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GastroGuide-User: Shaneymac
Shaneymac hat Roberts Essen und Trinken in 42117 Wuppertal bewertet.
vor 10 Jahren
"Kritiker-Treff bei Roberts - mit Einschränkungen empfohlen bei wenig Betrieb…"

Geschrieben am 23.02.2015 | Aktualisiert am 24.02.2015
Besucht am 06.02.2015
Unser kleines Kritikertreffen, ein gelegentlicher Freudentag, der seit einem denkwürdigen Abend in einem ehemaligen Gräfrather Restaurant im Frühsommer 2013 ca. einmal im Quartal zustande kommt.

Heute unsere Bühne: Firsts Lieblingskaschemme im Arrenberg, das Roberts - Karte und bisherige Kritiken versprachen einen kulinarisch erfreulichen Abend.

Die Anfahrt war denkwürdig, bedingt durch die B7 Sperrung schickte mich die freundliche Dame aus meinem „Navi“ (finde diese Kurzform ist fast genauso schlimm wie „Knofi“) über Tiergarten- und Simonsstraße quasi quer durchs abendliche Bayerwerk, die Straße war komplett entvölkert, dazu lief ein alter Song von Kraftwerk (@First: Kennst Du sicher nicht, läuft nicht auf WDR4!), die Szene mit dieser Untermalung hätte man so als Videoclip eintüten können.

Parken am Restaurant kein großes Problem, im Umfeld sollte immer was zu finden sein, ich hatte lediglich das Pech, das mir gegen 18:30 der letzte Platz unmittelbar am Restaurant von einem rüstigen Trupp Dortmund-Sprockhöveler Kritiker weggeschnappt wurde. Aber als ehemaliger Zivildienstleister habe ich gelernt entspannt mit den Gebrechen meiner Mitstreiter umzugehen, nur die rücksichtslos abgestellten Rollatoren um unseren Tisch können bisweilen etwas nervig sein.

Dank Siebecko wieder was gelernt! Shabby-Style nennt man also in fachlich interessierten Kreisen den bunten Mix mit Flohmarkt-Patina, den viele urbane Restaurationen als Gegenentwurf zu stereotyper Lounge-Tristesse in Stellung bringen.

Ich jedenfalls war froh darüber, schaffte dieser Mix doch eine gewisse Behaglichkeit die ich in dieser Form nicht erwartet hätte. Tatsächlich war ich auf mintgrüne Wände mit ausgelutschten Zitaten zum Thema „Kulinarik und Genuss“ eingestellt (noch schlimmer als die auf meiner Profilseite!!), auf dunkelbraune Glattleder-Hochlehner und edles Parkett imitierendes, dunkles Laminat.

Aber weit gefehlt, das Ambiente ist wirklich gelungen, nur das dominante, schmucklose Holzkreuz an unserem Tisch empfand ich als unpassend, allerdings weniger wegen des religiösen Aspektes als des ästhetischen.

Der Service in Form einer netten jungen Dame war zu Anfangs wirklich unglaublich bemüht, für meine Begriffe gerade noch an der Grenze zu einer gewissen gestelzten Unnatürlichkeit im Bemühen eine Rolle spielen zu müssen, die man eigentlich so nicht mag und lebt.

So aber standen schnell die ersten gut gekühlten Wasserflaschen auf dem Tisch und das Einschenken musste tatsächlich bis zum Hauptgericht niemand selbst übernehmen – zumindest ich nicht.

Wir studierten die Karten, lästerten gut gelaunt über diverse aktuelle Undinge auf unseren favorisierten Gastro-Kritik-Seiten (&deren Foren) und zeigten uns im Kollektiv erfreut über die umfassende Auswahl an Tagesofferten, die eine von der jungen Dame flugs herangewuchtete, fast mannshohe Tafel uns präsentierte.

Des einen Freud ist des anderen Leid, trotz der Tatsache, dass Kollege First die Karte mutmaßlich selbst volltrunken herunterbeten könnte, brauchte es auch hier wieder bis kurz vor den Tagesthemen bis eine Entscheidung zu meiner Rechten gefunden war und wir bestellen konnten.

Unsere kleine Tischgesellschaft von acht Personen schaffte es hierbei diesmal, einen umfassenden Querschnitt der Karte zu ordern, Überschneidungen gab es nur in Einzelfällen und dies ist auch der Grund, warum ich auch noch ein paar Zeilen zum Essen schreiben möchte.

