finanziert sein…
Wie auch immer. Was mir direkt aufgefallen ist, so als alter Wein Nerd, ein gewisser Lebemann und Genussmensch aus einer norddeutschen Hansestadt war wohl schon öfter hier um den ein oder anderen Burgunder zu trinken:
 
Überbleibsel einer Borgunderprobe?
 
Doch nun raus in den Sommergarten. Schön ist es ist es hier, gemütlich; auf den ersten Blick.

Sommergarten

Ein paar Gäste sind schon anwesend, der junge Service Azubi tritt uns strahlend bis hinter beide Ohren entgegen. Ich schildere ihm gleich unser Anliegen und die offensichtliche Service Leiterin der Poststuben übernimmt.
Nur der Vollständigkeit halber, in dem Haus befindet sich noch der Zwei-Sterne-Schuppen „Zur alten Post“ mit 19 Punkten im Gault & Millau. Und selbst der Landgasthof schmückt sich mit 16 solcher Punkten. Das schürt natürlich Erwartungen.
Dass man recht leger und äußerst freundlich empfangen wird war angenehm und überraschte nicht so sehr, wie die ein oder andere Kleinigkeit, die auffiel, wenn man mal genauer hinsah.
Uns wurde also ein Platz angewiesen, und wurden noch einmal herzlich an der Ahr willkommen geheißen. Kurz den Durchlauf des Abends besprochen und schon bald wurde uns ein wunderbarer Aperitif mit Maikraut und Sekt serviert. Guter Start, der Hoffnung machte. Doch schon der Blick auf den gedeckten Tisch ließ Fragezeichen aufkommen. Wer bitte deckt denn so ein?
 
Neuer Trend?
 
Dass die Tischdecke Falten hatte und ein paar Krümel und Dreck von den Bäumen drumherum hatte, ist zu vernachlässigen. Aber wer stellt einen Teller dermaßen ungelenk auf der Serviette ab. Und das war an allen Tischen so. Seltsam. Eine Speisekarte bekamen wir natürlich nicht, das Menü war ja vorbestimmt. Bzw. waren es drei Gänge aus dem aktuellen fünf-Gang-Menü des Hauses. Aber wir bekamen das Weinbuch. 70 Seiten was das Weintrinkerherz begehrte. Da könnte ich stundenlang lesen. Aber es galt ja einen passenden Wein zu finden, der Idealerweise alle Gänge abdeckte. Klappt ja nie. Doch mit dem gewählten Moselkabinett war die Wahl schon sehr, sehr gut.
 
Fritz Haag - Riesling Kabinett Mosel
 
Vor allem, wann bekommt man mal einen 2017er Brauneberger Riesling Kabinett vom Weingut Fritz Haag für 45€? Ein super Wein, frisch und so typisch Mosel. Dezente Reifearomen, noch eine gute Säure und rundum harmonisch. Was sollte das schief gehen? Zuvor servierte man uns fünf Scheiben Brot (für „Zwei“ Personen) und hausgemachtes Bärlauchpesto, ebenso ein gutes Olivenöl. Die ebenfalls georderte Flasche Wasser kam aus der direkten Nachbarschaft. Apollinaris für 8€ die Flasche…
 

Kleiner Gruß aus der Küche
 
Brot wurde bis zum Hauptgang noch zweimal aufgefüllt, leider bekamen wir meist die knorzigen Endstücke vor allem beim guten dunklen Brot. Das helle Baguette war okay. In einem Hause wie diesem hatte ich aber mehr erwartet. Vor allem mehr Kreativität, die die 16 Punkte im Gault & Millau rechtfertigen. Bis zum Servieren der Vorspeise schmökerte ich im Buch der Weine. Tolle Positionen, deutsche Weine bis zu 1.200€ die normale Flasche, rote Burgunder auch bis zu 9.500€. Wer zahlt so etwas?
 