Positiv möchte ich neben der großen Auswahl von offenen Weinen nochmals die günstigen Preise (auch und insbesondere bei den Flaschenweinen) erwähnen, hier macht es einer richtig, wie oft ärgere ich mich über Läden, in denen 10 Euro Mainstream Rieslinge von Schneider & Co. für 35 Euro auf der Karte stehen. Noch positiver sei erwähnt, das alle Weine auch im 0,1l Glas erhältlich sind –Robert hat ein Herz für Autofahrer!

Da wir zu anfangs noch recht alleine waren, kam unser kleiner

| Gruß aus der Küche |

noch recht zügig aus derselben auf den Tisch.

Von diesem war ich schwer enttäuscht, etwas belangloses Brot mit einer Art Paprika-Mayonnaise, die mich geschmacklich frappierend an die Convenience Aioli einer mir bekannten Fischbräterei erinnerte, was sich allerdings schlimmer anhört, als es ist.

Wirklich unmöglich fand ich das Brot im Ganzen mit zwei stumpfen Messern auf den Tisch zu stellen, so dass First den Brotschneider und –verteiler geben musste und die beiden Dip-Schälchen rundum zu denen kreisten, die gerade eine Scheibe ergattert hatten.

Nein, sorry, als Entree zu einem Menü ist das ohne weitere Kleinigkeit aus der Küche für ein Restaurant mit gewissem Anspruch doch etwas sehr mager.
 

| Vorspeise |


Spaghetti Roberts & Scampi - 13,90 €

Infinitus, Chardonnay Viura Blanco, Cosecheros y Criadores, Castilla, Spanien – 0,2l 4,90 €

Die hiesige Variante der Pasta AOP, laut Karte ergänzt mit frischem Gemüse und auf Wunsch gegen Aufpreis auch mit gebratenen Scampi oder Rinderfilet-Streifen erhältlich.

Beim Bestellen merkte ich an, das ich es bei diesem Rezept gerne scharf mag, es sollte einem vielleicht nicht gerade die Zunge zersetzen, allerdings möchte ich die „P“ auch schmecken können.

Dem kam man in erster Linie damit nach, dass man auf das fertige Gericht etwas gemahlenen Chili gab, ich hätte die Schärfe aber gerne im Öl gehabt, so musste ich ein- zweimal leicht husten, als beim Essen ein trockenes Chili-Flöckchen in die Luftröhre geriet.

An Gemüse waren einige Zuchini Scheiben, Zuckerschoten, junge Bohnen sowie ein fussballgroßer Trumm Brokkoli zu finden, der leider dermaßen untergart war, das ich nur mit Mühe etwas von den äußeren Röschen genießen konnte.

Was dieser nicht erhielt, bekam dafür die Pasta ab, ich bin kein al dente Freak, aber ganz so weich muss es auch nicht sein, zudem war das Gericht nur noch lauwarm.

Die Scampi in Größe und Anzahl eher übersichtlich ausgeführt, glasig ja, schmackhaft ja, geschmacklich eindrucksvoll eher weniger, was sich abschließend über das komplette Gericht sagen lässt.

Positiv fiel der Wein auf, frische Zitrusnoten in der Nase und eine gewisse Buttrigkeit auf der Zunge, das Ganze gut gekühlt, zum Wohle meine lieben Mitstreiter am Tisch!

 
| Hauptgericht |

Dreierlei vom Lamm, Spinat, Drillinge – 24 €

Haut de Valmoure, Syrah u. Mourvèdre, Domaines Paul Mas, Languedoc, Frankreich – 0,2l 5,90 €

Mein mit einem Busch glatter Petersilie geschmücktes Trio vom Lamm kam auf einer Rosmarin-Sauce, deren Sahnefundament mir schon rein optisch nicht sehr behagte, ich mag zum Lamm gerne eine kräftigen Jus, ausdrücklich ohne Milchprodukte im Finish, es sei denn man hat mit Butter etwas aufmontiert.

Hier fanden sich also ein kleines T-Bone, ein Stück aus dem Lamm-Nacken sowie ein Filet. Letzteres butterzart und auf den Punkt, die Sauce dazu etwas schwachbrüstig, einen Hauch Cognac meine ich neben dem Rosmarin noch vernommen zu haben, ansonsten verweise ich nochmals auf meine Jus-Vorliebe.

Das T-Bone auch noch leicht rosa, leider musste man hier schon deutlich beherzter schneiden, was aber auch an den (bei allen unterschiedlichen, siehe „Shabby Style“) Messern lag, die bei mir durchgehend zu den stumpfesten Exemplaren gehörten, die ich jemals in einem Restaurant benutzen musste.

Enttäuschend auf der ganzen Linie die Partie vom Nacken, zäh und in der Konsistenz sehr gewöhnungsbedürftig, so auch das spätere Zwischenfazit von uteester. Die auf dem Fleisch befindliche Gratinmasse hatte eine sehr intensive Hitze abbekommen und war teilweise tiefschwarz, dabei geschmacklich sehr unauffällig.

Die Drillinge, nun, Drillinge halt, mit grobem Meersalz gewürzt und gut gegart, nett auch das Muster auf den Kartoffeln, denke man hat sie auf dem Blech zu bereitet.

Das Highlight dieses Tellers war für mich der Spinat, dieser war zwar zu weich und etwas zu lange in der Pfanne, dafür aber mit Pernod (ich erinnere zumindest Anis) abgelöscht und mit Pinienkernen versehen - köstlich!

Das Gericht für 24 Euro etwas enttäuschend, hier hatte ich mir mehr versprochen.

Dafür funktionierte meine barrique-lastige Wahl von der Weinkarte hervorragend mit den erdigen Aromen vom Lamm und Kartoffel, kräftige Beerenfrüchte und ein tiefes Rot im Glas beglückten Auge, Nase und Zunge.
 
| Dessert |

Zabaione mit Himbeere – 6,90 €

Wie in den anderen beiden Kritiken schon hinreichend erläutert, ließ durch die steigende Belegung des Lokals die Servicequalität zunehmend zu wünschen übrig.

Für mich begann das Drama mit der Bestellung des Desserts, danach gab es weder etwas zu trinken, noch wurden wir in irgendeiner Weise bemerkt.

Das Dessert ließ in der Folge fast eine Stunde auf sich warten, in der Zwischenzeit wurden wir mehrfach damit vertröstet, das es sich nur noch um Minuten handeln könne.

Das was dann hernach auf den Tisch kam, war die lange Wartezeit leider rückblickend nicht wert.

In einem für ein Schaumdessert unmöglichen Weinglas kam eine sehr dünnflüssige Zabaione, dazu als Gag ca. 1cl Himbeersauce in einer Plastikspritze zwecks „Selbstinjektion“.

Wenn ich an die Zabaione aus dem Scarpati denke, über die wir vor dem Gang noch sprachen, bekomme ich da noch heute Tränen in die Augen. Am Tisch geschlagen, den samtigen, üppigen Genuss über eine Kugel bestes Vanilleeis auf den Teller gebracht – ach, was kann das Leben schön sein.

Diese mit Amaretto zubereitete Zabaione im Roberts aber war leider ein Totalausfall, die Bitterkeit des allzu großzügig verwendeten Likörs übertünchte alles, die Konsistenz war fürchterlich und das Tröpfchen Sauce mehr optischer Gag als geschmacklich erlebbare Komponente.

Sieben Euro, über die ich mich geärgert habe…

Da es mittlerweile durch die lange Wartezeit schon recht spät war, verzichtete ich auf einen Espresso oder einen Digestif und überließ selbstloser Weise meinem netten Tischnachbarn für mich zu zahlen - das EC Terminal war leider defekt.
Zurück nach SG ging es in Rekordzeit und schon auf der Rückfahrt freute ich mich auf unser nächstes Treffen, denn Spaß macht es immer!

Fazit

Das Essen hatte für mich keine besonderen Aha-Effekte, Dinge wie der steinharte Brokkoli, der Lammnacken und die Zabaione sowie eine allgemeine Unauffälligkeit in Vielfalt und Intensität der Aromen lassen mich die Küchenleistung bei dieser Momentaufnahme angesichts der leicht gehobenen Preise eher durchschnittlich bewerten.

Das Ambiente gefiel gut, die Sauberkeit tadellos, nur der Service hat aufgrund leichter Unterbesetzung und einer gewissen „Führungslosigkeit“ in der zweiten Hälfte des Abends eine leichte Abwertung auf drei Sterne erfahren, anfänglich deutlich auf vier Sterne+ Kurs!

Preisleistung sehe ich angesichts von Amuse, Dessert und dem allgemeinen Eindruck auch eher durchschnittlich ausgeprägt.

Vielleicht hatte ich etwas Pech mit meinen angesprochenen Kritikpunkten, begeistert hat mich das Restaurant aber grundsätzlich nicht mit dem Gebotenen, ein erneuter Besuch ist eher fraglich, dafür fehlt der thematisch volatilen Karte für meinen persönlichen Geschmack auch das gewisse Rückgrat. 
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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