Die Vorspeise wurde serviert
 
Rindercarpaccio
 
Sah gut aus, schmeckte auch vorzüglich. Nur bin ich nicht so der Carpaccio Fan. Auch hier ging der zarte Fleischgeschmack leider unter. Die Limonen-Pfeffer-Soße war wirklich gut, keine Frage, und auch die gehäuteten Champignons (alte Schule) mit den Blattsalaten und dem frischen Schnittlauch Dressing. Alles rund, alles stimmig und auch der Kabinett passte wie Faust aufs Auge. Ich fand es gut, meinem Spatz war mehr Freude zu entlocken. 4*
 

Der Hauptgang verlangte mir da mehr Vorfreude ab.
 
Rehmedaillons - Spätzle - Wirsing
 
Im Nachhinein ein recht schwerer Gang für einen sehr warmen bis heißen Tag Anfang Juni. Aber, das Reh ist definitiv nicht umsonst gestorben. Geschmacklich tadellos, hier und da aber doch etwas zu zäh und grobfaserig für einen Rehrücken. Oder hatte man uns da Rehkeule untergejubelt? Hab ich schon besser gehabt. Was vorzüglich war, waren die penibel gesäuberten und sautierten Pfifferlinge, dazu ein leuchtend grünes und noch leicht knackiges Wirsing Gemüse und die sichtlich hausgemachten Spätzle. Die Jus rundete alles ab. Allein das Reh trübte den Gesamteindruck. 4*

 
Bis hier hatte sich die hochgelobte Landgasthof Küche nicht mit Ruhm bekleckert. Sicherlich war alles nahezu perfekt zubereitet und schmeckte auch sehr gut. Bin ich mit falschen Erwartungen hier rangegangen? Vielleicht kann der Nachtisch mich endlich vollends überzeugen.
 
Waldmeisterkaltschale - Sekteis - Beeren
 
Zumindest kann ich behaupten einen solchen Gang bisher weder gegessen noch auf irgendeiner Karte gelesen zu haben. Hier war also die erwartete Kreativität. Genau das Richtige für einen noch immer sehr warmen Sommerabend. Frische Beeren, ein cremiges Sekteis und die leicht gelierte und aromatische Waldmeister Kaltschale. Warum nicht gleich so? Auf die Frage hin, wo die grüne Farbe herkommt, wurde mir leicht beschämt geantwortet, dass es Lebensmittelfarbe sei. Und das in einer Sterneküche ;-)   4,5*
 
Am Ende dann doch noch ein leicht versöhnlicher Abschluss. Im Landgasthof Poststuben gibt es handwerklich sehr gute Landhaus- und Regionalküche, die schmeckt und man bekommt was man normalerweise in solchen Häusern erwartet. Nur habe ich hier etwas mehr erwartet. Vor allem auch Sauberkeit. Und die war nur bedingt gegeben. Auch wenn wir draußen saßen, kann man doch dafür sorgen, dass nicht in den Ecken auf dem Boden Plastikverschlüsse der Wasserflaschen rumliegen, dass Spinnweben in den Schirmen entfernt werden, oder die Schirme hin und wieder gereinigt werden. Die Toiletten haben wir nicht aufgesucht. 

Servicetechnisch gibt es nichts zu bemängeln. Der junge Azubi war schüchtern und engagiert, die Chefin des Hauses hatte sich auch mal blicken lassen, ab und an kamen Gäste des Sternerestaurants um auf der Terrasse Aperitif und Amuse Geule einzunehmen. Auch wenn man uns freundlich und aufmerksam bediente, kam dennoch ein leichtes Gefühl in mir auf etwas Fehl am Platz zu sein. So nach dem Motto „die Gourmet Touristen abspeisen“. Aber so war es definitiv nicht. Es lag an meinen Erwartungen. Denn die Karte hatte zu dem Zeitpunkt deutlich spannendere und wahrscheinlich bessere Gerichte zu bieten, als das was wir am Ende auf dem Teller hatten. Ich denke, ich muss dem Landgasthof Poststuben mittelfristig eine neue Chance geben.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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